Wandlungen: Trauma - ein autobiografischer Heilungsbericht in drei Teilen, Teil zwei - der Marsch der schwarzen Königin
Von Lydia Ulsperger
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Buchvorschau
Wandlungen - Lydia Ulsperger
Zweiter Teil
Der Marsch
der schwarzen
Königin
All die Jahre machte ich sie glauben
sie sei nett, stets voll Verständnis
glaubte es gar selbst
Spüre jetzt was Wahrheit war:
wütende Hilflosigkeit
wer ich bin, was ich war
verboten, alles verboten
verlor mich
und wurde, was ich werden durfte.
Müdigkeit macht Mauern mürbe
Nun steh ich hier
voll Wut und Zorn
möchte toben
das Leben sprengt mich von innen
fühl die Kraft aus Wut gemacht
laufe mich frei
für die nächsten paar Stunden
spüre im Tanz unbändige Gewalt
die zerstörend toben will.
Erschrocken vor mir selbst
Hilflos, damit umzugehen
suche ich Wege
das eine zu bleiben
das andere zu dürfen
So lange laufe ich
tanze ich
bevor ich explodiere
Denn irgendwie bin ich doch ich
Irgendwo
(Lydia)
Prolog_Ungeheuer haben ihr eigenes Antlitz
Ein unbeleuchteter Raum, doch ich kann in diesem grauen Dunkel sehen. Ein Raum, wie es ihn in seinen Widersprüchlichkeiten nur in Träumen geben kann. Enge Gänge, treppauf, treppab; es geht immer geradeaus mit so vielen Ecken und Nebengängen, dass es unmöglich ist, die Übersicht zu behalten. Ich bin alleine, habe panische Angst. Denn ich weiß, hier oben bin ich nie allein. Irgendwo hinter einer Ecke steht er. Riesig, massig schwarze Kontur, gigantisch stark, böse und unüberwindbar. Er wartet, wartet, dass ich mich bewege. Ihm verrate, wo ich bin. Also bleibe ich erstarrt, halte den Atem an, vermeide jedes kleinste Geräusch.
Meine einzige Chance ist, loszurennen, hinunter zur Treppe, durch die Tür und immer weiter. Ich traue mich nicht. Verhalte mich ganz still. Vielleicht geht er ja weg? Nein! Er würde niemals fortgehen. Er fängt an, mich zu suchen, ich spüre es. Ich habe nicht mehr viel Zeit, muss eine Entscheidung treffen. Mein Herz hämmert. Ich muss es versuchen! Jetzt! Ich renne los. Er verfolgt mich. Ich laufe so schnell ich kann. Noch schneller. Endlos. Er ist vor mir da. An jeder Ecke. Immer wieder biege ich gerade noch rechtzeitig ab. Er wartet auf mich; an jeder Ecke, auf die ich gerade zu renne. Ich muss ihn nicht sehen, um zu wissen, dass er da ist. Ich spüre ihn. Endlos flüchte ich, hoffnungslos, atemlos. Dann, da ist sie, die Treppe zur Tür in die Freiheit. Ich kann nicht mehr, rasendes Herz, fliegender Atem. Kann ich schneller sein als er? Ich muss! Und wage es, stürme geradeaus, renne hinunter. Nur noch ein paar Stufen, er ist dicht hinter mir. Es ist, als ob ich seinen Atem spüre. Muss ihn nicht spüren, ich spüre seine Masse. Er ist so nah, so nah. Bevor er mich einholt, stoße ich die Tür auf und … bin wieder in dem engen Raum. Ich bin ihm ausgeliefert, es gibt kein Entkommen. Es gab nie ein Entkommen. Wie ein Blitz trifft mich diese Erkenntnis. In dieser Sekunde, in der er seine Arme um mich wirft.
Noch halb gefangen im Schlaf hörte ich mich selbst stöhnen und konnte doch nicht wach werden; hörte ein beängstigendes, kehliges Stöhnen aus trockenen Lippen. Es passte besser zu einem Verfolger aus einem Horrorfilm, als auch nur ansatzweise als Hilferuf erkannt zu werden. Selbst im Traum konnte ich nicht schreien. Es blieb ein kläglicher Versuch. Dann war ich wach, lag mit geschlossenen Augen in meinem Bett. Die Panik saß in jeder Faser meines Körpers. Ich wagte nicht, die Augen zu öffnen. Spürte immer noch den Ruck, als er seine Arme um mich warf. War es doch kein Traum? Natürlich wusste ich es besser, aber die Angst hatte mich voll in der Gewalt. Wie in meiner Kindheit wagte ich es nicht, mich zu rühren. Ich wäre so gerne aufgestanden, durch die Wohnung gegangen. Doch mein Körper war erstarrt bis in die Augenlider. Mein Mann neben mir; ich hätte ihn wecken können, er wäre bei mir gewesen. Doch ich konnte die Augen nicht öffnen, verstecke mich, schämte mich. Wartete, dass mein Herz aufhört zu hämmern. Ein Bach aus Tränen, die fließen wollten, sammelte sich hinter