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TIZZIRI: Licht des Mondes über Teneriffa / Was haben Guanchen mit Giovanni Boccaccio zu tun und weshalb ist ein mit Chorizo gefüllter Pfannkuchen eine glatte Lüge?
TIZZIRI: Licht des Mondes über Teneriffa / Was haben Guanchen mit Giovanni Boccaccio zu tun und weshalb ist ein mit Chorizo gefüllter Pfannkuchen eine glatte Lüge?
TIZZIRI: Licht des Mondes über Teneriffa / Was haben Guanchen mit Giovanni Boccaccio zu tun und weshalb ist ein mit Chorizo gefüllter Pfannkuchen eine glatte Lüge?
eBook293 Seiten3 Stunden

TIZZIRI: Licht des Mondes über Teneriffa / Was haben Guanchen mit Giovanni Boccaccio zu tun und weshalb ist ein mit Chorizo gefüllter Pfannkuchen eine glatte Lüge?

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Über dieses E-Book

Das Buch stellt Teneriffa abseits des Massentourismus vor.
Im ersten Teil 'Emily und Hundedame Bella blicken hinter die Kulissen' erforschen die beiden die Insel auf eigene Faust. Dabei tauchen sie tief in das kanarische Leben ein: mit Bella als Co-Protagonistin erlebt der Leser so manch eine Überraschung. Vor allem aber die Erfüllung einer Prophezeiung...
Im zweiten Teil 'Rätselhafte Guanchen' lernen Sie die Ureinwohner abseits von undifferenzierten Betrachtungen kennen: neben entsprechender Fachliteratur hatte Ïlimé Alleb Unterstützung von Antonio Tejera Gaspar, Universitätsprofessor für Archäologie, Anthropologie und Geschichte sowie von Dr. Prof. Rosa Irene Fregel Lorenzo, Spezialistin auf dem Gebiet der Genetik. Sie hatte unter anderem die Genetik der kanarischen Ureinwohner studiert. Trotz all dem vorhandenem Wissen, gleicht die Geschichte der Guanchen nach wie vor einem unvollständigem Puzzle. Doch soviel ist sicher: zwar gelten die Lebensumstände besagter Ureinwohner als primitiv, die Guanchen selbst waren es jedoch ganz sicher nicht. Noch heute rätseln Architekten und Bauingenieure über die ein oder andere Konstruktion, Noch heute finden ihre Art zu Mumifizieren, ihr Gerechtigkeitssinn, ihre Nähte Bewunderung und mit 'arrorró klingt noch heute ihre Melodie....
Der dritte Teil 'Begebenheiten & Begegnungen' erzählt Anekdoten und kleine Geschichten: von sprachlichen Missverständnissen, von Gespenstern in der Nacht, vom Barraquito - dem It-Kaffee der Kanaren, von einer unsichtbaren Insel und Saida, einer ungekrönten Königin...
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum10. Dez. 2022
ISBN9783347796614
TIZZIRI: Licht des Mondes über Teneriffa / Was haben Guanchen mit Giovanni Boccaccio zu tun und weshalb ist ein mit Chorizo gefüllter Pfannkuchen eine glatte Lüge?
Autor

ïlimé Alleb

Ïlimé Alleb lebt seit Jahrzehnten auf diesem wunderschönen Blauen Planeten. Bereits in frühster Kindheit fühlte sie sich zu den Schönen Künsten, vor allem zur Literatur, zur bunten Welt der Schauspielkunst und dem Spiel von Form und Farben in der Malerei hingezogen. Im Teenageralter allerdings galt ihre Leidenschaft der Fotografie sowie der Philosophie. Und dann wurde sie - Ingenieurin;) Ihre Liebe zur Fotografie und Literatur entdeckte sie auf den Kanaren erneut, sodass sie dort mehrere Jahre als freie Journalistin für deutschsprachige Zeitungen arbeitete.... ...der Beginn von TIZZIRI - Licht des Mondes über Teneriffa

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    Buchvorschau

    TIZZIRI - ïlimé Alleb

    Emily und Hundedame Bella blicken hinter die Kulissen

    Der Anfang und die Geschichten davor

    Die frostig-kalte Märznacht lag gespenstig still. Lautlos fielen dichte Schneeflocken vom Himmel, als in der Ecke eines verlassenen Hinterhofs eine kleine Welpin das Licht der Welt erblickte. Ihre Mutter säuberte, säugte und wärmte sie augenblicklich. Die dunklen Vorah-nungen weit von sich weisend.

    Ungeachtet dessen, erschien ein paar Wochen später ein kaltblütiger Unmensch, der die beiden Hunde erbarmungslos voneinander trennte. „Nicht noch so ein verdammter Straßenköter in unserem Viertel!" Er schleifte das verzweifelt winselnde Muttertier im Nacken neben sich her, während er die Welpin achtlos in die nächste Mülltonne warf.

    In allergrößter Panik und mit allerletzter Kraft fiepte und wimmerte das kleine Lebewesen in seinem eisigen Gefängnis. Gerade noch rechtzeitig hörte ein aufmerksamer Spaziergänger ihre Hilferufe und brachte die Welpin sodann in ein Tierasyl. „Pardon, dass ich dir nicht selbst ein zu Hause geben kann, doch hier hast du zumindest eine Überlebens-chance." Eine Tierärztin wurde gerufen, die die kleine Hündin untersuchte und ihr den Namen ‚Bella‘ gab.

    Von nun sollte sich Bella mit anderen Leidensgenossen eine 150qm große Zelle mit nacktem Fliesenboden, kalten Neonleuchten, noch kälteren Eisengittern und einem Gitterfenster teilen, in der Gleichgültigkeit, Lieblosigkeit, Einsamkeit und pure Verzweiflung herrschten. Bellas Herz blutete schmerzlich, denn die Gegenwart war um einiges kälter als der schneebedeckte Hinterhof zu Beginn ihres Lebens. Die Zukunftsperspektiven gleich null. Deshalb bemühte sich Bella erst gar nicht die Bekanntschaft der anderen zu machen, sondern zog es vor, abseits zu liegen, um ungestört ihre Wunden zu lecken, sich ihrem Kummer hinzugeben und gegebenenfalls auch den Tod willkommen zu heißen.

    Ein paar Nächte später zogen in ihrem Traum düstere Wolken an einem kalten Mond vorbei. Unheimliche Nebel-schwaden huschten über den gefrorenen Boden, während der Wind schaurig heulte. Zwei tiefschwarze Silhouetten mit funkelnden Augen sprangen aufgeregt vor ihr her. Ihre Aufgeregtheit steigerte sich in dem Maße, in dem ein prasselndes Geräusch im Hintergrund lauter und lauter wurde. Schließlich wurde es so ohrenbetäubend, dass Bella widerwillig erwachte. Zurück in der Wirklichkeit tönte noch immer das prasselnde Geräusch.

    Vorsichtig öffnete Bella ihre Augen und erblickte einen der Pfleger in seinen olivfarbenen Gummistiefeln, mit Latzhose und Unterhemd wie er ohne Rücksicht auf die verschreckten Hunde mit seinem Wasserschlauch hantierte. Während Bella die Szene müde beobachtete, kamen ihr die beiden dunklen Silhouetten aus dem Traum geradezu sympathisch vor.

    Ein neuer Tag stand bevor. Erneute Sinnlosigkeit. Weiterhin lieblos gefüllte Näpfe. Sehnsüchtiges Warten auf die Nacht, um endlich wieder die Augen in Ruhe schließen zu können. Nachdem – endlich - auch dieser Tag vorüber, die metallene Tür ins Schloss gefallen und das grelle Licht ausgeschaltet war, ließ sich Bella erleichtert in ihren erlösenden Schlaf fallen. Im selben Moment tauchten die beiden Silhouetten wieder auf und rannten sofort auf Bella zu. Mit heraushängender Zunge setzten sie sich vor sie und ließen sie keinen Moment aus den Augen.

    Im darauffolgenden Traum setzte sich still und schweigend ein Mann dazu, während zwei Falken ruhig ihre Kreise zogen. Von nun an sollte sich dieser Traum Nacht für Nacht wiederholen, um Bella mehr und mehr zu trösten.

    Irgendwann hob Bella neugierig den Kopf und fragte: „Wer seid Ihr eigentlich und was wollt Ihr von mir? Darauf die besonnene Antwort: „Wir sind Seelen-verwandte und immer für dich da. Auch wenn es dir jetzt schwerfällt zu glauben, so haben wir doch gute Nachrichten für dich: Lange wirst du nicht mehr alleine sein. Du wirst ein sagenhaftes Leben führen im Land unserer Vorfahren. Dort wird dieser Mann hier dein Begleiter sein. Er wird dich führen, dir den Weg weisen. Er heißt im Übrigen Pelinor und hat dort vor langer langer Zeit als Guanchenkönig gelebt. Bevor es jedoch soweit ist, wirst du in den folgenden Nächten noch viel erfahren und du wirst…..

    Ein zischend-pfeifender Tumult riss Bella aus ihrem so wohltuenden Traum. Zitternd vernahm sie knallende Böller, während leuchtende Farben durch das Gitter-fenster blitzten und fröhliche Stimmen riefen: „Bonne Année! Happy New Year! Frohes Neues Jahr!"

    „Na danke auch!" dachte Bella verdrossen.

    Vergeblich hoffte Bella in den darauffolgenden Nächten ihre Traum-gestalten wiederzusehen. Mit dem Herz einer Wölfin kämpfte Bella gegen ihre innere Eiszeit und Resignation. Ihr Magen war verkrampft, die Kehle wie zugeschnürt. Voller Verzweiflung klammerte sie sich an ihre Hoffnung, als sie auf einmal tosender Schwindel erfasste, der sie durch Raum und Zeit wirbelte. Endlos wie es schien. Doch plötzlich war es vorbei. Nachdem Bella sich von der Aufregung erholt hatte, sah sie in weiter, weiter Ferne eine Frau auf einer Wiese sitzen. Während Bella sie betrachtete, beruhigte sich ihr Atem zusehens. Ein wohliges Gefühl durchströmte Bella und mit einem Mal war sie überzeugt davon, dass diese Frau dort ihr Schicksal sei.

    Zuversichtlich war Bella am nächsten Morgen erwacht.

    Tatsächlich erschien ihr die Frau in der darauffolgenden Nacht erneut. Mit aller-größter Selbstverständlichkeit richtete sie ihre Worte an Bella: „Das ist ja wirklich unglaublich! Hör mal: ‚Im unendlichen Universum hat der Schöpfer allen Seins viele Namen. Auf den Kanaren heißt er je nach Insel und Kontext - Abora, Alcorac, Acorán, Eraorahan, Orahan. Achamán: der, der den Himmel und die Erde unterstützt. Oder Achuhurahan: der Große, der in allem Brennenden und Leuchtenden ist. Achahucanac, der Erhabene, der Geist des Regens. Achguayaxerax, der der alles nährt und unterstützt‘. Ganz besonders schön finde ich die Übersetzung, ‚der Geist des Himmels‘ beziehungsweise ‚der der den Himmel hat‘: Atguaychafan Atamán. Ihm verdankten sämtliche Lebewesen ihre Existenz; sei es im Wasser, auf der Erde oder in der Luft.

    Achamán lebte in der Höhe und manchmal spazierte er zwischen den Gipfeln der Berge, um sich am Anblick seiner Schöpfung zu erfreuen. Als er so eines Tages auf dem Gipfel des Echeyde stand, erschien ihm sein Werk schöner denn je und er empfand den innigen Wunsch, diese Schönheiten mit jemanden zu teilen. Aus diesem Grunde erschuf er die Menschen. Aus Wasser und Erde. Auch damit sie die Erde nutzten und dieses Erbe auf alle Ewigkeit bewahrten. Ergriffen endete die Frau: „Dies ist keine biblische Erzählung, sondern eine Erzählung der kanarischen Ureinwohner wie sie den Anfang der Welt sahen!

    Versonnen dachte Bella: „Was immer du mir damit sagen möchtest, - Hauptsache ich kann bei dir sein."

    Daraufhin blickten beide zum Himmel, jede in ihre eigenen Gedanken vertieft.

    Irgendwann war Bella wieder in die Routine ihres kalten Alltags zurück-gekehrt. Doch etwas war anders. Innerlich war ihr nicht mehr so kalt. Die Kälte, die sie spürte, war nur noch eine Äußere.

    Immerhin.

    Leider erschien ihre Freundin aus dem Traum in der darauffolgenden Nacht nicht wieder.

    Stattdessen fand Bella sich inmitten griechischer Tempelsäulen, wo sie still im Schatten saß. Neugierig belauschte sie dabei eine Unterhaltung zwischen Gelehrten, die sich Sokrates, Hermokrates von Syrakus, Timaios von Lokroi und Kritias nannten. Letzterer erzählte gerade, dass sein Urgroßvater Dropides ein Freund Solon’s gewesen sei, der ihm immer und immer wieder von seiner Reise nach Ägypten berichtet hatte, wo er einen Großteil seines Wissens und seiner Philosophie erlangt habe. So sollen ihm zwei Priester der Delta-Stadt Saïs erzählt haben: „Wir bewahren eine neuntausendjährige Geschichte in unseren heiligen Schriften auf. Immer wieder wird die Menschheit von Weltenbränden und Sintfluten heimgesucht, bei der der Großteil der Menschen ums Leben kommt! Wir Ägypter sind aufgrund unserer Lage bislang weitgehend verschont geblieben. Deshalb konnten wir unsere Geschichten bewahren und die Geschichte von Atlantis überliefern: Atlantis, eine seinerzeit ungeheuer erfolgreiche Seemacht, hatte bereits ganz Nordafrika, einschließlich Europa und Ägypten unter seine Herrschaft gebracht. Wir Ägypter waren ihre Sklaven. Nun schickten sie sich an, auch Ur-Athen zu erobern. Doch diesmal war das Glück nicht auf ihrer Seite! Weder gelang es ihnen, Ur-Athen einzunehmen, noch seine bisherigen Eroberungen sowie seine Sklaven zu halten. Kurz darauf vernichtete ein gewaltiges Erdbeben und eine Sintflut die ganze Welt während eines einzigen Tages und einer schrecklichen Nacht. Auch das einst so vollkommene Inselreich Atlantis war untergegangen."

    Verwundert wachte Bella auf: „Was sollte das denn nun wieder? Wie hängt das soeben Gehörte mit der Prophezeiung meiner Ahnen und mit meiner Traum-Freundin zusammen? Mein Hunde-verstand sagt mir, dass das alles etwas zu bedeuten hat. Nur was?"

    Diese Frage beschäftigte Bella so sehr, dass ihr die lieblos gefüllten Näpfe, das kalte Neonlicht und der grobschlächtige Pfleger immer weniger ausmachten.

    Mit großer Freude erblicke Bella in einer der darauffolgenden Nächte ihre Traum-Freundin wieder. Diese saß konzentriert über ein Heft gebeugt. „Ich könnte verrückt werden! Wie kamen die Herren Homer und Hesiod in der Antike auf ein und dieselbe Idee, von den Glückseligen Inseln zu schreiben, die laut dem heute auf Teneriffa lebenden Geschichts-wissenschaftler Antonio Tejera Gaspar nur ‚reine Fantasieprodukte‘ waren? Hatten sie alle voneinander abgeschrieben? Hatten sie alle dieselbe Fantasie? Waren bei allen dieselben Bilder vor ihrem inneren Auge aufgetaucht? Bilder von kurzen Wintern, von Regen sanft und regelmäßig, von einer kühlen Brise, die den Menschen erfrischt… Und immer die Bezeichnung ‚Glückselige Inseln‘. Was für ein großartiger Zufall also, dass es solche Inseln in der Realität tatsächlich gibt! Entnervt klopfte Bella‘s Traum-Freundin mit dem Stift auf den Tisch. „Vielleicht war es ja auch so, dass beide seefahrenden Nationen - Griechen und Römer - sehr wohl von den Inseln und ihren besonderen klimatischen Beding-ungen wussten. Dort hinter den Säulen des Herkules. Dort, wo die Sonne sich schlafen legt und dort, wo die Welt endet. Kein Wunder also, dass die Griechen und Römer das Paradies ihrer Glaubenswelt dort ansiedelten. Die Quelle ewiger Glückseligkeit. Erzählungen, Legenden und Sagen wurden geboren so wie Homers Odysseus, in dem er Proteo sagen lässt: ‚…Was Dich betrifft, oh Menelao, geliebter Schüler von Zeus, das Schicksal befiehlt nicht, dass du den Tod in der rossenährenden Argos findest, sondern dass die Unsterblichen Dich zu den Seligen Gefilden senden, am Ende der Erde, in die elysische Flur, dort wo der Held Radamentishall wohnt und ruhiges Leben die Menschen immer beseligt, dort wo kein Schnee, kein Winterorkan, kein gießender Regen. Dort wo ewig wehn die Gesäusel des leise atmenden Westens, welche der Ozean sendet, die Menschen sanft zu kühlen… und weiter: „die Götter werden Dich zu den Glückseligen Ge-filden führen, wo die Menschen ein süßes und ruhiges Leben führen, wo man nicht die Strenge des Winters fühlt und wo der sanfte Atem des Windes und …immer die Luft erfrischt.‘ (4. Gesang, Vers 561-569)

    Kurze Zeit später schreibt Hesiod, dass seinerzeit König Jupiter seine Helden-seelen zu den vergangenen Seelen geschickt habe, fern von den Göttern und den Menschen, damit ihre Seelen sich erholen und erfrischen können. Diese Glückseligen Inseln liegen inmitten des Ozeans.

    Solon spricht vom ‚immer mit Schnee bedecktem Gipfel, der in der Nacht aufgrund des Feuers, welches er speit, beleuchtet ist.‘ Welchen schneebe-deckten Vulkan konnte Solon gesehen haben? Den Ätna auf Sizilien? Oder könnte es vielleicht sogar sein, dass Solon selbst die Inseln hinter den Säulen des Herkules bereist hatte, nachdem ihm die beiden ägyptischen Priester von Atlantis erzählt hatten? Dann könnte er ja auch vom Teide gesprochen haben. Wenn dem so gewesen war, kam Solon dabei zu dem Schluss, dass es sich bei den Inseln um die Bergspitzen des versunkenen Atlantis handelte? Und hatte Solon dies alles bei seiner Rückkehr in Athen Kritias beziehungsweise dessen Enkel Platon erzählt? Der daraus den Timaios entstehen ließ?

    Plutarch wusste in seiner wissenschaft-lichen Abhandlung über Solon von dem Treffen zwischen Solon und den ägyptischen Priestern zu berichten, ebenso wie von den Glückseligen Inseln: ‚…aufgrund seiner Regen, sanft und regelmäßig, aufgrund der angenehmen Temperaturen, der Frische des Taues und des Windes, die auch den Sommer erträglich sein lassen, kann niemand nicht glauben, dass es sich hier um die schönen Glückseligen handelt beziehungsweise um den Wohnort der glücklichen Seelen, so wie Homer es lobt…"‘ und weiter: ‚Nur dort wo die Sonne nicht zu heiß und der Mond nicht zu kalt ist!‘

    Mehr als anderthalbtausend Jahre später kommt der französische Naturforscher und Botaniker Jean Baptiste Bory de Saint-Vincent in seinen ‚Kanarischen Stimmen‘ von 1803 zu einem ähnlichen Schluss: ‚Die Glückseligen Inseln beziehungsweise die Seligen Gefilden müssen der Ort sein, an dem sich in der Antike die guten Seelen nach dem Tod ausruhten. Es kann nur dieser damals bekannte Ort gewesen sein und nicht im Norden, wo monatelange Dunkelheit die Glückseligkeit unterbricht.‘ Ferner mutmaßte Monsieur Bory de Saint-Vincent, dass sämtliche makaronesi-schen Inseln, zu denen die Kanaren gehören, Überbleibsel von Atlantis seien."

    Beeindruckt blickte Bella’s Freundin von ihren Unterlagen auf: „Ein bisschen viel Zufall, findest du nicht auch?! Und noch dazu die glückliche Tatsache, dass es auf keiner dieser Glücklichen Inseln Raubtiere, Raubvögel, Skorpione oder gar Giftschlangen gibt. Dass sogar essbare Früchte wie Higo Picos – Feigenkakteen auf felsigem Boden wachsen?"

    Bella hatte aufmerksam zugehört und war überglücklich, als ihre Traum-Freundin sie endlich auf ihren Schoss nahm. Lange blickten sie sich an. Dann sagte ihre Freundin: „Dies war dein letzter Weisungstraum. Bald erfüllt sich einer deiner sehnsüchtigsten Wünsche. Du wirst nicht mehr alleine sein. Du wirst in das Land deiner Vorfahren reisen, in dem du ein erfülltes Leben führen wirst. Erfahren hast du ja bereits viel! Meine kleine Hunde-Freundin, sei nicht allzu traurig! Hab‘ Vertrauen! In das Leben. In die Führung. In dich und auch – in mich. Ich heiße übrigens Emily!"

    Wie gerne wollte Bella Emily‘s Worten Glauben schenken! Der Schmerz zerriss ihr beinahe das Herz als auch dieser Traum begann sich aufzulösen. Um der Wirklich-keit Platz zu machen.

    Der Wirklichkeit mit den olivfarbenen Gummistiefeln, den lieblos gefüllten Näpfen und der Neonleuchten.

    Adeje

    Das ersehnte Wiedersehen. Königliche Falken, eine Prophezeiung, Straßencafés und die Fiesta de San Sebastian.

    Ein Ehepaar hatte Bella aus dem Tierheim geholt und mit nach Teneriffa genom-men. Zwei Jahre später war das Paar nach Portugal gezogen.

    Ohne Bella. Mal wieder war die Straße Bella’s Zuhause.

    In Chayofa‘s Kunstgalerie Finca del Arte findet Bella Zuflucht sowie Wasser, Essensreste und Streicheleinheiten. So auch heute. Nach dem Genuss von ein paar saftigen Grillresten, hat es sich Bella in einer Ecke gemütlich gemacht.

    Plötzlich hört sie ihre Lieblingskellnerin rufen: „Emily! Herzlich willkommen in unserem Team! Ich mach‘ uns gleich mal einen Espresso! Dein Büro zeige ich dir später. „Emily? Zwischen Hoffnung und Angst vor einem Blütentraum spitzt Bella ihre Ohren. Klopfendes Herz. Zaghaft blickt Bella auf. Doch mit einem Mal sind Hunger, Verzweiflung, die gebrochene Nase, die verletzte Hüfte vergessen! „Sie ist es! Emily! Zweifellos! Meine Freundin aus den Träumen! Im selben Moment schaut Emily in Bellas Richtung und beginnt übers ganze Gesicht zu strahlen: „Entschuldigt bitte, aber ich muss erstmal meinen Hund begrüßen! Auf Knien umarmt Emily Bella liebevoll, ihr sanft ins Ohr flüsternd: „Ich hab doch gesagt, hab‘ Vertrauen! Begeistert hüpft Bella immer und immer wieder auf ihre Hinterbeine, um Emily dankbar das Gesicht zu lecken. Verwundert über die Freude der beiden, gibt die Kellnerin besser gleich zu verstehen, dass Bella nicht immer geduldet werden könne. „Kein Problem, lacht Emily, „ich nehme Bella sowieso mit zu mir und meinen Katzen nach Hause."

    Ab diesem Moment ist Bella der glücklichste Hund der ganzen Insel. Der ganzen Welt. Des ganzen Universums. Trotz Emily‘s Katzen.

    Ein paar Tage später fährt Emily mit Bella nach Adeje, um mit ihr durch ihre neue Heimat zu spazieren. Kaum angekom-men, zerrt Bella wie verrückt an ihrer Leine - mit Kurs auf einen gigantischen Lorbeerbaum. Gebannt blickt Bella zu dem Baum hinauf, auf dem zwei majestätische Falken sitzen. Bella schaut und schaut. Und es hat nicht den Anschein, als würde sie ihre Betrachtungen bald beenden; denn mittlerweile hat Bella ihren Kopf auf ihre Vorderpfoten gelegt. Verständnisvoll bindet Emily Bella an eine Bank, auf der sie selbst Platz nimmt, um die Zeit für ein Telefonat zu nutzen. Bella fragt sich unterdessen: „Weshalb sind mir die beiden Falken so vertraut? Wo hab‘ ich sie denn nur schon mal gesehen? In Adeje ganz sicher nicht. Da bin ich ja heute zum ersten Mal! In Chayofa? Nein. Im Tierheim auch nicht, da waren ja nur Hunde. Aber halt. Stopp, stopp, stopp. Ich kenne sie aus meinen Träumen!"

    In einem dieser Träume hatten sich ihr die Könige, die Menceys von Adeje in einem Theaterstück vorgestellt. Im ersten Akt war aus dem Nichts ein Autorität ausstrahlender Herr aufgetaucht, der sich knapp verbeugte: ‚Sunta!‘. Danach war Dunkelheit und ein Wind aufgekommen. Ein ähnlich aussehender Mann erschien und nannte seinen Namen: ‚Axerax‘. Als Nächstes stellte sich ‚Betzenuria‘ vor. Anschließend ‚Atbitocazpe‘, um gleich darauf, begleitet von einem heulenden Sturm im düsteren Nebel zu ver-schwinden. Zweiter Akt: Mencey Pelinor, König von Adeje, stand mit stolzer Brust auf einer grünen Anhöhe, von der er den friedlichen Augenblick genoss. Verspielt tanzten zarte Sonnenstrahlen mit hellen Wolkenschleiern zwischen den Berg-hängen, während klare Vogelstimmen klangen. Den dunkelgrauen Himmel hoch oben ignorierte Mencey Pelinor beflissentlich. Er scheute sich vor den Antworten auf seine Fragen, nachdem er nun doch den Friedensvertrag mit dem Spanier Alfonso Fernández de Lugo unterschrieben hatte! War seine Entscheidung richtig? Was hätten seine Vorfahren getan? Wie hätten sich die beiden Menceys Sunta und Betzenuria, unter dessen Herrschaft das Volk der Guanchen großen Wohlstand erlangt haben soll, entschieden? Oder sein eigener Vater Atbitocazpe und dessen Vater Axerax? Welchen Rat hätten sie ihm gegeben? Was sollte aus ihrem Lebenswerk werden? Wohin würde das alles führen? Wie zur Antwort breiteten zwei Falken ihre Schwingen und erhoben sich lautlos in die Lüfte.

    Versonnen hatte Bella im Traum den Falken nachgeblickt. Doch als sie sich wieder nach König Pelinor umschaute, war dieser verschwunden. Stattdessen dunkler Nebel und tosender Wind.

    Nach einer gefühlten Ewigkeit brach die Sonne erneut hervor. Abermals erblickte Bella Mencey Pelinor. Diesmal jedoch abgedankt, alt, demütig, nachdenklich, still. Mittlerweile auf den Namen Don Diego de Adeje getauft. Eine seiner Töchter von einem spanischen Oberleutnant genötigt und ein Großteil seiner Ziegen geraubt. Sein einst in Tamarcos und Fell gekleidetes Volk trug jetzt europäische Kleidung. Auch hörten sie auf christliche Namen und sprachen die Sprache der Eroberer. Ganz im Gegensatz zu ihm selbst. Nichts war mehr wie früher. Selbst der Klang der Vögel schien ein Anderer zu sein und auch das Licht der Sonne verändert. „War es am Ende falsch gewesen, den Friedens-vertrag unterschrieben zu haben? Sicherlich habe ich zum Dank die Wasser von Masca geschenkt bekommen, aber was habe ich davon, wenn mein Volk missachtet wird? Es wurde gebrochen, seiner Identität beraubt, versklavt oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Unsere Kultur scheint endgültig dem Untergang geweiht. Was nur hatte unsere Gottheit so verstimmt, dass sie es

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