Wenn der Apfellastwagen kommt: Erinnerungen an eine Südtirolersiedlung
Von Margit Weiß
()
Über dieses E-Book
Während der "Optionszeit" verließen viele Südtiroler Familien ihre Heimat, um in eigens errichteten Wohneinheiten in Österreich und Deutschland ein neues Zuhause zu finden. Margit Weiß wuchs in den Sechziger- und Siebzigerjahren in einer solchen Südtirolersiedlung auf. Mit den Augen eines Kindes betrachtet sie den damaligen Alltag und die illustren Persönlichkeiten in der Siedlung: Da gibt es den blumenpflückenden Herrn Maier, die Fani-Tant mit ihren Liebschaften oder den geliebten Großvater Carlo. Was sie alle eint, ist der Verlust der Heimat.
Ähnlich wie Wenn der Apfellastwagen kommt
Ähnliche E-Books
Vom Leid zum Glück: Mein Leben als Kostkind Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungenes kann sein, dass dann die schatten kommen: Romanfragment. Werkausgabe. Band 2 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVon einer, die auszog, einen Büstenhalter zu stehlen: Erinnerungen eines Kindes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAndreasnacht: Ein mysteriöser Fall eines BKA-Ermittlers Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMinnas Buch: eine Zeitgeschichte aus Ostpreußen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZu Hause ist überall: Über Buenos Aires und New York nach Südtirol Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHinausgeboren Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBlauer Rauch: Geschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStaugefahr: Erzählungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer einfache Weg Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenM.E.L. "hoch und runter": Mein Junge aus Costa Rica Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeiße Nelken für Elise: Die Liebe meiner Großeltern zwischen Wehrmachtsbordell und KZ Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAls die Kinder aus den Krautköpfen kamen: Damals in Südtirol Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAutolyse Wien: Erzählungen vom Ende Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAls noch Kartoffelfeuer brannten: Eine Kindheit im Ahrntal Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine Kindheit und Jugend in Preußen um 1900 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine von Vielen: Ein Lebensbericht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFremde Wesen: Familiensaga Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBergstraße: Eine Kindheit in der Nachkriegs-Eifel Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUrsel: Wohin gehen wir auf Erden, wenn wir den Weg nicht kennen… Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnton: Erinnerungen eines Buben auf dem Lande Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWie es wirklich war: Erinnerungen eines Achtzigjährigen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Vermächtnis der Inge-Karin: Schmerzliche und heilsame Erinnerungen aus meinen Kinder- und Jugendtagen 1944-1962 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKindheitserinnerungen aus Meersburg: Am Rande der Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Haus an der Selke: Erzählung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKnochenasche rottet nicht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKindheitserinnerungen am Rande der Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Leben: Vom Stadtkind zur Bauersfrau Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeimaterde: Ein Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Fiktion für Sie
Anal Genial Sex-Geschichten: Erotik-Geschichten ab 18 unzensiert deutsch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeiße Sexgeschichten: Ich liebe Sex: Sex und Erotik ab 18 Jahre Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Ein fliegender Vogel blickt nie zurück: Die Freiheit nach dem Loslassen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIntimes Geständnis: Erotik-Geschichten ab 18 unzensiert deutsch Hardcore Sex-Geschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenReckless 4. Auf silberner Fährte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBe Dirty! - erotische Sexgeschichten: Erotikroman für Erwachsene ab 18 Jahren | unzensiert | deutsch Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Der Duft von Schokolade (eBook) Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Karl Kraus lernt Dummdeutsch: Oder Neue Worte für eine neue Welt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWo die Liebe ist, da ist auch Gott: Erzählungen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Radetzkymarsch Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Tabu: Sexgeschichten - Heiss und Obszön: Erotik-Geschichten ab 18 unzensiert deutsch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJede Fremdsprache sofort sprechen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSpätestens morgen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHotel Berlin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenArturos Insel Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Das Reich Gottes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Jakobsbücher Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Ausweitung der Kampfzone Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Der Graf von Monte Christo Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Wie man die Frauen verführt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Zimmer für sich allein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAmerika Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Dämmer und Aufruhr: Roman der frühen Jahre Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas gute Buch zu jeder Stunde Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDresden: Roman einer Familie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer große Gatsby Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Unrast Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchwarze Befriedigung: Erotischer Roman Bewertung: 2 von 5 Sternen2/5Das achte Leben (Für Brilka) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Große Gopnik: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Wenn der Apfellastwagen kommt
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Wenn der Apfellastwagen kommt - Margit Weiß
Von Frau und Herrn Maier
„Margit, lauf, hol die Frau Maier zurück!"
Ich ging los und begann sie zu suchen. Ich hatte keine Eile. Frau Maier suchen ging ich gerne. Meist fand ich sie in der Sterzinger Straße. Von dort war es nicht weit zurück in die Terlaner Straße.
Ich sah sie stehen, eine alte Frau in schwarzem Gewand, eine Schürze umgebunden. Alles war rund an ihr, Gesicht, Gestalt, ihre Gretlfrisur. Sie war klein. Ich reichte ihr mit meinen drei Jahren bis zur Taille. Ich nahm ihre Hand. Von niemandem ließ sie sich zurückführen. Mit dem kleinen Mädchen aber ging sie mit und so schickten sie mich los, wenn sie wieder einmal unauffindbar war. Damals gab es in der Siedlung noch kaum Autos und jeder kannte jeden. So mussten sie nicht befürchten, dass ich auch noch verloren gehen könnte.
Wir gingen zurück in die Terlaner Straße. „I gea iatz hoam, ließ sie mich wissen, ich geh jetzt heim. Und sogar mit drei wusste ich, mit „heim
meinte sie nicht die Terlaner Straße. Das ist eine meiner ersten Erinnerungen an die Siedlung, in der ich aufwuchs.
Die Familie Maier wohnte im selben Haus wie meine Großeltern. Frau Maier, sagten die Erwachsenen, sei verwirrt. Sie habe vergessen, dass sie in der Terlaner Straße wohne. Aber ich glaubte Frau Maier und war mir sicher, sie wartete nur, bis sie wieder aufbrechen konnte, dorthin, wo sie wirklich daheim war. So ging es vielen, wenn der Verstand die Herrschaft über sie aufgab, dann zog es die Beine, den Körper, alle beseelten Zellen dorthin, wo das Altvertraute war.
Überhaupt schien es, als würde die Siedlung nur aus Leuten, die woanders daheim waren, zu bestehen. Da gab es die Bozner, die Pusterer (aus dem Pustertal), die Ratschingser, die Buchensteiner, die Rittner, die Passeirer und so weiter. Nie sagte jemand über die Leute von der Siedlung, sie seien Kufsteiner oder Sparchner. Der Stadtteil hieß eigentlich Sparchen, aber für uns alle war es damals nur die Südtirolersiedlung.
Sosehr „die Südtiroler von außen für „die Stadtler
in Kufstein eine Einheit bildeten, sosehr wusste jeder in der Siedlung, dass es diese Einheit nicht gab. Zwischen den verschiedenen Tälern bestanden unsichtbare Bruchlinien, ebenso wie zwischen Ladinern und Deutschsprachigen, zwischen denen, die wieder zurückwollten, und denen, die sich das nicht mehr trauten oder es nicht mehr konnten, weil es „drinnen" nichts mehr gab, wohin sie gehen hätten können, manchmal nicht einmal das Willkommen in den eigenen Familien. Manch Erbe war in einer Schräglage verteilt worden, mancher Groll bildete eine undurchlässigere Grenze als die zwischen Italien und Österreich in den Sechzigern. Manchmal wurden diese Bruchlinien und Schräglagen spürbar, wenn sich einer, vermeintlich versteckt in der Wohnhöhle und doch rundum hörbar, meist alkoholgetränkt, den Schmerz und die Wut herausschrie oder -schlug.
Für mich gehörten alle so, wie sie waren, zur Siedlung wie der Eichenbaum vor unserem Haus und das Duxer Köpfl, das über unseren Dächern stand. Jeder bildete ein Stück meiner Normalität.
Wenn ich mit Frau Maier zurückkam, setzte ich sie auf die Bank der Maiers, die vor einem Holzstoß stand. Jeder Familie in der Siedlung war mit der Wohnung ein Stück Garten zur Selbstversorgung zugewiesen worden. Die Wohnungen hatten fließendes Wasser und Toilette, Keller, Dachboden und eben jeweils ein Stück Garten.
Viele ansässige Kufsteiner waren auf die Südtiroler anfangs nicht gut zu sprechen. Sie empfanden die Zuzügler als bevorzugt. Viele Städter lebten teils in schlechteren Verhältnissen. Die Südtiroler in den neuen Wohnungen waren auch nicht an den neuen Standard gewöhnt und behielten die Bezeichnungen bei, die den früheren Wohnverhältnissen entsprachen. So sagten sie zu den Toiletten „Abort und zur Spüle „Brunnen
, wie es auf den Höfen gewesen war.
Als Kinder begegneten wir den Vorbehalten der „Stadtler" eher selten, da die Siedlung wie ein eigenes Dorf etwas abseits zwischen der Innenstadt und dem Eingang ins Kaisertal lag und die Stadt für uns weit weg war.
Der Garten meiner Großeltern befand sich zwischen Mutschlechners und Maiers. Da stand Opas rote Bank. Er saß oft dort, trug den blauen Schurz, seinen Hut. Ich setzte mich gerne neben ihn. Die rote Bank war ein guter Beobachtungsplatz, Erzählplatz, Schauen-wie-die-Kohlrabi-wachsen-Platz.
Oft berichtete Opa von Menschen, die ich nicht kannte, die „drinnen waren. So nach und nach kam ich dahinter, dass er mit „drinnen
Südtirol meinte. Die Menschen in seinen Geschichten wurden mir durch sein Erzählen zunehmend vertrauter und begannen sich zu den Leuten zu gesellen, die ich hier in der Siedlung kannte. Es gab also die sichtbaren Leute und die unsichtbaren, und beide bevölkerten meine Kinderwelt und Fantasie.
Oft taten wir nichts anderes als schauen. Zu schauen gab es immer etwas. Was mir sehr interessant erschien, war Herr Maier. Wenn seine Frau nicht gerade losmarschierte, setzte er sich in Bewegung. Er war im Gegensatz zu seiner Frau ein großer, hagerer Mann,