Drei Morde und ein Lord: Kriminalkomödie
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Über dieses E-Book
Peter Kerrigan hat seine Kindheit auf der Strasse verbracht. Dort hat er in 12 Sprachen fluchen gelernt und ist zu einem Mann geworden, der es mit dem Gesetz nicht immer so genau nimmt.
Als er von einem angesäuselten Bibliothekar erfährt, dass in einem Schloss ein Schatz versteckt ist, kennt er kein Halten mehr. Er gibt sich als Versicherungsvertreter aus, schmuggelt sich ins Schloss ein und macht sich auf die Suche nach dem Schatz.
Leider weiss niemand, wo der Schatz versteckt ist. Denn die Person, die den Schatz versteckt hat, hat das Geheimnis um ihn mit ins Grab genommen. Doch Peter Kerrigan lässt sich davon nicht entmutigen. Mit der Hilfe einer alten Lady, die über einen messerscharfen Verstand verfügt, findet er heraus, wo sich der Schatz befindet.
Doch freuen darüber kann er sich nicht. Im Schloss tummeln sich verschiedene Leute, die ebenfalls brennend am Schatz interessiert sind - und die durchaus bereit sind, einen Mord zu begehen, wenn sie dies zum Schatz führt.
Peter Kerrigan behilft sich mit Tricks und Kniffs und sonstigen Gaunereien - bis er am Schluss den Schatz in den Händen hält und weiss, dass er nun ein reicher Mann ist.
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Buchvorschau
Drei Morde und ein Lord - Archibald Gordon MacDonell
KAPITEL I
Der kleine Mann im dunklen Anzug prallte mit dem Taschendieb zusammen. Dieser stahl ihm die Brieftasche.
Peter Kerrigan hatte dies beobachtet. Er prallte seinerseits mit dem Taschendieb zusammen und nahm ihm die Brieftasche ab.
Zufrieden schlenderte Peter Kerrigan weiter. Er war guter Laune und pfiff fröhlich vor sich hin. Nach einiger Zeit sah er sich die Brieftasche näher an. Sie enthielt einige ungültige Fahrscheine, einen Zulassungsschein für den Lesesaal des Britischen Museums, der auf den Namen Harrison Hone ausgestellt war, und einen Brief.
Peter Kerrigan warf einen kurzen Blick auf den Brief und wollte ihn wieder in die Brieftasche stecken. Dann aber stachen ihm die Worte ‘eine Million Pfund’ ins Auge.
Jetzt sah sich Kerrigan den Brief genauer an.
«Lieber Harry», war dort zu lesen, «etwas Wundervolles ist passiert. Es wird nicht lange gehen, und ich werde mindestens eine Million Pfund erhalten. Wir werden beide unendlich reich sein. Grüsse Hilda und die Neffen von mir – dein John. ‘Geh und bitte die Soldaten zu schiessen’.»
Kerrigan begann schneller zu laufen, bis er den kleinen Mann überholt hatte. Er drehte sich zu ihm um, verbeugte sich höflich und sagte:
«Ich glaube, diese Brieftasche gehört Ihnen, Sir?»
Der kleine Mann warf einen Blick auf die Brieftasche und stammelte:
«Oh ja, vielen, vielen Dank. Danke vielmals. Ja, es ist meine Brieftasche. Ich muss sie verloren haben… vielen, vielen Dank.»
«Nicht der Rede wert», erklärte Kerrigan grosszügig. Ihn interessierte jedoch die Million Pfund, von denen im Brief die Rede war.
«Was halten Sie davon, wenn wir Ihre Brieftasche bei einem Glas Bier feiern?», fragte er. «Es ist halb zwölf, und ein Schluck Ale würde niemandem schaden, schätze ich.»
«Nichts für mich. Ich trinke nie Ale», entgegnete der kleine Mann. «Ich trinke sehr selten Alkohol. Tatsächlich würde ich sagen, dass ich total abstinent bin.»
«Nun ja – dann trinken Sie ein Glas Milch. Kommen Sie.»
Der kleine Mann zögerte.
«Ich muss Ihnen gestehen, dass ich … unglücklicherweise – eh … all mein Geld … zuhause auf dem Klavier habe liegen lassen.»
«Das macht nichts», versicherte ihm Kerrigan. «Ich meinerseits schwimme im Geld. Kommen Sie.»
Der kleine Mann zögerte noch immer, doch Kerrigan führte ihn in die nächste Bar.
«Einen wunderschön guten Morgen», sagte er zur Bardame, «vielleicht könnten Sie mich mit einem grossen Ale beglücken, und, wenn Sie dies auf Lager haben, mit einem Glas Mich für den Gentleman – vielleicht mit einem Tropfen Rum drin?»
Die Bardame brachte Kerrigan ein Ale und dem kleinen Mann ein grosses Glas Milch mit reichlich Rum. Der fast totale Abstinenzler nahm hastig einen grossen Schluck und hustete dann über eine Minute lang.
«Was für eine merkwürdige Milch», keuchte er endlich. «Sie schmeckt sehr scharf.»
«Die Milch wurde pasteurisiert», behauptete Kerrigan. «Heutigentags wird nur noch pasteurisierte Milch serviert.»
«Das wusste ich nicht», meinte der kleine Mann. Er schien Kerrigan nicht recht zu glauben. «Ich habe mich früher mit der Pasteurisierung von Milch beschäftigt und …»
«Oh, da hat sich in letzter Zeit einiges geändert», unterbrach ihn Kerrigan eilends. «Das ist die neuste Entwicklung.»
«Es schmeckt sicher gut», gab der kleine Mann zu. «Aber ich glaube, dass man die Milch nicht hinunterzuschütten, sondern sie in kleinen Schlucken trinken sollte.»
«Da liegen Sie richtig», bestätigte Kerrigan. «Schluck für Schluck, und Sie können nichts falsch machen. Und nun zum Geschäftlichen, Herr Hone.»
Der kleine Mann schaute wild um sich. Ihm gingen Geschichten von Männern durch den Kopf, die in einer Bar ausgeraubt oder sogar ermordet worden waren.
«Was … was … für Geschäfte meinen Sie? Und woher wissen Sie meinen Namen?».
Kerrigan senkte seine Stimme.
«Haben Sie etwas von John gehört?»
Mr. Hone zuckte zusammen.
«Nein», entfuhr es ihm, «ich wünschte bei Gott ich hätte.»
Dann merkte er, dass er zu viel gesagt hatte.
«Ich weiss mit dem besten Willen nicht, wovon Sie sprechen. Und – eh … wenn Sie nichts dagegen haben, ist es besser, wenn ich nun gehe. Ich habe es eilig.»
Peter Kerrigan versuchte, ihm mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zu antworten:
«Ich bin auf Ihrer Seite.»
Der kleine Mann schaute ihn verwirrt an.
«Sie meinen …», begann er.
«Ja», gab Kerrigan zur Antwort. «Ich weiss mehr über John, als Sie denken.»
«Wissen Sie, wo er ist?», jammerte Herr Hone. «Er ist seit sechs Wochen weg, und ich habe Angst um ihn.»
«Kein Wort von ihm?»
«Kein Wort. Kein Brief. Kein Telegramm. Nichts. Ich habe Angst, dass er irgendetwas Verrücktes tut», fuhr Mr. Hone mit einem traurigen Unterton fort. «John war immer ein Draufgänger. Und als ich seinen Brief erhielt …»
Er brach ab und schaute Kerrigan misstrauisch an.
Dieser nickte zustimmend und sagte:
«Jener von der Million Pfund. Ja, ich weiss. Fahren Sie fort.»
Mr. Hone wurde misstrauisch.
«Woher wissen Sie von diesem Brief? Und wie heissen Sie überhaupt?
«Ich heisse Carkeek», behauptete Kerrigan. «Ich bin ein Privatermittler.»
«Warum wollen Sie die Angelegenheiten meines Bruders untersuchen – und dies erst noch privat?»
«Weil ich eine interessierte Partei vertrete», antwortete der neuernannte Mr. Carkeek würdevoll. «Eine, dessen Namen zu verraten ich allerdings nicht befugt bin. Aber ich kann Ihnen versichern, dass dahinter eine bedeutende Persönlichkeit steht.»
Das verwirrte Mr. Hone.
«Es ist alles so rätselhaft», meinte er, «Noch vor sechs Wochen dachte ich, dass es keinen friedlicheren Ort in England geben könnte als jenen, in dem mein Bruder und ich lebten. Ich arbeitete als Lektor, und mein Bruder arbeitete als Bibliothekar. Und jetzt ist mein Bruder verschwunden, weil er eine Million Pfund gesucht hat. «
«Wissen Sie, Mr. Carkeek», schloss Mr. Hone, «Ich bin drauf und dran, in meinen Vorlesungen den Faden zu verlieren. Vorlesungen, die ich seit 15 Jahren halte. Wenn das so weitergeht, komme ich in Schwierigkeiten. Vielleicht werde ich sogar entlassen. Und was soll ich dann tun? Ich habe eine Frau und zwei Kinder zu ernähren.»
Kerrigan gab der Bardame einen Wink. Sie sollte nochmals ein Glas Ale und ein Glas Milch mit Rum bringen. Munter sagte er:
«Mit einer Million Pfund werden Sie sicher für Ihre Familie sorgen können!»
«Ich wollte, ich wüsste, was ich tun soll», murmelte der kleine Mann und seufzte. «Ich weiss, dass ich etwas tun sollte, aber ich bin es nicht gewohnt, etwas zu tun.»
«Warum erzählen Sie mir nicht die ganze Geschichte?»
«Es gibt nichts zu erzählen. Mein Bruder ist verschwunden. Und ich weiss nicht, was ich tun soll, um ihn zu finden.»
«Wo ist Ihr Bruder verschwunden?»
«Von seinem Arbeitsort»
«Und wo liegt dieser?»
Doch Mr. Hone hatte genug.
«Ich muss gehen», sagte er mit einer schweren Zunge. «Danke für Ihre Hilfe.»
Mr. Hone stand auf, schüttelte Kerrigan die Hand und ging mit unsicheren Schritten davon.
Als Peter Kerrigan 11 Jahre alt war, wurden sein Vater und seine Mutter in einer Hafenspelunke niedergestochen. Von da an musste Peter Kerrigan für sich selbst sorgen. Das tat er denn auch. Er strich in der Hafengegend herum und lernte verschiedene Wege kennen, auf denen man zu Geld kommen konnte – auch wenn einige dieser Wege ganz und gar nicht legal waren.
Jetzt war er gut dreissig Jahre alt. Die Gewohnheit, manchmal auch auf illegalen Wegen Geld zu verdienen, hatte er beibehalten. In der Unterwelt kannte man ihn. Und man schätzte ihn auch: Er galt als ein Mann, auf dessen Wort man sich verlassen konnte.
Peter Kerrigan hatte breite Schultern und lange Arme. Seine Haare waren braun und seine Augen waren blau. Er war nicht besonders gross, und das führte dazu, dass er auch ein Mann war, den man oft unterschätze – was viele Leute im Nachhinein sehr bedauerten.
Jetzt folgte Kerrigan dem nervösen Lektor und merkte sich die Adresse des Hauses, in das dieser hineinging.
KAPITEL II
Peter Kerrigan hatte beschlossen, sich um die Million Pfund zu kümmern, von denen im Brief die Rede gewesen war.
Um 9 Uhr am nächsten Morgen verliess er seine Wohnung. Er trug einen schäbigen blauen Anzug, einen Hut und eine braune Aktentasche.
An der Kreuzung jener Strasse, die zu Mr. Hones Haus führte, stellte er sich hin und wartete, bis Mr. Hone zur Arbeit ging. Das geschah um 20 Minuten nach 9. Kurze Zeit später stand Kerrigan vor der Wohnung von Mr. Hone und läutete.
«Gas, Wasser und Strom GmbH», sagte Peter Kerrigan. «Zähler kontrollieren.»
«Gestern schon war jemand hier», protestierte Frau Hone und machte keinerlei Anstalten, Kerrigan hereinzulassen.
«Stimmt. Alle Zähler im Distrikt sind kontrolliert worden. Das muss jedoch wiederholt werden», sagte Kerrigan ungerührt. «Gestern war ein Brand in unserem Büro. Sämtliche Unterlagen sind futsch.»
Die Frau zeigte auf den Gaszähler, der im Korridor stand.
«Wir müssen auch in die Wohnungen gehen und die Ventile überprüfen. Es hat in einigen anderen Wohnungen Gasvergiftungen gegeben, weil die Ventile defekt waren.»
Die Frau nahm dies zur Kenntnis. Dann beäugte sie Kerrigan misstrauisch:
«Kostet dies etwas?»
«Keinen Penny, Madam», gab Kerrigan fröhlich zur Antwort. «Geht auf Kosten der Firma.»
Frau Hone entspannte sich und lächelte.
«Das ist immerhin etwas», sagte sie und trat zur Seite, damit Kerrigan eintreten konnte.
Der einzige Raum, der Kerrigan interessierte, war das Wohnzimmer. Dieses war sehr klein, und offensichtlich diente es sowohl als Esszimmer als auch als Arbeitsraum. Während der wenigen Minuten, in denen Kerrigan allein im Wohnzimmer war, ging er zum Pult, das sich ebenfalls im Wohnzimmer befand. In aller Eile schaute er sich die Briefe, Briefumschläge und Notizzettel an, die sich auf dem Pult befanden.
Einer der Briefumschläge weckte sofort seine Neugier. Die Adresse auf ihm war mit der gleichen krakeligen Schrift geschrieben, mit der der Brief mit dem Hinweis auf die Million Pfund geschrieben worden war.
Kerrigan stopfte den Briefumschlag in seine Tasche. Er packte auch einige Photographien ein, die sich auf dem Tisch befunden hatten, und da er nachher nichts mehr sah, das ihn interessierte, verliess er das Haus.
Sobald er sich weit genug von ihm entfernt hatte, sah er sich den Briefumschlag und die Briefmarke an. Der Brief war in Blicester aufgegeben worden, und, soweit Kerrigan erkennen konnte, war dies bereits vor zwei Monaten geschehen.
Kerrigan winkte einem vorüberfahrenden Taxi.
«Kennen Sie einen Ort namens Blicester?», wollte er wissen.
«Ziemlich weit weg», meinte der Taxifahrer», «Blicester liegt in