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Weinbergmond: Ein Kasselkrimi
Weinbergmond: Ein Kasselkrimi
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eBook209 Seiten2 Stunden

Weinbergmond: Ein Kasselkrimi

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Über dieses E-Book

Regionaler Krimi aus Nordhessen
In der Karlsaue wird ein abgetrennter Kopf gefunden. Die Ermittlungen beginnen in der Kasseler Südstadt und nehmen bald ungeahnte Ausmaße an.
Der Wiener Kommissar Gardner hat nicht mit einer Serie gerechnet, die alle zuvor gekannten Fälle in den Schatten stellen würde. Rätselhafte Ereignisse geschehen im Umfeld von Diana Neumann, die unweit des Weinberges arbeitet. Doch welche Rolle spielt die junge Bibliothekarin? Ein Krimidebüt rund um den Charme der Stadt Kassel.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum15. Apr. 2016
ISBN9783734521751
Weinbergmond: Ein Kasselkrimi

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    Buchvorschau

    Weinbergmond - Elisabeth Waterfeld

    Kapitel 1

    Medusenmord war der Titel, den Diana auf Seite eins der Regionalzeitung zwar ziemlich reißerisch fand, aber der sie immerhin aufhorchen ließ. Rein zufällig blickte sie auf die Schlagzeile der Zeitung, deren Horoskope sie bisher für das Informativste gehalten hatte. Etwas flau wurde ihr bei dem Gedanken an die Tat.

    Auf dem Rückweg von ihrer Arbeitsstelle hatte sie schon einige schräge Vögel getroffen, die sie angesprochen hatten. Nie hätte sie ihre Südstadt als sicheres Viertel bezeichnet, aber Mord schien ihr doch zu weit zu gehen. Wer sollte denn? Warum denn auf diese Art? Und hier in Kassel? Hier war allerdings schon einiges passiert, man denke nur an die Haltestelle, die jetzt „Halitplatz" hieß.

    Die Milch war eindeutig schlecht. Der plötzliche Wetterumschwung der subtropischen Hitze des Sommers zum Herbst - es war August - ließ auch in ihrem Frühstückskaffee einen sauren Geschmack zurück. Enttäuscht kippte Diana ihre Tasse in den Spülstein und zog sich beherzt ihren wärmenden Mantel an, den sie erst gestern aus der hintersten Ecke des Kleiderschranks gefischt hatte.

    Es fühlte sich fremd an, sich so abrupt umstellen zu müssen, war sie doch gerade erst von der Paristour zurückgekommen, bei der es noch lauschige fünfundzwanzig Grad Celsius gewesen waren. Die französische Lebensart und ihre Leichtigkeit waren kein Vergleich mit dem sturen Nordhessen, von dessen Einwohnern gern behauptet wurde, dass der einzige Ort an dem sie lachten, der Keller sei.

    Der Kater protestierte heftig, als sie den Schlüssel drehte. Moustache war gewöhnt an ein fürstliches Frühstück und wollte sich nicht mit Trockenfutter abspeisen lassen. Diana seufzte und widmete sich dann noch einmal der Zubereitung einer morgendlichen Mahlzeit für das Tier.

    „Ach, Dich haben wir wieder vergessen. Hier, mon chér, bitte zu Tisch. Schnell kippte sie den Inhalt einer „Schleckie-Dose in seinen Napf und verschwand danach im Dickicht des plötzlichen eingetretenen Herbstes.

    Die Kasseler Südstadt liegt sehr tief. Der Nebel steht entsprechend dicht und nur der Weinberg streckt sich in diesen Stunden aberwitzig hervor. Keine Autos oder Straßenbahnen sind zu dieser Zeit zu sehen und die Menschen kämpfen sich am Berghang vorwärts.

    Das imposante Gebilde des Weinberges wurde im Mittelalter für den Weinanbau genutzt, erfüllte später aber eher dekorative Zwecke. Sein Inneres ist nur wenigen zugänglich, denn das Betreten des riesigen Labyrinths, das der Bevölkerung im zweiten Weltkrieg als Bunker diente, ist mit vielen Gefahren verbunden. So genießen die Menschen lieber den Ausblick von oben und lassen sich im Sommer anlässlich ihrer Hochzeiten fotografieren.

    Diana hatte das schon mehrfach beobachtet und neidvoll zu den glücklich aussehenden Paaren heraufgesehen, die sich hier ablichten ließen. Ihre letzte Beziehung war ein Chaos gewesen. Aaron lebte in seiner eigenen Welt. Als Spezialist für IT-Lösungen hatte er sein Hobby eindeutig zum Beruf gemacht. So sah Diana irgendwann nur noch seinen Kopf vor dem flimmernden Bildschirm, ob nun beruflich oder privat. Sie hatten sich getrennt ohne jede Leidenschaft während und nach ihrer Beziehung.

    War eigentlich ein lieber Kerl gewesen. Was Aaron jetzt wohl machte? Ob sie das noch einmal herausfinden würde, blieb so unwahrscheinlich wie das Erscheinen der Sonne an diesem Tag.

    Diana zog ihren Mantel noch fester zu und verbarg ihr Gesicht fast bis zur Hälfte im Schal. Der Weg zur Murhardschen war zwar kurz, aber intensiv, weil sie vom Fuß des Weinberges vorbei am Krankenhaus zu ihrer Bibliothek laufen musste. Hier schien das Klima plötzlich zu wechseln oder Diana war nicht mehr fit genug, die Steigung ohne keuchen zu bewältigen, jedenfalls hatte sie auf der Höhe des kleinen Pavillons den dringenden Wunsch, sich sämtliche Kleidungsstücke vom Leib reißen zu wollen.

    Sie dachte an die Zeit mit Aaron und an die Tatsache, dass sie beide genug Fehler gemacht hatten. Ihre Untersuchungen für die Bibliothek und die Beförderung hatten Diana ziemlich mitgenommen. Als Bibliothekarin mit Master-Abschluss galt Diana gemeinhin als hochqualifizierte Kraft. Alle wussten das, aber die Aufstiegsmöglichkeiten waren eben gering und so arrangierte sie sich mehr schlecht als recht mit der Tatsache, dass sie das Archiv vermutlich bis zur Rente betreuen würde und dabei finanziell irgendwie auskäme.

    Sie ging noch zügiger, um von der Hitzewelle nicht wieder in eine Kaltfront zu geraten und so gelangte sie schließlich zu der alten Bibliothek, die bei dieser Witterung angenehm beleuchtet wurde.

    Kapitel 2

    Mensch Diana, wo bleibst Du denn, die Schneider macht mir die Hölle heiß! Die Frist läuft aus und Du bummelst seelenruhig in der Gegend herum"

    „Guten Morgen, die soll sich mal nicht so anstellen. Wir sind so gut wie fertig, nur noch die Reihe sechsundsiebzig fehlt."

    „Du hast echt Nerven." Mina Albrecht war ihr in den letzten Jahren eine gute Freundin geworden. Seit dem ersten Tag mochte sie die moderne, aber stets gehetzte Kollegin. Neben einem starken Hang zur Geschwätzigkeit war sie vor allem für ihre dramatischen Auftritte berühmt.

    Mittlerweile liebte Diana ihre Arbeit in der Murhardschen, nicht zuletzt wegen der alten Folianten, in die sie sich beizeiten vertiefen konnte. Bei ihrer Ankunft in Kassel hatte sie so wie viele eher einen schlechten Eindruck von der Stadt gehabt. Die alte majestätische Bibliothek war aber ein sicherer Hinweis darauf, dass sie sich für die richtige Stadt entschieden hatte. Das Gebäude existierte immerhin seit 1905 und gilt noch heute als namhaftes Archiv für geschichtliche Zeugnisse. Diana hatte sich im Studium auf das Altertum konzentriert und auf die Texte, die aus dieser Zeit überliefert waren. Schon immer hatte sie gern klassische Werke gelesen, hatte die Reise des Odysseus oder die Verwandlungen des Ovid mitverfolgt. Die Murhardsche besaß die Eigenheit, dass sie viele klassische Werke verwaltete und damit bei der Jobsuche in Dianas nähere Auswahl gekommen war.

    „Hier, die Sechsundsiebzig, bitteschön!" Mina wuchtete einen dicken Aktenordner vor Diana auf den Tisch, der unter Knallen eine erschreckend große Staubwolke aufwallen ließ.

    „Ja, stimmt. Da war noch was." Gedankenverloren begab sich Diana an die Vorbereitung einer Präsentation, die anlässlich eines längst ausstehenden Audits die alte Bibliothek ins rechte Licht rücken sollte. Ihre Vorgesetzte Frau Schneider hatte sie darum gebeten, in dieser Präsentation eine Inventur vorzunehmen und aufzuzeigen, dass in eine ISO-Anerkennung lohnenswert investiert wurde.

    Um den Auflagen der Universität Kassel gerecht zu werden, hing die alte Murhardsche immer etwas hinterher, galt aber als wichtiges Archiv für die gesamte Region. Daher hatte sie noch immer den Status als Bereichsbibliothek und man war gegenüber Fristen und Abgabeterminen entsprechend tolerant.

    Der Ordner der Nummer Sechsundsiebzig war gnadenlos vollgestopft worden mit alten Fotos, Dokumenten und Schnipseln aus der Zeit der beiden Kriege.

    „Hier ist ein altes Foto des Aschrottbrunnens, guck mal."

    „Ach, da hat man ihn noch gesehen." Die kleinformatige, vergilbte Abbildung hatte einen leicht gezackten Rahmen, wie er heute nicht mehr vorkommt und den Diana nun vorsichtig über ihre Fingerkuppe fahren ließ.

    Der Aschrottbrunnen am Rathaus wurde im zweiten Weltkrieg zerstört. In Gedenken an die Kriegszeit hatte man den Brunnen nun in die Tiefe gebaut. Vor dem Rathaus ist heute nur eine ebene Fläche zu sehen, durch die man das Wasser rauschen hört. Diana blätterte weiter.

    „Also hier sind Fotos historischer Stadtansichten. Ich schlage vor, ich scanne die interessantesten ein und ordne sie chronologisch, soweit sich das nachvollziehen lässt. Hier haben wir noch den Herkules und die alte Gegend um den Weinberg, sogar Zeichnungen vom Goethe-Elefant. Armes Tier!"

    „Wieso, hatte doch immer feinstes Futter und konnte sich den ganzen Tag die Sonne auf den Hintern scheinen lassen."

    „Aber der ist doch bei einem Sturz gestorben und war für einen Elefanten doch nun wirklich nicht alt."

    „Hach ja, jetzt zügel’ mal Deine Vorliebe für Dickhäuter, wir müssen noch zu Potte kommen."

    Bis Mittag hatten die Kolleginnen eine stattliche Sammlung alter Ansichten zusammengetragen. Die Stadt zeigte sich aus einer anderen Perspektive und ließ ahnen, welchen Schaden der Krieg angerichtet hatte. Eine Ablenkung kam Mina jetzt wie gerufen.

    „Hast Du Lust auf ’nen Kaffee in der Stadt? Unsere Plörre holt ja keinen hinter’m Ofen hervor."

    „Nein, nicht in die Stadt, ist mir zu viel los. Wollen wir zu Handren?"

    „Na gut, aber nur, weil er die beste Sauce jenseits von Euphrat und Tigris macht, ab geht’s."

    Diana war der Trubel der Innenstadt stets unangenehm. Zwar liebte sie das Bummeln in den Geschäften der Königsstraße, aber in letzter Zeit war ihr mehr nach Ruhe. Da kam ihr der Besuch bei ihrem Lieblingsdönerverkäufer gerade Recht. Sein kleiner Laden an der Frankfurter Straße war ihr seit ihrer Ankunft in dieser oft kalten Stadt wie eine Oase der Wärme erschienen. Handren bot regelmäßig orientalische Spezialitäten an, die teilweise er, teilweise seine Verwandten selbst zubereiteten. Gespickt mit einer fremd anmutenden Dekoration, die oft bis ins Kitschige reichte, war dies eine ganz andere, willkommene Welt, in der andere Regeln galten als in ihrer eigenen.

    Kapitel 3

    Die denken sich aber auch immer tollere Sachen aus, mhm, Meduusenmooord! Mann, wenn ich mal so schreiben dürfte, das wär’ was für mich." Mina hüpfte leicht auf ihren Absätzen nach oben, als wolle sie über etwas hinwegsehen. Diana konnte die schon von weitem die Schlagzeile. In einer Bäckerei lag die Zeitung zum Verkauf.

    „Meld’ Dich doch mal, Du kannst bestimmt anheuern."

    „Nee, aber ernsthaft, hast Du davon gelesen?"

    „Ja, heute morgen hatte ich’s im Kasten." Diana balancierte zwischen Hundekot und weiteren Abfällen zur Haltestelle. Mina war von der Schlagzeile ebenfalls beeindruckt, aber sie wusste, dass man Kassel auch als Pflaster, das nicht ohne war, bezeichnete.

    „Meinst Du wie im Fall der Gorgo?"

    „Ja, der hat ihren Kopf abgetrennt und es sollen Blindschleichen drin gewesen sein. Super Morgenpost, noch dazu mein Kaffee, der mit umgekippter Milch ekelhaft schmeckte. Lecker!" Zu sehen war auf Seite eins aber nicht die Leiche, sondern ein nicht minder erschreckendes Gemälde von Rubens, das seinerzeit schon für Aufsehen gesorgt hatte. Diana konnte sich daran erinnern, dass es eher als Kuriosität für interessierte Bürger, weniger als Hinweis auf die antike Geschichte dienen sollte.

    „Na, wenigstens haben sie kein Foto der echten Leiche reingestellt." Mina spannte rhythmisch ihren Schirm auf, denn es hatte zu nieseln begonnen. Die beiden Frauen stellten sich näher zusammen, um vom Schutz des Schirms eingefangen zu sein.

    „Eine Gorgo, einst die Schönste der Schönen, war sie doch die Geliebte des Poseidon. Tja, vielleicht kam mal wieder eine eifersüchtige Athene, der sie zu schön war und ihr gefährlich wurde?" Mina lachte nach ihrer Ausführung laut unter dem Schirm hervor und Diana nickte beeindruckt.

    „Höret, höret!"

    Unter lauten Bekundungen von Minas Stimmungsschwankungen und ihren Schilderungen der letzten Zeit in Bezug auf Männer betraten die beiden ausgelassen Handrens Lokal.

    „Meine Prinzessinnen, Euch hab’ ich ja schon ewig nicht mehr gesehen, Tee?" geschäftig kam Handren hinter seinem Tresen hervor und linste über eine kleine Brille. Insgeheim galt der junge Mann für Mina und Diana als Fang, den man sich angeln müsste. Er war gutaussehend, nett, höflich und führte einen florierenden Imbiss. Männer und ihre Widersprüche wurden ausschließlich von Mina thematisiert. Diana zeigte sich diesbezüglich eher verschlossen.

    Handren nahm die Kolleginnen freundlich in den Arm, wobei Mina nicht nur seine neue Brille, sondern auch das Parfüm auffiel.

    „Hey, was ist denn mit dir los? Hast Du eine Freundin?"

    „Ach, öfter mal was Neues. Meine Sehkraft lässt nach."

    „Steht Dir gut. Ein bisschen wie Clark Kent. Komm her, mein Supermann!" Handren bot den besten Döner der Stadt an, obwohl er ihn selbst in seiner Heimat nie so angerichtet hätte. Man musste sich eben anpassen, für Deutsche durfte das Essen nie zu exotisch werden.

    „Mädels, habt ihr vom Medusenmord gehört?"

    „Ja, ein echter Hammer!" Mina sammelte einige Zwiebeln ein, die sich in beängstigendem Ausmaß um ihren Teller angesammelt hatten. Jetzt konnten ihre Tischnachbarn die genauen Kurven des Essens in ihrem Mund verfolgen.

    „Kopf ab, Ungeziefer und alles. Ob sie noch lebte, als man ihren Kopf abtrennte?"

    „Mina, ich esse!" Diana hatte sich eher zurückgehalten. Sie hatte noch keine Meinung darüber und ahnte nur, welche Qualen das Opfer erlebt haben musste.

    „Ach Mist, ich muss los, hab’ was vergessen." Ihre Finger noch ableckend, stürzte Mina aus dem Lokal, ließ Diana und Handren mit ihrer Rechnung verwundert an dem kleinen Tisch am Fenster zurück.

    „Mhm, was ist jetzt schon wieder los? Euch Frauen soll einer verstehen. Diana, Du bist so still."

    Vom Bierdeckel unter ihrem Glas Wasser war nur noch ein Häufchen Papierfetzen übrig. Sie war in Handrens Nähe immer sehr aufgeregt und erst jetzt merkte sie, dass Mina die entscheidenden Einschübe des Gesprächs geliefert und sie nur einige ergänzende Wörter von

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