Erzählungen eines Schattenmanns
Von Michael Ghanem
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Über dieses E-Book
Michael Ghanem
Jahrgang 1949, Studium zum Wirtschaftsingenieur, Studium der Volkswirtschaft, Soziologie, Politikwissenschaft, Philosophie und Ethik. Arbeitete jahrelang bei einer internationalen und einer europäischen Organisation sowie in mehreren internationalen Beratungsunternehmen – dabei 5 Jahre als Projektcontroller einer internationalen Institution für Wasserprojekte (davon ca. 300 in Afrika). Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in der Reorganisation und Umstrukturierung von großen Konzernen, Ministerien, Verwaltungen sowie seinen Erfahrungen im Controlling der Politik, weltweit, in Europa und in Deutschland, hat er miterlebt, wie viele Fehler durch Leichtsinn und mangelnde Professionalität der wirtschaftlichen und politischen Elite tagtäglich vorkommen, deren Preis wir alle bezahlen. Er hat außerdem erlebt, wie viel Frustration bei seinen beruflichen Mitstreitern und einem zunehmenden Teil der Bevölkerung vorhanden ist. Zudem beobachtet er mit Sorge, dass durch das verordnete Mainstream-Denken ein immer größerer Teil der Bevölkerung sich von der Demokratie abwendet. Nach dem Eintritt in den Ruhestand hat er sich zum Ziel gesetzt, diese Erfahrungen und Kenntnisse zu Papier zu bringen, um das kritische Denken seiner Mitbürger zu fördern. Sein Motto ist: „Die Gedanken sind frei“ Er ist Autor von mehreren Werken, u.a. „Ich denke oft…. an die Rue du Docteur Gustave Rioblanc – Versunkene Insel der Toleranz” „Ansätze zu einer Antifragilitäts-Ökonomie“ „2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre, Teile 1 bis 13“ „Eine Chance für die Demokratie“ „Deutsche Identität – Quo vadis?“ „Sprüche und Weisheiten“ „Nichtwähler sind auch Wähler“ „AKK – Nein Danke!“ „Afrika zwischen Fluch und Segen Teil 1: Wasser“ „Deutschlands Titanic – Die Berliner Republik“ „Ein kleiner Fürst und eine kleine blaue Sirene“ „21 Tage in einer Klinik voller Narren“ „Im Würgegriff von Bevölkerungsbombe, Armut, Ernährung Teil 1“ „Im Würgegriff von Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie, Rechtsradikalismus, Faschismus, Teil 1“ „Im Würgegriff der politischen Parteien, Teil 1“ „Die Macht des Wortes“ „Im Würgegriff des Finanzsektors, Teil 1” „Im Würgegriff von Migration und Integration“ „Weltmacht Wasser, Teil 1: Die Bilanz 2019“ „Herr, vergib ihnen nicht! Denn sie wissen, was sie tun“
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Buchvorschau
Erzählungen eines Schattenmanns - Michael Ghanem
1. Vorwort
An einem Samstag saß ich in meinem Wohnviertel beim Italiener um einen Espresso zu trinken. Da fragte mich ein Fremder ob er Platz nehmen dürfte, was ich bejahte. Er stellte sich vor mit dem Namen Abraham aus Afrika. Diese Geschichte, seine Geschichte basiert auf realen Gegebenheiten.
Dieser Fremde war kein gewöhnlicher Mensch, er hatte fast 60 Jahre lang in Deutschland gelebt und sich stets wie ein Schatten bewegt, denn er wurde allein aufgrund seines Aussehens, Herkunft und Sprache nicht willkommen geheißen. Er musste sich eine Identität zulegen, die letztendlich inkompatibel mit seinen Werten, Ansichten, Bildung und Herkunft war. Er hat stets erhebliche Nachteile im Kauf genommen und konnte keinen Menschen dafür belangen, denn er hat sich selber für die Fata Morgana Europa und ihre Werte entschieden. Er hatte jedoch die große Liebe seines Lebens gefunden und war bereit den Preis zu bezahlen.
Hinter dieser unscheinbaren äußeren Erscheinung stand einer der wenigen Aufrechten und Gerechten. Er hat mir seine Geschichte anvertraut, die ich hier mit aller Klarheit wiedergeben werde. Lediglich Namen und Örtlichkeit wurden verändert.
2. Die Vergangenheit des Schattenmanns
Abraham war mit Sicherheit nicht sein richtiger Name, er stammte von irgendwo in Afrika. Er sah nun mal aus wie ein Afrikaner. Sicher ist jedoch, dass er eine erstklassige Bildung und Erziehung genossen hatte. Diese sollte sein gesamtes Leben in Deutschland leiten. Er sprach leise, jedoch mit fester Stimme und hatte einen festen Händedruck. Er war stets korrekt gekleidet und war sehr höflich. Er sprach sehr wenig über seine Vergangenheit, aber sie schien belastend zu sein. Er hat sich weder vorgedrängt, sondern war im Gegenteil immer eher zurückhaltend. Mit seiner Größe von 1,80 m war er schon stattlich und relativ muskulös gebaut. Er hatte feine Züge und stets ein Lächeln im Gesicht. Er hatte eine sehr hohe Auffassungsgabe und traf sehr klare Entscheidungen und Bewertungen.
Ich habe ihn mehrmals mit Tränen in den Augen gesehen, wenn er über seine Vergangenheit gesprochen hat. Er muss sehr viel mitgemacht haben und seine Reise in den Norden Europas verlief nicht ohne Konflikte. Ich glaube, dass er ein paar Mal sein Leben riskiert hat.
Bei einem unserer Treffen fragte ich ihn nach seiner Familie und ich sah Tränen in seinen Augen. Das ist, sagte er mit zitternder Stimme, eine sehr lange schmerzhafte Geschichte. Er wollte nicht genau darüber reden, aber ich merkte, dass er eine erhebliche Last auf seinen Schultern trug. Ich fragte ihn, ob er verheiratet war, dies bejahte er. Er wollte aber nicht darüber reden und bat mich um Verständnis.
An diesem Tag erkannte ich, dass er eine sehr schmerzhafte Vergangenheit hatte.
Er trug mit sich mit Sicherheit mehrere Kulturkreise, die Kulturen seines Stammes, den Kulturkreis seines Herkunftslandes, den Kulturkreis der Kolonialzeit und einen Teil der Kultur Deutschlands.
Insoweit war seine Persönlichkeit durch und durch multikulturell. Er sprach mehrere Sprachen und konnte sich in fremden Kulturen sehr schnell zurechtfinden.
Als wir dann befreundet waren, konnte ich sehr schnell merken, dass er Erhebliches miterlebt hatte – sei es Krieg und Vertreibung, sei es Bürgerkrieg, sei es Elend und Armut. Aber auch die Kreise der Elitären und vor allem der linksliberalen Elitären, die versuchten, sein Volk und ihn selbst so zu behandeln, als ob sie noch Kinder in der Entwicklung wären. Dabei war der Schatz, den er in sich trug, enorm. Was ihm jedoch erhebliche Schmerzen bereitete war, dass dies nicht einmal von den engsten Mitgliedern seiner europäischen Familie zumindest respektiert worden war.
3. Ankunft im gelobten Land
Es musste in den Sechzigerjahren gewesen sein als Abraham nach Deutschland kam. Er war bereits Akademiker, hatte sich jedoch für Deutschland entschieden um sein weiteres Leben in Frieden führen zu können. Die Informationen über Deutschland waren damals sehr günstig für das Land, denn die Gesellschaft und die Politik waren damit beschäftigt, das Land wieder aufzubauen. Insoweit eröffneten sich für Fremde reale Chancen für einen sozialen Aufstieg.
Direkt nach der Ankunft wurde ihm klargemacht, dass er lediglich geduldet werden könnte und dass letztendlich Afrika als unterentwickeltes Land betrachtet würde, das sich kaum selbst ernähren, geschweige seine Kinder ausbilden könnte. Und er müsse zuerst die deutsche Sprache bitteschön auch richtig lernen, und zwar ohne Akzent. Abraham hatte alle Mühe eine für ihn äußerst schwierige Sprache zu lernen, obwohl er gleichzeitig über das Land und dessen Geschichte sehr gut aufgeklärt war. Von Freundlichkeit war nach seiner Aussage schon in den ersten Tagen kaum etwas zu spüren, vielmehr wurde er gemieden.
Abraham ließ sich nicht davon entmutigen und begann ein Zweitstudium aufzunehmen, da sein erstes Studium nicht anerkannt worden war. Bereits bei Beginn seines Studiums wurde ihm klargemacht, dass in diesem Land die Deutschen und die deutsche Gesetzgebung den Vortritt haben und dass letztendlich alle Fremden bzw. Ausländer und Gastarbeiter gefälligst in einer Art von Getto leben müssten und dass man es nicht gern sehen würde, wenn Fremde und Einheimische sich vermischen. Vor allem wollte man keine Mischehen, denn dies würde angeblich den Intelligenz-quotient der Durchschnittsbevölkerung herabsetzen.
Viele waren jedoch verwundert, dass Abraham in allen naturwissenschaftlichen Fächern und mit seinem politischen und gesellschaftlichen Wissen über viele Regionen der Welt so gut ausgebildet war. Da er mehrere Jahre in Frankreich verbracht hatte, konzedierte man ihm, dass angeblich das französische Bildungswesen ihm diese Fähigkeiten hätte angedeihen lassen. Er war erstaunt über die herrschende Meinung, dass lediglich der weiße Mann mit Intelligenz und Fähigkeiten bedacht sei und der Herrgott den Rest der Welt wohl vergessen hätte. Er ließ sich häufig sehr ironisch im Kreis von Studenten über die Denkweise des weißen Mannes aus. Dies war jedoch für viele ein Tabubruch, da er ja nur ein Ausländer war und es ihm nicht zustehen würde, Kritik auszuüben - schon gar nicht gegenüber dem großzügigen Gastgeber, der bereit war ihn aufzunehmen.
Aufgrund dieser Erfahrungen zog es Abraham immer mehr zu den ausländischen Studenten hin, die teilweise in Ghettos lebten - unabhängig davon ob sie Europäer waren, Amerikaner oder von irgendwoher in der Welt. Und so gewann er immer mehr Erkenntnisse über die Vielfältigkeit und die verschiedenen Denkweisen von anderen Völkern.
Problematisch war in dieser Zeit, dass man die Ausländer stets mit dem Tabu für Verbindungen vor allem von Männern mit deutschen Frauen belegt hatte. Es war nicht nur verpönt, sondern auch unangebracht, wenn ein deutsches Mädchen ein Rendezvous mit einem Fremden hatte, sei es ein Farbiger, sei es ein Weißer, der nicht deutscher Herkunft war.
Und dann kam die Bewegung der Achtundsechziger in der die Jugend rebellierte und versuchte, diese Schranke zwischen Multi-Kulturalismus und dem Einheitsbrei Deutschlands zu brechen. Gleichzeitig hatte sich mit dem Schub der Emanzipation der Frauen in Deutschland die Möglichkeit für Zusammenkünfte zwischen deutschen Frauen und ausländischen Männern erheblich entspannt.
Abraham genoss ein Stipendium, das ihm sein Leben erheblich erleichterte, da die finanziellen Probleme abnahmen. Hinzu kam die Möglichkeit, aufgrund seiner Mehrsprachigkeit Dolmetscher-Aufgaben wahrzunehmen.
In Bezug auf Unterkunft und Wohnung gab es damals erhebliche Einschränkungen, da die Anzahl der möblierten Zimmer und Wohnungen für Studenten sehr zu wünschen übrigließ. Insbesondere in