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... und immer kommt das Glück
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eBook305 Seiten4 Stunden

... und immer kommt das Glück

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Über dieses E-Book

…und immer kommt das Glück.

Um wichtige Projekte voran zu bringen, braucht der unscheinbare Baron von Steffen die Hilfe einer Frau und er lässt sich auf einen äußerst merkwürdigen Deal ein.
Johanna ist die Frau, die für einige Monate an der Seite des Barons stehen soll. Sie bringt sein Leben gehörig durcheinander und sorgt für Überraschungen.

Eine zauberhafte Geschichte die zeigt, dass es für das Glück nie zu spät sein kann.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum16. Dez. 2019
ISBN9783749794775
... und immer kommt das Glück
Autor

Karin Hildebrandt

Karin Hildebrandt lebt und arbeitet in Aachen. Ihre schriftstellerische Arbeit umfasst Gedichtbände und Romane unterschiedlicher Genres. Immer wieder gelingt es der Autorin in feinsinniger und humorvoller Weise, das Augenmerk des Lesers auf sich selbst und das Leben im Besonderen zu richten.

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    Buchvorschau

    ... und immer kommt das Glück - Karin Hildebrandt

    Verrückte Ideen

    Wogen finsterer Götterdämmerung tönen in perfektionierter Quadrophonie durch die Gemäuer von Schloss Herken. Das einzige Moderne in diesem Schloss scheint auf dem ersten Blick ein CD-Player zu sein, aus dessen Lautsprechern Richard Wagners düstere Musik schallt.

    Überhaupt alles an diesen unwirtlichen Ort ist düster und trotz dem draußen in der Natur bereits der Frühling in den Startlöchern steht, ist es in Herken kalt. Ungemütlich dunkle und schwere Vorhänge lassen die ersten warmen Sonnenstrahlen in diesem Jahr nicht in die Räume und dem Hausherrn scheint es nichts auszumachen, ihn beschäftigen andere schwerwiegendere Angelegenheiten.

    Baron Paul von Steffen steht mit geballten Fäusten und gerunzelter Stirn am Fenster und starrt hinaus.

    Alles hat er kommen sehen und ausreichend Zeit sich auf alles mental vorzubereiten, doch trotzdem fühlen sich näherkommende wichtige Termine an, wie ein Schlag in den Nacken.

    Schon im Hochsommer diesen Jahres soll das große alljährliche Familientreffen, anlässlich des 50. Geburtstages seines Besitzers auf Schloss Herken stattfinden. Niemanden wollte er dazu einladen, doch seine Schwester Isolde überredete ihn, groß zu feiern. Nichts, aber auch nichts kann er ihr abschlagen und im Nachhinein ärgert er sich mächtig darüber.

    Es werden nähere und auch entfernte Verwandte erwartet, die Paul schon jahrelang nicht mehr gesehen hat, denn die letzten zehn Jahre hat er jegliche Treffen auf anderen Schlössern abgesagt. Er ist ein Einzelgänger und will es auch bleiben.

    Gemieden hat er die Familienfeiern der letzten Jahre auch, um den bohrenden Fragen einiger Familienmitglieder zu entgehen. Die meisten der Gäste haben durchaus akademische Ausbildungen, was sie aber nicht daran hinderte äußerst dumme Fragen wie… > Na Paul, hast du nun eine passende Baronin für dein Schloss im Wald gefunden? < …zu stellen und alles ins Lächerliche zu ziehen.

    Paul hatte keine Lust mehr, sich das anzutun und verzichtete in der Vergangenheit auf solche Familientreffen. Doch dieses Mal konzentriert sich der ganze Verwandtschaftszirkus auf Schloss Herken und er muss seinen Geburtstag wohl oder übel mit der ungeliebten Familie feiern.

    So ein Fest ist mit arbeitsreichen Vorbereitungen verbunden, mit denen man eigentlich beginnen sollte, doch bisher existiert nur eine Gästeliste. Paul beschäftigt sich lieber mit seiner Arbeit und der Politik, die in seinem Leben nun eine größere Rolle spielen soll. Er will auf kommunaler Ebene mehr Einfluss gewinnen und die oft verschlungenen Wege der Kleinstadtpolitik besser verstehen. Dafür öffnet er sich der Gesellschaft ein wenig mehr, denn sein Ruf ist nicht der Beste. Der stille, meist sehr in sich gekehrte Baron wirkt in der Öffentlichkeit arrogant und unnahbar. Sicher respektiert man die über viele Jahrhunderte ansässige Aristokratie und die vom Baron vorbildlich geleistete Arbeit, doch wirklich sympathisch ist er weder den Dorfbewohnern noch den Bürgern der nahen Stadt.

    Paul von Steffen ist nicht unbedingt das, was man als attraktiv bezeichnen könnte. Etwas Übergewicht, schütteres Haar und eine Narbe im Gesicht, die von einem früheren Reitunfall stammt, bestimmen sein Aussehen und er weiß es selbst.

    Früher, als er noch jünger und allen Menschen um sich herum ein wenig offener war, brachte sein Antlitz bei eventuellen Kandidatinnen für den Posten einer Baronin in seinem Schloss eher Ablehnung und irgendwann spürte er durchaus, dass nur sein Geld ein Anreiz für so manche Frau war, in seinem Leben eine Rolle zu spielen. Schon lang hat er den Glauben an eine romanische Liebe im Schloss und ein glückliches Familienleben aufgegeben.

    So hat sich Paul von Steffen intensiv und sehr erfolgreich auf seine Arbeit konzentriert. Es geht ihm immer noch darum, das wunderschöne, sehr außergewöhnliche Anwesen und die weitläufigen, dazugehörigen Ländereien zu erhalten und gewinnbringend zu bewirtschaften, was ihm auch gelingt. Nicht nur die Wälder um Herken vermarktet er gut und nachhaltig, sondern auch eine kleine Glashütte, die sehr spezielles Glas herstellt, hat er wieder ins Leben gerufen und eine gewinnbringende Marktlücke hierfür entdeckt. Ein großes, bestens ausgelastetes Sägewerk gehört obendrein dazu.

    Viele Leute in Marktwenden, dem Dorf nahe dem Schloss sind dem Baron immer noch in Dankbarkeit verbunden, denn er hat ihnen wohnortnahe Arbeitsplätze verschafft. Paul von Steffen versteht das als seine Pflicht. Eine Verpflichtung die seine Herkunft, sein Name und sein Besitz mit sich bringen.

    Wohltäter ist er jedoch kaum. Pflichterfüllung stellt er über alles und den Kontakt zu den Menschen meidet er bisher. Um ihn herum arbeiten nur Juri, der aus Russland stammende Butler, Leibwächter und Chauffeur in einem, und zwei Haushälterinnen aus dem Dorf, die dreimal die Woche im Schloss saubermachen. Mit den zum Unternehmen gehörenden Holzarbeitern, den Pferdepflegern, Gärtnern, oder den Mitarbeitern der Glashütte und dem Sägewerk pflegt er nur den notwendigsten Kontakt. Es ist dabei sicherlich nicht eine gewisse Arroganz, die dieses Verhalten erklären könnte. Wohl eher eine Art von Gewohnheit, die die Einsamkeit mit sich bringt.

    Für das leibliche Wohl sorgt der Baron durchaus auch mal selbst. Er liebt es zu kochen, Literatur und Kunst gehören ebenso zu seinen Hobbys und als Kunstsammler pflegt er gute Kontakte zu einigen Galeristen in Berlin, Paris und London.

    Immer noch starrt der Baron aus dem Fenster, obwohl die CD längst verklungen ist und sich eine beängstigende Ruhe breit macht. Er blickt in Richtung der Pferdeställe und sieht die kürzlich renovierten Gesindehäuser, die in einem zarten Gelbton in der untergehenden Sonne leuchten und die in einigen Monaten als Gästehäuser für die vielen Verwandten dienen sollen. Im Schloss selbst will Paul niemanden haben. Noch nicht mal Isolde und ihre Familie.

    So in Gedanken bemerkt Paul den schwarzen SUV seines besten und einzigen Freundes und Anwalts Richard Sennefeld, der gerade die Allee zum Schloss herauffährt. Die beiden Männer sind befreundet, seit Richard mehrere wichtige Prozesse im Sinne von Baron von Steffen gewonnen hat. Auf den Rat des um einige Jahre jüngeren und äußerst gutaussehenden Anwalts möchte Paul nicht verzichten und so ist Richard der Einzige, der den Baron hin und wieder in seinem Zuhause besucht.

    Richard Sennefeld ist ein versierter und gerissener Anwalt, der wenn nichts mehr geht, durchaus mal sein gutes Aussehen in Justizia`s Waagschale wirft. Unzählige Prozessgegnerinnen und auch gegnerische Anwältinnen konnte er mit seinem Charme einwickeln, und kehrte oft laufende Prozesse in seinem Sinne um.

    Paul von Steffen missbilligt solche Strategien seines einzigen Freundes, doch er vermeidet es sich generell einzumischen. Die Gespräche über Kunst, Literatur und Politik, die die Männer meist bei gutem Essen, gekocht vom Hausherrn selbst führen, sind jedoch immer eine Bereicherung in Pauls Leben. Oft die einzige Bereicherung.

    Der Baron hört nicht die Glocke am Portal des Schlosses. Wahrscheinlich hat Juri den Anwalt bereits entdeckt und ihm die Tür geöffnet. Durch die offene Tür seines Arbeitszimmers im ersten Stockwerk vernimmt Paul die Stimme seines Freundes:

    „Tag Juri, wie geht es ihnen." Steif nimmt der Buttler dem Gast den Mantel ab und antwortet in akzentfreiem Hochdeutsch:

    „Danke der Nachfrage, es geht. Der Herr Baron befindet sich im Arbeitszimmer." Es ist nicht notwendig für Juri, Richard ins Arbeitszimmer seines Herrn zu begleiten, er kennt sich sehr gut aus im Schloss.

    Schlank und adrett, im maßgeschneiderten Dreiteiler nimmt Richard Sennefeld sportlich die große Treppe in das obere Stockwerk, wo sich unter anderem Arbeits-, Wohn-, Herren- und Schlafzimmer des Hausherrn befinden. Einen langen Gang entlang, der durch sein hochglänzendes, kunstvoll verlegtes Parkett auffällt, schlendert Richard in Pauls Arbeitszimmer. Seine Augen müssen sich erst an die düstere Atmosphäre gewöhnen, ehe er den wuchtigen Schreibtisch, die raumhohen Regale voller Bücher und Ordner und die um einen kleinen runden Tisch angeordneten Clubsessel klar sieht.

    „Guten Tag Paul… meine Güte, wie hältst du diese Finsternis hier überhaupt aus, Da bleibt einem ja gar nichts anderes übrig, als depressiv zu werden. Kalt ist es außerdem."

    Die beiden Männer schütteln sich die Hände.

    „Hallo Richard, mir macht es nichts aus, ich bin es gewohnt. Außerdem könnte ich mich nicht erinnern, jemals depressiv gewesen zu sein. Aber was nicht ist, kann noch werden, wenn ich an das denke, was auf mich zukommt…"

    Resigniert lässt sich Paul in einem der Sessel fallen und auch Richard setzt sich. Inzwischen ist Juri eingetreten und die Männer lassen sich Kaffee bringen. Richard kommt sofort zum Punkt.

    „Ist es das, was dich beschäftigt? Hast du mich deshalb angerufen?"

    Paul betrachtet Richard, der lässig in seinem perfekt sitzenden Anzug in einem der Clubsessel sitzt, unverschämt grinsend die makellos weißen Zähne zeigt und die betörend blauen Augen blitzen lässt.

    Gegenüber dem smarten Anwalt, sieht Paul mit abgetragener Jeans, einem älteren jagdgrünen Hemd und einer Strickjacke darüber fast heruntergekommen aus.

    „Ja, dieses Familientreffen liegt mir wirklich sehr im Magen. Mittlerweile leide ich an Schlafstörungen und je näher der Festtermin kommt, desto mehr verabschiedet sich mein Appetit."

    „Was dir auch nicht schadet, lieber Freund", meint Richard immer noch grinsend. Paul schnaubt verächtlich:

    „Von wegen. Ein gutes Essen zu genießen und es vorher zuzubereiten ist meine wahre Freude. An sich habe ich keine Lust darauf zu verzichten und deshalb muss etwas geschehen!"

    Richard sieht seinen Freund fragend an.

    „Irgendwie kann ich dir nicht folgen. Was meinst du damit? Willst du die ganze Sache abblasen? Das wäre nicht sehr diplomatisch und obendrein noch sehr unhöflich."

    „Pah! –winkt der Baron mit einer unwirschen Handbewegung ab- „Mir ist doch vollkommen egal, was meine Verwandtschaft von mir denkt. Ich höre sie schon sagen. >Sag mal Paul, jetzt bist du 50. Willst du nicht doch noch eine Familie gründen<, bla bla bla…

    Richard wird ernst und zieht nachdenklich seine Stirn in Falten.

    „Hm, du könntest sie schockieren und an deinem Ehrentag einfach heiraten. Deine Schwester Isolde würde aus allen Wolken fallen. Ich würde ihr das gönnen. Wie du weißt, kann ich sie nicht leiden und ihr hast du dieses Fest und die damit verbundenen Schwierigkeiten auch zu verdanken. Vergesse das nicht."

    Paul von Steffen nickt betreten. Er weiß, dass sich Isolde und Richard nicht leiden können, obwohl sie sich nur ein einziges Mal vor vielen Jahren gesehen haben und resigniert antwortet er auch auf die Aussagen des Freundes.

    „Ich soll heiraten? Wen soll ich denn heiraten? Wo bitte soll ich bis September eine Frau auftreiben? Und noch dazu eine die zu mir passt."

    Richard beginnt das Gespräch zu amüsieren.

    „Wir haben März. Bis September ist noch eine lange Zeit. Da haben Andere in kürzerer Zeit eine passable Frau aufgetrieben. Wie soll sie denn sein, die zukünftige Baronin von Steffen?"

    Der Baron beginnt ernsthaft zu überlegen. Bisher gab es nie einen Anlass, sich darüber Gedanken zu machen, aber wenn das Gespräch schon mal darauf hinaus geht…

    „Na ja, sie sollte nicht zu dick und auch ja nicht mager sein. Ein Hungerhaken hält nichts aus und sie sollte schon ein wenig mitarbeiten können. Nicht zu groß und nicht zu klein sollte sie sein und keinen Alkohol trinken, zumindest nicht bis zum Exzess. Außerdem wäre eine Nichtraucherin auch gut. Ach ja, ein hübsches Gesicht ist ein Muss, denn ich bin ja gezwungen sie den ganzen Tag anzusehen. Außerdem wäre es hilfreich, wenn sie sich mit Pferden und Betriebswirtschaft ein wenig auskennen würde. Ein wenig Intelligenz schadet demnach nicht."

    Richard wirft laut lachend den Kopf zurück, während Juri den Kaffee serviert. Erst als der Buttler wieder das Zimmer verlässt, spricht Richard:

    „Mein lieber Freund, deine Liste ist ja ziemlich lang. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir jemanden finden, auf dem all diese Attribute passen. Und du bist eindeutig zu wählerisch. Ich werde eine Frau für dich suchen, aber zuerst müssen wir dich ein wenig aufmöbeln."

    „Was??? – Paul denkt, sich verhört zu haben- „Ich soll mich aufmöbeln? Ich finde mich vollkommen in Ordnung, so wie ich bin. Wieso in Gottes Namen sollte ich mich verändern? Wegen einer Frau? Das kommt gar nicht in Frage! Richard wiegelt lachend ab:

    „Jetzt bleib mal ruhig, niemand will dich verändern. Ich gebe am Samstag eine Party in meiner Wohnung und du bist eingeladen. Ich weiß, du gehst nicht gern auf Partys und du warst auch nie auf einer meiner Partys, aber jetzt ist es einfach notwendig. Du wirst dich eben aufraffen müssen. Natürlich werden viele Frauen da sein. Da kannst du dich in Ruhe umsehen. Es schadet nicht, im perfekten Outfit zu erscheinen. Notfalls gehen wir einkaufen. Nur falls dein Kleiderschrank nichts Adäquates hergibt."

    Paul runzelt die Stirn:

    „Du meinst das ernst, nicht wahr?"

    Wieder blitzen Richards Augen auf und ein breites Grinsen folgt.

    „Erst wollte ich einen Scherz machen, doch je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir diese Idee. Wann hattest du deine letzte Freundin?"

    Jetzt wird Paul verlegen. Er windet sich in seinem Sessel und räuspert sich, ehe er Richard ausweichend antwortet:

    „Ehrlich gesagt, halte ich diese Idee für nichts anderes, als einen schlechten Scherz. Wir müssen uns etwas anderes ausdenken. Vielleicht sollte ich an meinem Geburtstag wegfliegen. Geschäftsreise nach Amerika vielleicht."

    Wieder grinst Richard:

    „Was hast du denn für Geschäfte in Amerika zu tätigen? Außerdem hast du meine Frage nicht beantwortet."

    „Keiner muss wissen, dass ich in Amerika nichts Geschäftliches zu erledigen habe. Und an meine letzte Freundin kann ich mich nicht erinnern. Wahrscheinlich hatte ich gar keine."

    Pauls Tonfall wird leise und fast ein wenig traurig bei seinen letzten Worten. Richard starrt seinen Freund überrascht in die Augen.

    „Du hattest nie eine Freundin? Was war in deiner Studienzeit? Und was ist mit deinen sexuellen Aktivitäten."

    Paul von Steffen windet sich wieder verlegen und äußerst unruhig, wenn nicht sogar ein wenig ärgerlich in seinem Sessel, während Richard ihn noch immer unbeeindruckt anstarrt.

    „Nein verdammt, ich hatte nie eine Freundin, was nicht heißt, dass ich nicht schon mal mit einem Mädchen geschlafen habe. Aber es ist lang her und jetzt in meinem Alter habe ich keine Lust mehr, wieder damit anzufangen. Und falls das deine nächste Frage sein sollte… ich bin nicht schwul, auch wenn sich die Leute im Dorf darüber das Maul zerreißen."

    Richard steht auf.

    „Entschuldige Paul, ich wollte dich nicht kränken. Nie habe ich vermutet, du könntest schwul sein und wenn es so wäre, wäre es mir auch völlig egal. Aber umso dringender muss nun eine Frau her. Zumindest für eine gewisse Zeit. Wir müssen der Gerüchteküche den Garaus machen, noch vor der Familienfeier, deinen politischen Vorhaben und weiteren Projekten. Sonst verlierst du an Glaubwürdigkeit und kannst bei den doch sehr konservativen Dorfbewohnern nicht punkten. Ich glaube, es ist wirklich nicht ratsam, dich lebenslang an eine Frau zu binden, aber für die nächste Zeit, sagen wir bis kurz nach deinem Geburtstag… Das Ganze muss gut geplant und durchdacht werden."

    Ernst und konzentriert, wie er es in Ausübung seiner Tätigkeit als Anwalt gewöhnt ist, geht Richard im Raum auf und ab. Brummend winkt Paul ab und sieht seinen Freund erstaunt an:

    „Was denkst du dir jetzt wieder aus. Wie soll ich an eine Frau für ein paar Monate kommen? Welche Frau soll das machen? Das Ganze wird doch immer verrückter!"

    Ernst setzt sich Richard wieder und beginnt mit wachsender Begeisterung seinen Freund die eben ausgedachten Ideen zu erklären:

    „Nein nein, so verrückt ist das alles gar nicht. Es gibt genug Frauen, die bereit sind so etwas zu wagen, für ungefähr ein halbes Jahr, oder die paar Monate bis nach deinem Geburtstag. Du musst es nur lukrativ genug gestalten. Obendrein werde ich eine Verschwiegenheitserklärung ausarbeiten, die sie unterschreiben muss. Danach wird sie ein paar Mal mit dir ausgehen und später hier übernachten. Natürlich müsst ihr das Spielchen durchaus auch vor Juri und dem sonstigen Personal spielen. Bald wird in der Stadt und im Dorf jeder wissen, dass du eine Freundin hast. Sie könnte dir auch bei der Durchführung des Familienfestes helfen und ihr habt im Vorfeld schon genügend Zeit, das gemeinsame Leben zu üben. Was hältst du davon?"

    Richard ist begeistert von seiner Idee, Paul hingegen fast ein wenig entsetzt.

    „Sie soll für die Zeit hier einziehen? Aber ich bin es gewohnt alleine zu leben und eher ein langweiliger Zeitgenosse. Und ich bin es gewohnt alleine zu schlafen. Was ist, wenn sie mehr will?"

    „Paul, wir haben einen Vertrag, an den sie sich halten muss und wenn sie mehr will, dann genieße es. Was ist daran falsch. Du bist niemanden Rechenschaft schuldig und kannst schlafen mit wem du willst, oder eben nicht."

    „Was machen wir, wenn sie sich nicht an den Vertrag hält und damit alles rauskommt. Dann bin ich doch der Blamierte. Damit ist mein Ruf dahin. Ich mach mich doch zum Gespött der ganzen Stadt."

    Langsam macht sich eine gewisse Panik in Pauls sonst so ausgeglichenem Gemüt breit.

    „Was heißt hier, du machst dich zum Gespött der Leute. Was glaubst du, was die Leute schon jetzt, oder deine Gäste im September sagen, worüber sie spekulieren? Jetzt schon brodelt die Gerüchteküche über den eigenartigen Baron, der hoch oben auf seinem Schloss mit einen noch eigenartigeren russischen Buttler lebt. Denkst du, du kannst dich aus der Affäre ziehen, indem du dich kaum im Dorf oder in der Stadt zeigst, mit den Menschen kaum sprichst und dich ansonsten hier unter Büchern, Kunstwerken oder Kochtöpfen versteckst? Es wird Zeit, etwas zu unternehmen und dein Geburtstag und dieses ominöse Fest ist eine gute Gelegenheit. Danach wird der Spuk vorbei sein, du kannst dein altes Leben wieder leben und du hast von allen wieder den Respekt, den man früher auch deinem Vater gezollt hat."

    Richard muss Luft holen, aber Paul sagt kein Wort mehr. Er reibt sich nachdenklich die Stirn und fragt seinen Freund nach einigen stillen Minuten leise:

    „Was muss ich tun? Welche Schritte sollen jetzt unternommen werden?"

    Richard lächelt

    „Zuerst einmal werde ich mir überlegen woher wir die Frau bekommen, die du brauchst. Das heißt, ich werde meine Klienten Dateien durchforsten. Dann werde ich einen Vertrag mit Verschwiegenheitsklausel ausarbeiten. Du wirst 20 000 Euro auf eines meiner Depotkonten überweisen. 10 000 Euro gibt es für die Frau sofort nach Unterzeichnung des Vertrages, den Rest nach Erfüllung des Vertrages. Auf meine Party werde ich einige Frauen, die für dich in Frage kommen einladen. Sollte dir eine davon gefallen, werde ich prüfen, inwieweit die Frau mit unseren Bedingungen einverstanden ist, ohne wirklich viel im Vorfeld zu verraten."

    Paul steht auf, geht zu einem kleinen Beistelltisch auf dem sich eine Karaffe mit bernsteinfarbener Flüssigkeit und Gläser befinden.

    „Ich glaub, ich brauch jetzt was Härteres. Ich muss erst mal verdauen, was du dir da ausgedacht hast. Ich muss dir als meinen Anwalt vertrauen, dass das was du da tust, auch mit rechten Dingen zugeht. Sowohl gesetzlich, als auch moralisch. Möchtest du auch einen Whisky?"

    Richard verneint und geht lächelnd auf seinen Freund zu. In seinem Gesicht ist jedoch kein Funken an Spott zu bemerken. Vielmehr ist es ein aufrichtiges und freundliches Lächeln.

    „Mach dir keine Sorgen. Du wirst sehen, die Geschichte wird dir sogar Spaß machen. Ich werde noch heute anfangen, alles in die Wege zu leiten. Und morgen Abend komme ich zu dir und wir essen gemeinsam. Dann werde ich dir von meinen Fortschritten berichten. "

    Nur zehn Minuten später sitzt Paul Baron von Steffen allein resigniert in seinem Arbeitszimmer. Er weiß, es ist schwierig Richard von etwas abzubringen, wenn er von der Sache an sich begeistert ist. Wohl ist Paul nicht, aber die Lawine ist losgetreten und diese Lawine beschert dem Baron nun weitere schlaflose Nächte.

    Begegnung mit Folgen

    „Leila!!! Würden sie mir helfen? Ich brauche eine Leiter um das Banner aufzuhängen. Ich glaube, hier an dieser Säule kann ich es gut befestigen."

    Das angesprochene junge Mädchen Namens Leila macht sich sofort auf den Weg eine kleine Leiter zu holen. Um diese Leiter gebeten hat Johanna Jennings, eine Kinderbuchautorin, die hier im großen Einkaufszentrum der Stadt zwischen Parma Schinken, Leberwurst, Dreirädern und Sandspielförmchen für Kinder eine Signierstunde geben muss. Dieses Ereignis ist schon intensiv beworben worden und es kann auch nicht abgesagt werden, auch wenn sich Johanna nicht sehr viel davon verspricht.

    Der Standort der Signierstunde ist nicht unbedingt gut gewählt, denn es wabert in Abständen immer wieder der doch sehr intensive Geruch der naheliegenden Käseabteilung herüber.

    Johannas Geschichte in ihrem Buch handelt von Veli dem Fisch, der viele Kilometer schwimmt um seinen Fluss zu erforschen, eine durchaus lehrreiche Geschichte. Lukrativer waren doch immer noch die weniger lehrreichen Kinderbücher, die unglaublichen und bunten Geschichten voller Fantasie und Magie.

    Seufzend sieht sie auf, als Leila eine riesige Leiter heranschleppt. Eine andere war anscheinend nicht aufzutreiben. Mit vereinten Kräften wird das riesige, etwas wackelige Ding aufgestellt und Leila gleich darauf zur Kasse gerufen.

    Unwohl fühlt sich Johanna schon, denn sie muss mit ihren 48 Jahren noch auf diese Leiter klettern. Das Alter macht ihr dabei gar nicht so viel aus, aber sie trägt ein enges blaues, nicht allzu langes Kleid und passende High Heels dazu. Dieses Kleid unterstreicht in fast unerhörter Weise ihre kurvige Figur und die hohen Schuhe lassen sie größer wirken. Für eine Signierstunde ist sie ohne Zweifel zu elegant gekleidet, aber sie hat noch am Nachmittag einen Termin bei ihrem Anwalt, um ihre laufenden Verträge zu besprechen.

    Entschlossen bläst Johanna sich eine Haarsträhne ihrer nicht zu kurzen dunklen Locken aus der Stirn und begibt sich mutig mit dem Banner in der Hand auf die Leiter.

    Eine Strippe des Banners hängt schon, als ihr ein ganz in schwarz gekleideter, attraktiver Mann ins Blickfeld

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