Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Kinkerlitzchen für die Leselust Band II: Zwiebelfischs Abenteuer
Kinkerlitzchen für die Leselust Band II: Zwiebelfischs Abenteuer
Kinkerlitzchen für die Leselust Band II: Zwiebelfischs Abenteuer
eBook254 Seiten3 Stunden

Kinkerlitzchen für die Leselust Band II: Zwiebelfischs Abenteuer

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Anna und Tim können nicht mehr lesen, weil sie die Fee Leselust verwunschen hat. Die Kinder machen sich nun auf den Weg, um von der ihre Lesefähigkeit zurückzufordern. Die abenteuerliche Reise beginnt mit ihrem Abstieg ins Reich der Wichtel. Dort treffen sie neue Freunde, die einem sehr menschlich anmutenden Trend anhängen. Aber sie lernen auch Widersacher und Intriganten kennen, die versuchen, die Mission der Kinder für ihre eigene Pläne auszunutzen.
Bei ihren neuen Freunden lernen Anna und Tim einen uralten Wichtel-Opa kennen, der ihnen interessante Geschichten aus seinem langen Leben als ›Schweizerdegen‹ erzählt. Ganz gespannt lauschen sie Zwiebelfischs Abenteuern.

Gründlich recherchierter, spannender und farbenprächtiger Roman um eine Intrige, Missgunst und die Liebe zu den Büchern sowie eine Hommage an gleich mehrere wundervolle Berufe. Erleben Sie mit, wie Kinder zu Helden heranreifen und sammeln Sie mit ihnen Erfahrungen über die Liebe zur Literatur und die Menschen, die Büchern ihr Herz verschrieben haben. Der vorliegende Band ist der zweite Teil einer Reihe.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum17. Okt. 2014
ISBN9783735733382
Kinkerlitzchen für die Leselust Band II: Zwiebelfischs Abenteuer
Autor

Jörg F. Nowack

Der Autor wurde 1963 in Nebra geboren. Er hatte das unsägliche Glück, in seiner Kindheit in einer Buchhandlung ein- und ausgehen zu dürfen und bekam auf diesem Weg sehr früh Kontakt zu Büchern. Von der Buchhändlerin, seiner Tante, erfuhr er, wie viele Geheimnisse in den Büchern verborgen liegen und welchen Schatz jedes Buch darstellt. Deshalb lernte er lesen, so schnell es ging, und seitdem liest er. Bereits im Alter von zehn Jahren, so ist überliefert, hatte er mehr als 50 Bücher gelesen. Und im Lauf der Jahre kam ein Buch zum anderen und mittlerweile ist die Zahl der Bücher, die er gelesen hat, Legion. Neben anderen Berufen erlernte Herr Nowack den des Werbe- und Medienvorlagenherstellers. In der Ausbildung zu diesem Abschluss erwarb er vielfältige Kenntnisse in der Buchherstellung. Besonders die Typographie und das Setzen von Texten hatten es ihm angetan. Stets hat Herr Nowack auch geschrieben, allerdings meist nur für sich. Erst die Frage seines Enkels, wie denn Bücher gemacht werden, brachte ihm die Inspiration zu dieser Buchreihe, in der es um das Lesen und die Liebe zu Büchern geht. Doch es ist enorm wichtig, Kinder von der Literatur und vom Lesen zu begeistern. Deshalb richtet sich diese Buchreihe an die Omas und Opas, Onkel und Tanten, Papas und Mamas, Lehrerinnen und Lehrer. Denn nur wenn sie begeistert lesen, werden es die Kinder eines Tages auch tun.

Ähnlich wie Kinkerlitzchen für die Leselust Band II

Ähnliche E-Books

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Kinkerlitzchen für die Leselust Band II

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Kinkerlitzchen für die Leselust Band II - Jörg F. Nowack

    Nowack

    Berichte

    Der Wagen bremste vor dem Haus der Familie Schmerbauch. Cornelius hatte keinen Nerv, jetzt noch in die Garage zu fahren. Hinter seinem parkten zwei weitere Autos ein. Der Nieselregen hatte aufgehört, doch die Straßen glänzten noch von der Nässe.

    Alle Insassen der Fahrzeuge strebten dem Flachbau zu, vor welchem Lydia und Cornelius stehengeblieben waren. Als Sibylle und Olaf mit Friedbert sowie Sarah und Uwe angelangt waren, wollte Cornelius hineingehen, aber Lydia hielt ihn am Ärmel fest. »Schau mal … dort!«, flüsterte sie.

    Aus einem anderen Wagen waren zwei weitere Personen ausgestiegen. Auch sie schienen auf die Wartenden zuzugehen. Waren es Fremde? Oder waren es …

    »Cornelius, wer mag das sein?«, flüsterte Lydia atemlos. Sie war mit ihren Nerven ziemlich am Ende.

    »Na wer schon!«, brummelte Cornelius, der die Ankommenden bereits erkannt hatte. Er begrüßte sie mit einem lauten »Hallo ihr zwei! Das ist ja schön, dass ihr extra hergekommen seid!«

    Die Neuankömmlinge traten soeben in den Bereich der Straßenlampe, die rechts der Versammelten stand. Da erkannten auch die anderen, wer da zu so später Stunde kam.

    »Hallo zusammen!«, riefen Felix und Isolde wie aus einem Munde. Sie und niemand anders waren die sich Nähernden.

    »Nun kommt alle aber erst mal herein!«, schlug Cornelius vor, ging zur Haustür und sperrte auf.

    Solch ein Getümmel war seit Uwes letzter Party als Teenager nicht mehr in der kleinen Diele gewesen! Alle drängten sich umeinander herum und aneinander vorbei, als sie sich auszogen, ihre Jacken und Mäntel an die Garderobe hängten und die Schuhe wechselten. Lydia versorgte alle, die es nötig hatten, mit Hausschuhen. Dann ging die Hausfrau in die Küche. Sarah und Sibylle folgten ihr und schon bald zog der Duft vom heißen Kaffee und aromatischen Tee durch das vorher so verlassene Haus.

    Die Männer waren gleich in die Stube gegangen, wo sich jeder auf eine Sitzgelegenheit niedergelassen hatte, während Isolde kurz in der Gästetoilette verschwand.

    Als Lydia mit Sarah und Sibylle aus der Küche auftauchte, versorgte sie alle Anwesenden mit einem Heißgetränk. Eine große Karaffe mit frischem Leitungswasser und Gläser fanden auch den Weg auf den Tisch. Isolde gesellte sich gleich darauf wieder zu der Gesellschaft. Als nun alle versorgt waren, setzten sich auch die Frauen.

    Friedbert ergriff als Erster das Wort. Er forderte Cornelius auf: »Nun spann uns aber nicht länger auf die Folter, alter Freund! Wir wollen wissen, wie euer Tag war und vor allem, wie ihr es geschafft habt, das Taschenchronometer zu bekommen!«

    Der Angesprochene nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. Er stellte sie zurück auf den Tisch und spülte mit Wasser nach. Dann räusperte er sich und begann mit seinem Bericht.

    »Heute Morgen telefonierte ich endlich mit meinem Cousin, den ich gestern nicht erreichen konnte. Leider war er erkrankt. Doch er konnte mir zum Glück die Auskunft geben, die ich unbedingt benötigte. Er wusste nämlich, in wessen Besitz sich das Taschenchronometer seines Vaters Alfred befand. Als ich diese Information hatte, setzten wir uns sofort ins Auto und euch über unsere Abreise in Kenntnis. Es war gegen zehn Uhr dreißig, als wir auf die A14 auffuhren, stimmt’s Lydia?«

    Die Angesprochene nickte kurz und sagte: »Ja, das stimmt ungefähr.«

    Cornelius fuhr fort: »Ich wusste, dass mein Onkel Alfred in einem kleinen Ort gelebt hat, der damals zirka hundert Kilometer von Leipzig entfernt lag. Als kleiner Junge war ich fast in jeden Ferien in seiner Buchhandlung und auch bei ihm zu Hause zu Gast. Heute ist die Entfernung dank der neuen Autobahnen und der ausgebauten Straßen freilich nicht mehr ganz so groß. Wir fuhren also zunächst nach Naumburg, der alten Dom- und Bischofsstadt. Dort bogen wir Richtung Freyburg ab. In der Jahnstadt Freyburg, an der Unstrut gelegen, füllte ich unseren Kofferraum bei der Gelegenheit gleich mit ein paar Kartons des guten Freyburger Dornfelder Weines. Zum Besuch der dortigen Sektkellerei konnten wir uns leider keine Zeit nehmen. Wir wussten ja, dass heute der Tag ist, an dem die Wichtel wieder tanzen werden. Wofür wir uns allerdings Zeit nehmen mussten, war ein Mittagessen. Im »Hotel zur Neuenburg« haben wir uns bei einem leichten Menü und einer herrlichen Aussicht in das Unstruttal wenigstens etwas entspannen können.

    Nach dem Essen fuhren wir über die B180 oberhalb des Tals weiter in Richtung Querfurt, bis wir dann in der kleinen Weinbaugemeinde Steigra wieder hinunter ins Unstruttal abgebogen sind. Dort spannt sich die neue Brücke für den ICE über das gesamte Tal der Unstrut, das dort ungefähr zweieinhalb Kilometer breit ist. Von dort war es dann nicht mehr weit bis in die kleine Stadt, in der einst Alfreds Buchhandlung war. Wir folgten dem Flusslauf der Unstrut und nach wenigen Minuten schon lag sie vor uns. Die Stadt Nebra!«

    Cornelius nahm wieder einen Schluck aus seiner Kaffeetasse und spülte mit Wasser nach. Dann erzählte er weiter: »Nebra führt den Heiligen Georg, den Drachentöter in seinem Wappen. Die alte Stadt wurde 876 erstmalig erwähnt und ist vor allem bekannt durch ihre Sandsteinvorkommen, die bis ins 20. Jahrhundert hinein abgebaut wurden. In vielen bedeutenden Bauwerken, wie zum Beispiel dem Berliner Roten Rathaus, findet man diesen roten Sandstein. Die Nebraer Steinmetze waren weit über die Landesgrenzen hinweg berühmt für ihre Handwerkskunst. Der Sandstein wurde meistens auf der Unstrut flussabwärts transportiert. Daher siedelte sich hier auch eine Schiffergilde an. Damals war der Fluss noch durchgehend schiffbar und auf ihm wurde wohl auch Holz hinab zur Saale geflößt. Der Name Nebra kam in aller Munde, als bekannt wurde, dass Raubgräber im Jahre 1999 auf dem Mittelberg unweit der Stadt einen antiken Bronzeschatz ausgegraben hatten. Teil dieses Bronzeschatzes war die später als »Himmelsscheibe von Nebra« bekanntgewordene älteste bekannte Himmelsdarstellung der Menschheitsgeschichte. In diesem Ort also, der keine dreieinhalbtausend Einwohner zählt, in früheren Jahren aber eine weitaus größere Bedeutung besaß als heute, hatte unser Vorfahr Alfred seine Buchhandlung.« Wieder trank Cornelius einen Schluck Kaffee. Er leerte seine Tasse bis zum Grund und spülte erneut mit Wasser nach. Dann fuhr er fort: »Mein Cousin hatte mir nun erzählt, dass das Taschenchronometer Alfreds – wohl, weil niemand etwas mit ihm anfangen konnte – im Heimatmuseum der Stadt gelandet war. Wir brauchten deshalb nicht früher als 14 Uhr in Nebra zu sein, weil das dortige Heimatmuseum erst zu dieser Stunde öffnet. Auf dem gegenüber des Heimatmuseums gelegenen Parkplatz stellten wir unseren Wagen ab. Wir besuchten das kleine, fast unscheinbare Haus, von dem es nur ein paar Schritte zum benachbarten Marktplatz sind, auf dem die Stadtkirche St.Georg steht. Nach ein wenig Suchen fanden wir auch eine Frau, die kompetent war, uns Auskünfte über die Taschenuhr Alfreds zu geben. Diese alte Uhr, so berichtete sie uns, lief sowieso nicht mehr und niemand hier im Ort hatte so rechtes Interesse für sie. Deshalb wurde sie vom Museum längst weitergegeben an einen Sammler, der sie reinigen und wieder Instandsetzen wollte. Danach gedachte er zu überlegen, so erzählte die Frau uns, ob er sie in seine Sammlung integrieren oder weiterveräußern würde, falls sich kein Interessent aus der Familie des Erblassers fände.«

    Cornelius unterbrach seinen Bericht wiederum kurz, um erneut einen Schluck Wasser zu trinken.

    Dann redete er weiter: »Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie geschockt wir waren. Ich sah mich schon bei diesem Sammler stehen, der die Uhr in alle Einzelteile zerlegt hat! – Eine grausige Vorstellung! – Doch Frau Wäldchen, so hieß die Frau, die im Museum die Hosen anhatte, beruhigte uns. Sie teilte uns vielmehr mit, dass die Übergabe an den Uhrenliebhaber vor fast schon anderthalb Jahren erfolgt war und sie ihn als sehr eifrigen Menschen kenne. Außerdem sei er Uhrmacher und wohne in Schkeuditz. – Ihr könnt euch denken, dass ich Alfreds Uhr gleich wieder in fernen Ländern wähnte. Doch nun hatten wir ein neues Ziel, das Schkeuditz hieß und auf unserem Weg zurück nach Leipzig lag. Es gelang uns tatsächlich, innerhalb einer guten Stunde wieder auf der Autobahn in Richtung Leipzig zu sein. Noch während der Fahrt machten wir ein Treffen mit dem Uhrmachermeister aus, der sehr freundlich zu sein schien. Als wir am Ziel in Schkeuditz ankamen, hatten wir über eine Stunde Stau auf der Autobahn hinter uns. Hätten wir das geahnt, wären wir über Landstraßen gefahren. Doch nun war nichts mehr zu ändern. Wir fanden das Geschäft des Uhrmachermeisters gleich. Vor dem hatten wir uns mit ihm verabredet. Das war ganz in der Nähe des dortigen Rathausplatzes. Der Uhrmachermeister Michael Geratewohl lud uns gleich in seine Privaträume ein, die sich im Stockwerk über dem Geschäft befanden. Dort tickte es in allen erdenklichen Tonhöhen und in den unmöglichsten Frequenzen. Manche Uhren laufen ja wirklich im Sekundentakt; andere wieder, so scheint es, ticken vier Mal pro Sekunde. Herr Geratewohl zeigte uns seine Sammlung und wir bewunderten sie, obschon wir im Grunde lieber schon bei euch gewesen wären. Als wir den Rundgang durch die Sammlung endlich beendet hatten und mit dem Hausherrn bei einem Glas Wasser saßen, kamen wir dazu, unser Anliegen an den Mann zu bringen. Zum Glück war der Uhrmacher wirklich sehr freundlich und er lief gleich los, um uns die Uhr, auf die wir es abgesehen hatten, zu zeigen. – Und dann lag sie endlich vor uns! Wie ein golden schimmernder Traum lag sie auf einer schwarzen Samtplatte. Sie blinkte im Licht der Lampen, die Meister Geratewohl angeschaltet hatte und wir konnten uns nicht sattsehen an diesem Meisterwerk der Handwerkskunst. Der Restaurator erklärte uns, in welch beklagenswertem Zustand er die Uhr damals vom Museum in Nebra bekommen habe. Dass sie ausgerechnet bei ihm gelandet sei, wäre ein wahrer Segen gewesen, denn er verstand es nicht nur, das Uhrwerk wieder zum Gehen zu bringen. Das musste diese Tätigkeit übrigens schon vor Jahren aufgegeben haben. Nein, er konnte auch das winzige Spielwerk wieder zum Klingen bringen. Zum Beweis ließ er den Deckel der Uhr aufspringen und Lydia und ich konnten zum ersten Mal diese wundervollen Klänge hören.« Cornelius zog sein Mobiltelefon heraus und drückte wortlos darauf herum. Und als wäre Alfreds Taschenchronometer noch immer hier im Raum, begann die kleine, feine Melodie des Spielwerks zu ertönen. Alle Anwesenden lauschten mucksmäuschenstill und ergriffen der Melodie bis sie verklang.

    Cornelius nahm seine Erzählung wieder auf: »Schließlich fragte der Uhrmacher mich, in welchem Verhältnis ich zu der Uhr stehen würde. Ich erklärte ihm meine Beziehung zu der Uhr und er bot mir an, gegen die Entrichtung einer geringen Summe selbst Eigentümer dieses Chronometers zu werden. Ich war total überwältigt. Aber da ich ohnehin bereits mit dem Gedanken gespielt hatte, die Uhr zu erwerben, wenn ich Gelegenheit dazu fände, nahm ich sein Angebot an. Ich bezahlte ihm also seine Aufwendungen, die er für die Reparatur der Uhr hatte. Auf die Berechnung eines Honorars für die aufgewendeten Stunden verzichtete der Meister, da es ihm um die Erhaltung dieses wohl einmaligen Stückes ging. Abschließend gab er mir noch eine kleine Metallschachtel, welche die Uhr auf der Reise der Kinder sicher beschützen würde. Als wir uns einig waren, verabschiedeten wir uns von Meister Geratewohl und stiegen wieder in unser Auto. Den Rest der Geschichte kennt ihr ja.« Cornelius nahm sich frisches Wasser, das er in sein Glas goss. Das stürzte er in einem Zug hinunter. Dann murmelte er: »Nun ist aber mal ein anderer dran mit Erzählen. Du zum Beispiel, Friedbert!« Er sah seinen Freund an. »Erzähl schon, wie ihr die alte Buchhandlung gefunden habt!« Friedbert setzte sich in Positur, nahm noch einen Schluck Wasser und begann, zu erzählen, was ihm, Anna und den anderen im Lauf des Tages widerfahren war. Allerdings war sein Bericht nicht annähernd so lang wie der seines Freundes.

    »Anna und ich hatten ja im Liegenschaftsamt eine Aufstellung mit den damaligen Buchhandlungen erhalten. Zu unserem Glück standen immer die modernen Straßennamen dabei, sodass wir nicht erst noch danach suchen mussten, wie die alten Straßen jetzt heißen. Also gingen wir heute Morgen daran, zuerst alle Buchhandlungen auf einem Stadtplan zu markieren. Sibylle hatte heute frei und konnte uns deshalb zur Hand gehen. Dadurch, dass Anna nicht lesen konnte, war sie bei der Suche leider keine große Hilfe. Das könnt ihr euch ja denken. – Auf jeden Fall stellte sich rasch heraus, dass einige Grundstücke, auf denen in den 1930er Jahren Buchhandlungen waren, heute völlig neu bebaut sind. Vor allem von den Buchhandlungen, die direkt in der Innenstadt waren – und davon gab es sage und schreibe fünf – ist heute keine einzige Spur mehr zu finden. Die meisten der anderen Buchhandlungen kamen schon deshalb nicht infrage, weil sie zu weit vom Stadtzentrum entfernt lagen und deshalb damals noch gar nicht zu Leipzig, sondern zu seinen Vororten zählten. Nach ein wenig Ermittlung im Internet, bei welcher mich ebenfalls meine Schwiegertochter unterstützte, sind wir dann ziemlich schnell auf die Müllersche Buchhandlung gestoßen, die nahe beim Graphischen Viertel lag. Ich habe mich dann auf einen Erkundungsgang begeben und die alten Gebäude ausgespäht.« Der alte Lektor sprühte förmlich vor Abenteuerlust, als er an diesem Punkt der Erzählung angelangt war. Seine Augen leuchteten auch noch, als er weiter erzählte: »Es war gar nicht ohne. Noch dazu, weil es ja schon am Nachmittag genieselt hatte und sich mancher Stein, der schon trocken eine Gefahr darstellt, in diesem Zustand noch tückischer verhält. Mehrere Male rutschte ich aus und einmal wäre ich fast der Länge nach hingeschlagen, doch ich konnte mich zum Glück gerade noch abfangen. Und schließlich hatte ich das richtige Grundstück gefunden! Ich sah mir also die Wege an, auf denen wir dorthin gelangen konnten. Dann prägte ich mir alles ein und hoffte nun, auch im Dunkel der Nacht dorthin zurückzufinden.

    Als dann der Abend hereinbrach und es immer dunkler wurde, sind wir langsam aufgebrochen. Zuvor hatten wir selbstverständlich gut zu Abend gegessen sowie Sarah und Uwe über unseren Treffpunkt informiert. Die Rucksäcke für die Kinder waren gepackt und wir waren bereit, alles zu riskieren, damit sie den Einstieg finden und die Wichtel erreichen konnten.

    Als wir dann die Autos abstellten, hatte ich dennoch große Mühe, die Wege, die ich mir eingeprägt hatte, wiederzufinden. Mein Gedächtnis ist eben auch nicht mehr das, was es einmal war. Sarah war es dann, die mit Uwe freiwillig zurücklief, um euch von der Autobahn abzuholen. Uwe fuhr sie dorthin und kam dann schnell zurück zu uns. – Den Rest kennt ihr«, beendete Friedbert seinen Bericht.

    Alle Blicke suchten und fanden nun Isolde und Felix.

    Die hatten die ganze Zeit über nur zugehört und selbst noch nicht viel gesagt. Doch jetzt rührte sich Isolde und begann, zu erzählen, weshalb sie gerade hier und nicht in Hamburg waren.

    »Gestern Abend hatten wir eine wirklich wundervolle Lesung in der Hansestadt. Die Zuhörer waren begeistert und hatten ganz viele Autogrammwünsche. Außerdem haben wir ganz viele signierte Bücher verkauft. Das alles waren wir ja schon von den Lesungen hier im mitteldeutschen Raum gewohnt. Ich wundere mich immer wieder, wie viele Menschen es gibt, denen die Themen Literatur, gutes Deutsch und alles, was damit zu tun hat, sehr wichtig sind. Im Gegensatz dazu wundert mich eben auch, dass unsere Sprache dennoch so verludern und verlottern konnte. Doch vielleicht konnte und kann Felix mit seinem Buch ja etwas in Gang bringen, das diese Tendenz umkehrt.

    Auf jeden Fall waren wir sehr beschwingt, als wir in unser Hotel zurückgekehrt sind. Bei einem gemütlichen Glas Rotwein haben wir den Abend dann an der Bar des Hotels ausklingen lassen. Als wir schon wieder in unserem Zimmer waren, bekam Felix den Anruf von Cornelius, der uns über die Entwicklung der Dinge hier in Kenntnis setzte. Das fanden wir so interessant und bemerkenswert, dass wir uns am Nachmittag, nachdem ich meinen beruflichen Verpflichtungen nachgekommen war, entschlossen haben, zu euch zu fahren. So können wir euch wenigstens moralisch ein wenig unterstützen. Wir müssen auch morgen früh bereits wieder weg, weil am Abend wieder eine Lesung stattfinden wird. Diesmal geht es nach Neumünster, wo Felix in einer Buchhandlung aus seinem Buch lesen wird.«

    Der eben Erwähnte meldete sich nun zu Wort: »Verzeiht, wenn ich neugierig bin, aber ich … das heißt, wir … wissen noch immer nicht, was vorhin geschehen ist, also bevor ihr alle wieder hierher gekommen seid. Es wäre wirklich nett, wenn ihr uns davon informieren könntet.

    Selbstverständlich kam Friedbert sehr gerne diesem Wunsch nach. Er erzählte von der Suche nach dem Einstieg in Alfreds Schacht, weiter von der Ankunft Cornelius’ und Lydias. Und dann erzählte er von seiner Freude darüber, dass es ihnen gelungen war, das Taschenchronometer Alfreds zu besorgen und mitzubringen. Dann erzählte er weiter, dass Tim und Anna allein den Einstieg gefunden hatten. Der alte Lektor ließ auch die Tränen, die er beim Abschied von den Kindern vergossen hatte, nicht unerwähnt.

    Felix und Isolde hingen an seinen Lippen und sogen begierig jedes Fitzelchen an Information auf, dessen sie habhaft werden konnten.

    Noch sehr lange saßen die Freunde beieinander. Draußen wurde es langsam hell, als Olaf und Sibylle zum Aufbruch drängten.

    Auch Friedbert wollte nun aufbrechen, um nach Hause zu gehen. So verabschiedete man sich voneinander. Auch Sarah und Uwe brachen nun auf. Isolde und Felix blieben noch zum Frühstück bei Lydia und Cornelius. Sie unterhielten sich über ihre Ängste, über die Kinder und deren Mut, sich den Dingen zu stellen, die nun unweigerlich auf sie zu kamen.

    Nach dem Frühstück verabschiedeten sich Isolde und Felix, um sich vor der langen Fahrt noch etwas auszuruhen.

    Und während draußen die Stadt langsam wieder zum Leben erwachte, wurden Lydia und Cornelius immer ruhiger und gingen schließlich zufrieden zu Bett. Vielleicht würden sie ja heute etwas besser schlafen können.

    Kaum jedoch war Cornelius in einen schweren, traumlosen Schlaf gefallen, wurde er vom schrillen Klingeln an der Haustür wieder aus demselben gerissen.

    »Wer mag das sein?!«, dachte er, als er sich den Bademantel überzog und hinunterging.

    Der Schacht

    »Pass auf, Anna! Der Stein ist rutschig!«

    Tims

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1