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Heart of Gold
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eBook186 Seiten2 Stunden

Heart of Gold

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Über dieses E-Book

Klaus sagt: Rockmusik rettete meine Jugend! Ein österreichischer Roman über eine der größten Liebesgeschichten überhaupt: die Liebe des Menschen zur Rockmusik. Leidenschaftlich und reflektiert aus der Provinz heraus erzählt.

Klaus verbringt seine Jugend in der Südoststeiermark der 70er Jahre. Er ist ein Außenseiter, der sich von den rechtschaffenen Erwachsenen in seinem Dorf unverstanden fühlt. Als er eines Tages beim Donauland-Versand eine Schallplatte bestellt, tut sich für ihn eine völlig neue Welt auf. Eine Welt der Freiheit und der Rebellion, der Suche und der Verletzlichkeit – und eine Welt der langen Haare. Jetzt ist er angefixt. Sehnsüchtig fiebert er den weiteren neuen Entdeckungen entgegen, die der Soundtrack seiner Jugend werden sollen. Es sind einzelne Songs die ihn dabei begleiten, wenn er endlich den heiß ersehnten ersten Kuss bekommt, an Liebeskummer leidet oder rauschende Feste feiert. Es sind die Songs von Bob Dylan, Jimi Hendrix, Led Zeppelin oder Patti Smith, in denen er sich wiederfindet und sich endlich verstanden fühlt.

Wir schreiben die 1970er Jahre. Es gibt nicht viele coole Vorbilder, es gibt nur Schlager- und Volksmusik, wer anderes hören will, muss sich Schallplatten bei Donauland bestellen.
Und genau das macht Klaus ab sofort auch. Jede Platte, die ihm empfohlen wird und laut und rockig ist, wird bestellt – und dann kommt das große Warten und die Vorfreude.

Jedes Kapitel ist nach einem Lieblingssong benannt. Im Buch wird das dazu auch eine Spotify-Playlist geben.

Der Roman für alle, deren Jugend ihre besten Seiten der Rockmusik verdankte.
SpracheDeutsch
HerausgeberMilena Verlag
Erscheinungsdatum31. Aug. 2022
ISBN9783903460027
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    Buchvorschau

    Heart of Gold - Thomas Griessl

    1. ONE OF THESE DAYS

    TEN YEARS AFTER (A Space in Time)

    IST ES SCHON DA?

    Anfang März soll das Bestellte eintrudeln, soll das so sehr Erwartete kommen, und mit der ungeduldigen Überlegung, die ausgesuchte Langspielplatte gleich selbst von Frau Pechtigam abzuholen, würde er die unbestimmte und nicht auf den Tag genaue Belieferung umgehen, sie austricksend beschleunigen. Kein genauer Termin ist garantiert, die mehrere Tage dauernde Anlieferung durch Frau Pechtigam hat keinen verlässlichen Ablauf und schon gar keine vordringliche Eile.

    Ihre nicht gerade flotte Tour kennt keine zeitliche Gewissheit, keine wirkliche Verlässlichkeit und kann oft ganz schnell durch einen unausweichlichen Informationsaustausch, durch eine unaufschiebbare Unterredung in Verzug geraten. Beständig, unabänderlich bleibt diese verspätete Auslieferung bestehen, liegt in der Unverlässlichkeit der einzig verlässliche Garant. Da hilft gar nichts, unverbesserlich ist Frau Pechtigam und ihr so großes Interesse am Leben der lieben Mitmenschen, unersättlich ist ihre pflichtvergessenmachende Neugier, um auf eine Abänderung hoffen zu können. Wobei gerechterweise auch erwähnt werden muss, dass diese in Erfahrung gebrachten Informationen auch für das Geschäft wichtig und verwendbar sind, Informationen, die unserer umsichtigen Lieferantin so manche Tür öffnen, so manchen Kunden neugierig machen.

    Pechti, so die liebevolle Benennung von den nicht erbosten, von den unaufgeregten Abonnenten, ist Akquisiteurin der Buchgemeinschaft Donauland. Der Buchklub für den ländlichen Raum, der zum unverzichtbaren Nahversorger für das schnelle, leicht verständliche Wissen geworden ist, der die Bezugsquelle für die leichte Muse und für die volkstümliche Erheiterung ist. Der diesmal unter der Artikelnummer 33.560 A zum großen Erstaunen eine Schallplatte von TEN YEARS AFTER inseriert, bei dem es die LP A Space in Time zu bestellen gibt. Für 150 Schilling ist diese Besonderheit aus dem Katalog I/1973 zu haben, ist diese aus dem üblichen mit Schlager- und Volksmusik überladenen Sortiment hervorstechende LP als Glanzstück zu erwerben. Ein überhaupt nicht ins übliche Programm passender, ein revoltierender, aufhetzender Krawall, ein unverzeihbares Zugeständnis an das Moderne, eine Brüskierung der Fidelen Oberkrainer. Fast frevelhaft beleidigt es die wertebewahrenden Melodien und Schlager eines Peter Alexander oder das herzergreifende Merci Chérie von Udo Jürgens.

    Seine eingekaufte Errungenschaft wird in der angeblich bereits mit »schöner Musik« gut versorgten Südoststeiermark keinen musikalischen Durchbruch erzielen. Dieses eigentlich schon ein wenig »entartete« Werk wird in einer vernagelten Kenntnislosigkeit das glückliche Latzautal nicht erobern. Jedoch ist der Kaufpreis, sind diese 150 Mäuse eine kaum ansparbare, eine fast nicht aufbringbare Summe, ist diese Bestellung für Klaus mit seinem wöchentlichen Taschengeld von 20 Schilling eine fast nicht finanzierbare Transaktion. Aber irgendwie ist die Summe dann doch beigebracht, ist diese Bestellung wahrscheinlich von einer spendablen und gutherzigen Tante fremdsubventioniert worden.

    Erwartungsvoll, ohne die angegebenen Titel wie I’d Love to Change the World, Here They Come, Baby Won’t You Let Me Rock ’n’ Roll You oder dieses One of These Days zu kennen, ohne über den im Katalog angekündigten Psychedelic-Rock oder Bluesrock Bescheid zu wissen, ist sich Klaus sicher, bald eine richtige Kostbarkeit zu besitzen. Eine Exklusivität, die nicht jeder hat, etwas, das sich von der mittlerweile halt hingenommenen Beatmusik unterscheidet, etwas, das von der Beatles-Musik abweicht. Klaus war nie einer dieser ordenszugehörigen Beatles-Fans, am Anfang der 70er-Jahre, am Anfang seiner Musikaffinität, war ihm deren Musik schon zu formangepasst, schon zu konventionell, zu wenig ausgefallen und vor allem für ihn zu wenig aufmüpfig. Schon von Beginn an bevorzugte er härtere Kost, begann mit den ROLLING STONES und steigerte sich danach im Anspruch. Als junger Anfänger suchte er recht bald das wirklich Wuchtige in der Musik, verlangte das Wilde, das Laute und das Aufsässige. Schnell waren gute, überzeugende Bands gefunden, gleich waren neue Hits entdeckt, Hits, zu denen er Nummern und gute Nummern sagt, die selten im Radio gespielt, aber umso mehr als besondere Raritäten geschätzt werden. Den Ausdruck Genre versteht er auch noch nicht, spricht aber von der »progressiven Musik«, wenn er von seinem musikalischen Verständnis redet, wenn er seinen Geschmack erklärt und sie vom Kommerz unterschieden haben will.

    Diese TEN YEARS AFTER sollen seine Entdeckung, sollen mit Hilfe von Donauland sein edler Fund sein. Klaus oder überhaupt junge Leute entdecken ihre Idole, ihre Dichter oder Rockbands selbst, wollen das Exklusive, das nur ihnen Gehörende, sie wollen das Staunenswerte entdecken und insgeheim dann der Bestaunenswerte sein. Sie finden das Neue, weil sie das Neue haben wollen, weil sie versessen sind nach etwas, das ihnen und nur ihnen gehört, ohne Empfehlung eines superklugen Experten. Klaus tut es aus einem frischen Instinkt heraus, ohne wissentliche Absicht.

    Ebenso unwissend war er bei der Bestellung noch über den wahren Stellenwert der Band und ihren maßgeblichen Bezug zum Woodstock-Festival. So kennt er auch dieses Legendenhafte, dieses Gitarrensolo von Alvin Lee noch nicht, weiß nichts von dem, was TEN YEARS AFTER berühmt, fast unsterblich machen wird. Aber über Woodstock ist er informiert, kennt aus diversen Magazinen und illustrierten Zeitungen die Bilder von tanzenden, ekstatisch entrückten Hippies, von berauschten, sich umschlingenden Pärchen, die mit ihren langen Haaren sich entzückt dem Treiben, dem orgiastischen Spektakel hingeben und auf diese Weise ein Teil und Sinnbild dieses legendären Festivals werden. So will Klaus auch sein, wenn er endlich sechzehn Jahre alt sein wird, wenn er nicht mehr unsicher sein, wenn er aus Verlegenheit nicht mehr rot werden wird. So ein Hippiemädchen will er dann auch haben, sie tanzen sehen in ihrem kurzen Fransenkleid, sinnbetäubt von der Musik, berauscht, falls möglich, berauscht von ihm. In einem Bravo-Heft hat er sie entdeckt, hat sie auserkoren als seinen Traum, hat sie als Bild ausgeschnitten und in sein Portemonnaie gesteckt, hat angefangen sie zu besitzen, sie vorab zu lieben, hat angefangen sie zu begehren.

    Im Allgemeinen sind die Abbildungen, die Berichte über diese Festivals und sogenannten Happenings mahnend, werden von den anständigen Zeitungen, von den sittenstrengen Organen beanstandet und voller Sorge kommentiert. Dieses »abnormale Neue«, dieses unheilbringende Treiben sei schädlich für die brave Jugend, es gehe um das moralische Wohlergehen. Es gehe um die vorbeugende Rettung der Kinder, um die Bemühung, sie nicht irregeleitet und verführt zu wissen, sie nicht sündig werden zu lassen. Denn es hätte mit Sünde zu tun, mit Sünde – dem Tatbestand des Schlechten, des Verwerflichen; jene Macht, jene Kraft, die uns zum Sklaven einer Leidenschaft macht. Eine Passion allerdings, die in ihrem verbotenen Schein auch das Süße versteckt, einen Genuss, der sich mit dem Verbot erst steigert. Klaus spürt diese reizvolle Kraft, eine Sehnsucht, spürt die Verlockung, das Sündhafte und Neue. Nicht mehr bloß das kindsköpfige Schlimmsein, es ist das Verruchte, das ihn reizt, eine neugierige Lust, die ihn beglückt und fiebrig macht. Da gibt es das Bild auf dem Cover von A Space in Time, so der Titel des Albums, das er lange und interessiert anschaut. Bewundernd, fast anhimmelnd betrachtet er die vier auf einer Wiese sitzenden Bandmitglieder mit ihren langen, über die Schultern fallenden Haaren; mit ihren eng anliegenden bunten Jacken sind sie die beneidenswerte Vorlage, werden sie sofort zu seinen Vorbildern.

    Es ist bereits dunkel, als, nahezu unaufgeregt, gänzlich unerwartet, der Vater von der Werkstätte heraufkommt und Klaus die von Frau Pechtigam diesmal in unerklärlicher Eile zugestellte Schallplatte mitbringt. Ohne Erklärung hat sie das so sehr Reklamierte gleich unten in der dem Wohnhaus angebauten Tischlerei abgegeben. Aufgeregt verschwindet Klaus mit dem edlen Stück im Zimmer seines Bruders. Hier steht der neue, von ihm in monatlicher Ratenzahlung auch bei Donauland erworbene Lenco-Plattenspieler. Gespannt, mit wirklichem Herzklopfen legt er die Vinyl-Kostbarkeit ganz behutsam auf den Plattenteller und schaltet das Gerät ein.

    Once There Was a Time ist der erste Song: Mit hakigen, vibrierenden Gitarrenriffs startet ein bluesiger Sound, der mit Fortdauer beschleunigt, rockiger wird und somit mehr und mehr dem Geschmack von Klaus zu entsprechen beginnt. Bis er schließlich exakt nach 3.23 Minuten aufhört, mit einer Art heiligem Schwur, mit angestrengter Aufmerksamkeit von Klaus verstanden. »Aber das ist doch nicht richtig, das ist ja die B-Seite!« – In seiner Euphorie hat Klaus zuerst die falsche Seite aufgelegt, hat mit der B-Seite begonnen. Sogleich wird die Schallplatte umgedreht und richtig mit Seite A und Song 1 gestartet. One of These Days, und das fängt dann voll mitreißend, voll beeindruckend, eines an die erste Stelle gereihten Songs würdig, an.

    Klaus verfällt fast in Ekstase, in eine ihm bisher unbekannte Verzücktheit, in etwas, das er in dieser wohltönenden Festigkeit noch nie gespürt hat, deren wundersame Wirkung er noch nie erlebt hat. Es ist eine Besonderheit, eine Einmaligkeit, die keinen besseren Titel verdienen kann, eine klangliche Beschaffenheit, die das Großartige selbst ist, ein grandioser Anfang, der erwartungsvoll und neugierig macht. Weiter geht es mit Here They Come, und danach gibt es I’d Love to Change The World, Song folgt auf Song; ohne die englischen Texte zu verstehen, vermittelt die Musik Klaus den richtigen Gedanken, den wahren Gehalt, das tief Innere dieser Meisterwerke.

    Im Nu sind die zehn Songs durch, ohne Wiederholung gespielt, ohne die Möglichkeit, wieder von vorne anzufangen, denn da geht die Tür auf und Herbert kommt herein. Wortlos, mit missbilligendem Blick beansprucht der Bruder sein Refugium, verlangt sein Zimmer für sich zurück und beendet Klaus’ musikalische Reise. Alles wird zurückgestellt und für den nächsten Tag aufgeschoben.

    Dann kommt der ungeduldig erwartete Nachmittag. Klaus hetzt diesmal ohne zu trödeln von der Bushaltestelle nach Hause, ohne zu essen schleicht er sich mit seinem nur ihm gehörenden Schatz wieder ins Zimmer des Bruders, gleitet weg in eine wundersame Welt, hört sich ohne Unterbrechung alles an, so lange, bis Herbert wieder von der Arbeit kommen wird. Sachte wird der Tonarm angehoben und vorsichtig auf die Platte gesetzt. Zugleich beginnt die kleine spitze Saphirnadel mit leisem Knistern, mit leichtem Schwingen die feinen Rillen abzutasten. Ohne Störung, in großzügiger Vernachlässigung aller Hausaufgaben steht nun der Nachmittag für dieses Vergnügen, für dieses Wegschweben zur Verfügung. Es ist ein fernes, ganz leises Ziehen, ein schwaches sphärisches Brummen, das immer näher kommt, das immer lauter und dann jäh durch ein hohes Gitarrenriff beendet wird, woraufhin ein ganz lang gezogenes »Ooonne oof Theeese Daayys« einsetzt. Zueinandergefunden haben Stimme und Klang, ein Weggleiten, ein Ausströmen, das immer wiederkehrend die zu Musik gewordene Sehnsucht ist.

    Klaus spürt es, versteht die Bedeutung, weiß, was er da hört, was ihm da als Geheimnis mitgeteilt wird. Etwas, das er, ohne den Text zu verstehen, erfasst, das er spürt und erkennt, das er als heiligen Gedanken in sich behält. Eine Zauberformel, die ihm immer wieder einfällt, auch später einmal, wenn er erwachsen ist, wenn alles normal und so selten besonders ist, wenn es gar nicht mehr einfach ist, diesen Tag und diese Stunde zu erkennen.

    Auch als er viele Jahre später den Text tatsächlich versteht, die Worte für nur phrasenhaft und ihre Geschichte für seicht erkennt, hält Klaus unerschütterlich, unbeirrt an seiner – anders ausgelegten – Version fest. An einer Fassung, von der er den ganzen Sinn, die volle Essenz gespürt und die Botschaft begriffen hat.

    Unentwegt, im vollen Auskosten, wird alles gespielt, wird jeder Song immer wieder den ganzen Nachmittag bis sechs Uhr abends gehört. Immerzu wird die Lautstärke erhöht, die Dosis gesteigert. Eine vom Bruder geklaute oder sagen wir beschönigend eine ausgeborgte Zigarette mit exzessivem Inhalieren, mit tief in die Lunge gezogenem Rauch genossen, verstärkt diesen Rausch, den Geschmack der Exaltation, und beschleunigt das ganze Schwindligsein. Er vergisst den angeblich immer gut gemeinten Zwang, das Enge, glaubt sich einer wilden Brandung ganz nah und fühlt zugleich das Besondere, meint, jetzt alles zu verstehen, das Kostbare, das ganz Präzise und den Augenblick an sich, spürt an diesem Mittwoch im März 1973 tatsächlich diesen One of These Days.

    One of these days, boy

    Gonna see my baby

    Gonna see my baby

    Coming down the road

    She’ll have my pardon

    Pardon in her apron, oh, Lord

    Gonna see the governor

    Who said release my man

    She’s coming down the road, boy

    She’s coming down the road

    Red dress on, yeah

    She’s

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