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Reinkarnation in Europa: Dokumentierte Fälle
Reinkarnation in Europa: Dokumentierte Fälle
Reinkarnation in Europa: Dokumentierte Fälle
eBook573 Seiten10 Stunden

Reinkarnation in Europa: Dokumentierte Fälle

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Über dieses E-Book

Die erste Dokumentation der beeindruckendsten Fälle von Reinkarnation in Europa! Den Befürwortern des Reinkarnationsgedankens wird immer wieder vorgeworfen, die Beispiele von Wiedergeburt, wie sie von Forschern wie Stevenson und anderen dokumentiert wurden, spielten sich nur in Asien ab, wo sie sich einer ernsthaften Überprüfung entzögen und vom Umfeld, aufgrund religiöser Überzeugung, ohnehin gefördert würden. Diesem Argument entzieht das neue Werk von Stevenson den Boden. Er belegt in seiner meisterhaften Präzision die überzeugendsten Reinkarnationsfälle in Europa. Fälle, die von Engländern, Franzosen, Deutschen und anderen aufgezeichnet wurden, obwohl teilweise das Weltbild den Erfahrungen in keiner Weise entsprach und die betroffenen Menschen von ihren eigenen Erlebnissen zutiefst aufgewühlt wurden. Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg der Anerkennung der Reinkarnationslehre im Abendland!

SpracheDeutsch
HerausgeberAquamarin Verlag
Erscheinungsdatum19. Apr. 2020
ISBN9783968611068
Reinkarnation in Europa: Dokumentierte Fälle

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    Buchvorschau

    Reinkarnation in Europa - Ian Stevenson

    ISBN 978-3-96861-106-8

    1. Auflage 2020

    © Aquamarin Verlag GmbH

    Voglherd 1, D-85567 Grafing

    Titel der amerikanischen Originalausgabe:

    European Cases of Reincarnation Type

    McFarland & Company, North Carolina, USA

    © 2003 Ian Stevenson

    Übersetzung: Karl Friedrich Hörner

    Umschlaggestaltung: Annette Wagner

    Inhalt

    Vorwort

    Einleitende Bemerkungen

    TEIL I | Reinkarnationsglauben in Europa

    TEIL II | Unerforschte Fälle aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts

    Fallbeispiele

    Giuseppe Costa | Bianca Battista | Alessandrina Samonà | Blanche Courtain | Laure Raynaud | Georg Neidhart | Christophe Albret | James Fraser | Abschließende Bemerkungen zu den älteren Fällen

    TEIL III Erforschte Fälle aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts

    Fallbeispiele: Kinder

    Gladys Deacon | Jenny McLeod | Catherine Wallis | Carl Edon | Wilfred Robertson | Gillian Cunningham | David Llewelyn | Graham Le-Gros | Gillian und Jennifer Pollock | Nadège Jegou | Wolfgang Neurath | Helmut Kraus | Alfonso Lopes | Gedeon Haich | Einar Jonsson | Ditta Larusdottir | Marja-Liisa Kaartinen | Taru Järvi | Paavo Sorsa | Samuel Helander | Teuvo Koivisto | Zusammenfassung des Falles und seiner Untersuchung

    Fallbeispiele: Wiederkehrende oder lebhafte Träume

    Jenny McLeod | Thomas Evans | William Hens | Winifred Wylie | John East | Traude von Hutten | Luigi Gioberti

    Fallbeispiele: Vermischtes

    Ruprecht Schulz | Edward Ryall | Peter Avery | Henriette Roos

    TEIL IV Nachgedanken

    Anhang

    Liste der in diesem Buch erwähnten Fallberichte

    Anmerkungen

    Bibliographie

    Danksagungen

    Vorwort

    Beim Schreiben dieses Buches habe ich drei Ziele verfolgt. Erstens wollte ich zeigen, dass Reinkarnation nahelegende Fälle auch in Europa vorkommen. Durch die Präsentation von Berichten über einige viel ältere Fälle – die ich nicht selbst erforscht habe – vermag ich auch zu zeigen, dass Fälle dieses Typs bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorkamen. Nahezu alle Fälle, die ich untersucht und in früheren Publikationen berichtet habe, ereigneten sich in Asien, Westafrika und unter den Angehörigen der Stämme im Nordwesten Nordamerikas; fast alle Bewohner dieser Gebiete glauben an Reinkarnation. Dies tut jedoch nur eine Minderheit der Europäer. Obwohl ich zeigen kann, dass es auch Fälle in Europa gegeben hat, scheinen sie dort doch seltener zu sein als in den anderen, gerade genannten Regionen, in denen ich eine Vielzahl von Fällen vorgefunden habe, seit ich mit meinen Forschungen auf diesem Gebiet überhaupt begann. Tatsächlich wissen wir nicht, ob es in Europa weniger Fälle gibt als in Asien oder ob sie in Europa nur seltener berichtet werden; beide Möglichkeiten könnten zutreffen.

    Zweitens denke ich, dass einige der hier berichteten Fälle ähnliche Züge aufweisen wie jene, die ich in Asien bereits untersucht habe. Zu diesen Merkmalen gehören grundsätzlich: Das Kind spricht in sehr jungem Alter zum ersten Mal über ein früheres Leben, die behaupteten Erinnerungen geraten im mittleren Kindesalter in Vergessenheit; die anscheinend erinnerten früheren Leben enden relativ häufig mit einem gewaltsamem Tod und die Art jenes Todes wird in den Aussagen der Hauptperson oft erwähnt. Ähnlich zeigen auch die europäischen Hauptpersonen häufig ein Verhalten, das in ihrem familiären Umfeld ungewöhnlich ist und den Aussagen der Person über das erinnerte frühere Leben entspricht.

    Drittens glaube ich, dass mindestens einige der Fälle in diesem Band Anzeichen für einen paranormalen Vorgang bieten. Damit meine ich, dass wir einige der Aussagen oder ungewöhnlichen Verhaltensweisen der jeweiligen Hauptperson nicht durch normale Mittel der Kommunikation erklären können. In diesen Fällen wird Reinkarnation zur plausiblen Deutung, wenn auch – wie ich niemals aufgehört habe zu versichern – nicht die einzige.

    Die Daten auf den Aufzeichnungen einiger Fallberichte zeigen, dass ich am vorliegenden Buch – mit Unterbrechungen – über einen Zeitraum von dreißig Jahren geschrieben habe. Viele Jahre lang vernachlässigte ich die europäischen Vorgänge und die Bemühungen, zusätzliche Fälle zu ermitteln, während ich mich auf solche – überwiegend in Asien angetroffenen – Fälle konzentrierte, deren Hauptpersonen deutliche Geburtsmale und Geburtsfehler aufwiesen. Meine Mitarbeiter und ich wenden uns nun wieder aktiv der Suche nach europäischen Fällen zu, welche – wie ich hoffe – die Publikation dieses Buches erleichtern wird.

    Einleitende Bemerkungen

    Die in diesem Buch gebrauchten Eigennamen sind eine Mischung von tatsächlichen Namen und Pseudonymen. In einigen wenigen Fällen habe ich Ortsnamen verändert, um eine Identität besser zu verschleiern.

    An vielen Stellen habe ich einschränkende Wörter wie angeblich, offenbar und anscheinend vor Substantiven wie z.B. Erinnerungen weggelassen, die Einzelheiten der Fälle beschreiben. Dies geschah im Interesse der Lesbarkeit des Textes und nicht mit der Absicht, die Antwort auf die wichtigste Frage schuldig zu bleiben, nämlich ob das Geschilderte auf irgendeinem paranormalen Vorgang beruht. Unter paranormal verstehe ich, was durch das heute akzeptierte Wissen über Sinnesvorgänge nicht zu erklären ist.

    In einer weiteren Bemühung, den Lesern zu helfen, habe ich die Hauptperson in einigen Fällen nur mit seinem oder ihrem Vornamen genannt. Ein solcher Gebrauch des Vornamens deutet an, dass sich eine Vertrautheit und Freundschaft zwischen mir selbst und dem Betreffenden oder einem Mitglied seiner Familie entwickelt hat. Diese Freude wurde mir in einigen Familien zuteil, wenn auch nicht in allen Fällen, bei deren Darstellung ich diesen familiären Stil gebraucht habe.

    Weil ich, wo es möglich ist, Ähnlichkeiten zwischen den Merkmalen europäischer Fälle und jenen aus anderen Erdteilen zeigen will, habe ich manchmal Parallelen mit Fällen erwähnt, die sich außerhalb Europas zugetragen haben.

    Nun möchte ich mehrere Begriffe erklären oder klären, die meine Kollegen und ich verwenden. Die Bezeichnung ‚frühere Persönlichkeit‘ gebrauchen wir für die – tatsächlich oder vermutet – verstorbene Person, auf die sich die Aussagen des jeweils Betreffenden beziehen. In manchen Fällen identifizieren Informanten eine frühere Persönlichkeit bereits aufgrund von Vorhersagen, Träumen oder Geburtsmalen, noch bevor die Hauptperson irgendwelche relevanten Aussagen über ein früheres Leben gemacht hat. Wenn wir uns selbst davon überzeugt haben, dass die Aussagen des Kindes und vielleicht andere Einzelheiten des Falles zutreffend mit dem Leben einer bestimmten Person übereinstimmen, bezeichnen wir einen Fall als gelöst. Fälle, für die wir eine solche Person nicht zu identifizieren vermögen, nennen wir ungelöst. Fälle, in welchen die Hauptperson und die frühere Persönlichkeit der gleichen Familie (manchmal einem erweiterten Familienkreis) angehören, bezeichnen wir als Verwandtschafts-Fälle. Beispiele, in denen die Hauptperson über ein früheres Leben als ein Angehörige(r) des anderen Geschlechts spricht, klassifizieren wir als Geschlechtswechsel-Fälle.

    Im Anhang finden sich Quellenangaben für die Berichte über alle Fälle, die in diesem Buch behandelt werden.

    Teil I

    Reinkarnationsglauben in Europa

    Dieses Buch berichtet Reinkarnation nahelegende Fälle in Europa. Die Fälle bieten Beweismaterial unterschiedlicher Kraft. Vorhandene Glaubensüberzeugungen beeinflussen stets das Urteil über Indizien, und noch stärker prägen sie sogar die ursprünglichen Beobachtungen, die den Aussagen zugrunde liegen. Somit spielt das Wissen über den Reinkarnationsglauben für die Beurteilung der vorliegenden Fälle eine wichtige Rolle. Ich beginne dieses Buch deshalb mit einer kurzen Übersicht über die Reinkarnationsvorstellungen bei den Europäern.

    Einige Philosophen im antiken Griechenland glaubten an Reinkarnation und lehrten sie ihren Schülern. Zu den frühesten unter ihnen zählen Pythagoras (ca. 582-500 v.Chr.), Diogenes Laertius (ca. 250) und Jamblichus (ca. 310). Pythagoras soll sich selbst an frühere Leben erinnert haben (Burkert 1972), doch diese Behauptung ist nicht Gegenstand unserer Untersuchung. Platon, der bekannteste Vertreter des Reinkarnationsgedankens in der griechischen Antike, befasste sich mit dieser Idee in zahlreichen seiner Werke, zum Beispiel im Phaidon, Phaidros, Menon und im Staat. Apollonius, ein in Tyana geborener Grieche, ein Weiser und Philosoph des 1. Jahrhunderts, erhob die Reinkarnation zu einem zentralen Thema seiner Lehre (Philostratus 1912). Zwei Jahrhunderte später lehrten Plotin (ca. 205-270) und die Neuplatonisten nach ihm die Reinkarnation (Inge 1941; Wallis 1972). Plotin selbst hatte eine moralisierende Vorstellung von der Reinkarnation, nicht unähnlich jener, die sich dann in Indien entwickelte und vom indischen Denken merklich beeinflusst war. Er schrieb: „Solche Dinge … wie sie dem Guten ohne Gerechtigkeit widerfahren, wie Strafen, Armut oder Krankheit, mögen wohl eintreten aufgrund von Vergehen, die in einem früheren Leben begangen wurden." (Plotin 1919, S. 229)

    Wir könnten die Liste europäischer Philosophen, die innerhalb des römischen Herrschaftsbereichs und vor der Entwicklung des formellen Christentums Reinkarnation lehrten, weiter fortsetzen; dies würde uns jedoch wenig über den Einfluss dieser Idee auf die gewöhnliche Bevölkerung sagen. Ich denke, er war gering. Julius Cäsar zeigte dies mit seinen Gedanken zum Reinkarnationsglauben, den er bei den Druiden in Gallien und Britannien antraf und einer Erwähnung im Gallischen Krieg (Cäsar 1917) für würdig hielt.¹ Auch außerhalb des römischen Einflussbereichs war der Reinkarnationsglaube recht verbreitet. Manche Schriften der Nordeuropäer (Nordländer) aus der Zeit vor der Christianisierung ihrer Siedlungsgebiete deuten an, dass der Glaube an Reinkarnation auch bei ihnen vorkam (Davidson 1964; Ker 1904), doch wir wissen nicht, wie weit er damals verbreitet war.

    Das Neue Testament berichtet Ereignisse im Leben Jesu, aus denen wir nicht schließen können, dass Jesus Reinkarnation lehrte², sondern dass die Vorstellung bei den Menschen seines Umfeldes bekannt war und als diskussionswürdig galt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Urchristen an Reinkarnation glaubten; die meisten taten dies vermutlich nicht. Einige Angehörige der frühen Christenheit, die an Reinkarnation glaubten, nannten sich Gnostiker (oder wurden so genannt). Sie verkörperten eher eine Strömung spirituellen Denkens, als dass sie eine formelle Gruppe bildeten. Einige ihrer Schriften teilen die Vorstellung von irdischen Reinkarnationen (Mead 1921). Fast mit Gewissheit griffen die christlichen Gnostiker auf Ideen zurück, die griechischen und vielleicht auch indischen Philosophen vertraut waren (Eliade 1982).

    Die Theologen in den ersten Jahrhunderten nach Christus beschäftigten sich häufig mit den Lehren von Pythagoras und Platon, die, wie ich bereits erwähnte, von den Neuplatonisten noch weiter ausgelegt wurden (Scheffczyk 1985). Tertullian (ca. 160 – ca. 225), ein christlicher Apologet, stellte sich den Neuplatonisten mit ungewöhnlicher Heftigkeit entgegen (Tertullian 1950; Scheffczyk 1985). Das folgende Zitat zeigt, wie er die Vorstellung ins Lächerliche zog, dass ein alter Mensch sterben und später als Säugling wiedergeboren werden könne:

    Bei ihrer Geburt werden alle Menschen erfüllt mit den Seelen von Kleinkindern. Wie aber kommt es, dass ein Mensch, der in hohem Alter stirbt, als kleines Kind wieder ins Leben zurückkehrt? … Die Seele sollte zumindest in dem Alter wiederkehren, das sie erreicht hatte, als sie fortging, um so das Leben wiederaufzunehmen, wo sie es dereinst verließ.

    Kehrten sie als genau die gleichen Seelen zurück, auch wenn sie andere Körper und völlig verschiedene Lebensschicksale annehmen, so sollten sie den gleichen Charakter sowie die Wünsche und Gefühle mit sich wiederbringen, die sie früher einst hatten, denn wir sollten kaum das Recht haben, sie „die Gleichen" zu nennen, wenn sie gerade jener Charakteristika ermangelten, die ihre Identität erst bewiesen. [Tertullian 1950, S. 251]

    Die Christen, anfänglich eine verfolgte Minderheit, erkannten eine Notwendigkeit, ihre Glaubensüberzeugungen zu formulieren und festzulegen. Diese Kodifizierung führte zu formellen Erklärungen sowohl dessen, was man glaubte, als auch dessen, was man nicht zu glauben hatte. In Bezug auf die Reinkarnation besann sich die sich entwickelnde christliche Orthodoxie auf die Lehren von Origenes (ca. 185 – ca. 254). Dieser heiligmäßige Gelehrte legte in seinem Hauptwerk De principiis („Über die Grundlehren") eine Synthese der christlichen Lehre nieder. Wie sein Zeitgenosse Plotin befasste sich auch Origenes mit unverdientem Leiden, dem Problem der Theodizee. Er schlug vor, dass das Betragen eines Menschen in einem Leben oder mehreren Leben vor seiner Geburt Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten erklären könnte, mit denen er geboren wurde (Origenes 1973). Nachdem Origenes‘ Vorstellung von der Präexistenz zunächst als harmlos betrachtet wurde, weckte sie doch im Lauf der Zeit zunehmenden Widerstand. Manche Historiker behaupteten, dass die Lehre des Origenes beim zweiten Konzil von Konstantinopel, im Jahre 553, als Irrlehre verdammt worden sei, doch dies erscheint zweifelhaft. Jenes Konzil verurteilte andere Häresien, und der Name Origenes taucht in den Protokollen kaum auf (Murphy und Sherwood 1973). Gleichwohl betrachten einige Gelehrte dieses Konzil als das entscheidende in der Abkehr der Kirche von der Idee der Reinkarnation. Deshalb erscheint es wichtig zu erwähnen, dass Papst Vigilius sich weigerte, an dem Konzil teilzunehmen, das, mit den Leuten des Kaisers Justinian besetzt, gehorsam verabschiedete, was dieser angewiesen hatte (Browning 1971). Doch unter den Christen vermochten die Beschlüsse des Konzils von Konstantinopel den Glauben an die Reinkarnation nicht abrupt auszulöschen. Die Frage blieb unentschieden bis in die Zeit von Gregor dem Großen (ca. 540-604), ein halbes Jahrhundert später (Bigg 1913).

    Verantwortungsvolle Wissenschaftler sind geteilter Ansicht darüber, ob Origenes glaubte und lehrte, dass Reinkarnation vorkomme (Butterworth 1973, Daniélou 1955, Krüger 1996, MacGregor 1978, Prat 1907). Reinkarnation setzt die Präexistenz voraus, hingegen hat die Präexistenz nicht unbedingt Reinkarnation zur Folge. Dessen ungeachtet haben um die Rechtgläubigkeit besorgte Theologen diese beiden Begriffe durcheinander gebracht. Sie betrachteten die Verbreitung jeder dieser beiden Ideen als eine gefährliche Rückkehr zu den Lehren von Pythagoras und Platon, und dies war eine nicht mehr tolerierbare Entfernung von der kirchlichen Lehrmeinung.

    Danach vergingen Jahrhunderte, in denen in Europa über Reinkarnation nur wenig gedacht und noch weniger gesprochen wurde. Es gab zwar Ausnahmen, doch diese wurden verdammt oder unterdrückt. In der Zeit der byzantinischen Renaissance wurde ein Schüler von Michael Psellus „im Jahre 1082 exkommuniziert, weil er heidnische Doktrinen lehrte, darunter, so wurde behauptet, die Transmigration" (Wallis 1972, S. 162).³ Thomas von Aquin (1225-1274) erklärte die Unvereinbarkeit platonischer Ideen mit dem Christentum und stellte sich ausdrücklich gegen die Idee der Reinkarnation (George 1996, Thomas von Aquin ca. 1269/1984). In der Zwischenzeit jedoch breiteten sich häretische Überzeugungen – auch der Glaube an die Reinkarnation – in Europa aus, besonders in Frankreich und Italien. Im 13. Jahrhundert gelang den Katharern (oder Albigensern) im Südwesten Frankreichs beinahe eine Abspaltung von der römisch-katholischen Kirche. Die Kirche gewann jenes Gebiet erst zurück, als Papst Innozenz III. Soldaten aus Nordfrankreich beauftragte, die religiösen Rebellen im Südwesten zu bekämpfen und zu überwältigen. Die Krieger aus dem Norden gingen mit äußerster Brutalität vor und merzten die Katharer und ihre Lehren aus (Johnson 1976, Le Roy Ladurie 1975, Madaule 1961, Runciman 1969).

    Die Ausrottung der Katharer als einer praktizierenden Religionsgemeinschaft vermochte jedoch nicht zu verhindern, dass sich gelegentlich Philosophen abweichlerischem Denken hingaben und der Idee der Reinkarnation anschlossen. Im späten 15. Jahrhundert verdammte die römisch-katholische Kirche die Lehren des Florentiner Platonisten Pico della Mirandola (1463-1494), zu denen auch die Reinkarnation gehörte. Gut ein Jahrhundert später, im Jahre 1600, verurteilte die Inquisition Giordano Bruno zum Tod auf dem Scheiterhaufen, da er neben anderen Ketzereien auch Reinkarnation gelehrt hatte (Singer 1950).

    Für einige Jahrhunderte nach dem Justizmord an Giordano Bruno verursachte die Idee der Reinkarnation den christlichen Kirchen keine Schwierigkeiten, weder der römisch-katholischen noch den orthodoxen oder protestantischen. Doch im Denken vieler Europäer lebte sie weiter. Zahlreiche Dichter, Essayisten und Philosophen spielten darauf an. Shakespeare – um nur ein Beispiel zu nennen – konnte im ausgehenden 16. Jahrhundert davon ausgehen, dass Theaterbesucher seine Anspielungen auf Pythagoras in Was ihr wollt, Wie es euch gefällt und Der Kaufmann von Venedig verstehen konnten.

    Im späten 18. Jahrhundert begannen Übersetzungen von Texten aus asiatischen Religionen Europa zu erreichen. Die Abendländer wurden mit Asien und seinen Religionen besser vertraut, als sie es vorher gewesen waren. Im 19. Jahrhundert bemerkte der deutsche Philosoph Schopenhauer die „Isolation" Europas gegenüber dem Glauben an Reinkarnation, den die Mehrheit der Weltbevölkerung damals hegte. 1851 schrieb er:

    Aber wahrlich, wenn mich ein Hochasiate früge, was Europa sei, so müsste ich ihm antworten: es ist der Welttheil, der gänzlich von dem unerhörten und unglaublichen Wahn besessen ist, dass die Geburt des Menschen sein absoluter Anfang und er aus dem Nichts hervorgegangen sei. [Parerga und Paralipomena, §177 Über das Christenthum]

    Der immense Erfolg und die Beliebtheit, die Sir Edwin Arnolds Werk Die Leuchte Asiens erreichten, dessen Originalausgabe 1851 veröffentlicht wurde, waren sowohl eine Widerspiegelung als auch Ursache des größeren Interesses am Buddhismus unter den Europäern, den jene Dichtung darlegte.⁵ Gleiches können wir sagen über die Theosophie und ihre jüngere Schwester, die Anthroposophie. Beide mehrten und vertieften das Verständnis von Hinduismus und Buddhismus einschließlich der Idee der Reinkarnation, doch stützten sie sich auf das Werk von übersetzenden Gelehrten wie T. W. Rhys Davids, der 1881 die Pali Text Society gründete, und Max Müller, und entwickelten es – nicht immer klug – weiter. Diese Gelehrten hatten es bereits ermöglicht, dass Thomas Henry Huxley (ein Biologe, kein Orientalist) in seinem Romanes-Vortrag von 1893 eine kenntnisreiche und ansprechende Zusammenfassung von Hinduismus und Buddhismus mit Anspielungen auf Reinkarnation (Huxley 1905) präsentieren konnte.

    Bergunder (1994) erwähnte in einer Arbeit über den Reinkarnationsglauben in früheren Zeiten, dass moderne europäische Eltern manchmal glaubten, ein verstorbenes Kind könne in einem später geborenen Baby der gleichen Familie reinkarnieren. Als Beispiele zitierte er Bianca Battista – den Bericht (aus dem Jahr 1911) über jenen Fall werde ich in diesem Buch wiedergeben – und den spanischen Surrealisten Salvador Dalí. Der erstgeborene Sohn der Eltern des Malers, genannt Salvador, war am 1. August 1903 im Alter von einundzwanzig Monaten gestorben. Der zweite Sohn, der Maler, kam gerade neun Monate danach auf die Welt, am 11. Mai 1904, und erhielt den Namen seines verstorbenen Bruders (Secrest 1986). Salvador Dalí scheint niemals Erinnerungen an das Leben seines verstorbenen Bruders geäußert zu haben. Seine Eltern – besonders sein Vater – glaubten jedoch ihren ersten, verstorbenen Sohn in ihm reinkarniert.

    Mitte des 19. Jahrhunderts lehnte es die römisch-katholische Kirche ab, den neu vereinigten Staat Italien anzuerkennen. In Frankreich führte der Antiklerikalismus, der sich in der zweiten Hälfte jenes Jahrhunderts entwickelte, 1905 zu der gesetzlichen Trennung von römisch-katholischer Kirche und dem Staat. Manche beklagten diese Entwicklungen als Wegbereiter des Materialismus, doch die Freiheit des individuellen Denkens kann auch zu anderen Glaubensüberzeugungen führen, wie etwa zum Glauben an Reinkarnation. Ein Jahrhundert nach Schopenhauers Definition Europas war jener Ausspruch irgendwie nicht mehr so zutreffend wie um 1850. Und so kommen wir zur Betrachtung des Reinkarnationsglaubens bei den Europäern der Moderne.

    Die erste mir bekannte Untersuchung stammt aus dem Jahr 1947. Die befragten Personen waren nur wenige – rund fünfhundert –, und sie lebten in einem kleinen Gebiet (einem Stadtteil von London). Nur etwa vier Prozent der befragten Personen äußerten spontan einen Glauben an Reinkarnation. Dies waren jedoch zehn Prozent von allen Befragten, die überhaupt einen Glauben an eine Art von Weiterleben nach dem Tode äußerten (Mass-Observation 1947).

    In den sechziger Jahren wurden in anderen (europäischen) Ländern Umfragen über religiöse Überzeugungen durchgeführt. 1968 wurde eine Umfrage in acht Ländern Westeuropas vorgenommen. Damals glaubten durchschnittlich achtzehn Prozent der Befragten an Reinkarnation. Der Anteil von positiven Antworten schwankte zwischen zehn Prozent (Niederlande) und fünfundzwanzig Prozent (Westdeutschland). In Frankreich glaubten dreiundzwanzig Prozent der Antwortenden an Reinkarnation, in Großbritannien achtzehn Prozent (Gallup Opinion Index 1969).

    Spätere Umfragen ergaben eine weitere Zunahme des Anteils von (West-) Europäern, die an Reinkarnation glaubten. In einer Umfrage in zehn europäischen Ländern, über die 1986 berichtet wurde, war der Anteil der Personen, die an Reinkarnation glaubten, auf durchschnittlich einundzwanzig Prozent gestiegen, doch dieses Wachstum scheint hauptsächlich auf eine größere Anzahl von positiven Antworten in Großbritannien zurückzuführen zu sein. Die Zahlen für (West-) Deutschland und Frankreich blieben unverändert (Harding, Phillips und Fogarty 1986). Umfragen Anfang der neunziger Jahre zeigten weitere Zunahmen des Glaubens an Reinkarnation. Inzwischen glaubten sechsundzwanzig Prozent der Antwortenden in Deutschland an Reinkarnation, achtundzwanzig Prozent in Frankreich und neunundzwanzig Prozent in Großbritannien und Österreich (Inglehart, Basañez und Moreno 1998).

    Umfragen in Frankreich haben eine deutliche Abnahme des Bevölkerungsanteils gezeigt, der sich der römisch-katholischen Kirche zugehörig fühlt. Im Jahre 1966 bezeichneten sich achtzig Prozent der Antwortenden als römisch-katholisch, in einer Umfrage von 1990 bekannten sich nur noch achtundfünfzig Prozent der Antwortenden dazu (Lambert 1994). In der gleichen Umfrage erklärten sich achtunddreißig Prozent der Antwortenden als „ohne Religion", neununddreißig Prozent dieser Gruppe glaubte an Reinkarnation. Nicht alle französischen Befragten, die einen Glauben an Reinkarnation bekannten, waren jedoch areligiös; im Gegenteil glaubten vierunddreißig Prozent der Personen an Reinkarnation, die sich selbst als praktizierende Katholiken bezeichneten. Gleichwohl scheint zumindest in Frankreich ein zunehmender Glaube an Reinkarnation sowohl mit einem Rückgang in der Zugehörigkeit zur dominanten Religion im Lande als auch mit einer zunehmenden Distanz von allen Religionen einherzugehen.

    Eine ähnliche Entwicklung scheint sich in England abzuzeichnen, wo die anglikanische Kirche die Staatsreligion repräsentiert. Viele Menschen gehören weiterhin einer christlichen Kirche an – ob der anglikanischen oder einer anderen –, glauben dabei aber nicht alles, was ihnen dort gelehrt wird (Davie 1990). Viele sind zu einem Glauben an Reinkarnation gelangt, ohne unbedingt irgendeiner New-Age-Gruppierung anzuhängen (Waterhouse 1999). Mit anderen Worten, sie haben ihre Religion privatisiert (Walter und Waterhouse 1999).

    Europäer, die an Reinkarnation glauben, sammeln sich selten in organisierten Sekten. (Eine Ausnahme waren die spiritistischen Anhänger Allan Kardecs [1804-1869], der Reinkarnation in Frankreich lehrte.) Das Vokabular beliebter Publikationen über Reinkarnation in Europa zeigt häufig deutliche Anleihen aus dem Hinduismus und Buddhismus, zum Beispiel im großzügigen Gebrauch von Wörtern wie Karma, Astralkörper und Akasha-Chronik. Ein streng europäisches Schrifttum, das den Glauben an Reinkarnation verkörpert, existiert nicht (Bochinger 1996).

    Die zunehmende Zahl von Europäern, die an Reinkarnation glauben, ist bei jenen, die sich für die Wahrung der Christlichen Rechtgläubigkeit verantwortlich fühlen, nicht unbemerkt geblieben. Sie werden kein synkretistisches Zugeständnis an die Idee der Reinkarnation innerhalb des Christentums akzeptieren, das sich gleichwohl manche fromme Katholiken gewünscht haben (Stanley 1989). In Frankreich haben bedeutende Theologen gegen den Gauben an Reinkarnation gewettert (Stanley 1998). Der offizielle Katechismus der römisch-katholischen Kirche in Frankreich stellt kategorisch fest: „Es gibt keine Reinkarnation nach dem Tode." (Catéchisme de l‘église Catholique 1992, S. 217)

    Die Oberhäupter der römisch-katholischen Kirche in Großbritannien muss es mit Bestürzung erfüllen, dass zahlreiche formell römische Katholiken an Reinkarnation glauben. Eine im Jahre 1978 unter Katholiken in England und Wales durchgeführte Umfrage ergab, dass siebenundzwanzig Prozent der Antwortenden an Reinkarnation glaubten (Hornsby-Smith und Lee 1979). Der Jesuit und Priester Joseph Crehan fühlte sich verpflichtet, ein Büchlein zu veröffentlichen, in dem er gegen den Glauben an Reinkarnation schimpfte (Crehan 1978).

    Auch in Deutschland haben römisch-katholische Theologen polemisch auf den wachsenden Glauben an Reinkarnation in der europäischen Bevölkerung reagiert (Kaspar 1990, Schönborn 1990).

    Obwohl die zitierten Umfragen eine beträchtliche Zunahme des Reinkarnationsglaubens zeigen – selbst innerhalb der wenigen Jahrzehnte, seit sie durchgeführt wurden –, erklären sie nicht, warum so viele Personen in Europa diesen Glauben angenommen haben. Ich denke nicht, dass dies aufgrund öffentlich zugänglichen Beweismaterials geschehen ist, das für die Reinkarnation spricht. Wie ich in Teil II zeigen werde, wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwar eine kleine Zahl von europäischen Fällen des Reinkarnationstyps veröffentlicht, doch nur wenige Personen ohne ein spezielles Interesse an dem Thema dürften jene Berichte tatsächlich gelesen haben. Viel umfangreicheres Material und Dokumentationen einer größeren Zahl von Fällen wurde erst im letzten Drittel des Jahrhunderts zugänglich und konnte somit nicht als Anregung für die bereits früher einsetzende zunehmende Verbreitung des Reinkarnationsglaubens dienen, den die Umfrageergebnisse widerspiegeln.

    In Ermangelung einer anderen naheliegenden Antwort erlaube ich mir die folgende Mutmaßung darüber, warum in den vergangenen gut hundert Jahren der Kirchenbesuch zurückgegangen ist und der Glaube an Reinkarnation zugenommen hat. Die Errungenschaften der wissenschaftlichen Methodik im Laufe der vergangenen vier Jahrhunderte haben zwei wichtige Widerlegungen der christlichen Doktrin gebracht: Ich beziehe mich dabei auf das Weltbild vor Kopernikus, Kepler und Galileo und auf die Biologie vor Lamarck und Darwin. Der Rückgang der Mitgliederzahlen der christlichen Kirchen spiegelt einen allgemeinen Vertrauensverlust gegenüber autoritären Aussagen seitens der Repräsentanten der Kirchen wider.

    „Hüte dich vor dem Manne, der nur ein einziges Buch besitzt", lautet ein arabisches Sprichwort. Als ein Satz, der aus Arabien kommt, klingt er seltsam. Doch Araber sind nicht die einzigen Völker, die ihren Glauben auf ein einziges Buch stützen. Manche Christen haben diese Schwäche ebenfalls gezeigt. Nun jedoch haben immer mehr von ihnen entdeckt, dass die Bibel zwar viel Wahrheit enthält, aber nicht alle Wahrheit. Im 20. Jahrhundert haben mehrere Philosophen die Idee der Reinkarnation wohlwollend und sogar positiv diskutiert (Almeder 1992, 1997; Broad 1962; Ducasse 1961; Lund 1985; McTaggart 1906; Paterson 1995). Nur wenige Wissenschaftler fanden sich dazu bereit.

    Die Publikationen der meisten modernen Wissenschaftler bieten keine Lösung der scheinbaren Ungerechtigkeit von Geburtsfehlern und anderen von Geburt an bestehenden Benachteiligungen. Statt dessen malen sie das Bild von einer exklusiv materiellen Existenz, die mit der Auslöschung durch den Tod endet. Damit unzufrieden, forschen viele Menschen – vielleicht besonders im modernen Europa – weiter nach einem Sinn für das Leben, der über ihre eigene, derzeitige Existenz hinausreicht. Reinkarnation bietet Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, und sie bietet uns eine Möglichkeit, die Ursachen unseres Leidens schließlich zu verstehen. Diese Vorzüge allein machen sie nicht zur Wahrheit; nur Beweismaterial kann zeigen, ob sie wahr ist oder nicht. Sie könnten jedoch der Grund für die zunehmende Anziehungskraft des Glaubens an die Reinkarnation sein.

    Teil II

    Unerforschte Fälle aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts

    In diesem Kapitel schildere ich acht ältere Fälle. Sie alle geschahen im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Für manche der dargestellten Ereignisse haben wir keine präzisen Daten, aber ich habe sie hier in der Abfolge wiedergegeben, die ich für ihre chronologische Reihenfolge halte.

    Keiner der Fälle in diesem Kapitel erfuhr eine Untersuchung von außen, von jemandem, der nicht als die Hauptperson oder ein Informant des Falles unmittelbar betroffen ist. Wir können uns die Frage stellen, was ein Ermittler zu dem Bericht über einen Fall beiträgt. Erstens muss er oder sie eine genaue Aufzeichnung der Einzelheiten eines Falles machen oder gemacht haben. Keiner kann dies ohne die Zusammenarbeit mit direkten Zeugen bewerkstelligen. Für die acht Fälle in diesem Teil des Buches haben wir solche Zeugen. Die ersten Berichte über die Fälle stammten – mit einer Ausnahme – entweder von dem Betroffenen selbst oder vom Vater, einem anderen Verwandten, Arbeitgeber oder einem Bekannten der Hauptperson. In dem (bisher unveröffentlichten) Ausnahmefall erzählte sie einem geachteten Grundbesitzer in der Region von seinem Erlebnis.

    Zweitens fragt ein Ermittler die Informanten nach Einzelheiten, die beim spontanen Erzählen leicht übersehen werden. Unter anderen Details können Daten wichtig sein. Die Fälle in diesem Kapitel zeigen unterschiedlichste Genauigkeit in diesem Punkt. Für den Fall Alessandrina Samonà lieferte ihr Vater präzise Daten für einige Ereignisse in der Entwicklung des Falles und nur ausreichend nahekommende Zeitangaben für andere Aspekte. Im Gegensatz hierzu nannte Giuseppe Costa, der sein Erleben autobiographisch niederlegte, überhaupt keine Daten für die verschiedenen Phasen.

    Drittens erwarten wir von einem Ermittler, dass er die Verlässlichkeit der Informanten eines Falles beurteilt. Hierzu sollte er – wenn möglich – die Informanten befragen. In den ersten acht Fällen konnte ich dies nicht tun – ausgenommen bei Georg Neidhart, mit dem ich mich bei zwei Gelegenheiten traf. Wenn ein Ermittler die Informanten nicht befragen kann, mögen andere Mittel zur Prüfung von deren Verlässlichkeit helfen. Berichte, die bei verifizierbaren Einzelheiten Fehler aufweisen, sind weniger vertrauenswürdig als solche, die derlei Mängel nicht zeigen. Gleiches gilt für Berichte, deren Urheber sich mit großem Eifer bemüht, die Leser zu überzeugen, seinen Interpretationen zuzustimmen. Berichte, die genügend Einzelheiten enthalten – wie die meisten in diesem Kapitel –, setzen die Leser in die Lage, einen Fall einzuschätzen, selbst wenn sie die Informanten nicht selbst befragen können.

    Die wenigen älteren Fälle, die in diesem Kapitel präsentiert werden, erlauben keinerlei quantitativen Vergleich mit jüngeren Fällen. Dennoch können wir bei einigen älteren Fällen ein Merkmal feststellen, das wir bei den jüngeren nicht finden. So spielten in drei der früheren Fälle Erscheinungen eine Rolle, aber in keinem der späteren. Ferner wurden in drei der älteren Fälle mediumistische Kommunikationen mit Verstorbenen berichtet, jedoch nur in einem der späteren Fallbeispiele. In anderen Aspekten sind die älteren Fälle den späteren ähnlich.

    Einige Quellen haben Initialen angegeben, jedoch nicht die vollständigen Namen der Hauptperson oder anderer Personen, die mit einem Fall zu tun hatten. Um die Lesbarkeit solcher Berichte zu erleichtern, habe ich vollständige Namen verwendet, die jedoch erfunden sind.

    Die Berichte von drei Fällen enthalten Hinweise auf frühere Ereignisse, über die wir zeitgenössische Aufzeichnungen oder Zeugnisse von Historikern zu Rate ziehen können. Entsprechende Quellenangaben habe ich eingefügt.

    Leser, die glauben, dass sich die Beweiskraft von Dokumenten im Laufe der Zeit verflüchtige⁸ und jene, die frühere Beobachter für weniger aufmerksam halten, als wir es heute sind, werden diese älteren Fälle nicht überzeugend finden. Ich gehöre nicht zu dieser Gruppe. Auf die Frage, warum wir diese Fälle für glaubwürdig halten sollten, erwidere ich deshalb: Warum sollten wir es nicht?

    Fallbeispiele

    Giuseppe Costa

    Die Hauptperson selbst berichtete diesen Fall in einem Buch mit dem Titel Di là dalla vita, was man ins Deutsche übersetzen könnte – das Buch selbst wurde nie übersetzt – mit „Aus dem Jenseits in dieses Leben" (Costa 1923). Der Autor war Giuseppe Costa, und er widmete über fünfzig Seiten, etwa ein Viertel des Buches, der Schilderung von persönlichen Erlebnissen, die ihn zu der Überzeugung führten, dass er schon früher gelebt hatte. Der Rest des Buches bietet eine populäre Zusammenfassung der Themen psychischer Forschung.

    Costas Bericht nennt keine Daten der dargestellten Ereignisse. Sein Buch wurde 1923 veröffentlicht. Etliche Jahre später lernte Ernesto Bozzano, seinerzeit der führende Erforscher psychischer Phänomene in Italien, Costa kennen und interessierte sich für seinen Fall. 1940 veröffentlichte Bozzano ein Buch, in dem ein Kapitel Auszüge seines Interviews mit Costa wiedergab und eine Zusammenfassung jenes Abschnittes in Costas Buch bot, in dem dieser seine angeblichen Erinnerungen an ein früheres Leben beschrieb (Bozzano 1940). Jenes Kapitel wurde später in Luce e Ombra nachgedruckt (Bozzano 1994). Bozzano nannte kein Datum für seine Begegnung mit Costa. Er stellte fest, dass Costas Buch „schon vor vielen Jahren veröffentlicht worden sei, woraus wir schließen können, dass er Costa etwa 1935 kennenlernte. In seinem Buch erwähnte Costa nicht, wann er geboren wurde. Bozzano schrieb, dass er bei ihrer Begegnung offenbar in den Fünfzigern war. Aufgrund dieser vagen Angaben können wir vermuten, dass Costa etwa um 1880 geboren wurde. Im Jahre 1923, als er sein Buch veröffentlichte, könnte er also in den Vierzigern gewesen sein. In jenem Buch schreibt er im Hinblick auf die Kulmination der geschilderten Erlebnisse, dass sie „viele Jahre früher als die Zeit ihrer Niederschrift stattgefunden habe. Ein wichtiges Ereignis in seinem Leben (das ich noch beschreiben werde) geschah kurz vor den Abschlussprüfungen am Ende seiner Hochschulzeit, die vielleicht um 1904 gewesen sein können. Costa hatte studiert und arbeitete als Ingenieur. Die späteren Erlebnisse, die zu ihrer Verifizierung führten, waren, wie wir annehmen können, bevor er dreißig Jahre alt wurde, also um das Jahr 1910.

    Ich stütze meinen Bericht dieses Falles auf Bozzano (1940/1994), doch habe ich auch Costas Buch zu Rate gezogen, dessen Text an manchen Stellen, wenn auch unerheblich, von Bozzanos Fassung abweicht. Dr. Karl Müller, von dem ich zuerst über diesen Fall erfahren hatte, gab mir eine kurze Zusammenfassung in englischer Sprache; diese hatte er aus der Veröffentlichung von Brazzini (1952) angefertigt, der selbst wiederum Bozzanos Bericht zusammengefasst hatte.

    Costas Erlebnisse entwickelten sich nach meiner Schätzung von seiner frühen Kindheit bis in seine frühen Dreißiger. Wir können mehrere Phasen dieser Entwicklung unterscheiden:

    Die erste Phase begann in früher Kindheit, Costa selbst erwähnte kein bestimmtes Alter. Seine Familie hatte an einer Wand ihres Wohnzimmers ein Gemälde hängen, das eine morgenländische Szene zeigte – eine Stadt mit Türmen und goldenen Kuppeln am Ufer eines Gewässers. (Später erfuhr Costa, dass jenes Bild eine Ansicht von Konstantinopel am Bosporus zeigte.) Dieses Gemälde löste in ihm eine Reihe von inneren Bildern aus, die sich in seiner Wahrnehmung vermischten: Szenen mit einer großen Zahl Bewaffneter, segelnde Schiffe, flatternde Fahnen, Schlachtgetümmel, Berge, weites Meer bis zum Horizont und blumenbedeckte Hügel. Als der junge Costa versuchte, diese Bilder in irgendeine vernünftige Reihenfolge zu bringen, entzogen sie sich seinem inneren Auge. Doch ihre Lebendigkeit beeindruckte ihn sehr, und so glaubte er bereits als Knabe, dass er die Szenen, die da in seinem Gemüt aufstiegen, irgendwie selbst durchlebt hatte.

    Costa sagte nicht, wo er geboren wurde, aber er verbrachte seine frühe Kindheit und Kinderzeit im Städtchen Gonzaga in der Nähe von Mantua, wo er das Gymnasium besuchte. Diese Orte liegen in der norditalienischen Po-Ebene, wo das Land flach ist und das Meer etwa hundert Kilometer entfernt. Costa versicherte: Was auch immer der Ursprung jener Kindheitsbilder war, die ihm in den Sinn kamen – sie hatten nichts gemeinsam mit der Landschaft, die er in jener Zeit seines Lebens kannte.

    Die nächste Phase begann, als sein Vater den Zehnjährigen zum ersten Mal mit nach Venedig nahm. Gleich nach ihrer Ankunft dort, hatte der Knabe ein Gefühl von Vertrautheit mit dieser Stadt, als wäre er früher, vor langer Zeit, schon einmal dort gewesen. In derselben Nacht hatte er einen lebhaften Traum. Darin wurden all die unvereinbaren, scheinbar unzusammenhängenden Bilder, die sich früher in seinen Sinn gedrängt hatten, in eine chronologische Abfolge geordnet:

    „Nach einer langen Reise zu Schiff auf Flüssen und Kanälen trafen wir in Venedig ein. Wir reisten in Barken, gefüllt mit bewaffneten Soldaten in mittelalterlicher Kleidung. Ich schien etwa dreißig Jahre alt zu sein und hatte irgendwie das Kommando. Nach einem Aufenthalt in Venedig gingen wir an Bord von Galeeren, auf denen zwei Fahnen flatterten, eine blaue mit dem Bild der Jungfrau Maria unter goldenen Sternen, und die Fahne von Savoyen, rot mit einem weißen Kreuz.⁹ Auf der größeren¹⁰ Galeere, die reichlicher bemalt und geschmückt war [als die andere], befand sich jemand, dem jedermann tiefen Respekt zeigte und der mit großer Freundlichkeit zu mir sprach. Dann kam das Meer; scheinbar endlos erstreckte es sich bis zum Horizont. Dann schifften wir unter klarem, kobaltblauem Himmel in einem sonnigen Land ein. Dann gingen die Soldaten wieder an Bord und landeten an einem anderen Ort. Da sammelten sich die Truppen und wurden koordiniert; es gab Zelte voller Soldaten, unterhalb einer Stadt mit alten Türmen, deren Verzierungen in der Sonne glitzerten. Dann kam unser Angriff, eine Schlacht von äußerster Heftigkeit, die damit endete, dass wir in die Stadt einbrachen. Am Ende kam der Einmarsch unserer strahlenden Armee in die Stadt mit ihren goldenen Kuppeln an der wunderbaren Bucht. Das war die herrliche Stadt Konstantinopel, die auf dem Gemälde in [unserem Haus in] Gorganza dargestellt war, wie ich später erfuhr." (Bozzano 1940, S. 317-318; meine Übersetzung)

    Costa betonte, dass sein Traum jene inneren Bilder aus der früheren Kindheit zeigte, sie nun aber in einer sinnvollen Reihenfolge zusammenfügte, die seinen Glauben bestätigte, die Szenen jener früheren Bilder und des Traumes einmal selbst durchlebt zu haben.¹¹

    Von der früheren Jugend an zeigte Costa ein reges Interesse an Waffen, Fechten, Gymnastik und Reiten. Er betätigte sich in diesen Aktivitäten so viel, dass er die klassischeren Schulfächer – Latein und Griechisch – am Gymnasium vernachlässigte. Er meldete sich freiwillig zur Armee und wurde schließlich zum Leutnant der königlichen Kavallerie von Piemont ernannt. Dann wurde er in Vercelli stationiert, etwa auf halbem Wege zwischen Mailand und Turin. Hier genoss er das militärische Leben. Es erschien ihm alles ganz natürlich, als ob er eine frühere Betätigung wieder aufgenommen hätte.

    In Vercelli hatte er ein weiteres ungewöhnliches Erlebnis. Eines Tages kam er an der Andreas-Kirche vorüber, als ihn die Klänge einer geistlichen Musik zu zwingen schienen, die Kirche zu betreten. Als er eintrat, erlebte er jedoch ein unangenehmes Gefühl, etwas wie eine tiefe Reue aus einer vergangenen Zeit. Er wusste nicht, was er damit anfangen sollte, schloss aber daraus, dass er in dieser Kirche vielleicht an einer Zeremonie teilgenommen hatte, die seine Seele belastet hatte.

    Nach jener Episode war Costa stark in Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten gegenüber seiner Familie eingebunden. Seine augenscheinlichen Erinnerungen an ein früheres Leben traten in den Hintergrund. Im Grunde war er Materialist und hätte wohl alles über seine früheren ungewöhnlichen Erlebnisse vergessen, wenn ihm nicht ein weiteres begegnet wäre, das seine Überzeugungen völlig umkehrte.

    Es geschah, als er sich auf die Abschlussprüfungen an der Universität vorbereitete.¹² Er lernte so lange und intensiv, dass er sich beinahe in einem Zustand der Erschöpfung befand, sich nicht mehr wach halten konnte und auf seinem Bett zusammenbrach. Als er sich später im Schlaf umdrehte, stieß er gegen eine Öllampe, die in seinem Zimmer brannte, und warf sie um. Die Lampe verströmte giftigen Rauch, der rasch das Zimmer erfüllte. Costa wachte auf, fand sich aber oberhalb seines eigenen Körpers, auf den er von oben herabblickte. Er spürte, dass sein Leben in Gefahr war, und in dieser Extremlage rief er irgendwie seine Mutter um Hilfe, die im Nachbarzimmer schlief. Er bemerkte, dass er durch die Wand in das Zimmer seiner Mutter hinüber sehen konnte. Er sah, wie sie jäh erwachte, wie sie zum Fenster ging, das sie öffnete, und wie sie dann zu seinem Zimmer eilte, wo sie ein Fenster öffnete, um den Rauch hinauszulassen. Rückblickend meinte er später, dass dies ihm das Leben gerettet habe. Costa war besonders beeindruckt, als er in dem Bewusstsein, dass er mit körperlichen Augen nicht durch die Wand in das Schlafzimmer seiner Mutter gesehen haben konnte, diese fragte, ob sie das Fenster ihres eigenen Zimmers geöffnet habe, bevor sie herüberkam, um ihm zu helfen – und sie bestätigte, genau dies getan zu haben. Nach diesem Erlebnis fühlte er sich befreit und hegte nie wieder Zweifel, dass Körper und Geist trennbar seien.¹³

    Das letzte Erlebniss und der Höhepunkt von Costas ungewöhnlichen Erfahrungen trug sich zu, als er zusammen mit zwei Freunden eine Wanderung im Aostatal¹⁴ unternahm und dort mehrere Burgen besuchte. Costa zeichnete seine Reaktionen beim Besuch dreier dieser Burgen – Ussel, Fénis und Verrès – auf. In Ussel hatte er ein Gefühl von Traurigkeit und Bedrückung. Wie ich weiter unten erklären werde, ordnete er dieses Unwohlsein später Ereignissen in dem früheren Leben zu, für das er noch einige Bestätigungen erhielt. In Fénis registrierte er keine ungewöhnlichen Empfindungen.

    In Verrès hingegen war er zutiefst bewegt. Er beschrieb es als ein Erfülltsein von starken Emotionen und von etwas gemischten Gefühlen – von Liebe und Bedauern. (In diesem Stadium schrieb er nicht von einer Rückkehr innerer Bilder). Er fühlte sich angesichts der Burgruine so bewegt, dass er beschloss, bei Sonnenuntergang dorthin zurückzukehren. Als er später wieder bei der Ruine war, kam ein großer Sturm auf, so dass Costa über Nacht auf der Burg bleiben musste. Sie scheint damals nicht bewohnt gewesen zu sein, doch er fand ein altes Bett,

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