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Na bitte, geht doch!: Abenteuer Vertrieb
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eBook325 Seiten4 Stunden

Na bitte, geht doch!: Abenteuer Vertrieb

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Über dieses E-Book

Claudia stürzt sich in das Abenteuer Vertrieb. Noch ahnt sie nicht, welche Felsen sie aus dem Weg räumen muss und entwickelt eine überschäumende Freude an ihrer Arbeit. Kuriose Erlebnisse und außergewöhnliche Freundschaften säumen ihren Weg nach oben.
Dann aber steht sie vor einem beruflichen Wendepunkt und muss sich entscheiden. Viel zu spät merkt Claudia, dass sie die falsche Entscheidung getroffen hat und muss teuer dafür bezahlen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum15. Juli 2015
ISBN9783732351039
Na bitte, geht doch!: Abenteuer Vertrieb
Autor

Lisa Lenardi

Lisa Lenardi, Jahrgang 1964, lebt mit ihrer Familie in Reinbek, Schleswig-Holstein. Nach Ihrem Studium der Germanistik und Kunst unterrichtet sie einige Jahre an einer Realschule. Nach einem erneuten Studium wechselt sie schließlich in den Vertrieb und später ins Management. Kurz vor ihrem 50. Geburtstag bricht sie zusammen und wird förmlich aus dem Leben gerissen. Es vergehen Monate, in denen sie versucht, aus ihrem seelischen Tief zu kriechen, aber keine Therapie schlägt nachhaltig an. Erst als sie beginnt, ihre seelischen Schmerzen, Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen, gelingt es ihr, dem Leben wieder zu vertrauen. Nach langer, schwerer Krankheit schreibt sie sich Zeile für Zeile ins Leben zurück. So entsteht ihr erster Roman: „Na bitte, geht doch!“ Lisa Lenardis neues Lebensmotto lautet: „Schreiben ist meine Lebenselixier!“ Mit Ihrem Hamburg-Krimi "21 Briefe" eröffnete sie 2016 eine Serie. Inzwischen sind in dieser Reihe weiterhin erschienen: "Blutige Sonette", "Fiete und umami" und 2023 "Pinselst-r-ich". Seit 2021 erfreuen die Hamburger Kurzgeschichten "Irgendwas ist immer-Ein Kater auf Streifzug" viele Leser. Baumanns erster Fall, "21 Briefe", ist 2023 bebildert in 2. Auflage erschienen. Ebenso Lisas erstes lyrisches Werk "Gedankenwelt". 2024 wird es in der Hamburger Krimi-Serie um Hauptkommissar Klaus Baumann das erste Mal weihnachtlich. "Tote Kerzen", Baumanns Weihnachtskrimi, erscheint pünktlich zur Adventszeit.

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    Buchvorschau

    Na bitte, geht doch! - Lisa Lenardi

    Claudia saß versunken im Sessel und dachte nach, dachte darüber nach, wie vor fünfzehn Jahren alles angefangen hatte. Tränen schossen ihr in die Augen, denn die Erinnerungen taten immer noch weh:

    Es begann an einem sonnigen Oktobertag. Claudia tuckelte mit ihrem alten Opel gen Norden und freute sich auf ihren neuen Job. Doch irgendwann wich die Freude der Aufregung und sie hatte Mühe, sich auf den Verkehr zu konzentrieren. Ihr Puls schien sich zu überschlagen, als das Firmengebäude sah.

    Bleib ruhig Claudia. Du wolltest diesen Job. Die Kollegen sind sehr nett und einen sympathischen Chef hast du auch. Alles andere kannst du lernen.

    Auf dem Firmenparkplatz war es noch leer. Kein Wunder, sie war eine Stunde zu früh. Egal. Claudia schloss den Wagen, klemmte ihre Aktentasche unter den Arm und ging Richtung Eingang. Die Empfangsdame rief ihr freundlich zu: „Heute geht’s also los, Frau Damarus! Ich wünsche Ihnen alles Gute. Herr Schmitz ist auch schon da."

    Claudia nickte und ging zügig Richtung Aufzug. Dann bog sie aber doch ins Treppenhaus ab. Sie hatte ja Zeit. Im sechsten Stock angekommen atmete sie noch einmal tief durch und öffnete die Tür.

    „Auch einen Kaffee oder besser eine Valium? Seine Ohren bekamen Besuch, wenn er grinste und sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Ich fange mit Kaffee an und komme später auf das Valium zurück.

    Seine Hand preschte nach vorn: Herzlich Willkommen. Claudia griff zu und ihre Aufregung war plötzlich wie weggeblasen.

    Nach und nach trudelten die Kollegen ein und als gegen 8.30 Uhr alle anwesend waren, wurde sie offiziell begrüßt. Danach zog Schmitz sie in sein Büro und schloss die Tür. „So Damarus, jetzt mal Klartext. Ich habe mit ihnen etwas Besonderes vor. Diesen Kistenschiebern da draußen…, er wies mit der Hand Richtung Großraumbüro. …brauche ich gar nicht erst mit Software und Prozesskosten kommen. Das kapieren die in diesem Jahrhundert sowieso nicht mehr. Sie sind genau der frische Wind, den wir hier brauchen. Neue Ideen, konstruktive Vorschläge, komplexes Prozessdenken. Genau darum, und nur darum, sind Sie hier! Er versuchte eine ernste Miene aufzusetzen, was ihm aber nicht gelang. Claudia schmunzele: „Genau darum bin ich hier.

    Schmitz lachte laut auf und einige der Kistenschieber starrten ihn erschrocken an. Dann griff er in seinen Kühlschrank, zückte eine Flasche Sekt und ließ den Korken knallen. Claudia dachte nur, das macht der öfter.

    Nachdem sie die Sektgläser gelehrt und eine Weile geplaudert hatten, schob er ihr ihren Schulungsplan über den Schreibtisch: „Da müssen Sie durch, Damarus. Basiswissen ist Pflicht. Danach beweisen Sie mir ihr technisches Verständnis und dass Sie Kisten verticken können. Erst dann kommt die Kür. Alles klar? Claudia schmunzelte: „Alles klar!

    Er stand auf: „So und nun machen wir einen Rundgang durch alle Abteilungen. Auf geht’s." Mit einer aufmunternden Handbewegung wies er Claudia den Weg.

    Als sie den Fahrstuhl betraten war es bereits elf Uhr. Ein Blondschopf mit wüstem Haar lächelte ihnen entgegen: „Sie sind die Neue, richtig?" Claudia nickte. Schmitz sah ihn ernst an.

    „Tschuldigung. Paulsen, Lager, angenehm, Frau Damarus. Die kleine Verbeugung passte gar nicht zu ihm und sie musste unwillkürlich grinsen. Als sich die Fahrstuhltür öffnete, sagte Schmitz: „Na dann Paulsen, sortieren sie mal noch ihre Kisten. Im Lager zwei kann man ja kaum treten. Mit einem kurzen: „Wird gemacht, Chef.", war er blitzartig verschwunden.

    Von der Ausstellung war Claudia bereits bei ihrem ersten Besuch beeindruckt gewesen. Heute wurden einige Neuinstallationen vorgenommen. Darum konnte man vor Kabeln und Containern kaum treten. Schmitz zog sie galant durch die Unwegsamkeiten bis ans äußerste Ende des Raumes. Abrupt blieb er stehen: „Unser Flaggschiff, kann alles, außer Kaffee kochen."

    Sie sah sich eines riesigen Kopierers gegenüber.

    „Kurze Vorführung, Damarus?" Sie nickte stumm.

    „Claasen kommen sie mal bitte! Hier ist ein Profi gefragt. Ein hochgeschossener junger Mann steuerte auf die beiden zu. Moin, moin, Claasen."

    „Das ist unser technischer Leiter. Claasen, zeigen sie doch der neuen Kollegin mal unser Schmuckstück hier. Sie wissen doch, ich kann nur den grünen Knopf bedienen." Claasen zwinkerte Claudia zu. Flirtet der mit mir, dachte sie?

    Nachdem Schmitz sich entfernt hatte, bekam sie einen Schnellkursus in der Bedienung des „Flaggschiffs, einige Prospekte und ein dreißigminütiges Dauerlächeln von Claasen. Danach quollen ihr die technischen Daten bereits aus dem Kopf und den Dauergrinser konnte Claudia auch nicht länger ertragen. Gott sei Dank sah sie Schmitz schon von weitem zurückkommen. Lächelnd bedankte sie sich beim Technikleiter und steuerte auf ihren Chef zu. Der rief schon aus der Ferne: „Na? Das ist ein Schätzchen, was? Claudia grinste: „Herr Claasen oder der Kopierer? Sein Lachen hallte durch die gesamte Ausstellung: „Sie sind die Richtige! Sie gehören in den Vertrieb! Das habe ich von der ersten Minute an gewusst. Kommen Sie. Ich lade Sie zum Essen ein.

    Vor dem Parkplatz schloss er bereits von weitem seinen Wagen auf und schenkte ihr dabei ein strahlendes Lächeln. Als sie darauf nicht reagierte, sagte er: „In ein paar Jahren fahren sie auch so ein Schiff. Das ist doch was oder?" Claudia nickte.

    Schmitz hatte versucht, sie während des Essens mit allerlei Episoden aus dem Vertriebsleben aufzuheitern und dabei sein eigenes kalt werden lassen. Dann stauchte er den Kellner zusammen, dass er gern wärmeres Essen bekommen hätte.

    Zurück im Büro erschrak Schmitz, dass es schon drei Uhr war. Also rannte er mit Claudia durch die Ausstellung und steuerte der Auftragsabteilung entgegen. Vor der Tür blieb er stehen: „Vorsicht. Das ist ein ganz sensibler Bereich. Die Damen fassen Sie besser mit Samthandschuhen an, besonders wenn Sie oder Ihre Kunden es mal eilig haben. Eine Schachtel Pralinen hilft da manchmal Wunder." Langsam öffnete er die Tür.

    „Gut, dass sie gerade kommen, Herr Schmitz. Hier, so geht das nicht!, ruckartig hielt eine der Damen ihm einen Stapel Papiere vor die Nase. „Ich habe es den Verkäufern schon einhundertmal gesagt, dass ich nur Aufträge bearbeiten werde, die vollständig ins System eingegeben sind. Dieses Gekrakel hier, kann doch keiner lesen. Sie holte tief Luft: „Und wenn sie schon mal hier sind, da gibt es noch etwas!" Sie stockte und starrte Claudia an, als hätte sie den Neuzugang eben erst wahrgenommen.

    „Das ist Frau Damarus, unser neue Kollegin für das Projektmanagement. Das ist Frau Peters, eine Seele von Mensch, wenn sie will. Schmitz grinste mal wieder. Claudia reichte ihr lächelnd die Hand. Frau Peters wechselte schlagartig auf freundlich: „Kommen sie gern vorbei, wenn sie Fragen haben, und Schätzchen, die werden sie haben, garantiert. Claudia dankte ihr und Schmitz zerrte sie förmlich aus dem Büro. Ruckartig drehte er sich noch einmal um: „Übrigens, Frau Peters, wenn ich schon mal hier bin, dann was? Was wollten sie noch? Sie winkte ab: „Schon gut Chef, machen wir später.

    Also zogen beide weiter zum Einkauf. Peter Ahlert, stand auf dem Schild. „Muss ich zu dem Kollegen auch was Besonderes wissen?, wandte sie sich an Schmitz. „Einfach reingehen. Der beißt nicht. Die Tür war jedoch abgeschlossen.

    „Hier hängt ein kleiner Zettel, Chef. Bevor Claudia ihn jedoch lesen konnte stürmte ein kräftiger Mann in Jeans und Pullover heran: „Bin schon wieder da. Noch völlig außer Atem reichte er ihr seine Hand: „Ahlert, Peter Ahlert. Kommen sie doch rein in die gute Stube."

    Mit dem Öffnen der Tür hatten sie Einsicht in etwas, was man Chaos nennt. Unzählige lose Blätter säumten den Rand seines Schreibtisches. Klebezettel versperrten die Sicht auf den Bildschirm seines PCs, Türme von Ordnern stapelten sich auf der Fensterbank und die Rauchschwaden seiner letzten Zigarette schienen noch den Raum einzunehmen. Ahlert bemerkte das Entsetzten in ihrem Gesicht und sagte: „Ja ich weiß, nur das Genie überblickt das Chaos. Er zog den Stuhl vor seinem Schreibtisch auffordernd zur Seite und Claudia setzte sich. Schmitz verließ das Büro mit den Worten: „Ihr macht das schon.

    Es war eine halbe Stunde vergangen als der Chef wieder auftauchte: „Na mein Lieber, alles erklärt? Ahlert nickte ihm zu. Claudia zugewandt sagte er: „Und wenn sie Fragen haben, immer hereinspaziert. Claudia lächelte: „Danke, ich werde bestimmt darauf zurückkommen."

    Auf dem Flur zog Schmitz die Neue zur Seite: „Komischer Typ, aber ein top Einkäufer, der Beste, den wir je hatten. Wenn Ahlert was nicht besorgen kann, dann schafft das keiner. Die Einkaufspreise, die wir haben, sind unterirdisch."

    In der sechsten Etage angekommen, betraten sie ein leeres Großraumbüro. Auch in den Nebenräumen waren alle ausgeflogen.

    Schmitz strahlte: „Alle bei Kunden, so liebe ich das. Er schaute kurz zur Uhr. „16.30 Uhr. Na, der Tag ist ja schnell vergangen. Machen sie auch Feierabend. Bis morgen. Damit war er auch schon in seinem Büro verschwunden.

    Ein Hotel im Süden Deutschland sollte für die kommenden zwei Schulungswochen Claudias Herberge sein. Bereits als sie das Foyer betrat, umgab sie ein Geruch von Orangen und weihnachtlichen Gewürzen. Claudia konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie im falschen Hotel abgestiegen war. Langsam holte sie die Buchungsbestätigung aus der Tasche. Nein, hier war sie tatsächlich richtig. Nach einer überfreundlichen Begrüßung an der Rezeption, fuhr Claudia in den zehnten Stock.

    Beim Blick durch die offene Tür des Appartements verschlug es ihr den Atem. Ein riesiges Bett, mit seidig glänzendem Baldachin, zog ihre Blicke auf sich. Eine Unmenge an Kissen stapelte sich an der Rückwand des Bettes, große, kleine, eckige, runde und alle in einem seidigen Blau mir goldenem Muster. Sie sank auf die Bettkante und musste erst einmal durchatmen. Was zum Teufel sollte dieser Prunk? Ein Köder oder etwa ein Ausblick auf zukünftige Erfolge? Egal. Erst einmal auspacken. Sie öffnete den übergroßen Schrank und entdeckte in der Innentür eine Preisliste. 349 € je Nacht. Claudia setzte sich abermals und holte tief Luft. Dann schloss sie achselzuckend die Tür und entschied später auszupacken.

    Als sie an der Hotelbar ihr Hefeweizen bestellte, erkannte Claudia auf der gegenüberliegenden Seite des Tresens einen Kollegen. Winkend kam er herüber. „Tja, selbst für alte Hasen gibt es immer noch Schulungsbedarf., Hoffmann reichte ihr seine Hand. „Aha und was?, lächelte sie ihn an. Er drückte immer noch ihre Hand: „Äh, na Bürotechnik halt und so ‘n Kram."

    „So ’n Kram? Ach deswegen dieser Aufwand hier? Sie trank endlich von ihrem Bier und konnte nicht umhin ihn über den Glasrand anzuschmunzeln. Dann fragte sie neugierig: „Ist es eigentlich üblich, dass wir in solchen Etablissements untergebracht werden?

    „Ja, ja, die Schulungshotels sind immer super", antwortete Hoffmann mit erhobenem Daumen. Nach ein paar belanglosen Floskeln verabschiedete Claudia sich mit dem Hinweis morgen ausgeschlafen sein zu wollen und ging. Sie konnte seine Blicke im Rücken förmlich spüren und war froh als der Fahrstuhl sich endlich öffnete.

    Claudia hatte wunderbar geschlafen und gönnte sich ein ausgedehntes Frühstück. Dann schlenderte sie zum Schulungsraum, der sich bereits gut gefüllt hatte. Sie wollte sich gerade setzte als ihr Blick ein kauendes Individuum streifte. Der Schönling lehnte im Türrahmen und stocherte mit einem Plastiklöffel in seinem Milchreisbecher. Dabei lächelte er unentwegt zu ihr herüber. Claudia drehte sich ruckartig um und setzte sich.

    Plötzlich fasste ihr jemand auf die Schulter. Erschrocken fuhr sie herum: „Herr Ahlert! Das ist ja eine Überraschung! „Hallo Frau Damarus. Ich wollte mich nur rechtzeitig anmelden, um Sie heute Abend zum Essen einzuladen. Passt das? Claudia verstand nicht: „Anmelden?"

    „Na hier sind etwa zwei Dutzend Männer im Raum, bevor sie nachher schon vergeben sind…"

    „Ich bin vergeben, aber ich nehme ihre Einladung gern an.

    „O.k., an der Bar, 18 Uhr."

    Sie nickte zustimmend und drehte sich um.

    Die übliche Vorstellungsrunde begann und als Claudia an der Reihe war bekam sie kein Wort heraus. Zwei Dutzend Augenpaare starrten sie an, bis Hoffmann sie rettete: „Na so einen schönen Namen würde ich auch nicht jedem verraten, Frau Kollegin! Vorsichtig erhob sie sich: „Claudia Damarus. Nach dem stockenden Anfang lief alles Weitere glatt und sie konzentrierte sich nur noch auf die Inhalte der Schulung. Deswegen war sie ja schließlich hier.

    Claudia hatte sich in der Mittagspause bewusst auf ihr Zimmer zurückgezogen und den Rest des Tages ohne weitere Vorkommnisse überstanden. Als sie jedoch am Abend den Schulungsraum verlassen wollte versperrte ihr einer der Herren den Weg. Er war kleiner als sie und seine Haare glänzten wie ein gut gewachstes Auto. Sein breites Lächeln gewährte ihr einen Blick auf strahlend weiße Zähne, aber aus seinem Mund kam nur Müll: „Na, Claudia Damarus. Willst du noch mit einem großen, starken Mann an die Bar gehen? Er legte seine rechte Hand um ihre Hüfte und Claudia spürte, wie die Wut in ihr hochkroch. Sie sammelte sich und setzte ein kühles Lächeln auf: „Werde erst mal erwachsen, Kleiner! Dann drehte sie sich um und verließ den Raum. Das Grölen der anderen Gewachsten konnte sie noch an der Bar hören, wo Herr Ahlert bereits auf sie wartete. Er unterhielt sich angeregt mit dem Kollegen, der sie vorhin aus der Bredouille gerettet hatte.

    „Herr Hoffmann, danke für ihren Einsatz heute Morgen. Sie reichte ihm die Hand und lud ihn zu einem Bier ein. Herr Ahlert sah verwirrt aus, bis ihn Hoffmann aufgeklärt hatten. „Sie haben aber auch wirklich einen schönen Namen, wiederholte Ahlert. Dann stand er auf und wies höflich auf den Restauranteingang. Bereits von weitem konnten sie das Stimmengewirr wahrnehmen. Das Restaurant war komplett überfüllt. Ahlert lachte: „Na Gott sei Dank, habe ich reserviert." Er ging vor und sie folgte ihm bis ans andere Ende des Restaurants, wo auf einer kleinen Erhöhung ein Tisch gedeckt war.

    „Ich habe Hunger. Nach den harten Verhandlungen heute, könnte ich ein halbes Schwein verspeisen. Wie war die Schulung, auch anstrengend? Er setzte sich und schaute sie an. „Viele Informationen auf einmal. Da qualmt schon mal der Kopf. Aber sehr interessant. Der Kellner unterbrach ihr Gespräch: „Haben die Herrschaften gewählt?"

    Ahlert sah ihn säuerlich an und erwiderte: „Schlecht möglich ohne Speisekarte."

    Mit einem genuschelten >Sorry< flitze der Ober davon. Sekunden später stand er wieder vor ihnen und als er sich entfernt hatte, sagte Ahlert: „Die Steaks sind hier klasse. Ich brauche jetzt Fleisch." Claudia entschied sich ebenfalls für ein Steak und lies sich dazu einen Salat bringen. Ahlert hatte nicht übertrieben, das Fleisch war sensationell. Bald waren Ihre Teller blank geputzt und sie bestellten noch ein Bier.

    „Wissen sie, dass sich viele von uns freuen, endlich mal eine Frau im Vertrieb zu haben." Er sah sie erwartungsvoll an.

    „Ach ja?, war das Einzige, was ihr dazu einfiel. Nach einem Moment des Schweigens fragte sie dann: „Warum?

    „Ich dachte schon, Sie fragen gar nicht mehr. Also, ich glaube, dass Frauen mehr auf den Menschen eingehen können. Dazu kommt, wenn Frauen dabei sind, benehmen sich die meisten Männer besser. Er schmunzelte. „Und schließlich gibt es hinter jedem noch so harten Einkaufsleiter, Geschäftsführer oder Prokuristen auch einen Menschen. Außerdem bin ich fest der Meinung, dass unser Team festgefahren ist, Standardgespräche, Standardangebote, einfach alles Standard. Ich habe gehört, dass Sie sich mit Prozessen in Unternehmen beschäftigen, also völlig anders an die Sache rangehen. Er schaute sie fragend an.

    „Richtig. Ich finde es wichtig, zunächst die Arbeitsweise zu hinterfragen, also warum benötige ich beispielsweise an jedem Arbeitsplatz einen Drucker. Erst dann wird ersichtlich, wer, wann, warum, wie viele Dokumente braucht und wohin diese verteilt werden müssen. Wenn man sich die angeblichen Bedürfnisse genauer anschaut, ist schnell klar, warum der Papierausstoß sich alle fünf Jahre auf der Welt verdoppelt. Das Papierhandling jedoch kostet die Unternehmen enorm viel Arbeitszeit."

    Ahlert starrte sie an und schwieg.

    „Alles ok?, fragte sie ihn. Er starrte immer noch. „Schmitz hatte recht, Mann, der hatte sooo recht. Sie werden für frischen Wind sorgen und den Kistenschiebern in der sechsten so richtig einheizen. Er schlug seine Hand auf den Tisch und lachte. Im selben Moment vernahmen sie ein >Shit< und sahen den Kellner flitzen. Er kam mit einem Lappen und einer frischen Tischdecke zurück. Erst jetzt begriffen sie, dass jemand am Nebentisch vor Schreck den Rotwein verschüttet haben musste, als Ahlert seine Hand auf dem Tisch geknallt hatte. Sie grinsten und prosteten sich zu.

    Nachdem der Einkaufschef die Rechnung beglichen hatte, lud er Claudia noch zu einem Absacker an die Bar ein. Mittlerweile glich der Raum einer gut gefüllten Bahnhofshalle, aber Ahlert zwängte sich bis zum Tresen vor und erschien bald danach mit zwei Gläsern Whisky. Dann gingen sie an den Rand des Vorraums, um sich besser unterhalten zu können. Hier war die Lautstärke zu ertragen und außerdem konnten sie noch zwei der azurblauen Samtsessel ergattern, die sie sofort in Beschlag nahmen.

    Leider währte die angenehme Situation nicht lange. Hoffmann winkte ihnen zu. Nach seiner Unterstützung heute Morgen hatte er sich zu einer Klette entwickelt und Claudia wurde bereits übel, wenn sie an das kommende Gefasel dachte.

    Schon stand er vor ihnen und strahlte sie an: „Na, da seid ihr ja. Trinkt ihr auch noch einen Absacker? Ahlert verdrehte die Augen: „Nee, wir trainieren nur unsere Handgelenke. Kuck. Und damit brachte er den Whisky im Glas zum Schwingen. Hoffmann sah ihn verdutzt an und Claudia nutze die Chance sich zu verabschieden.

    Nach zwölf Tagen war Claudia froh, endlich wieder zu Hause zu sein. Sie genoss mit ihrer Familie das erste vorweihnachtliche Wochenende und alle ließen es sich richtig gut gehen, Mary mit heißem Kakao und ihre Eltern mit duftendem Glühwein.

    Leider gingen die Tage viel zu schnell vorbei und Claudia sah sich bereits in ihrem alten Opel wieder auf der Autobahn Richtung Norden hetzen. Lange würde die Kiste das sicher nicht mehr durchhalten. Das war ihr klar. Ihr Chef hatte sie deshalb schon angesprochen: „Mit dem Schinken können sie nicht zum Kunden fahren. Sie kriegen doch eine saftige Monatspauschale. Kaufen Sie sich mal was Vernünftiges, sonst denken unsere Kunden noch, dass wir kurz vor dem Konkurs stehen." Sie konnte sich noch gut an sein breites Grinsen erinnern und hatte sich fest vorgenommen, in dieser Woche die Sache anzugehen.

    Als sie um 7.30 Uhr ins Büro kam war es noch sehr leer in den Räumen. Nur Herr Petersen saß bereits an seinem Platz. Sein schwarzer Schreibtisch war wie immer pikobello aufgeräumt. Claudia ging direkt auf ihn zu: „Guten Morgen Herr Petersen, haben sie kurz Zeit für mich? „Moin, moin Frau Kollegin. Was gibt’s denn? „Ich muss mir einen neuen Wagen kaufen oder besser einen neuen Gebauchten. Gibt es eine bestimmte Regelung, welche PKWs in unsrem Job angemessen sind?"

    Petersen lehnte sich genüsslich in seinem neuen Bürosessel zurück. Er hatte ihn gerade aus der Ausstellung erstanden, als diese umgebaut worden war. Seitdem erklärte er jedem wehrlosen Besucher die Vorteile dieses Wunders der modernen Bürotechnik. Er stand auf, streichelte verliebt die verchromte Lehne seines Schmuckstücks und atmete tief ein: „Na ja, Vorgaben gibt es nicht direkt. Allerdings repräsentieren wir die Firma, eine sehr erfolgreiche Firma. Da können sie nicht mit einer Schüssel aufkreuzen. Er verschränkte seine Arme vor der Brust und atmete wieder tief ein: „Ich fahre ja seit Jahren BMW, Z3, klasse Wagen und sehr repräsentativ. Das ist für sie als Einsteiger natürlich viel zu teuer. Aber ein Mercedes C Klasse oder ein Audi A4 wäre doch was für sie. Claudia schluckte. So was Ähnliches hatte Schmitz auch schon erwähnt und die meisten ihrer Kollegen fuhren sogar Wagen eines noch größeren Kalibers. Na, das würde ja noch lustig werden. Petersen sah sie fragend an. Als Claudia sich von dem Schock erholt hatte fragte sie ihn: „Wie hoch ist die monatliche Pauschale derzeit eigentlich?"

    „570 Eu! Er lehnte sich wieder bequem in seine Bürosessel und erhob seine Zeigefinger: „Netto natürlich!

    „O.k.", dachte sie, „damit kann man was anfangen. Nach Feierabend wollte sie sich mal umsehen.

    Schmitz kam pfeifend ins Büro. Als er Claudia sah, steuerte er direkt auf sie zu: „Na, alles frisch Damarus? Alles frisch?" Sie nickte nur, weil sie gedanklich immer noch bei ihrem bevorstehenden Autokauf war.

    „Was ist los? Sie sind doch nicht etwa krank?!"

    Erschrocken fuhr sie zusammen: „Äh, nein, natürlich nicht. Ich war nur in Gedanken, habe grad Herrn Petersen über PKWs ausgefragt. Ich will mich in nächster Zeit mal umsehen. Der alte Opel macht es nicht mehr lange. Er legte ihr die Hand auf die Schulter: „Wenn sie mich fragen, ist der schon lange tot. An sein Lächeln hatte sie sich bereits gewöhnt und fand es inzwischen sogar halbwegs erträglich. Jetzt aber erschien es ihr völlig deplatziert. Die alte Kiste war ihr schließlich über die Jahre ganz schön ans Herz gewachsen. Sie drehte sich um.

    Schmitz schien verunsichert und folgte ihr bis zum Schreibtisch: „Mann, Damarus, mit der Monatspauschale können sie doch locker einen Gebrauchten finanzieren. Wo ist das Problem? Sie zuckte nur mit den Schultern. Er legte wieder seine Hand auf ihre Schulter: „So, jetzt gebe ich ihnen mal eine Dienstanweisung. Sie fahren jetzt los und klappern in der Gegend alle Autohändler ab. Montag ist eh ein Scheißtag für den Vertrieb. Ich will sie hier heute nicht mehr sehen, klar! Er boxte sie leicht an die Schulter: „Audi wäre gut." Damit drehte er sich um und steuerte sein Büro an.

    Sie stand noch einen Moment da, um sich zu sammeln, bis Petersen sie ansprach: „Da haben sie wohl ein Stein im Brett bei Schmitz." Wortlos packte sie ihre Sachen und ging.

    Auf dem Parkplatz angekommen musterte sie ihren Opel, strich ihm über die Kotflügel und lächelte: „Na dann schicken wir dich mal in Rente, mein Alter." Sie stieg ein und fuhr nach Hause.

    Claudia setzte sich in ihr Kellerbüro, das ihr Mann liebevoll für sie eingerichtet hatte, schaltete den PC an und wartete bis er endlich hochfuhr. „Der müsste eigentlich auch in Rente gehen", sagte sie laut und ging in die Küche. Zeit, sich erst einmal einen Kaffee zu machen.

    Vorsichtig jonglierte Claudia ihre Tasse die steile Kellertreppe hinunter. Als sie das Büro betrat, musste sie unwillkürlich an Petersen denken, der an seinem blankpolierten Schreibtisch seine Stifte in Reih und Glied sortierte. Ihre Schreibtische waren zwar nicht mehr ganz neu, aber sie erfüllten ihren Zweck und ihr Büro war gemütlich. Der PC war inzwischen hochgefahren, ihre Recherche konnte beginnen. Claudia gab zunächst die Wunschmarke ihres Chefs ein und war erstaunt, wie wenige Audi-Händler es in der Gegend gab.

    Ein wohliges Gefühl der Vorfreude umgab sie und sie startete ihren Wagen.

    Ihre erste Station war ein kleiner Gebrauchtwagenhändler, der sich auf drei Marken spezialisiert hatte, Mercedes, BMW und Audi. Sie parkte den Wagen in einer Nebenstraße und lief die hundert Meter zurück. Als sie über den Platz schlenderte kam ein junger Mann aus dem Containerbüro: „Guckst du nur oder wollen du kaufen? Er ging einmal um sie herum und grinste. Schleimiges Arschloch, dachte sie und ging weiter. Er folgte ihr. „He, was is Frau? Ohne sich umzudrehen verließ sie mit schnellen Schritten den Platz. Gott sei Dank hatte sie in der Nebenstraße geparkt, so dass der Typ sie nicht weiter verfolgen konnte. Als sie im Auto saß war sie erleichtert. „Na das fing ja gut an. Am besten, ich fahre gleich ins Zentrum. Sie programmierte ihr Navi und fuhr los. Schon von weitem sah sie den geflaggten Vorplatz des Händlers und fand sofort einen Parkplatz. Als Claudia Richtung Gebrauchtwagenzentrum ging

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