Großmaul McCoy: G.F. Barner 267 – Western
Von G.F. Barner
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Über dieses E-Book
G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität.
Die Tür schwang ganz langsam zurück, und der Mann kam beinahe lautlos herein, den vernickelten, schweren Colt in der Faust. Madonna, dachte Simon Perez, der einzige Salooner in Pinos Wells, New Mexico, Großmaul McCoy mit seinem teuren Revolver. 120 Grad Fahrenheit brüteten über dem Becken in der Nähe der Salzlager am Trincheras Lake, aber nun schien die Hitze noch schlagartig zu steigen und Perez den Atem zu rauben. Das Großmaul kam herein, groß, blond und breitschultrig. McCoy machte einen Schritt zur Seite, den Blick fest auf den jungen Vaquero am Tresen gerichtet, den Colt halb erhoben. Mein Gott, dachte Perez, nein, Maxwell Tyler auch noch? Romero, das gilt dir. Merkst du denn nichts, Junge? Er schien nichts zu merken, dieser Romero Campos, der der jüngste Reiter der Gaynor Ranch war und seit zwei Tagen elf Geschwister hatte. Vielleicht stand er deshalb am Tresen und hatte sich ein Glas dunkles Bier geleistet. Bis vorgestern hatte er zehn Schwestern gehabt. Nun hatte er einen kleinen Bruder. Ein Wunder war geschehen. Und darum hatte ihm der alte Bill Gaynor, der zweitgrößte Rancher weit und breit, auch die alte Kuh für seine vielköpfige Familie geschenkt. Mit der Kuh war Romero Campos durch den Alkalistaub des Beckens bis nach Pinos Wells geritten. Eigentlich hieß das Nest ja Pinosa, aber die Gringos hatten damals alles umgetauft, als sie »Nuevo Mexico« den Mexikanern abgenommen hatten. Nun stand der Sohn dieses Mannes, der das damals besorgt hatte, neben der Tür und ließ Maxwell Tyler herein. Tyler war ein Hüne, ehemaliger Viehhändler, ein Schlägertyp, der so sprang, wie es das Großmaul wollte. Tyler blickte eine Sekunde auf Romeros schmalen Rücken und schob die Unterlippe vor.
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Großmaul McCoy - G.F. Barner
G.F. Barner
– 267 –
Großmaul McCoy
G.F. Barner
Die Tür schwang ganz langsam zurück, und der Mann kam beinahe lautlos herein, den vernickelten, schweren Colt in der Faust.
Madonna, dachte Simon Perez, der einzige Salooner in Pinos Wells, New Mexico, Großmaul McCoy mit seinem teuren Revolver.
120 Grad Fahrenheit brüteten über dem Becken in der Nähe der Salzlager am Trincheras Lake, aber nun schien die Hitze noch schlagartig zu steigen und Perez den Atem zu rauben.
Das Großmaul kam herein, groß, blond und breitschultrig. McCoy machte einen Schritt zur Seite, den Blick fest auf den jungen Vaquero am Tresen gerichtet, den Colt halb erhoben.
Mit der Linken hielt McCoy den einen Flügel der Schwingtür auf, damit…
Mein Gott, dachte Perez, nein, Maxwell Tyler auch noch? Romero, das gilt dir. Merkst du denn nichts, Junge?
Er schien nichts zu merken, dieser Romero Campos, der der jüngste Reiter der Gaynor Ranch war und seit zwei Tagen elf Geschwister hatte. Vielleicht stand er deshalb am Tresen und hatte sich ein Glas dunkles Bier geleistet. Bis vorgestern hatte er zehn Schwestern gehabt. Nun hatte er einen kleinen Bruder. Ein Wunder war geschehen. Und darum hatte ihm der alte Bill Gaynor, der zweitgrößte Rancher weit und breit, auch die alte Kuh für seine vielköpfige Familie geschenkt.
Mit der Kuh war Romero Campos durch den Alkalistaub des Beckens bis nach Pinos Wells geritten. Eigentlich hieß das Nest ja Pinosa, aber die Gringos hatten damals alles umgetauft, als sie »Nuevo Mexico« den Mexikanern abgenommen hatten.
Nun stand der Sohn dieses Mannes, der das damals besorgt hatte, neben der Tür und ließ Maxwell Tyler herein. Tyler war ein Hüne, ehemaliger Viehhändler, ein Schlägertyp, der so sprang, wie es das Großmaul wollte. Tyler blickte eine Sekunde auf Romeros schmalen Rücken und schob die Unterlippe vor.
Die nächste Gestalt huschte herein, dürr und vogelgesichtig: Archibald Hamlock, der Kartenhai, von dem es hieß, daß er bereits mehrere Leute am Spieltisch erschossen hätte.
Archie Hamlock glitt nach links und blieb stehen, machte Platz für…
Dios mio, dachte Perez, Kugelmensch Stryker, der auch noch.
Stryker, vor dem sie alle Angst hatten, weil er häßlich war, dick, glatzköpfig und gemein wie eine Bestie, wenn man ihn reizte, kam herein.
Der Kugelmensch Nathaniel Stryker, Großmaul McCoys dritter Freund, und ihm bedingungslos hörig, trug einen Leinensack, in dem etwa 100 Pfund Salz waren.
Der Salooner Perez wußte nun, warum Steve McCoy mit seinen Freunden gekommen war: wegen des Salzes. Romero hat sich Salz aus dem Lager da draußen vor der Stadt am Trincheras Lake geholt. Und das Salzlager gehört den McCoys ebenso wie 600 Quadratmeilen Land, wie alles hier: dieses Nest, halb Trincheras, wo der Sheriff sitzt. Auch der gehört den McCoys. Oder besser: dem großen, alten Horace McCoy, den man hier nur den »Major« nennt. Aber das Großmaul, sein einziger Sohn und Nachfolger, der ist nicht wie der Alte, sondern zehnmal schlimmer, ein Teufelsbraten voller gemeiner Ideen.
Simon Perez erholte sich langsam von seinem Schreck. Er atmete kräftig durch, verfärbte sich und schnaufte so laut, daß der Salzdieb Romero ihn ansah. Dann wandte Romero Campos, der knapp 18jährige Vaquero, den Kopf, weil der kreideweiße Perez ihm einen warnenden Blick zugeworfen hatte.
Romero Campos, der zu seiner Familie und seinem Brüderchen wollte, um es anzusehen und gleich ein Geschenk in Gestalt der Kuh mitzubringen, sah die vier Männer und begriff auf Anhieb, daß er in der Klemme saß. Er hatte das Salz geklaut, um damit das Rindfleisch einzupökeln. Das war dann Vorrat für ein ganzes Jahr.
Der Kugelmensch Nat Stryker grinste teuflisch, als er mit dem Salzsack zum einzigen runden Tisch in der Mitte des Saloons ging. Er setzte den Sack auf der Platte ab, während Maxwell Tyler und Archie Hamlock von rechts und links auf Romero zukamen und sich neben ihn an den Tresen lehnten.
Romero Campos trug keinen Revolver. Er war immerhin ein Mexikaner. Und für die konnte es verflucht ungesund sein, in New Mexico einen Colt mit sich herumzuschleppen. Mancher Gringo störte sich daran und wollte ausprobieren, ob ein Mexikanernachkomme so schnell wie er, der Yanky, sein konnte.
»Na, Dieb«, fragte das Großmaul McCoy hämisch, »habe ich dich erwischt? Ich werde es dir abgewöhnen, unser Salz zu stehlen.«
McCoy setzte sich in Bewegung. Zugleich griffen Tyler und Hamlock nach Romeros Armen.
Das Großmaul Steve McCoy, dem niemand in diesem Land etwas zu tun wagte, ging am Tresen und an dem am ganzen Leibe zitternden Simon Perez vorüber.
Dann sah er Amelia Perez an, die an der Küchentür stand und ihre rundlichen Massen einzog, damit er an ihr vorbei konnte. Sie war kreidebleich und schloß die kleinen Äuglein.
In der Küche stand das Mädchen Rita Menozas, deren Eltern eine kleine Ranch oben am Pintade hatten. Rita Menozas hielt sich am Tisch fest und blickte Steve McCoy entgegen. Sie war keine 20 Jahre alt und das hübscheste Mexikanermädchen in diesem Land.
Rita Menozas war bis vor drei Monaten noch unschuldig gewesen – genau bis zu dem Tag, als sie mit Steve McCoy zu der alten Blockhütte am Rande der Trinchera Mesa geritten war, statt nach Hause zu den Eltern und Geschwistern.
Das jedoch wußte niemand außer McCoys drei Freunden. Wenn es der alte Major Horace McCoy erfahren hätte, wäre er vielleicht explodiert oder hätte seine beiden Krücken, die er seit drei Jahren brauchte, auf Steves Rücken zertrümmert. Vielleicht waren überhaupt die Krücken und Horace McCoys Lähmung der eigentliche Grund dafür, daß aus Steve das Großmaul geworden war. Oder es hatte an seiner Mutter Abigail McCoy gelegen, die ihn erzogen hatte.
Stevie McCoy, 28 Jahre alt und wild wie ein ungezogener, giftgeladener jüngerer Bursche, ging an Rita Menozas vorbei. Er sah sie kaum an, obwohl er die Angst in ihren Augen bemerkte, das erregte Heben und Senken ihres Busens. Nächste Woche würden sie sich wieder in der Hütte treffen, die der alte Major einmal erbaut und die sein erstes Domizil in diesem Land gewesen war. Auf diese Nacht freute sich nicht nur Steve, sondern auch Rita.
»Steve«, flüsterte Rita Menozas entsetzt, »bitte, tu ihm nichts. Er ist doch noch ein Junge.«
Amelia Perez hörte es, wenn auch nicht ganz deutlich. Sie nahm die Schüssel aus dem Regal an der Wand und den Löffel vom Tisch. Dann wandte er sich um und starrte Rita Menozas an.
»Halt den Mund«, zischelte er. »Ich bin ein McCoy, verstanden?«
Das war er. Und er wollte allen zeigen, was ein McCoy mit einem mexikanischen Salzdieb anstellte.
*
Die Schüssel war nun randvoll, das Salz glitzerte. Romero saß auf dem Stuhl am runden Tisch. Sein Gesicht zuckte, sein Adamsapfel tanzte. Rechts stand Tyler, der Hüne, eine Hand auf Romeros Schulter. Er hielt sie so fest, wie er vor Jahren Rinder und Mavericks gehalten hatte, denen sein Partner Nat Stryker irgendein Brandeisen aufgedrückt hatte, um das alte Zeichen zu löschen, denn davon hatten sie damals gelebt. Viehdiebstahl und Ankauf gestohlener Rinder, das war ihr »Geschäft« gewesen, bis sie mit Steve McCoy losgezogen waren. Sie hatten nie etwas getaugt und den denkbar schlechtesten Ruf gehabt, genau wie Archie Hamlock, der Kartenhai.
Stryker hielt Romeros linke Schulter gepackt, während Hamlock hinter dem Stuhl stand, seinen gefürchteten Bullcolt in der Faust.
Das Großmaul hatte sich vor dem Tisch verkehrt herum auf einen Stuhl gesetzt und die Arme auf der Lehne verschränkt. Da saß er und fixierte den Jungen.
»Nimm den Löffel, Campos!«
»Nein«, jammerte Romero. »Mr. McCoy – Sir, ich kann doch nicht das Salz essen. Ich… Mr. McCoy, ich werde das Salz bezahlen und…«
»Du frißt!« fauchte Steve McCoy ungerührt. »Verdammtes Packzeug. Alle hier holen sich unser Salz, alle. Von nun an geht es jedem so, den wir dabei erwischen. Verdammte Greaser, jetzt mache ich ernst. Nimm den Löffel!«
Der Schweiß trat Romero Campos aus allen Poren. Seine Rechte zuckte zurück, als wäre der Löffel glühend.
»Er will nicht«, brummte McCoy. »Tyler – Stryker!«
Sie drückten ihre Daumen in Romeros Schultern, bis er stöhnte und ihm vor Schmerz Tränen aus den Augen rannen. Hamlock griff bedächtig mit seinen knotigen Fingern in Romeros Haare.
Madonna, dachte Simon Perez, was für eine Teufelei. Das kann man doch nicht machen, jemanden Salz essen lassen. Der Major mag uns Mexikaner zwar nicht, aber er war immer gerecht zu uns. Dies würde er nie tun.
»Mr. McCoy«, flehte Perez verzweifelt, »bitte, lassen Sie ihn doch bezahlen. Ich lege es aus, Mr. McCoy.«
»Perez!« fauchte das Großmaul und fuhr im Stuhl herum. »Wenn du dich noch einmal einmischt, frißt du gleich an der anderen Seite mit, kapiert? Die vermehren sich hier wie die Kaninchen, holen ihre schmutzige Verwandtschaft aus Mexiko herüber und stehlen bei uns Rinder, Salz, Holz, Heu. Was weiß ich, was sie alles klauen, diese Langfinger. Perez, ich warne dich! Du hast die längste Zeit einen Saloon gehabt, wenn du nicht das Maul hältst. Frißt du bald, Campos?«
Der stöhnte, konnte den Druck der Daumen und das Andrehen seiner Haare nicht länger ertragen. Er griff nach dem Löffel.
»Siehst du«, stänkerte Hamlock, »und nun fangen wir an, ja? Einen Löffel für den Padre, den Kaninchenbock. Und dann einen für die gute Mama, ja? Und den nächsten für dein kleines Brüderchen… Wird’s