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Wach da sein: ZEN im Leben
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eBook257 Seiten2 Stunden

Wach da sein: ZEN im Leben

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Über dieses E-Book

In Fortführung des Buchs: "ZEN - inmitten des Alltags - 52 Wünsche für einen guten Heimweg" werden hier 52 neue abendliche Impulse zur Zen-Übung in der Meditation und im Leben vorgelegt mit 23 kongenialen Bildern und Zeichnungen von Michael Brucherseifer und Ulrike Rögner-Fahrendorf. Beigefügt ist ein Glossar zu wichtigen Begriffen des Zen und des Buddhismus.
Ein modernes Zen-Buch einer in der fernöstlichen Tradition des überlieferten Zen-Buddhismus und in der westlichen und christlichen Tradition verwurzelten Zen-Praxis für Laien in ihrem täglichen Leben.
Ein Buch, das mithelfen will, den Blick für die spirituelle Dimension des Lebens und die sich daraus ergebende Verantwortung jedes Einzelnen für eben dieses Leben zu öffnen und zu schärfen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum4. Mai 2020
ISBN9783748261063
Wach da sein: ZEN im Leben
Autor

Klaus Fahrendorf

ZUM AUTOR: Klaus Fahrendorf, geb. 1947 in Gelsenkirchen-Buer. Studium der Rechtswissenschaft, Dr. jur., Richter, Ruhestand 2012. Verheiratet, zwei Söhne. Zen- Praxis seit 1989. 1990 Schüler bei P. Johannes Kopp (Hôun-ken Roshi). 2008 Ernennung zum Zen-Lehrer (Cloud of Merciful Awareness) im „Programm Leben aus der Mitte – Zen-Kontemplation im Bistum Essen“ zusammen mit Marlis Fahrendorf (Cloud of Infinite Beginning; verst. 9. 12. 2008). 2009 Gründung der Regionalgruppe Bochum. Seit 2015 auch Zen-Kurse im Kardinal-Hengsbach-Haus in Essen-Werden. Nach Schließung des Kardinal-Hengsbach-Hauses Kurse in verschiedenen anderen Häusern.

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    Buchvorschau

    Wach da sein - Klaus Fahrendorf

    01

    Die Augen offenhalten

    In der letzten Woche waren Ulrike, Frank und ich zu Besuch bei einer Zen-Gruppe in Köln, die als Regionalgruppe unserem Programm „Leben aus der Mitte" angeschlossen ist und dort in einem sehr schönen (aber bitter kalten) Raum mit einem kleinen Häuflein regelmäßig jeden Mittwochabend zusammenkommt, umzingelt von Verkehrsadern und eingepfercht in die wiederum enge Wohnbebauung rund um das Gemeindehaus. Das zu erleben hatte schon etwas Anrührendes und zeigte sehr schön symbolhaft auf, wie es um all die Menschen steht, die sich der Meditation verschreiben.

    In dem Gespräch, welches wir vor der Meditation gemeinsam führten, kam u. a. die Frage nach der Augenhaltung während der Sitzmeditation, dem Zazen, auf.

    Es ist ja so, dass allgemein empfohlen wird, die Augen geöffnet zu halten, sie also nicht zu schließen. Andererseits aber soll man mit dem Blick nicht „wandern oder etwas fixieren, die Augen also nicht auf etwas Bestimmtes fokussieren. Deshalb ist es am besten, die Augen nur halb zu öffnen und den Fokus auf „unbestimmt einzustellen. Wenn wir die Augen schließen, geraten wir regelmäßig ins Träumen und hängen inneren Bildern nach. Allerdings geschieht es nahezu jedem Meditierenden, dass sich die Augen schließen, sei es, weil er unruhig ist und er so erst einmal zu einer gewissen Ruhe finden kann, sei es, weil er gerade in eine tiefe Phase seiner Meditation eintaucht. Das alles ist vollständig in Ordnung. Dennoch sollten wir, wenn uns das bewusst wird, uns sanft ermahnen und die Augen wieder leicht öffnen, ohne uns davon wiederum allzu sehr ablenken oder irritieren zu lassen.

    Neben diesen eher „technischen" Gründen, die Augen möglichst geöffnet zu halten und sich gleichzeitig nicht auf etwas Bestimmtes zu konzentrieren (was unsere Augen gewöhnlich zu tun versuchen bzw. korrekter: unser Geist), gibt es auch einen für mich immer deutlicher werdenden Grund dafür, die Augen nicht zu schließen bzw. immer wieder leicht zu öffnen. Diese Ausrichtung sollte Ausdruck dafür sein, dass Zen-Meditation nicht dazu führen sollte, die Augen vor der uns umgebenden phänomenalen Welt mit ihren Sorgen, Nöten, Problemen – aber auch mit ihren lebenswerten, liebenswerten und Freude schenkenden Dingen und Umständen zu verschließen.

    Der sog. leere Blick, den wir im Zazen üben sollten, steht auch für den Blick, den wir im Leben auf das Leben einüben sollten, einen nicht einengenden Blick, einen nicht ausschließenden Blick in genauer Wahrnehmung dessen, was ist – in „warmer Wahrnehmung! Einen Blick also auf die Welt in nachsichtigem Bewusstsein, in nachsichtigem Gewahrsein, in „merciful awareness also. Eine solche Bewusstheit zu kultivieren sehe ich, motiviert durch meinen Lehrernamen, der mir von meinem Meister, P. Johannes Kopp (Hôun-Ken Roshi), gegeben wurde, als mein tiefstes Motiv an für all das, was mir im Leben (und „Lehren") noch möglich sein wird. Ich sehe das Wachsen dieser Bewusstheit auch in jedem ernsthaft Übenden. Man kann dem irgendwann auch gar nicht mehr entgehen. Das ist dann einfach so.

    Das ist dann auch der Unterschied zu all den vielen unversöhnlichen, ab- und ausgrenzenden, von Vorurteilen, falschem Selbstbewusstsein und Macht- und Geltungsansprüchen geprägten Äußerungen und Handlungen, die wir in letzter Zeit immer mehr und verstärkt in Staaten und Gesellschaften und zum Teil in Religionsgemeinschaften auch und gerade in Europa und den USA feststellen müssen.

    Es darf doch nicht sein, dass eine Religionszugehörigkeit darüber entscheiden soll, ob ich in ein Land einreisen darf oder nicht – so aber Steve Bannon, US-Präsident Donald Trump sowie der damalige AfD-Vorsitzende Alexander Gauland in einem Interview vom 4. 3. 2017 in der WAZ. So etwas ernsthaft zu propagieren oder gar zu versuchen, es umzusetzen, kann nur durch ein und in einem Bewusstsein geschehen, das, auf Vergangenheit, auf vermeintliche Größe, auf Glanz und Ruhm alter Zeiten und kämpferische, kriegerische und ideologische Auseinandersetzungen fixiert, diese alte Geltung von sich selbst, des Staates, der Gesellschaft, der Religion wieder herstellen, und sich so vollständig aus der Wirklichkeit des wahren Lebens, der Lebens-Wirklichkeit jetzt, entfernen will. Die „Kürbisse streiten sich und bekämpfen sich. Sie wollen sich gegenseitig den Platz streitig machen. Sie sehen nicht, sie ahnen oftmals nicht einmal, dass sie miteinander verbunden sind. Anders als jene Kürbisse in der wunderbaren Geschichte von Kosho Uchiyama Roshi⁶, mit der ich mein letztes Buch abgeschlossen habe⁷. Nachdem jene von dem Tempelmönch, auf dessen Feld sie hinter dem Tempel wuchsen, zum Zazen verdonnert worden waren und dabei verwundert feststellten, dass es eine Pflanzenstrippe gab, die von einem zum anderen verlief und sie zusammenhielt, kommen diese „Kürbisse nicht zur Erkenntnis:

    „Das ist doch merkwürdig. Wir sind alle miteinander verbunden und leben ein einziges Leben: dabei sind wir uns törichterweise in die Haare gefahren. Was für eine Dummheit!"

    Ja, wie töricht und dumm. Wie traurig! So werden weiterhin fixe Ideen, zu Dogmen erhobene Vorstellungen und verklärende „Erinnerungen" sowie letztlich rein begriffliche Hirngespinste mit einem Scheinleben aufgeblasen und auf diese Weise versucht, das dynamische wahre Leben, das immer etwas Gegenwärtiges und Unbegrenztes ist, zu ersticken, anstatt das Leben aus seiner Wirklichkeit, die nicht mein ist, zu erleben⁸.

    Kannst Du in Samadhi, in der Versenkung des Zazen wirklich jemanden als einen Anderen sehen, gar jemanden als deinen „Feind" betrachten?

    Eben!

    Und deshalb ist es so wichtig, was wir hier tun und was wir in das Leben hinaustragen.

    Danke!

    ⁶ Kosho Uchiyama Roshi, Weg zum Selbst – Zen-Wirklichkeit, 1973, S. 92-96.

    ⁷ Zen – inmitten des Alltags; 52 Wünsche für einen guten Heimweg, 2018, S. 237 ff.

    ⁸ Vgl. dazu auch Kosho Uchiyama, a.a.O., S. 42 – 44.

    02

    „Bauch vor – Gesäß zurück."

    Gestern hatten wir ein Treffen der aktuell hier an den Montagabenden und an den Zazenkais assistierenden Teilnehmer und Teilnehmerinnen, um das, was wir Körperkorrektur nennen und regelmäßig während der Sitzmeditation ausführen, zu überprüfen und neu einzuüben und so auch die neu Hinzugekommenen damit vertraut zu machen. Es war richtig spannend. Überraschend ist für mich, wie wir immer wieder neue Aspekte in und zu unserer Übungspraxis erkennen können. So auch gestern.

    Dank intensiver und genauer fachkundiger Erläuterungen zum Funktionieren von Aufrichtung und der dabei beteiligten Körperteile (Wirbelsäule, Schulterblätter, Kreuzbein, Hüften, Sitzhöcker) ergaben sich für uns konkrete Folgerungen für eine körperbezogene Hilfestellung für die Übenden durch den Assistenten oder die Assistentin – als eine Unterstützung zum Lassen. Und dafür, dass, egal wie krumm und verformt die Wirbelsäule ist, jeder zu einer Aufrichtung in seinem Leibe kommen kann, in der er/sie sich in seinen/ihren Gedanken (sein) lassen kann, um hier Worte von P. Lassalle zu verwenden.

    Lassen = Sein-Lassen, Sich-Sein-Lassen, das ist das Gegenteil von ichbezogenem Wollen, einem Ich-Wollen. Es ist das Gegenteil von Erreichen-Wollen, von Bessersein-Wollen, von Perfektsein-Wollen, von einem Wollen, darauf gerichtet, einem von anderen entworfenen Idealbild nachzueifern und/oder einem von und für uns selbst entworfenem Selbstbild zu entsprechen.

    Der bei der „Körperkorrektur" erfolgende Körperkontakt über die Handflächen und Fingerspitzen ist ein Spürkontakt und sollte als ein solcher und nur so, ohne weitere Anstrengung oder Bemühung oder Gedanken dazu wahrgenommen werden als ein Impuls zum Lassen, zum Lassen von (An-)Spannung und zum sich Öffnen-Lassen. Und zum Sich-Fragen-Lassen.

    So ist dies eine Aufforderung, nicht uns und unseren Körper zu korrigieren. Sondern wir spüren nach, wir fühlen nach, wo sich Verspannung zeigt, sich unter Umständen als Fehlhaltung manifestiert, wo sich ein „falsches" Bild von uns manifestiert oder wo und wie sich möglicherweise eine Lebenseinstellung und/oder Lebensführung ausgewirkt haben mag. Wir geben den betroffenen Körperregionen unsere liebevolle Aufmerksamkeit und Achtsamkeit (zurück). Immer und immer wieder. So üben wir die Aufrichtung unseres Körpers.

    Und genauso üben wir aufrichtig (!) unsere innere Haltung. In liebevoller Aufrichtigkeit (!) zu uns selbst, in unserem unvollkommenen Menschsein im immerwährenden, im immer wieder neu in Gang zu setzenden Bemühen, „in vollkommener Annahme unserer selbst", hin zu einer Wahrnehmung des sich in jedem Augenblick, mit jedem Wimpernschlag manifestierenden Friedens der Versöhnung mit uns selbst, mit all unseren Widersprüchen.

    In vollkommener Reue und im vollkommenen Danken und im vollkommenen Bitten. Das zu ergründen, das zu realisieren, immer wieder neu gefordert von uns, ist ein Koan⁹. Ein Koan fürs Leben. Ein Lebenskoan.

    Zurück zum Praktischen:

    Worauf sitzen wir? Wir sitzen auf unseren Sitzhöckern. Das ist kein Sprachbild, sondern das ist die Anatomie unseres Knochenapparats. Wir können uns auf unseren abgerundeten Sitzhöckern bewegen. Wenn wir beispielsweise nur auf der Vorderkante eines Stuhls sitzen, sind wir da anders positioniert, als bequem zurück- und angelehnt.

    Im Zazen sollten wir, egal ob auf dem Kissen, dem Bänkchen, Hocker oder Stuhl, „auf der Vorderkante sitzen und so unser Becken leicht nach vorne kippen, so dass wir unser Gewicht voll auf den Sitzhöckern ruhen lassen. Wie ein kleines Kind wölben wir so unsere Wirbelsäule auf der Höhe der Taille leicht nach vorne, und der Bauch darf und soll sich nach vorne wölben, während wir das Gesäß leicht nach hinten strecken. Das mag sich ungewohnt und komisch anfühlen. Lasst euch davon aber nicht irritieren. Es sieht euch keiner zu. Ihr müsst euch also nicht genieren. Je mehr ihr auf diese Weise die Wohltat einer solchen Aufrichtung spürt und durch die „Körperkorrektur immer wieder dahin zielende Impulse empfangt, umso mehr werdet ihr euch ganz natürlich in einer solchen Haltung zur Meditation setzen.

    Katsuki Sekida, der sich sehr intensiv mit dem körperlichen Vollzug von Zazen befasst hat¹⁰, soll einmal eine Reihe von Grußkarten mit der Grußformel versandt haben: „Bauch vor – Gesäß zurück!"¹¹

    Ein guter Impuls! Und nimmt erst einmal auf diese Weise die Wirbelsäule die nach den Umständen relativ korrekte Haltung ein, ergibt sich von da aus das übrige ganz von allein.

    Wenn ihr also korrigiert werdet, üblicherweise in der zweiten Sitzeinheit, spürt einfach den entsprechenden körperlichen Impulsen ohne Wollen und Anstrengung nach. Ihr müsst nichts machen. Ihr müsst euch nur in diesen Spürkontakt sanft hineinbegeben, also bereit zu sein, den Impuls wirken zu lassen. Das bedeutet keine Passivität, sondern ist höchste Aktivität, aber eine solche zum Lassen.

    Danke!

    Koan (jap.) ist im Zen eine Formulierung aus einem Sutra, häufiger indes die Schilderung einer Episode aus dem Leben alter Meister, sei es ihrer Aussagen in Lehrreden, sei es ihrer „Antworten auf Fragen ihrer Mönche oder ihrer Fragen, die sie an ihre Mönche oder einzelne Übende richteten. Ein Koan ist kein Rätsel. Es ist nicht mit dem Verstand zu „lösen. Es fordert einen Sprung auf eine andere Ebene, auf der logisches, begriffliches Verstehen transzendiert wird.

    ¹⁰ Katsuki Sekida, Zen Training, 4. Auflage 2007.

    ¹¹ Robert Aitken, Der Pfad des Zen, 2002, S. 35.

    03

    Ein Zafu¹² unter dem leeren Himmel

    Am Samstag hatten wir hier unter reger Beteiligung einen Zazenkai¹³. Ich habe ein Teisho zu einem Koan¹⁴ aus dem Shôyôroku gehalten (Fall 7: Yakusan besteigt das Podium)¹⁵. In dem Koan geht es darum, dass Yakusan, ein chinesischer Zen-Meister des 9. Jahrhunderts nach Christus schon längere Zeit nicht zu seiner Mönchsgemeinschaft gesprochen hatte. Auf eindringliches Bitten des Mönchs-ältesten erklärt er sich endlich dazu bereit. Alles versammelt sich erwartungsvoll. Yakusan nimmt seinen Platz ein. Und was macht er? Er bleibt lange Zeit, im Schweigen versunken, einfach sitzen. Schließlich erhebt er sich und geht wieder in seine Räume zurück. Der Mönchsälteste folgt ihm und hält ihm vor, dass er doch versprochen habe, zur Gemeinschaft zu sprechen. „Warum habt Ihr Ihnen kein Wort gewährt?, so fragt er schließlich. Und Yakusan antwortet: „Für die Sutren gibt es Sutrenmeister und für die Sastren gibt es Sastrenmeister. Warum traust du dem alten Mönch nicht?

    Heute habe ich kein Dokusan¹⁶ gegeben wie sonst üblich. Ich habe mit Euch 1 ½ Stunden in Stille auf meinem Sitzkissen, dem Zafu, gesessen mit euch gemeinsam Zazen im Schweigen praktiziert. Das ist – auf der einen Seite – eine gemeinsame Umsetzung der „Predigt", wie sie Yakusan gehalten hat. Yakusan, der im Schweigen verharrte und so seinen erwartungsvollen Mönchen nichts gab mit Worten, Begriffen, Beispielen etc., womit sich ihr suchendes Denken hätte beschäftigen können.

    Kosho Uchiyama, der langjährige Begleiter von Kodo Sawaki und dessen Nachfolger, war ähnlich konsequent wie Tokusan, indem er in den monatlichen und grundsätzlich 5 Tage dauernden Sesshins seinen Mönchen – wie er es formulierte – keinerlei „Spielzeug" gab¹⁷. Es gab nur Zazen. Alle, auch er, saßen mit dem Gesicht zur Wand. Kein Dokusan, kein Teisho, kein Mondo, – nichts. Eine strenge Praxis, die so wohl nur für Menschen gedacht und aushaltbar ist, die schon lange praxiserfahren und extrem motiviert sind. Sie ist sicherlich nicht allgemein übertragbar auf Zen im Westen, auf Zen für Menschen im Alltag wie wir.

    Aber – und darum geht es mir heute, dies aufzuzeigen, – es ist immer wieder gut und heilsam, sich klar werden zu lassen, dass das Entscheidende im Schweigen, in der Stille des Schweigens geschehen will, dass wir uns aus Anhaftungen auch an Unterweisungen jeglicher Art und Richtung lösen müssen – jeder auf seine Weise und zu seinen Zeitpunkten.

    Es drängt mich, noch einen anderen Zen-Meister zu Worte kommen zu lassen, den Nachfolger des berühmten Dôgen Zenji, den Meister Kôun Ejo.

    Dieser hat am 28. August 1278 zum fünfundzwanzigsten Todestag von Dôgen Zenji den Mönchen einen Text vorgetragen, „Kômyôzô Zanmai („Samadhi der Schatzkammer der großen Weisheit)¹⁸, der als ein sehr poetischer und eindringlicher Unterweisungstext in der Soto-Tradition des Zen hochgeschätzt wurde und wird.

    „Ich habe dies, so Kôun Ejô, „für meine Gefährten im Zazen geschrieben, damit sie keine irrigen Ansichten pflegen, sowohl um mich selbst zu vervollkommnen, als auch, um andere zu unterweisen.¹⁹ So brachte er in Worten das zum Ausdruck, was Yakusan im Schweigen vermittelt hat.

    Der Text lautet auszugsweise wie folgt:

    „Ich empfinde eine große Achtung

    aus der Tiefe meines Mitgefühls

    für euch, die ihr mit der Praxis des Zazen

    in dem Geist fortfahrt,

    den ich nun beschreiben werde:

    Ohne etwas zu ergreifen, was immer es sei,

    und ohne ein einziges Ziel zu haben,

    ohne beeinflusst zu sein

    von eurer persönlichen Intelligenz,

    ohne euch wichtig zu nehmen

    wegen der Erfahrung,

    die ihr im Dôjô²⁰ erworben habt –

    stürzt euch ganz und gar in Kômyôzô²¹,

    mit der gesamten Energie eures Körpers

    und eures Geistes,

    ohne euch umzuwenden,

    um die Zeit zu betrachten.

    Sucht nicht das Satori²².

    Hört nicht auf Mayoi²³,

    die illusorischen Erscheinungsformen.

    Hasst nicht die Gedanken,

    die auftauchen,

    liebt sie auch nicht und vor allem:

    nährt sie nicht.

    Auf alle Fälle, wie dem auch sei,

    müsst ihr das große Sitzen praktizieren,

    hier und jetzt.

    Wenn ihr einen Gedanken nicht nährt,

    so wird er von selbst

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