Kopfsalat mit Herz gemischt: Mein buntes Leben
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Über dieses E-Book
Ingrid Rathje-Kohn
Gedichte lesen hat das ganze Leben der Autorin bereichert. Fröhliche Gedichte haben erfreut, nachdenkliche Gedichte haben getröstet und Mut gemacht. Selber schreiben war der Autorin stets ein Wunschtraum, der erst in Erfüllung ging, als eine innere Notlage ein Ventil forderte. - Danach entstanden Gedichte und Gedichte aus ihrer Feder in bunter Mischung, die nur das Leben selbst hervorbringen kann.
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Buchvorschau
Kopfsalat mit Herz gemischt - Ingrid Rathje-Kohn
Erinnerungen
Nachtgesang
Die Nachtigall war nie zu sehn,
sie wohnte hoch in einer Linde,
und kam ich nachts mal nicht zur Ruh,
sie trällerte dann laut dem Kinde.
Welch süßer Klang in stiller Nacht,
ich kletterte aus meinem Bett,
und hab das Fenster aufgemacht,
und fühlte mich gelöst und nett.
Sie trällerte mich in den Schlaf,
und folgte mir in meinen Traum
vom Märchen von der Nachtigall,
mit Andersen in einem Raum.
Die alte Linde steht nicht mehr,
sie wurde krank und musste gehen,
doch komme ich dort mal vorbei,
ich seh im Geiste sie dort stehen,
und auf der Milchbank unter ihr
da sitze ich in Freundes-Stunden,
sie alle sind auch nicht mehr da,
sind weit verstreut in allen Runden.
Doch nun erinnern wir zu zweit,
denn EINEN hab ich noch gefunden.
Am Telefon sind wir vereint,
denn anders geht es grade nicht,
doch vis-a-vis in Zwischenzeit
wir sahen uns von Angesicht.
Jahrzehnte Abstand durch das Leben,
Gesprächsstoff gab es neu und gut,
nicht nur in alten Zeiten schwelgen
so sehr vertraulich gut das tut.
11.2.2021
Hannes Hofplatz
Das Dorf hat eine Sammelstelle,
wo man sich trifft, dort, wo man spielt,
So oft entspringt an dieser Stelle
ein Lebenswerk, nach dem man zielt.
Von Freund zu Freund, da kann man reden
und weben, wie man Zukunft sieht,
mit bunten Blumen, große, kleine,
´nen Wünschegarten man erfühlt.
Gezählt wird an dem Stamm der Eiche,
und jeder sucht sich sein Versteck,
im Umkreis zweier Bauernhöfe,
da ist man doch nie so ganz weg.
Zur Winterzeit im frühen Dunkel,
da wird Versteck zum Narrenspiel,
wenn man sich duckt im dichten Schatten,
ist Überlisten größtes Ziel.
Kein schöner Land,
wird da gesungen,
wenn man sich trennt zur guten Nacht,
und wenn der letzte Ton verklungen,
dann weht der Wind nur noch ganz sacht.
Doch heimlich bleibt ein Liebespärchen,
stielt noch einmal verborgne Zeit,
weil Eltern das nicht wissen dürfen,
zu jung, zu klein, zu früh gefreit.
Und Morgens stehen volle Kannen
mit Milch, gemolken neu und frisch,
wo spät am Abend muntre Jugend
sich auch Erfundenes auftischt.
Da wird gelacht und fabuliert,
womit man Eindruck schinden kann,
man selbst gestaltet neue Märchen,
die einst geschahen - irgendwann.
22.9.2020
Die Letzten im Dorf
Mein Feuer brannte in mir drin,
doch immer gleich erstickt im Keim.
"So wohlerzogen ich doch bin!
so wohlbehütet ist mein Heim."
Da musst ich mich an Regeln halten,
denn ohne Vater hieß es schnell,
"Da fehlt die feste Manneshand,
das Jugendamt ist gleich zur Stell."
Die Mutter mahnt, seid lieb und nett,
will manches ungereimt auch sein,
begegnet allen mit Respekt,
und findet euch auch mal darein,
dass sie mit Fingern auf euch weisen,
wenn in dem Dorf es läuft was schief.
Wenn Mutter augen um euch kreisen,
dann weiß sie, wie es mit euch lief.
Und wir beherzten diese Wahrheit,
denn wir erlebten es gar oft,
dass Polizei und Nachbarsleute
mit Zorngewalt sich was erhofft.
'Ehrbare' Leute sahen es,
so donnerte es wie besessen,
als dann die Wahrheit kam heraus?
Entschuldigung ward da vergessen
!
So kränkend war es für die Mutter,
dies Ehrbar
galt ja nicht für sie,
gesetzestreu und pflichtbesessen,
so sollt es sein, und so war SIE.
Die Armut war für sie ein Makel,
und jede Kränkung traf sie hart,
drum wollt sie es den Leuten zeigen,
hat eisern für ein Haus gespart.
Ein Herzenswunsch im Kinderheim,
ein eignes Haus mit Gartenzaun,
das sollte es im Leben sein,
nicht nur mit Lego wollt sie baun.
Mit Willen und mit viel Geduld,
und noch ein bisschen Glück dabei,
sie legte Mark für Mark zurück,
im Haus mit Garten ward sie frei.
29.9.2020
Unverhofft
Und kommst du auf der Lebensreise
in eine altbekannte Schneise,
da steht auf einmal wer vor dir,
so wunderbar: du bist noch hier!
Hat dich entdeckt in Schwarz auf Weiß:
"Dich kenn ich doch, weiß, wie du heißt,
die alten Zeiten werden hell,
ich schreib dir gleich, jetzt auf der Stell."
So wundersam versinken Jahre,
so vis-a-vis seid ihr euch nah,
es stehen auf die Kindertage,
lebendig sind sie wieder da.
So altbekannt und dennoch neu.
Vertrauen wächst und helle Freude,
als Kinder mochtet ihr euch schon,
und noch viel schöner ist es heute.
17.6.2020
Sonntags-Schule
War vor der Schule kurz vor acht,
Hausmeister hat mich ausgelacht,
was machst du hier so ganz alleine,
ist SONNTAG heut, komm in die Beine
und ab nach Hause, heut ist frei.
Ich schleich mich fort, schäm mich dabei.
Hab doch gedacht, wie toll ich bin,
als erste in der Schule drin.
Gepackt den Ranzen mit der Tafel,
die Mamma war grad nicht zu sehn,
geh ich auch in die erste Klasse,
kann doch allein zur Schule gehn.
Jetzt schleich ich mich ganz schnell nach Haus,
den Ranzen leg ich ab im Flur,
geh rein zum Frühstück, setz mich hin,
als hätt ich and´res nie im Sinn.
Die Mutter sagt, wo warst du nur?
- - War nur ne kleine Morgentur!
14.3.2021
Een Ledderbüx
Mien gröttste Wunsch as lüttje Deern
dat weer, dat wull doch keen een höörn,
een Ledderbüx mit Büxenklapp,
vun Hans, mien Broder, ik se schnapp.
Oh-haua-ha, denn weer wat los,
nie gönnt he mi de Ledderhoos.
De Ledderbüx weer ook nich echt,
ut Ledderflicken keem de trech,
so richtig een ut Bayernland
de weer to düür, laat mi an Land.
Und bruun weern all de lütten Flicker,
ik föhl mi dormit liekes schicker.
De Schirmmütz sett ik op mien Kopp,
dat lange Haar steek ik mi op,
versteek dat ünner düsse Mütz,
weer Bengel nu mit Ledderbüx.
Wat schall de Fledderkraam von Kleed,
dat wull ik nich, nu weets Bescheed !
9.10.2020
Nur ein Bild
Ein Bild an der Wand,
es gab mir Bericht,
die Augen so lebhaft,
sie sahen nur mich,
von wo ich auch schaute,
da sah er mich an,
er wollt mir was sagen,
ich glaubte daran.
Und so war es immer,
mein Vater und ich,
so fern und so nah,
so herzlich und schlicht.
Das Bild an der Wand,
und ich in dem Zimmer,
wenn ich dort allein war,
dann sprachen wir immer.
Dann warn wir zusammen,
mein Vater und ich,
verschollen in Russland,
das zählte dann nicht,
wir sahen uns an,
so verbunden der Blick,
ich spürte die Liebe,
für mich war das Glück.
Verschollen in Russland,
er war nie mehr da,