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Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte: Führungskompetenz und Führungswissen
Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte: Führungskompetenz und Führungswissen
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eBook2.043 Seiten16 Stunden

Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte: Führungskompetenz und Führungswissen

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Über dieses E-Book

Das erfolgreiche Handbuch für Praktiker - bislang bekannt als "der Steiger-Lippmann" - fasst das gesamte, für Führungskräfte aller Ebenen relevante Wissen der Psychologie in einem zweibändigen Werk (im Pappschuber)  zusammen und ist, nun schon in der 5. Auflage mit neuem Herausgeberteam, ein bewährter Wegweiser in allen Führungssituationen, wie ein Blick auf die Themen des Buches zeigt: Leistungsbeeinflussung, Führung der eigenen Person, Kommunikation, Teamführung, Recruiting, Personalentwicklung, Motivation, Projektmanagement, Change Management, Konfliktmanagement, Coaching u.v.m. - all das funktioniert im Alltag nicht ohne Know-how aus der Psychologie! Auch zeitaktuelle Themen wie Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten, Burnout etc., Managing Diversity, Virtuelle Führung oder Einsatz von Social Media u.a. sind enthalten.Eine sorgfältige didaktische Aufbereitung des Textes mit Checklisten, Fallbeispielen, Leitfragen, Arbeitsblättern u.a. erleichtert das Lesen.Herausgeber und Autoren sind erfahrene Praktiker in der Führungskräfteentwicklung und Dozenten am renommierten IAP Institut für Angewandte Psychologie in Zürich.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum27. Sept. 2018
ISBN9783662558102
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    Buchvorschau

    Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte - Eric Lippmann

    Teil IGrundlagen des Führungsverständnisses

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    Eric Lippmann, Andres Pfister und Urs Jörg (Hrsg.)Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräftehttps://doi.org/10.1007/978-3-662-55810-2_1

    1. Menschenbilder

    Andres Pfister¹ 

    (1)

    IAP Institut für Angewandte Psychologie, ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Zürich, Schweiz

    1.1 Definition und Funktion von Menschenbildern

    1.2 Ursachen für den Wandel der Menschenbilder

    1.3 Menschenbilder in der Organisationslehre

    1.3.1 Klassischer Ansatz „economic man"

    1.3.2 Beziehungsorientierter Ansatz

    1.3.3 Motivationsorientierter Ansatz

    1.3.4 Systemischer Ansatz

    1.3.5 Neuroansatz

    Literatur

    auf einen blick

    Auf einen Blick

    Das Bild des Menschen in der Arbeit hat sich über die letzten Dekaden grundsätzlich geändert und weiterentwickelt. Die jeweiligen Menschenbilder der entsprechenden Dekaden beschrieben, wie der Mensch im Grunde genommen ist, wie dieser arbeitet und wie er zu führen ist. Mit jedem Entwicklungsschritt wurde jedoch dem komplexen Wesen Mensch mehr Rechnung getragen. Insgesamt hat diese Entwicklung in allen Bereichen wie Politik, Wirtschaft, Gesellschaft positive Veränderungen bewirkt, sei dies durch die Humanisierung der Arbeit, mehr Autonomie und Gestaltungsspielraum und die stärkere Berücksichtigung individueller Bedürfnisse. Die Entwicklung der Menschenbilder ist nicht abgeschlossen, da sie immer auch ein Ausdruck der derzeitigen erlebten Welt darstellt.

    1.1 Definition und Funktion von Menschenbildern

    Menschenbilder erklären das Wesen des Menschen

    Menschenbilder liefern eine Antwort auf die grundlegende Frage „Was ist der Mensch?" (Hug 2013). Sie geben somit eine Erklärung zum generellen Wesen des Menschen . Jeder Mensch findet im Verlauf seiner Entwicklung seine eigene „Antwort" auf diese grundlegende Frage und konstruiert dadurch sein individuelles Menschenbild . Das Menschenbild hilft dabei, Sinn und Verständnis für die komplexen sozialen Dynamiken zu generieren.

    subjektive Wahrnehmungen

    In allen Gesellschaften finden sich jedoch übergeordnete Menschenbilder wieder. Hug beschreibt dies als die Bündelung unterschiedlichster subjektiver Wahrnehmung en über das Wesen des Menschen.

    Somit definiert Hug Menschenbilder wie folgt:

    Definition: Menschenbilder

    Unter dem Begriff Menschenbilder sammeln und analysieren die Humanwissenschaften allgemeingültige Vorstellungen oder Meta-Erzählungen über die sogenannte Natur des Menschen. Menschenbilder sind gebündelte Annahmen und Werthaltungen über das Wesen des Menschen, die in sozialen Gemeinschaften entstehen und sich als Versuche generieren, die Natur des Menschen zu verstehen und ihr Sinn zu verleihen. Diese Bilder prägen und formen die Wahrnehmung der einzelnen Mitglieder von Gesellschaften und Organisationen. Sie generieren allgemeine Werthaltungen über das, wie der Mensch sein soll und wie er sich zu verhalten habe. Diese Vorstellungen sind uns teilweise bewusst, teilweise tradieren sie sich durch den Prozess der Sozialisierung ohne unser bewusstes Nachdenken darüber, welche der Annahmen in diesen Bildern unseren Beobachtungen und Erfahrungen tatsächlich entsprechen. Die Bilder erheben den Anspruch auf Wahrheit, auch wenn diese im sozialen Leben kaum überprüfbar ist … (Hug 2013, S. 5).

    Grundeigenschaften und Grundannahmen über den Menschen

    Psychologisch gesehen ist das Menschenbild ein Schema , d. h. eine durch Erfahrung und Lernen konstruierte Kategorie, welche die von uns wahrgenommenen und selbst identifizierten Grundeigenschaften und -annahmen über Menschen und dessen Platz in der Gesellschaft in sich vereint. Sie helfen dabei, die angetroffene Komplexität der Umwelt zu reduzieren. Sie geben Orientierung in der komplexen sozialen Umwelt, da sie einfache Erklärungen für das Verhalten anderer liefern. Sie helfen somit bei der Wahl von passendem Verhalten und regeln daher bis zu einem gewissen Grad ein organisiertes Zusammenleben von Menschen (Hug 2013).

    Auch hinsichtlich der Frage „Was ist ein Mitarbeiter und wie ist dieser zu führen?" haben sich unterschiedliche Menschenbilder im Verlauf der Zeit entwickelt und finden heute noch Niederschlag im Handeln von Führungskräften in den unterschiedlichsten Organisationen.

    vereinfachte Annahmen

    Menschenbilder sind vereinfachte Annahmen über die Natur der Mitmenschen und im Falle der Führung über die Natur des Menschen im wirtschaftlichen Kontext (Schein 1980). Somit beantworten diese Menschenbilder die Frage: „Was ist die Natur eines Mitarbeitenden?

    Weinert (1998 S. 672) definiert Menschenbilder im wirtschaftlichen Kontext als:

    Definition: Menschenbilder nach Weinert

    Menschenbilder sind Grundannahmen, Einstellungen und Erwartungen von Führungskräften gegenüber Zielen, Fähigkeiten, Motiven und Werten von Mitarbeitern (Weinert 1998, S. 672).

    Menschenbilder, Organisationsverständnis, Führungsverständnis

    Im organisationalen Kontext geben Menschenbilder somit Aufschluss darüber, wie Mitarbeitende im Generellen sind. Menschenbilder wirken sich somit direkt auf die Gestaltung von Organisationsstrukturen als auch auf die Art und Weise der darin gelebten Führung aus (Abb. 1.2). Sie tun dies, indem die Grundannahmen, welche mit dem entsprechenden Menschenbild verknüpft sind, die Einstellung und Erwartung und somit das effektive Verhalten von Führungskräften beeinflussen (Peters 2015; Peters und Ghadiri 2013).

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    Abb. 1.1

    © 2018 by Tobias Leuenberger

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    Abb. 1.2

    Zusammenhang Menschenbild, Organisationsverständnis, Führungsverständnis

    Diese wirtschaftlichen Menschenbilder finden Niederschlag in den Führungsgrundsätzen einer Organisation und zeigen sich in deren Prozessen, in der Gestaltung von Aufgaben und speziell in der Auftragserteilung und Delegation (Hug 2013).

    1.2 Ursachen für den Wandel der Menschenbilder

    Unterschiedlichste Prozesse sind an der Entstehung eines Menschenbildes beteiligt. Auf der individuellen Ebene spielen Wahrnehmung, Erfahrung, als auch die kulturelle Sozialisation eine wichtige Rolle. Auf der gesellschaftlichen Ebene sind gesellschaftliche und politische Veränderungen, technologische und ökonomische Fortschritte, Erkenntnisse aus der Forschung und ökologische Veränderungen Treiber für die Veränderung der vorherrschenden Menschenbilder (Hug 2013).

    Menschenbilder ändern über die Zeit

    Da die Veränderungsgeschwindigkeit in der Gesellschaft aber auch in Organisationen zugenommen hat, trifft man nicht selten auf mehrere Menschenbilder , welche gleichzeitig nebeneinander existieren. Dies führt immer wieder zu Konflikten , da teils nicht miteinander vereinbare Denkweisen das Handeln der unterschiedlichen Akteure leiten (Hug 2013). Gleichzeitig ermöglichen die Auflösungen dieser Konflikte eine gemeinsame Weiterentwicklung des vorherrschenden Menschenbildes und somit der Organisation und der Führung.

    Je bewusster man sich das eigene Menschenbild macht und je klarer man sich über die damit verbundenen Werte und Normen wird, desto besser kann es gelingen, entstehende Konflikte zu erkennen und lösungsorientiert zu handeln (Hug 2013).

    1.3 Menschenbilder in der Organisationslehre

    Die Arbeits- und Organisationspsychologie als auch die Betriebswirtschaftslehre sind sich einig darüber, dass in den letzten rund 130 Jahren mehrere Schritte mit entsprechenden Menschenbildern unterschieden werden können (Peters 2015). In der aktuellen Phase ist es jedoch noch nicht ganz klar, was das vorherrschende Menschenbild sein wird. Unbestritten ist jedoch, dass ein neues Menschenbild aktuell entsteht. Die Entwicklung der Menschenbilder in dieser Zeit war und ist eng verflochten mit wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und insbesondere technologischen Entwicklungen. Nachfolgend werden die wichtigsten Menschenbilder und die Entwicklungen der entsprechenden Epochen dargestellt. Zu beachten bleibt, dass diese Menschenbilder in verschiedenen Organisationen und Wirtschaften noch heute Bestand haben, bzw. sogar in einer Organisation nebeneinander existieren können.

    1.3.1 Klassischer Ansatz „economic man"

    Industrialisierung

    Zu Beginn des Industriezeitalters am Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts veränderte sich durch den von der Dampfmaschine und Elektrizität hervorgerufenen technologischen Sprung die Art der Produktion grundlegend. Massenproduktion wurde möglich, wodurch die Grundbedürfnisse viel einfacher gedeckt werden konnten. Dies führte jedoch gleichzeitig dazu, dass einerseits die Bevölkerungszahlen stiegen, Städte wuchsen und viele arbeitsintensive Handarbeiten durch Maschinen ersetzt wurden. Obwohl in den entstehenden Fabriken stetig mehr Arbeitskräfte benötigt wurden, war gleichzeitig eine große Anzahl an ungelernten Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt jederzeit verfügbar. Somit waren ungelernte, nicht leistungsfähige oder widerspenstige Arbeitskräfte leicht ersetzbar. Die Arbeitskräfte waren nicht selten als Tagelöhner unterwegs und suchten vor den Fabriken nach Arbeit, um mit dem entsprechenden Lohn die Grundbedürfnisse ihrer Familien zu decken.

    Mensch als Maschine

    Die Maschine war der Taktgeber für die Geschwindigkeit der Arbeit, und die Menschen dienten dieser Maschine zu. Entsprechend blieb diese Entwicklung nicht ohne Einfluss auf das Menschenbild. Der Mensch wurde als Maschine betrachtet, welche jedoch fehlerhaft funktioniert. Der Mensch musste jedoch möglichst gut funktionieren, damit effizient produziert werden konnte. Mit der Einführung der Fließbandarbeit und dem Stücklohnsystem in den Fabriken akzentuierte sich diese wahrgenommene Problematik zusätzlich (Hug 2013; Peters 2015).

    Taylorismus

    Taylorismus, „economic man"

    Aus seinen Untersuchungen zur Arbeitstätigkeit in der Fabrik entwickelt Frederik Winslow Taylor (1856-1919) seine wissenschaftliche Doktrin der Aufgabenerfüllung und Arbeitsteilung. Bekannt als „The Principles of Scientific Management " (Taylor 1913) liefert Taylor die wissenschaftlichen Grundlagen für das Menschenbild des „economic man" . Der Mensch ist getrieben durch finanzielle Anreize wie den Lohn. Die Arbeit muss so organisiert sein, dass der gesamte Arbeitsprozess mit der schlecht funktionierenden Maschine Mensch optimiert wird. Taylor führte Arbeitszeit- und Bewegungsstudien durch und rationalisierte damit die Arbeitsabläufe . Die strikte Arbeitsteilung brauchte ebenso intensive Kontrollen . Hierbei verfolgte der Ansatz von Taylor zwei Zielsetzungen (Peters 2015):

    1.

    Höhere Leistungsergebnisse durch systematische Nutzung der Mitarbeiter unter Anwendung wissenschaftlicher Methoden

    2.

    Verbesserung der Lebensstandards der Mitarbeiter durch entsprechend höhere Löhne (aufgrund einer höheren Produktivität)

    Die Führung hatte die Aufgabe, die Kenntnisse und Fähigkeiten der Arbeiter zu klassifizieren und die Arbeiter auszuwählen und auszubilden (Hug 2013). Gleichzeitig hatte das Management zu kontrollieren, dass die vordefinierten Tätigkeiten auch entsprechend umgesetzt wurden.

    Bürokratisch-administrativer Ansatz

    bürokratisch-administrativer Ansatz

    Ungefähr zeitgleich wurden in Europa durch die Industrialisierung und die Bürokratisierung intensiver an Organisations- und Verwaltungsprinzipien geforscht. Der Franzose Fayol (1841–1925) entwickelte zur gleichen Zeit wie Taylor Führungsprinzipien. Er unterschied jedoch zwischen zwei grundsätzlichen Funktionen in einem Unternehmen (Hug 2013):

    1.

    Ressourcen schaffende Funktionen wie Technik, Absatz und Finanzen,

    2.

    betriebsmittelerhaltende Funktionen wie Rechnungsführung, Sicherheit und Administration.

    Verwaltungsprinzipien

    Die von Fayol daraus abgeleiteten Verwaltungsprinzipien fußen wie bei Taylor auf dem Menschenbild des „economic man". Für Fayol ist es zentral, dass die Autorität jederzeit im Betrieb anwesend oder vertreten ist beispielsweise durch die Vorarbeiter. Seine wichtigsten Verwaltungsprinzipien sind in Tab. 1.1 aufgeführt (Fayol 1956).

    Tab. 1.1

    Verwaltungsprinzipien nach Fayol (1956)

    Viele der in Tab. 1.1 aufgeführten Prinzipien finden sich heute noch in unterschiedlichsten Unternehmen wieder. Ebenso finden sich diese Prinzipien heute noch in organisationalen Hilfsmitteln wie beispielsweise Stellenbeschreibungen und Organigrammen (Hug 2013).

    Bürokratietheorie

    Amtsträger, Kompetenzen, homogene Amtsdisziplin

    Max Weber (1864–1920) war zur gleichen Zeit in Deutschland mit der Untersuchung der Gesellschaft und Unternehmen tätig. Er gilt als Begründer der Soziologie in Deutschland und prägte mit seiner Bürokratietheorie die Organisation von Unternehmen und deren Führung im deutschsprachigen Raum. Er bezeichnete Angestellte und Arbeiter als „Amtsträger ". Obwohl im Grunde genommen frei, so waren sie im Rahmen ihrer Amtspflicht verantwortlich für das Wohlergehen der Organisation. Die Organisationen zeichneten sich durch eine strenge Hierarchie aus, in welche die Angestellten und Arbeiter eingebunden waren. Innerhalb dieser Hierarchie waren sie mit Kompetenzen ausgestattet, erhielten feste Entlohnung und hatten Anspruch auf eine Altersvorsorge. Innerhalb dieser Hierarchie herrschte eine homogene Amtsdisziplin , welche die Beteiligten vor Willkür schützen sollte. Für Weber war somit die Bürokratie der Idealtypus einer Organisation. Sie war gekennzeichnet durch Ämter und Stellen, welche eine Person übernahm. Die entsprechenden Ämter und Stellen in einer Organisation waren auf bestimmte Kompetenzen und Ausbildung ausgerichtet. Entsprechend erfolgte die Einstellung einer Person aufgrund ihrer Qualifikation (Hug 2013; Peters 2015; Weber 1922).

    1.3.2 Beziehungsorientierter Ansatz

    Entwicklung von Gewerkschaften

    Nach dem 1.  Weltkrieg und dem Wegfall der klassischen Gesellschaftsstrukturen wie Monarchien ist die industrialisierte Welt in einem grundlegenden Wandel. Streiks von Gewerkschaften in vielen Ländern führen zu fundamentalen Veränderungen im Wirtschaftsgefüge. Arbeitnehmer erhalten mehr Rechte, werden in verschiedenen Ländern stärker sozial abgesichert, und man will nach den Leiden des industriell geführten Krieges nicht mehr nur leben um zu arbeiten und zu sterben. In dieser sozial bewegten Zeit beschäftigen sich Forscher und Organisationen wieder mit der Frage, wie Leistungssteigerung in Organisationen erreicht werden können.

    Human-Relations-Bewegung, „social man "

    Die Human-Relations-Bewegung etablierte ein neues Menschenbild. Die Grundlage hierfür waren unterschiedliche Studien zur Leistung von Mitarbeitenden, welche entgegen den gängigen Erwartungen völlig andere Ergebnisse hervorbrachten. Die bekanntesten sind die Untersuchungen im Jahre 1923 bei der „Western Electric Company" in Hawthorne (Chicago). Wie bei Taylor waren die Untersuchungen darauf ausgerichtet, die Arbeitsumgebung und Arbeitsgestaltung zu verbessern um die Produktivität zu steigern. Arbeitsraumgestaltung, Pausenlänge, Beleuchtungsverhältnisse und Belüftung wurden experimentell variiert. Interessanterweise zeigte auch die Kontrollgruppe, bei welcher keine Veränderungen stattfanden ebenfalls eine äquivalente Steigerung der Produktivität. Zudem zeigte die Experimentalgruppe weiterhin steigende Leistung, selbst wenn die positiven Veränderungen der Arbeitsumgebung zurückgenommen wurden. Die Forscher um den Psychologen George Elton Mayo erklären dieses Phänomen dahingehend, dass die erhöhte Aufmerksamkeit der Unternehmensleitung als auch das Interesse der Forscher an den Arbeitsgruppen der ausschlaggebende Faktor für die in allen Gruppen erhöhte Arbeitsproduktivität sei (Mayo 1933). Die Durchführung der Studie selbst führte schon zu einem besseren Betriebsklima (Peters 2015). Daraus entwickelte sich das Menschenbild des „social man".

    Social Man

    Mensch ist Bedürfnisträger

    Der Mensch ist ein Bedürfnisträger und ist als soziales Wesen wahrzunehmen. Neben der Befriedigung der elementaren Grundbedürfnisse wie Schlaf, Nahrung und Sicherheit existieren weitere Bedürfnisse, welche sich ebenfalls auf das produktive Handeln eines Menschen auswirken.

    Zugehörigkeit, Aufmerksamkeit, soziale Interaktion, kooperativer Führungsstil

    Entsprechend sollten Organisationen so strukturiert sein, dass sie die Bedürfnisse der Menschen insbesondere derjenigen nach Zugehörigkeit und Aufmerksamkeit befriedigen. Führung sollte weniger kontrollieren sondern vielmehr die soziale Interaktion fördern. Hierzu war es notwendig, dass die Führungskraft als Vermittler zwischen den Beschäftigten agierte und sich nachhaltig darum kümmerte, ein positives Betriebsklima zu schaffen. Jenes Menschenbild des „Social Man" ist somit die Grundlage des kooperativen Führungsstils (Peters 2015).

    1.3.3 Motivationsorientierter Ansatz

    Veränderung der Gesellschaft und Wirtschaft nach dem 2. Weltkrieg

    Die Folgen des 2.  Weltkrieges auf die Gesellschaft und Wirtschaft war tiefgreifend. Einerseits erfolgte eine große technologische Umwälzung, andererseits wurden für den Wiederaufbau viele Arbeitskräfte benötigt, welche durch den zweiten Weltkrieg nicht mehr vorhanden waren. Im Zuge dieser Umwälzungen und der günstigen wirtschaftlichen Lage für die Arbeitnehmer wurden Firmen vermehrt mit hohen Fluktuationsraten, langen Fehlzeiten und wiederkehrenden Streiks konfrontiert (Hug 2013; Peters 2015).

    Mensch als Arbeitsressource mit motivationalen Treibern

    Herrick und Maccoby (1975) sahen darin eine Krise der Arbeitsmotivation, welcher mit den vorherrschenden Menschenbildern nicht beizukommen war. Als Reaktion wurde der Human-Relations-Ansatz weiterentwickelt und neben der zwischenmenschlichen Arbeitsbeziehung trat vermehrt der Mensch als Arbeitsressource und seine motivationalen Treiber in das Zentrum des Forschungsinteresses.

    Self-actualizing Man

    Motivation, Selbstverwirklichung

    Spätere Forscher erweiterten die bestehenden Ansätze. Sie erkannten, dass Motivation zur Arbeit auf dem Ausmaß an wahrgenommener Autonomie und Kontrolle fußt. Maslow (1977) entwickelte das bekannte Modell der Bedürfnispyramide mit seinen Defizit- und Wachstumsbedürfnissen. Herzberg (1966) erweiterte dies, indem er zwischen Hygienefaktoren und Motivationsfaktoren unterschied (Kapitel Motivation). Maslow prägte zudem das Menschenbild des „self-actualizing man". Dieser strebt nach Selbstverwirklichung und will sich entwickeln. Selbstverwirklichung bedeutet hierbei den Wunsch, seine individuellen Fähigkeiten auszuschöpfen, um sich selbst zu entfalten (Peters 2015). Organisationen können diesem Bedürfnis entgegenkommen, indem sie Tätigkeiten zuweisen, welche Autonomie und Handlungsspielräume gewähren. Führungskräfte hatten somit die Aufgabe, durch Deckung der Bedürfnisse der jeweiligen Stufen dem Mitarbeitenden zu ermöglichen, die nächste Stufe in der Bedürfnispyramide zu erklimmen. Weiterentwicklung durch gezielte Förderung sind hierbei zentrale Aspekte des Führungsverhaltens.

    Bedürfnispyramide nach Maslow

    Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg

    X-/Y-Theorie von McGregor

    In demselben Zeitraum erkennt McGregor (1960) einen Zusammenhang zwischen der Einstellung und dem Verhalten des Managements und dem Arbeitsveralten von Angestellten. Er beschreibt zwei zugrunde liegende Annahmen, welche Führungskräfte über ihre Mitarbeitenden haben (Tab. 1.2). Das darauf fußende Führungsverhalten produziert im Sinne der „selbsterfüllenden Prophezeiung" genau jenes erwartete Verhalten bei den Mitarbeitenden. McGregor bezeichnete diese beiden Grundannahmen als Theorie X und Theorie Y .

    Tab. 1.2

    Theorie X und Y von McGregor (1960, © D. M. McGregor)

    Auch heute noch finden sich ähnliche Grundannahmen bei Führungskräften in Organisationen wieder.

    Gemeinsam haben alle Modelle des beziehungsorientierten Ansatzes, dass sie auf einem Menschenbild gründen, welches neben ökonomischen auch soziale Bedürfnisse als zentrale Wesenseigenschaften des Menschen erkennt. Die Organisation wird zwar weiterhin als Maschine betrachtet, in denen Menschen als integrale Teile mitwirken. Da jedoch der Mensch als soziales Wesen auf Anreize und Versagungen reagiert, muss der Mensch im Betrieb optimal behandelt werden, damit eine optimale Leistung gezeigt werden kann (Hug 2013).

    1.3.4 Systemischer Ansatz

    soziale Systeme, beschränkte Rationalität, Entscheiden unter Unsicherheit

    Noch in den 1950er-Jahren entwickelte das Travistock Institut auf der Grundlage ihrer Studien über die Einführung neuer Technologien im Steinkohlebergbau den soziotechnischen Systemansatz, welcher ein stärkeres Gewicht auf den Einbezug des sozialen Systems setzt (Trist und Bamforth 1951). Entwicklungen haben Auswirkungen auf das gesamte Organisationssystem inklusive der komplexen Interaktionsnetze zwischen den Menschen. Eine Organisation ist somit nicht nur ein technisches Gebilde, sondern ein komplexes System von interagierenden Individuen , das sich selbst bewusst und unbewusst organisiert. Gleichzeitig führten neue Technologien nicht nur im Bergbau, sondern in allen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft zu Veränderungen. Die gesamte Arbeitsumwelt wurde komplexer. Der Mensch war gezwungen, mit seinen beschränkten Ressourcen unter Unsicherheit Entscheidungen in einer sich dynamisch verändernden Umwelt zu treffen. Die Flexibilisierung und Digitalisierung der Arbeit stellten sowohl Unternehmen als auch Menschen vor neue Herausforderungen.

    Complex Man

    Menschen unterscheiden sich individuell und verhalten sich adaptiv und flexibel in einer ändernden Umwelt

    Das Menschenbild des „complex man" integriert die unterschiedlichsten Aspekte der zuvor schon existierenden Menschenbilder. Zentral hierbei ist, dass sich Menschen in unterschiedlichster Hinsicht, wie beispielsweise Motivation, Werte, Ziele, Fähigkeiten und Bedürfnisse individuell unterscheiden. Diese Aspekte verändern sich zusätzlich über die Zeit bei jedem Menschen. Gleichzeitig muss sich der Mensch als Teil einer Unternehmung und die Unternehmung in der Umwelt adaptiv und flexibel verhalten. Edgar Schein (1980) führte den Begriff des „complex man" ein und basierte dieses auf den folgenden sechs Annahmen:

    1.

    Bedürfnisse variieren inter- und intraindividuell.

    2.

    Motive wirken nicht unabhängig voneinander, sondern sind zu komplexem Muster verwoben.

    3.

    Häufig werden neue Motive im Austausch mit der Organisation gelernt.

    4.

    Einzelne Person kann in verschiedenen Organisationen oder verschiedenen Bereichen einer Organisation unterschiedliche Motive verfolgen (z. B. Selbstverwirklichung in Freizeit).

    5.

    Arbeitszufriedenheit und Effizienz lassen sich nur zum Teil auf Motive der Arbeiter zurückführen.

    6.

    Führungsverhalten sollte Ansprüchen der Arbeitnehmer angepasst sein.

    Mensch ist Komplexitätsbewältiger, Sinn der Arbeit

    Für Schein haben alle Menschen im Unternehmen einen bewussten freien Willen, mit welchem sie ihre Ziele verfolgen. Die Kooperation der Mitglieder und die Bereitschaft an der Organisation teilzunehmen, basiert auf der Abwägung von Vor- und Nachteilen für sich als auch für das System. Im Rahmen der vorherrschenden Entscheidungsstruktur treffen die Mitarbeiter dann ihre Entscheidungen über die nötigen Handlungen. Die Führung hat die Aufgabe, den Mitarbeitenden absichtsvolle, bewusste und zielgerichtete Verhaltensweisen zu erteilen, die notwendigen Kommunikationsnetze aufzubauen und die Unternehmensziele festlegen, im Rahmen derer die Mitarbeiter eigenständig Entscheidungen über das notwendige Verhalten treffen können. Die größte Herausforderung besteht jedoch darin, dass die Mitarbeitenden nur beschränkt Zugang zu Informationen haben, da immer gewisse Informationen unbewusst sind oder nicht zur Verfügung stehen. Somit entscheiden Führungskräfte als auch Mitarbeitende mit einer eingeschränkten Rationalität . Führung hat somit die Aufgabe, unter diesen Bedingungen Entscheide zu treffen. Der Mensch in der Arbeitswelt als auch die Führungskräfte sind somit Komplexitätsbewältiger (Hug 2013). Sie sind auf der Suche nach dem Sinn der Arbeit .

    Systemisches Menschenbild

    Konstruktivismus

    Die systemische Betrachtung des Menschen fußt auf den Arbeiten von Luhmann (1984) als auch Maturana und Varela (1987). Der Mensch wird als ein biologisches System gesehen, welches sich durch Rückkopplungsschlaufen dynamisch einer sich verändernden Umwelt, bestehend aus anderen Systemen, anpasst. Durch dessen Interaktion mit der Umwelt und die Verarbeitung der Informationen über die eigenen Sinneskanäle kreiert sich der Mensch das eigene Bild der Realität (Konstruktivismus ). Zusammen mit anderen Menschen bilden sie soziale Systeme , welche sich ebenfalls über interne und externe Rückkopplungsschlaufen dynamisch der verändernden Umwelt anpassen und sich selbst organisieren (Autopoesis ). Individuum und Umwelt stehen in einem dauerhaften sich gegenseitig beeinflussenden Austausch, welcher vielschichtig und über unterschiedlichste Kanäle erfolgt. Organisationen sind somit bewusst und unbewusst gestaltete Systeme, welche durch die dynamische Interaktion zwischen Menschen entstehen. Jeder Mensch wirkt auf diese Systeme ein und verändert diese. Durch Veränderung der Strukturen und Prozesse in einer Organisation besitzt der Mensch die Fähigkeit, die eigenen Ziele zu integrieren oder seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.

    Probst (1992) definiert diese systemische Sicht des Menschen wie folgt:

    Definition

    Definition: systemische Sicht

    Systemische Sicht: Der Mensch ist ein komplexes individuelles Wesen und verhält sich als Angehöriger von Organisationen oder Systemen zugleich als Gestalteter und Gestaltender. In der von ihm subjektiv wahrgenommenen Realität sucht er seine Bedürfnisse zu befriedigen, indem er reagiert und agiert. Die Realität, auf die organisatorisch, ist also kein objektives Ganzes, sondern das Ergebnis vieler subjektiver Wahrnehmungen und Vorstellungen (Probst 1992, S. 391 ff.).

    gemeinsam kreiert man die organisationale Realität

    Somit ist die zentrale Aufgabe der Führungskraft einerseits, die eigene Realität bewusst zu steuern als auch eine Systemumwelt zusammen mit den Mitarbeitenden zu schaffen, welche einerseits die individuellen als auch die kollektiven Bedürfnisse befriedigen kann. Alle Organisationsbeteiligten kreieren die organisationale Realität und was als Organisation wahrgenommen wird. Gemeinsam kann man diese auch verändern, wobei man jedoch auf Rückkopplungsmechanismen und Prozesse stößt, welche erst in der Veränderung ihre vorherige Existenz aufzeigen.

    1.3.5 Neuroansatz

    „brain-directed man", Verarbeitungsprozesse im Gehirn

    In den letzten rund 30 Jahren erlebte die Welt erneut tiefgreifende Umbrüche. Einerseits zerbrach der Ostblock, und der über 50 Jahre dauernde Kalte Krieg war zu Ende. Die Informationstechnologie in Form von Computer, Internet, Mobiltelefonie veränderte die Arbeit und die Zusammenarbeit von Menschen grundlegend. Gleichzeitig ermöglichten neue Technologien in der Wissenschaft ein tieferes Verständnis für die grundlegenden Funktionen des Menschen, insbesondere des Gehirns. Das aktuell immer stärker entstehende Menschenbild des „brain-directed man " (Peters 2015) versucht die Motive und die Handlungs- und Entscheidungsprozesse des Menschen anhand der im Gehirn ablaufenden Prozesse zu erklären und zu verstehen. Nach Peters sind folgende Aspekte dieses Menschenbildes zentral (Peters 2015, S. 11 f.; Peters und Ghadiri 2013):

    1.

    Unterschiedliche Gehirnareale sind Ausgangspunkt für das Handeln des Menschen und seine Bedürfnisse. Nicht nur rationale Überlegungen bestimmen die Motive und das Handeln des Menschen. Nicht wenige Handlungsmuster sind vorprogrammiert und werden unbewusst ausgelöst.

    2.

    Emotionen spielen eine zentrale Rolle als aktive Handlungstreiber unseres Verhaltens, wobei sowohl Emotionen und Affekt die im Gehirn ablaufenden kognitiven Prozesse unterschiedlich stark beeinflussen können. Die rationalen und bewussten Verarbeitungsprozesse im Gehirn haben ein Vetorecht beim täglichen Agieren des Menschen.

    3.

    Der Mensch ist ein wandlungsfähiges Wesen, obschon viele Handlungsmuster automatisiert ablaufen. Günstige Bedingungen, welche auf das Belohnungssystem im Gehirn wirken, verstärken die Lern- und Anpassungsprozesse.

    4.

    Die Erfüllung der neurowissenschaftlichen Grundbedürfnisse ist von zentraler Bedeutung für die Mitarbeiterzufriedenheit. Die Grundbedürfnisse wirken in allen Menschen und werden somit in diesem Menschenbild als allgemeingültig betrachtet. Sozialisation, Lernen, Persönlichkeit und viele andere Einflussgrößen führen zu einer unterschiedlichen Akzentuierung dieser Grundbedürfnisse.

    Grundbedürfnisse

    Organisationen sollten so konzipiert werden, dass sie den grundlegenden psychologischen Verarbeitungsprozessen im Menschen Rechnung tragen. Insbesondere die Befriedigung der Grundbedürfnisse kann nur durch individuelle Anpassungen der angetroffenen Organisationsumwelt an das einzelne Individuum gewährleistet werden. Hierbei sollte jedoch das einzelne Individuum selbst mitentscheiden und die hierfür relevante Umwelt mitgestalten können.

    Es gilt, dass „alte Verhaltensweisen nie verlernt werden. Neue Handlungsmuster existieren zuerst parallel zu den schon vorherrschenden. Durch die entsprechende Gestaltung der Umwelt anhand von Lernerfahrungen und konstruktiven Rückmeldungen können die neuen Handlungsmuster verfestigt und mit der Zeit automatisiert werden. Erst die dadurch „verinnerlichten Handlungsmuster werden langfristig erfolgreich wirksam.

    Als Führungskraft ist darauf zu achten, dass das durch sie gestaltete Arbeitsumfeld jene Voraussetzungen bietet, dass das individuelle Belohnungssystem die hilfreichen Handlungsmuster verstärkt. Klarheit über die aktuell wichtigen Grundbedürfnisse bei den Mitarbeitern hilft der Führungskraft dabei, durch das eigene Verhalten jenes günstige Arbeitsumfeld zu generieren.

    Zusammenfassung

    Die Entwicklung der Menschenbilder erfolgte in den letzten 130 Jahren in mehreren Schritten. Am Anfang stand die Sichtweise des Menschen als schlecht funktionierende Maschine, welche primär durch finanzielle Anreize getrieben wird und egoistisch denkt und handelt („economic man). Spätere wissenschaftliche Untersuchungen zeigten jedoch, dass der Mensch ein soziales Wesen ist auf der Suche nach Anerkennung und Zugehörigkeit („social man). Obwohl in den frühen Jahren dieser Entwicklung hin zu einem neuen Menschenbild das Verständnis des Menschen als Teil einer Maschine bestehen blieb, veränderte sich auch dies, als die Motivation der Mitarbeitenden in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückte. Die Erkenntnis, dass der Mensch nach der Befriedigung von Bedürfnissen und nach Selbstverwirklichung strebt, führte erneut zu einem Wandel des Menschenbildes („self-actualizing man). Die Betrachtung von Organisationen, Gesellschaften und des Menschen als komplexe, dynamische Systeme, welche miteinander interagieren und sich gegenseitig beeinflussen, führte zu einem erneuten Wandel des Menschenbildes. Der Mensch konstruiert sich seine Realität in dieser komplexen Systemumwelt selbst und ist auf der Suche nach dem Sinn der Arbeit („complex man). Die neuste Entwicklung basiert auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Neuropsychologie und setzt die Grundbedürfnisse als auch die psychologischen Verarbeitungsprozesse des Gehirns ins Zentrum der Betrachtung („brain-directed man").

    Literatur

    Fayol, H. (1956). Principes généraux d’administration. Administration industrielle et générale. Paris: Dunod.

    Herrick, N. Q., & Maccoby, M. (1975). Humanizing work: Priority goal in the 1970’s. In Davis & A. B. Cherns (Hrsg.), Problems, prospects, and the state of the art. The quality of working life, Bd. 1. New York: Free Press.

    Herzberg, F. I. (1966). Working and the nature of man. New York: Crowell.

    Hug, B. (2013). Menschenbilder. In S. Steiger & E. Lippmann (Hrsg.), Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte 4. Aufl. Heidelberg: Springer.

    Luhman, N. (1984). Soziale Systeme – Grundriss einer allgemeinen Theorie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

    Maslow, A. H. (1977). Motivation und Persönlichkeit. Olten: rororo.

    Maturana, H. R. & Varela, F. J. (1987). Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln des Erkennens. München: Goldmann.

    Mayo, E. (1933). The human problems of an industrial civilization. Cambridge: Harvard.

    McGregor, D. M. (1960). The human side of enterprise. New York: McGraw-Hill.

    Peters, T. (2015). Leadership: Traditionelle und moderne Konzepte. Wiesbaden: Springer Gabler.

    Peters, T., & Ghadiri, A. (2013). Neuroleadership – Grundlagen, Konzepte, Beispiele: Erkenntnisse der Neurowissenschaften für die Mitarbeiterführung (2. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler.

    Probst, G. J. P. (1992). Organisation: Strukturen, Lenkungsinstrumente, Entwicklungsperspektiven. Landsberg/Lech: mi.

    Schein, E. H. (1980). Organizational psychology (3. Aufl.). Engelwood Cliffs: Pearson.

    Taylor, F. W. (1913). Principles of scientific management. New York, London: Harper.

    Trist, E. L., & Bamforth, K. (1951). Some social and psychological consequences of the longwall method of coal-getting: an examination of the psychological situation and defences of a work group in relation to the social structure and technological content of the work system. Human Relations, 4(1), 3–38.Crossref

    Weber, M. (1922). Wirtschaft und Gesellschaft: Grundriß der verstehenden Soziologie. Tübingen: Mohr.

    Weinert, A. B. (1998). Organisationspsychologie (4. Aufl.). Weinheim: Beltz.

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    Eric Lippmann, Andres Pfister und Urs Jörg (Hrsg.)Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräftehttps://doi.org/10.1007/978-3-662-55810-2_2

    2. Organisationsverständnis und dessen Einfluss

    Urs Jörg¹   und Thomas Steiger²

    (1)

    IAP Institut für Angewandte Psychologie, ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Zürich, Schweiz

    (2)

    Uster, Schweiz

    Urs Jörg

    Email: urs.joerg@zhaw.ch

    2.1 Historische Entwicklung der Organisationsbetrachtung

    2.1.1 Klassische Ansätze, ökonomisch-rationale Perspektive

    2.1.2 Verhaltenswissenschaftliche Perspektive

    2.1.3 Systemtheoretische Perspektive

    2.2 Traditionelles Organisationsverständnis

    2.3 Organisation als komplexes System

    2.4 Organisation als soziotechnisches System

    2.4.1 Existenzgrund und Aufgabe („Primary Task") von Systemen

    2.4.2 Systemidentität und Selbstorganisation

    2.4.3 Aufgabenverständnis, Ziele und Strategien

    2.4.4 Struktur

    2.4.5 Kultur

    2.4.6 Rückkoppelung und Feedbacksysteme

    Literatur

    Auf einen Blick

    Das persönliche Verständnis darüber wie Organisationen funktionieren, bestimmt das Verhalten der Menschen in Organisationen maßgeblich. Dies gilt besonders für Führungshandeln und die Interpretation dieses Handelns durch die verschiedenen Akteure innerhalb und außerhalb der Organisation. Im folgenden Kapitel erfolgen ein kurzer Überblick und eine kritische Würdigung verschiedener relevanter Organisationskonzepte. Die vorgestellten Ansätze liefern für die Führungspraxis hilfreiche Anhaltspunkte und ermöglichen eine kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit dem eigenen Organisationsverständnis. Dies mit dem Ziel ein vertieftes und reflektiertes Organisationsverständnis zu erlangen und die Wirksamkeit des persönlichen Führungshandelns zu steigern.

    Das Verständnis, wie Organisationen funktionieren bzw. aufgebaut werden müssen um möglichst zielführende Antworten auf die praktischen Anforderungen zu liefern war und ist abhängig von eben diesen praktischen Anforderungen, dem Zeitgeist, den vorherrschenden Menschenbildern und neben anderem den technologischen Möglichkeiten. Zudem prägt die fachliche Perspektive der Personen, die Organisationstheorien entwickeln das entsprechende Organisationsverständnis. Es gibt kein „richtiges" oder allgemeingültiges Organisationsverständnis. Die verschiedenen Perspektiven sollen vielmehr helfen ein Verständnis zu entwickeln um wirksam und zielführend zu handeln und zu führen. Organisationskonzepte aus der Vergangenheit prägen unser heutiges Organisationsverständnis implizit oder explizit mit. Sie beeinflussen das Denken und Handeln der Menschen weiterhin. Umso wichtiger ist es kritisch zu prüfen, welche Perspektiven adäquate Antworten auf die heutigen Führungsherausforderungen liefern.

    2.1 Historische Entwicklung der Organisationsbetrachtung

    2.1.1 Klassische Ansätze, ökonomisch-rationale Perspektive

    Der Bürokratieansatz von Max Weber

    Idee der Machbarkeit, Organisation als steuerbare Maschine

    Der deutsche Soziologe Max Weber erläutert 1921/1922 die modernen, leistungsfähigen Strukturen von Wirtschaft und Verwaltung. Er beschreibt einen Idealtypus rationaler und legaler Herrschaft im Gegensatz zu charismatischer oder traditionaler Herrschaft. Kennzeichnend sind gezielt festgelegte Regeln und dauerhaft eingerichtete „Verwaltungen in „Büros mit hauptamtlichem, fachlich ausgebildetem Personal.

    Typische Merkmale dieses Konzepts sind unter anderem die professionelle Ausbildung der Mitarbeiter und ein beruflicher Werdegang in Laufbahnen als Anreizsystem. Es handelt sich um ein organisatorisches Konzept, das Leistungsfähigkeit und Berechenbarkeit gewährleistet durch Arbeitsteilung, Amtshierarchie, Dienst- und Fachaufsicht sowie die Aktenmäßigkeit.

    Scientific Management und Taylorismus

    Durch den verstärkten Einsatz von Maschinen und das Aufkommen der Massenproduktionen im Zuge der industriellen Revolution, entwickelte sich eine starke Nachfrage nach Managementleitfäden zur Gestaltung der neuartigen Fabriken. Frederick Winslow Taylor (1856–1915) entwickelte den Ansatz des Scientific Management, in der Weiterentwicklung auch Taylorismus genannt. Ziel war es, sowohl die Produktivität der Arbeiter als auch die Effizienz des Managements zu steigern. Folgende Managementprinzipien sind typisch: Trennung von Hand- und Kopfarbeit, Analyse der menschlichen Arbeit in Zeitstudien, Differenzial-Lohnsystem, Festlegung des täglichen Arbeitspensums und Funktionsmeistersystem.

    Administrations- und Managementlehre

    Henri Fayol (1841–1925) lieferte mit seiner Arbeit die Basis für die in den USA und England entwickelte Managementlehre. Im Mittelpunkt standen Fragen der Verwaltung und Probleme der Unternehmensführung. Fayol zeigte, das bestimmte Funktionen und präzise Prinzipien das Management wirksam machen. Nach ihm sind wichtige Managementfunktionen: Vorausplanung, Organisation, Auftragserteilung, Koordination und Kontrolle. Der Grundsatz der Einheit der Auftragserteilung ist ein weiteres Charakteristikum. Das bedeutet, dass eine in der Hierarchie nachgeordnete Stelle jeweils nur von einer übergeordneten Instanz Weisungen erhalten kann. Damit lange Informationswege vermieden werden, ist der Kontakt zwischen gleichrangigen Positionen erlaubt.

    Betriebswirtschaftliche Organisationslehre

    In Deutschland entwickelte sich ab 1930 die betriebswirtschaftliche Organisationslehre. Im Mittelpunkt stand hier die Aufgabe. Der Begriff des Aufgabenträgers wurde in diesem Zusammenhang geprägt sowie die Aufbau- und Ablauforganisation entwickelt.

    Gemeinsam ist allen diesen Ansätzen die ökonomisch-rationale Perspektive, welche sich im Verlauf der Industrialisierung durchgesetzt hat. Sie ist geprägt von der Idee der Machbarkeit. Die Organisation wird – analog einer komplizierten Maschine – durch möglichst perfekte Arbeitsteilung letztendlich als exakt und fehlerfrei steuerbar gesehen. Der Mensch ist Produktionsfaktor und wird auch so behandelt. Sein Einsatz wird wissenschaftlich im Sinne einer Minimierung der Kosten bei Maximierung des Leistungsergebnisses um maximale Effizienz zu erreichen, zentral geplant und durchgesetzt. Wichtigster Vertreter dieser Sichtweise ist Taylor (1913). Die beschriebenen Organisationsmodelle führten zu zwei wichtigen Entwicklungen: Organisationen konnten nun kurz- und langfristig planen, es gelang auch Organisationsstrukturen zu schaffen, die stabil waren und Wachstum ermöglichten.

    2.1.2 Verhaltenswissenschaftliche Perspektive

    Mensch rückt ins Zentrum der Betrachtung

    Die verhaltenswissenschaftliche Perspektive rückt – auch als Gegenreaktion auf die Anschauungen des ökonomisch-rationalen Paradigmas – den Menschen in dem Sinne ins Zentrum der Betrachtung, als sie feststellt, dass Organisationen durch interagierende Menschen mit eigenen Bedürfnissen gebildet werden. Diese Menschen und Gruppen entwickeln eigene Verhaltensnormen und Selbstverständnisse.

    Organisation als sozialer Verbund mit eigenem Charakter, zentrales Thema: Motivation, weitgehende Steuerbarkeit der Organisation

    Geführt wird aus dieser Perspektive deshalb eine Organisation nicht primär durch das Mittel der effizienten Arbeitsteilung, sondern durch Schaffung geeigneter Bedingungen der Zusammenarbeit. Gemeint sind damit Normen, Regeln und Anreize, die die Verhaltensweisen des einzelnen Organisationsmitgliedes in seiner Gruppe und das Verhalten ganzer Arbeitsgruppen im Sinne von übergeordneten Interessen und unter Wahrung der individuellen Autonomiebedürfnisse steuern. Zentrales Thema der Führung ist hier die Motivierung der Mitarbeiter. Auch hier ist das Organisationsverständnis durch die Idee der prinzipiellen Machbarkeit geprägt: Die durchdachte Organisation der Zusammenarbeit macht diese weitgehend steuerbar, planbar, d. h. prognostizierbar und kontrollierbar. Die Vertreter dieser Perspektive sind die große Zahl der Human-Relations-Theoretiker, eine wissenschaftliche Bewegung der 1930er- bis 1950er-Jahre, die durch Untersuchungen über die Arbeitszufriedenheit von Industriearbeitern in den USA inspiriert worden war. Diese Perspektive ist bis in die 1970er-Jahre von Motivationstheoretikern wie z. B. Maslow und Herzberg wissenschaftlich weiterentwickelt und vertieft worden.

    Verhaltensorientierte Ansätze im Überblick

    Organizational Behaviour

    Organizational Behaviour liefert Antworten auf die Frage, wie sich Menschen, aufgrund ihres Wahrnehmens, Denkens und Fühlens in Organisationen verhalten. Dabei können verschiedene Betrachtungsebenen gewählt werden (Gruppe/Team, Abteilung, Geschäftseinheit bis hin zur Gesamtorganisation). Die Gestaltung und Implementierung von sozialen Regeln, Prozessen, Funktionen und Strukturen welche helfen, die gesteckten Ziele zu erreichen, stehen im Fokus. Konstrukte wie Rollenerwartungen, Interaktion, Anpassung oder Sinnstiftung werden empirisch untersucht und Ihre Wirkungen geprüft. Floyd Henry Allport ist ein wichtiger Exponent dieser Perspektive.

    Human-Relations-Ansatz

    Der Ausgangspunkt der Human-Relations-Bewegung waren die Hawthorne-Studien, in denen die Auswirkungen verschiedener Arbeitsbedingungen auf die Arbeitsleistung untersucht wurden. Die Kernaussage dieser Betrachtungsweise lautet: der Mensch ist ein soziales Wesen und funktioniert nach eigenen Gesetzen. Weiter wird davon ausgegangen, dass eine positive Einstellung der Organisationsmitglieder gegenüber der Arbeit zu einer hohen Zufriedenheit führt. Diese Zufriedenheit bewirkt gemäß dem Human-Relations-Ansatz eine hohe Arbeitsleistung.

    Motivationstheoretische Ansätze

    Mit den Motivationstheorien entwickelte sich aufbauend auf den Human-Relations-Ansatz eine weitere Forschungsrichtung mit erheblichem Einfluss auf das Verständnis von Organisationen und ihrer Funktionsweise. Im Zentrum steht der Zusammenhang zwischen Motivation, Zufriedenheit und Leistung.

    Abraham Maslow entwickelte die Bedürfnispyramide mit den fünf Stufen handlungsleitender Motive. Die X-Y-Theorie von Douglas McGregor besagt, dass Führungsentscheidungen durch ein bestimmtes Menschenbild geprägt werden. Im Sinne einer Selbsterfüllenden Prophezeiung werden durch das so motivierte Führungshandeln Reaktionen ausgelöst, welche die bereits bestehenden Überzeugungen der Führungsperson bestätigen. Die Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg postuliert zwei unabhängige Einflussfaktoren, die Hygienefaktoren und die Motivatoren, welche die Motivation und Zufriedenheit der Menschen in Organisationen maßgeblich bestimmen.

    Der Gewinn dieser Betrachtungen bestand darin, dass Organisationen stärker auf die Bedürfnisse der darin arbeitenden Menschen Bezug nahmen und im besten Fall zu einer Humanisierung der Organisationen beitrugen.

    2.1.3 Systemtheoretische Perspektive

    Komplexität und Dynamik

    Die systemtheoretische Perspektive erweitert die Sichtweisen der vorangegangenen Ansätze grundlegend.

    Definition

    Systeme bestehen aus mehreren Elementen, welche dynamisch interagieren

    Als „System" bezeichnen wir in unserem Zusammenhang jede Form menschlicher Zusammenarbeit, die auf eine gemeinsame Aufgabe ausgerichtet ist: Arbeits- oder Projektgruppen, Abteilungen, Bereiche, ganze Firmen etc. können als System erfasst, beobachtet und beschrieben werden. Jedes System besteht aus einem dynamischen Zusammenspiel von Elementen, die zusammen ein Ganzes bilden. In einem komplexen Zusammenspiel dieser Elemente verarbeitet jedes System Inputs aus seiner Umwelt in Outputs an seine Umwelt.

    Organisation als lebender Organismus, als soziales System, Abschied von der Machbarkeit, Führen unter Bedingungen der Unsicherheit

    Die Umwelt – verstanden als sämtliche Bedingungen, die außerhalb der beobachteten Organisation liegen – rückt ins Blickfeld der Managementwissenschaften. Das Unternehmen oder allgemein die Organisation erscheint als ein lebendiger Organismus, der von seiner Umwelt beeinflusst wird und welcher gleichzeitig seine Umwelt mitbeeinflusst. Sowohl die Umwelt wie auch die einzelne Organisation und ihre Subsysteme haben eine Eigendynamik. Sie verändern und entwickeln sich auch aus sich selbst, ohne kausalen Anstoß, von außen. Das Verhalten von und in Organisationen basiert auf einer intensiven Vernetzung und gegenseitigen Beeinflussungsprozessen. Es bestehen mannigfaltige Interdependenzen. Diese Perspektive, welche der Komplexität Rechnung trägt, nimmt Abschied von der Vorstellung der vollständigen Planbarkeit, Kontrollierbarkeit und exakten Prognostizierbarkeit, also vom mechanistischen Weltbild der Machbarkeit. Führen von und in Organisationen ist damit nur unter Bedingungen der Unsicherheit möglich (Rieckmann, 2007). Dieser Umstand hat tief greifende Auswirkungen auf die Grundhaltung von Führungskräften und auf die Gestaltung und den Einsatz von Führungsinstrumenten aller Art. Sprachliche Ausdrücke wie „die Situation im Griff haben, Führungskräfte als „Macher, „Beherrscher" verweisen auf alte Haltungen und Denkmuster, die mit der neueren systemischen Perspektive nicht mehr vereinbar sind. Die hier vorgestellten Denkanstöße basieren auf diesem systemischen Ansatz, sie wollen diesen verständlich und für die Praxis nutzbar machen (Steinkellner, 2007).

    drei historische Perspektiven

    Tab. 2.1 zeigt die charakteristischen Organisationsprinzipien dieser drei Konzepte.

    Tab. 2.1

    Perspektiven und Grundprinzipien historischer Organisationsverständnisse. (Adaptiert nach Probst 1992)

    2.2 Traditionelles Organisationsverständnis

    Eigenschaften

    Zur Verdeutlichung der Unterschiede zum systemischen Verständnis werden hier zunächst eine traditionelle Organisationssicht und deren wichtigste Eigenschaften plakativ dargestellt.

    Funktionalisierung durch Abgrenzung, Kontrolle statt Kommunikation, Spezialisierung statt Vernetzung, Zielorientierung, fehlende Umweltbezüge

    Die Form der Abb. 2.2 bringt die starke Funktionalisierung durch Abgrenzung von Aufgaben- und Verantwortungsfeldern zum Ausdruck. Tatsächlich handelt es sich mehr um Abgrenzung als um ein Zusammenspiel, was sich in der Form von wenig durchlässigen horizontalen und vertikalen Strukturen manifestiert. Kommuniziert wird über die (Um‑)Wege der Hierarchie. Nicht Vernetzung, sondern Spezialisierung ist dominierend. Die Organisationssicht ist funktionalistisch im Gegensatz zu organisch. Dem zugrunde liegt eine mechanistische Überzeugung: Organisationen können exakt konstruiert werden und ihr Verhalten ist im Sinne einer klaren Ziel- und Zweckorientierung planbar, steuerbar und vorhersehbar. Die Organisationssicht ist mechanistisch im Gegensatz zu evolvierend, sich entwickelnd. Abb. 2.2 stellt eine gewisse Selbstgenügsamkeit der Organisation dar. Bezüge zum Umfeld der Organisation fehlen. In diesem traditionellen Organisationsverständnis ist nur ein eingeschränktes Bewusstsein für die Interdependenzen mit der Außenwelt vorhanden. Dank stark wachsender Märkte und ausreichender oder ersetzbarer kostengünstiger Ressourcen hatte dies lange Zeit keine negativen Auswirkungen auf den Erfolg. Das Organisationsverständnis ist reduktionistisch, analytisch und statisch im Gegensatz zu vernetzt, Muster und Zusammenhänge erkennend und dynamisch: es nimmt Komplexität wenig wahr.

    ../images/58284_5_De_2_Chapter/58284_5_De_2_Fig1_HTML.png

    Abb. 2.1

    © 2018 by Tobias Leuenberger

    ../images/58284_5_De_2_Chapter/58284_5_De_2_Fig2_HTML.png

    Abb. 2.2

    Organisation in funktionaler Betrachtung

    traditionelles Organisationsverständnis ist überholt

    Unsere Welt hat sich inzwischen zweifellos verändert. Moderne Technologien und Kommunikationsmittel haben eine vernetzte, dynamische Welt geschaffen. Beweise für unerwartete und ungewollte Folgen unseres Handelns, gibt es viele. Die von uns mitveränderte Welt wirkt in unkontrollierbarer Weise auf uns zurück und konfrontiert uns mit neuen Rahmenbedingungen. Komplexität wahrzunehmen und konstruktiv damit umzugehen, sind wichtige Schlüssel, um Organisationen sinnvoll und produktiv zu gestalten. Die Geschwindigkeit von Veränderungen, technologischen Neuerungen und in der Entstehung von konkurrierenden Organisationen hat exponentiell zugenommen. Die systemische Sicht von Organisationen erleichtert im Vergleich zu traditionelleren Perspektiven den konstruktiven Umgang mit diesen Entwicklungen.

    2.3 Organisation als komplexes System

    Abgrenzung „kompliziert von „komplex

    Kompliziert verwenden wir im Sinne von „schwer zu verstehen": Es geht um schwierig darzustellende Sachverhalte, die allerdings eindeutig bestimmt sind. Eine mathematische Formel, ein Superrechner der neuesten Generation oder ein Roboter. Kompliziert ist also etwas, das zwar schwer zu durchschauen ist, aus vielen Faktoren und Verbindungen besteht. Diese sind bestimmt und folgen eindeutigen und bekannten Gesetzmäßigkeiten.

    technische Systeme sind kompliziert und prognostizierbar

    Durch aufwendige Analyse, d. h. durch Zerlegung in Einzelaspekte, werden komplizierte Probleme lösbar. Die einzelnen Elemente eines komplizierten Systems sind in ihrem Verhalten bestimmt. Eine komplizierte Maschine verändert sich nicht von selbst, sie entwickelt sich auch nicht eigenständig weiter. Wird die Maschine eingeschaltet, wirken die Teile in geplanter Art und Weise aufeinander ein und erzeugen ein prognostizierbares Verhalten der gesamten Maschine. Technische Systeme sind zwar kompliziert, aber sie sind statisch und werden deshalb auch als trivial bezeichnet.

    soziale Systeme sind komplex und nicht trivial, Eigendynamik, Interdependenzen und Vernetzung, Intransparenz, keine exakte Vorhersehbarkeit

    Im Gegensatz dazu sind soziale Systeme komplex und dynamisch. Komplexe Systeme sind eigendynamisch, ihre Elemente und ihre sie beeinflussenden Umwelten verändern sich unabhängig vom System selbst. So entwickeln sich die Menschen in einer Organisation, einem Unternehmen zum Beispiel, auch unabhängig von der Aufgabe und den Beziehungen, die sie in diesem Unternehmen haben. Diese eigendynamischen Veränderungen beeinflussen das Verhalten der Organisation insgesamt. Gleichzeitig wirkt die Organisation mit ihren Arbeitsbedingungen auf die Menschen ein und prägt sie. Im Gegenzug beeinflussen die Menschen die bestehenden Bedingungen bewusst oder unbewusst mit und wirken dadurch Systemgestaltend. Komplexe soziale Systeme sind durch eine große Anzahl von Beziehungsverhältnissen zwischen den Systemelementen, den Menschen und den Umwelten des Systems gekennzeichnet: Komplexe Systeme sind vernetzt. Die große Anzahl und Vielfalt von Eigenschaften und Wirkungsweisen dieser Beziehungen schränken die Übersicht und die Möglichkeit der Kontrolle drastisch ein: Komplexe Systeme sind intransparent. Die Dynamik, Vernetzung und Intransparenz verhindern eine exakte Prognostizierbarkeit des Verhaltens komplexer Systeme; sie sind nicht trivial. Das Verhalten komplexer Systeme lässt sich nur in Wahrscheinlichkeiten beschreiben.

    komplexe Systeme erfordern andere Methoden der Steuerung

    Organisationen sind soziale und damit komplexe Systeme und haben grundsätzlich andere Gesetzmäßigkeiten als technische Systeme. Demzufolge müssen auch die Methoden der Steuerung solcher Systeme andere sein. Führen unter solchen Bedingungen bedeutet, mit Komplexität, d. h. mit dem Handeln und Entscheiden unter Unsicherheit, umgehen zu können bzw. dieses zu lernen. Als Grundlage dafür soll zunächst ein hilfreiches Organisationsverständnis entwickelt werden, das diesen Bedingungen Rechnung trägt. Ulrich (1984, S. 52–57) liefert hierzu wichtige Hinweise:

    Organisationen werden als offene soziale Systeme aufgefasst, die mit ihrer Umwelt in vielfältigen Wechselbeziehungen stehen. Organisationen sind damit einem stetigen Anpassungsprozess an dynamische und komplexe Umweltbedingungen unterworfen. Dies mit dem Ziel ein Fließgleichgewicht herzustellen und aufrecht zu erhalten.

    Die Integration von Analyse und Synthese ermöglicht die Anpassung des Detaillierungsgrads systemtheoretischer Modellierung. Detailkenntnisse über bestimmte Systemteile werden mit Globalkenntnissen verbunden.

    Das Denken in Verknüpfungen und Regelkreisen ersetzt die Vorstellung linearer Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge; existierende Interdependenzen werden integriert.

    Das Verhalten eines sozialen Systems wird maßgeblich durch Struktur und Information beeinflusst. Dynamische Unternehmensumwelten erfordern anpassungsfähige Organisationsstrukturen und angemessene Management-Informationssysteme.

    Interdisziplinarität wird im systemorientierten Denken gefordert und gefördert.

    Obige Sichtweise fußt unter anderem auf den Erkenntnissen des Management-Kybernetikers Stafford Beer (1967) und der St. Galler Managementlehre (Bleicher 2004). Zudem sind Aspekte des soziotechnischen Systemansatzes darin enthalten. Soziotechnisch nennen wir Systeme, die durch eine Kombination sich gegenseitig beeinflussender sozialer und technischer Aspekte gekennzeichnet sind. In den entwickelten Gesellschaften sind die technisch-betriebswirtschaftlich-strukturellen Aspekte in fast allen Organisationen von enormer Bedeutung. In solchen Organisationen findet eine symbiotische Verknüpfung von sozialen und technischen Systemen statt.

    2.4 Organisation als soziotechnisches System

    Definition

    Mit Organisation bezeichnen wir jedes von Menschen getragene soziale System, welches auf ein Ziel, einen Zweck, eine Aufgabenerfüllung ausgerichtet ist, also sowohl private Unternehmen wie auch staatliche, soziale, karitative Institutionen, Vereine usw.

    soziotechnisches System

    Organisationen haben also Merkmale und Eigenschaften soziotechnischer Systeme, die wir im Folgenden näher beleuchten wollen. Die Begriffe „Organisation und „(soziotechnisches) System werden dabei synonym verwendet.

    2.4.1 Existenzgrund und Aufgabe („Primary Task") von Systemen

    Aufgabe der Organisation

    Mit der Ausrichtung auf eine Aufgabe haben wir die erste wichtige Eigenschaft von soziotechnischen Systemen genannt. Organisationen stehen in einem Austauschverhältnis mit ihrer Umwelt (Abb. 2.3). Sie existieren, weil ihre Umwelt ihnen dafür einen Grund bietet, den Existenzgrund. Die Umwelt ist Abnehmer von dem, was die Organisation als Output in ihre Umwelt entlässt. Die Organisation bzw. das betrachtete System erfüllt einen Zweck. Die Umwelt stellt der Organisation Ressourcen als Input zur Verfügung, welche das System benötigt, um durch geeignete Transformationsprozesse den Output zu erzeugen und damit seinen Zweck zu erfüllen.

    ../images/58284_5_De_2_Chapter/58284_5_De_2_Fig3_HTML.png

    Abb. 2.3

    Soziotechnische Systeme sind auf eine Aufgabe ausgerichtet

    Definition

    Die Umwelt, oder treffender, die Systemumwelten verkörpern alle für das System bedeutsamen Rahmenbedingungen. Bei einem Unternehmen sind das beispielsweise die Rohstoff‑, Arbeits- und Absatzmärkte, verfügbares Know-how, die herrschende Rechtsprechung, der Fiskus, gesellschaftliche Werte und Normen. Anders ausgedrückt ist die nächsthöhere Systemebene für das betrachtete System immer „Umwelt". Ist das betrachtete System beispielsweise eine Abteilung eines Unternehmens, so ist die Umwelt das ganze Unternehmen. Systeme sind also immer Teil oder Subsystem eines übergeordneten Suprasystems. Was als System jeweils betrachtet wird, hängt damit von der Beobachtungsperspektive ab. Es ist von besonderer Wichtigkeit für die Praxis der Arbeit in und an Systemen, sich über die eigene Beobachterposition im Klaren zu sein. Nur so ist es möglich, Grenzen und Reichweite der Interventionsspielräume zu erkennen.

    Aufgabe (Primary Task)

    In der jeweiligen Umwelt liegt also der Grund für die Existenz eines Systems. Die Umwelt delegiert eine Aufgabe, die Primary Task an das System. Sie tut das mindestens so lange, wie das System den Erwartungen der Umwelt gerecht wird und den beabsichtigten Zweck erfüllt.

    Beispiel

    Autohäuser verdanken ihre Existenz der Tatsache, dass Menschen Auto fahren. Diese Autos werden verkauft und gewartet. Daraus ergeben sich eine Reihe von Charakteristika der Hauptaufgabe (Primary Task) eines Autohauses: Verkauf und Reparatur von Fahrzeugen, Verkauf von Ersatzteilen sowie von Betriebsmitteln. Zu den Erwartungen der Umwelt an die Garagen gehört auch die Bereitstellung eines umfassenden Services (Serviceorganisation, Ersatzwagen etc.). Daneben sind Ansprüche des Staates (Fahrzeugsicherheit, Abgaben, Abfallentsorgung) und des Versicherungswesens (betreffend Versicherungsschäden) zu beachten.

    Definition

    Die Umwelt wird einem System Input und damit Ressourcen zur Verfügung stellen, so lange das System die Erwartungen mit seinem Output erfüllt. Die Begriffe Input und Output umfassen aus systemischer Perspektive nicht einfach Rohstoffe und fertige Produkte. Vielmehr ist damit die ganze Vielfalt aller materiellen und nichtmateriellen Faktoren gemeint, die in das System Eingang finden, bzw. das System verlassen.

    2.4.2 Systemidentität und Selbstorganisation

    Wie entsteht die unverwechselbare Eigenart einer Organisation?

    Durch das Erkennen des Existenzgrundes und der damit verbundenen Primary Task sowie der autonomen Möglichkeiten, die Transformationsprozesse zu steuern, erhält ein System seine Identität. Es verfügt über beobachtbare Grenzen gegenüber seiner Umwelt: Es grenzt sich ab und bleibt trotzdem durchlässig. Dieser Vorgang ist äußerst komplex und von herausragender Bedeutung für das Verständnis von soziotechnischen Systemen.

    Beispiel

    Am Autohausbeispiel lässt sich dies illustrieren. Der gelernte Automechaniker wird zum Jungunternehmer, nachdem er erkannt hat, dass an seinem Wohnort im Einzugsgebiet einer Großstadt eine vielversprechende Automarke untervertreten ist. Nach einigen Vorabklärungen schließt er mit der Generalvertretung, mit einer Immobilienfirma und mit der Bank Vorverträge ab, die ihm die Gründung einer Aktiengesellschaft ermöglichen. In diesem Moment werden die Konturen des neuen Systems (des Unternehmens) deutlich: Als sichtbares Zeichen erhält das Autohaus einen Namen. Es ist benennbar geworden, und unterscheidet sich von anderen Autohäusern. Dadurch, dass es sich von anderen unterscheidet, erhält das Autohaus auch seine Identität. Es wird von der Umwelt (beispielsweise den Kunden oder den Banken), aber auch von der Innenwelt (den Mitarbeitern) in ganz spezifischer Art und Weise wahrgenommen, was Folgen hat. Entweder werden Kunden angezogen und kaufen Autos, oder sie bleiben fern. Mitarbeiter arbeiten gerne und mit Engagement für das Unternehmen oder eben einfach, weil sie gerade keinen anderen Job haben.

    Selbstgestaltung und Autonomie …

    Das komplexe Phänomen, das dazu führt, dass entstehende und sich entwickelnde (evolvierende) Systeme sich unterschiedlich ausformen, mit anderen Worten eine eigene Gestalt annehmen, sich von anderen unterscheiden und damit eine Identität entwickeln können, hängt mit dem Prinzip der Selbstorganisation zusammen. Organisationen haben vom Moment ihrer Entstehung an die Fähigkeit, ihre Entwicklung innerhalb der von der Umwelt gesetzten Rahmenbedingungen autonom zu gestalten (Laloux, 2015). Im Austausch mit ihrer Umwelt und durch die Anpassung an relevante Rahmenbedingungen entwickeln und verändern Organisationen ihre Strukturen um zu überleben. Das System produziert und reproduziert sich selbst (Baitsch 1993).

    Beispiel

    Im Beispiel des neu gegründeten Autohauses heißt das, dass der Unternehmer und seine Mitarbeiter vom Moment der Gründung an ihr Wissen, ihre Fähigkeiten dafür einsetzen, die Kundenwünsche zu erfüllen. In der Festlegung der konkreten Vorstellungen davon, was diese Kundenwünsche sind, d. h. in der Formulierung konkreter Ziele und Aufgaben, sind diese Menschen autonom. Natürlich gibt es allgemeine Vorstellungen in der Umwelt, was und wie ein Autohaus zu sein hat, welchen Zweck es erfüllen soll. Die Realisierung dessen kann auf vielfältige Weise geschehen.

    2.4.3 Aufgabenverständnis, Ziele und Strategien

    Aufgabenverständnis als Interpretation des Existenzgrundes

    Der erste autonome Akt eines neu entstandenen Systems, der sich in bestehenden Organisationen in Anpassung an jede Umweltveränderung immer wiederholen muss, ist also die Entwicklung einer eigenen, individuellen Vorstellung davon, wie der wahrgenommene Existenzgrund und die daraus abgeleitete Primary Task für das eigene System interpretiert werden soll (Abb. 2.4).

    ../images/58284_5_De_2_Chapter/58284_5_De_2_Fig4_HTML.png

    Abb. 2.4

    Systeme entwickeln autonom ihr Aufgabenverständnis, ihre Strukturen und ihre Kultur

    begrenzte Wahrnehmungsfähigkeit von Organisationen

    Systeme sind in der Möglichkeit eingeschränkt, Informationen aus der Umwelt aufzunehmen, dies beeinträchtigt die Interpretation ihrer Primary Task. Grund sind bestehende Verhaltensmuster und Strukturen, welche die Wahrnehmungsfähigkeit des Systems bestimmen (Systeme sind strukturdeterminiert). Das System hört bildlich gesprochen nur die eigene Musik und spielt nur die eigene Melodie. Die Systemgrenze ist also nur teilweise durchlässig für Signale aus der Umwelt. Je besser und umfassender die Wahrnehmung der Ansprüche und Veränderungen in der Umwelt, umso besser sind die Anpassungsfähigkeit und damit auch die Überlebenschancen von Organisationen. Nicht zuletzt bestimmt die Wahrnehmungsfähigkeit von Organisationen auch deren Lernfähigkeit mit.

    Beispiel

    In unserem Beispiel macht sich der Autohausbesitzer ein konkretes Bild seiner Kunden und der herrschenden Anforderungen an den Betrieb seines Unternehmens. Er entwickelt ein eigenes Aufgabenverständnis, d. h. individuelle Ziele und Strategien, um mit seinen Dienstleistungen die Bedürfnisse seiner (vielfältigen) Umwelt(en) zu treffen.

    2.4.4 Struktur

    Strukturen zur Steuerung der Transformationsprozesse

    Um das Aufgabenverständnis in Handlungen bzw. in einen Produktions- oder Dienstleistungsprozess umzusetzen und die notwendigen Transformationsprozesse (Abb. 2.3) zu steuern, sind schon in kleinsten Systemen eine Aufgabenteilung und eine entsprechende Ressourcenzuteilung angezeigt. Die Anwendung verschiedener technisch-organisatorischer Steuerungsinstrumente findet statt. Die Organisation muss sich organisieren, um produktiv zu werden. Es entstehen bewusst geschaffene (formale) sowie nicht willentlich gestaltete (informelle) Strukturen (Kap. 8, 7 Kap. 10, 7 Kap. 14, 7 Kap. 15, 7 Kap. 16, 7 Kap. 17, 7 Kap. 18). Konkret geht es hier um Stellenbildung, -besetzung, Schaffung technischer Grundlagen, Gestaltung von Produktionsprozessen, Ausformung von Kommunikations‑, Entscheidungs- und Kontrollsystemen etc. (Abb. 2.4).

    Beispiel

    In unserem Autohaus werden Öffnungs- und Arbeitszeiten festgelegt, Aufgabenverteilung und Zuständigkeiten geregelt. Fähigkeiten, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten werden zugeordnet und vieles mehr „organisiert".

    2.4.5 Kultur

    Das Aufgabenverständnis, also die konkreten Ziele und Strategien der Organisation, so wie die herausgebildeten Strukturen beruhen unter anderem auf Werthaltungen der beteiligten Menschen (welche nicht unabhängig sind von der Systemumwelt!). Das Aufgabenverständnis und die Strukturen beeinflussen ihrerseits das Verhalten des ganzen Systems nach innen und nach außen.

    Definition

    Die Gefühle und Einstellungen der Systemmitglieder, das Arbeits‑, Leistungs- und Problemlösungsverhalten, geltende Spielregeln, Werte und Normen, das Führungsverhalten, das Organisationsklima bezeichnen wir als die System- bzw. Organisationskultur.

    Beispiel

    In unserem Autohaus entwickelt sich ein bestimmtes Verständnis über die Qualität der Dienstleistung, die Art und Weise, wie mit den Kunden und innerhalb des Unternehmens, z. B. zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften kommuniziert wird, wie informiert wird, wie Konflikte angegangen werden, wie gute Leistungen wertgeschätzt werden etc.

    Zusammenhang von Aufgabe, Struktur und Kultur …

    Organisationskultur entsteht in unserem Verständnis einerseits als Ergebnis des Aufgabenverständnisses und der strukturellen Gestaltung des Systems. Gleichzeitig bestimmt die Kultur mit, wie das System seine Aufgabe interpretiert und welche Strukturen geschaffen werden um seinen Zweck zu erfüllen. In komplexen Systemen lassen sich Ursache und Wirkung nicht mehr eindeutig trennen!

    … drei Perspektiven

    Die drei beschriebenen Aspekte eines soziotechnischen Systems, also Aufgabenverständnis, Struktur und Kultur beschreiben das System aus jeweils einer anderen Perspektive. Jede Perspektive hat die beiden anderen zur Voraussetzung.

    2.4.6 Rückkoppelung und Feedbacksysteme

    Fähigkeit, Unterschiede wahrzunehmen, ermöglicht Anpassung, Feedback bildet die Voraussetzung dazu

    Eine wichtige Eigenschaft soziotechnischer Systeme bleibt anzufügen: Lebende Systeme haben die Fähigkeit, Abweichungen zwischen Erwartetem oder Gewünschtem und dem, was ist, wahrzunehmen. Aufgrund dieser Informationen ist ein System in der Lage, unerwünschte Entwicklungen bzw. Veränderungen in der Umwelt zu entdecken und darauf zu reagieren. Es ist dies ein Regelvorgang, wie er analog in technischen Systemen vorkommt: Ein Thermometer liefert z. B. Informationen über die Raumtemperatur an die Heizungssteuerung, die die Brenneraktivität regelt und damit die Raumtemperatur auf einem gewünschten Niveau konstant hält. Der Brenner ist „rückgekoppelt oder – mit dem englischen Fachwort ausgedrückt – er erhält über einen Sensor, den „Thermometer ein Feedback über die Zweckmäßigkeit seiner Aktivität. Die „Sensoren", d. h. das Wahrnehmungssystem eines soziotechnischen Systems sind vielfältig, vernetzt und im echten Sinne des Wortes komplex. Signale über die Wirkungen der Systemaktivitäten werden auch in den Subsystemen empfangen, interpretiert und weitervermittelt (oder eben auch nicht).

    Anpassung an die Umweltbedürfnisse … und an innere Bedürfnisse des Systems

    Es geht aber nicht nur um Signale aus der Umwelt, die wahrgenommen werden sollten. Auch Informationen aus dem System selbst sollten erfasst und interpretiert werden, um das Zusammenspiel von Aufgabenverständnis, Strukturelementen und Kultur des Systems möglichst zielführend zu gestalten (Neuberger, 2002).

    Beispiel

    Beispielsweise stellt unser Unternehmer zu seinem Leidwesen fest, dass einige Mitarbeiter die Kunden abschätzig behandeln (Abb. 2.5, Feedback zur Qualität des Outputs). Es gilt nun herauszufinden woran das liegt. Ein möglicher Grund könnte sein, dass seine eigene fehlende Wertschätzung gegenüber seinen Mitarbeitern im scharfen Kontrast steht zu der von ihm von den Mitarbeitern verlangten Wertschätzung der Kunden (Abb. 2.5, Systeminterne Rückkoppelung). Er hätte damit den Schlüssel in der Hand, die Dienstleistungsqualität seines Unternehmens zu verbessern. Sowohl er selbst, als auch das System als Ganzes würde daraus lernen.

    ../images/58284_5_De_2_Chapter/58284_5_De_2_Fig5_HTML.png

    Abb. 2.5

    Feedback zur Systemerneuerung

    Grenzen der Wahrnehmungsfähigkeit von Systemen

    An diesem Beispiel wird auch deutlich, wie wenig selbstverständlich es ist, dass ein soziales System das Prinzip der Rückkoppelung versteht und nutzen kann. Die Realität ist vielmehr, dass das Wahrnehmungsvermögen von Organisationen eingeschränkt ist (Abschn. 2.4.2).

    Sicherstellung von Feedbackmechanismen als Führungsaufgabe, Rolle des externen Beraters

    Eine wichtige Führungsaufgabe ist, diese Wahrnehmungsfähigkeit und damit die Anpassungs- und Überlebensfähigkeit der Organisation, Abteilungen und Gruppen zu entwickeln und zu erhalten (Häfele, 2015). Feedback hat gerade darum für Vorgesetzte eine so große Bedeutung. Viele der im vorliegenden Buch besprochenen Führungs- und Organisationsinstrumente und Empfehlungen zum Umgang mit Gruppen schaffen die Voraussetzung, um differenzierte und praxistaugliche Feedbackmechanismen zu entwickeln um die Lernfähigkeit der Organisation zu fördern. Hier setzt die Rolle (der Existenzgrund) externer Beratender an. Ihre Sicht auf „das System" ermöglicht, Dinge und Zusammenhänge zu erkennen und dem System mitzuteilen, die sonst als blinder Fleck verborgen blieben (Königswieser & Exner, 2008).

    Zusammenfassung

    Komplexität und Dynamik, Unsicherheit

    Komplexität und Dynamik prägen zunehmend die Rahmenbedingungen unseres Denkens und Handelns. Es gibt viele Entscheidungsbereiche, in denen wir unter Zeitdruck mit unübersichtlichen Verhältnissen konfrontiert sind. Zunehmend sehen wir uns Situationen ausgesetzt, in denen wir über Abhängigkeiten, Einflussfaktoren und Auswirkungen unseres Handelns nur undeutlich Bescheid wissen: Wir sind gezwungen, unter Bedingungen der Unsicherheit zu entscheiden. Dies trifft generell zu für Aufgaben und Entscheidungen in Arbeitsorganisationen, also Unternehmen und Institutionen aller Art. Führungspersonen sind besonders stark davon betroffen.

    systemische Theorien

    Traditionelle Vorstellungen über die Natur von Organisationen und ihre dahinter stehenden Werthaltungen liefern nur ungenügende Hilfestellungen für die Bewältigung von Komplexität und Unsicherheit. Die Managementwissenschaften greifen deshalb immer häufiger auf Theorien über das Wesen von Organisationen zurück, die ihre Wurzeln in der Systemforschung haben. Wir sprechen deshalb von systemischen Theorien.

    Organisationsverständnis

    In Abschn. 2.3 und Abschn. 2.4 wurde ein solches systemisches Organisationsverständnis beschrieben. Weil in menschlichen Organisationen immer eine symbiotische Verbindung von sozialen und technischen Systemen stattfindet, bezeichnen wir Organisationen als soziotechnische Systeme.

    Eigenschaften soziotechnischer Systeme

    auf eine Aufgabe ausgerichtet, selbstorganisierend

    Identität

    Aufgabe

    Struktur

    Kultur

    Feedback, begrenzte Wahrnehmungsfähigkeit

    Wichtige Eigenschaften solcher Systeme sind:

    Systeme sind auf eine Aufgabe ausgerichtet, sie haben einen in ihrer Umwelt liegenden Grund für ihre Existenz.

    Systeme verändern und organisieren sich selbst. Das heißt, sie verfügen über die Fähigkeit, sich im Rahmen der Umweltbedingungen autonom (selbstorganisierend) zu entwickeln.

    Systeme haben Grenzen, sie lassen sich in ihrer Umwelt beobachten und unterscheiden. Systeme haben damit eine unverwechselbare Identität, welche durch ihre Aufgabe und die autonome Art und Weise der Aufgabenerfüllung geprägt ist.

    Organisationen bzw. soziotechnische Systeme können aus drei Blickwinkeln betrachtet werden. Jeder der drei Aspekte beschreibt dasselbe, aber unter einer anderen Fragestellung.

    Aufgabe: Wie interpretiert die Organisation ihre Aufgabe bzw. den Auftrag ihrer Umwelt? Welches Aufgabenverständnis wird entwickelt, d. h. was für konkrete Ziele und Strategien gibt sich das System?

    Struktur: Mit welchen Instrumenten und Verfahren versucht die Organisation, ihre Ziele zu erreichen? Wie organisiert sich die Organisation?

    Kultur: Wie verhält sich das System, sowohl nach innen (z. B. gegenüber den Mitarbeitern) als auch nach außen (gegenüber der Umwelt, z. B. Kunden)? Welche Werthaltungen und Normen liegen dem Verhalten des Systems zugrunde? Wie ist das Betriebsklima, welche Gefühle herrschen im Betrieb vor?

    Systeme sind rückgekoppelt, d. h. sie können lernen. Systeme sind in der Lage, Feedback aufzunehmen und damit Korrekturen an ihrem Verhalten anzubringen. Gleichzeitig sind Systeme in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit auch begrenzt. Das bestehende Aufgabenverständnis, die aktuellen Strukturen der Organisation und die Organisationskultur bestimmen die Wahrnehmungs- und Lernfähigkeit des Systems. Deshalb sind Systeme „blind" für bestimmte Informationen. Diese Tatsache beschränkt ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.

    Fragen zur Vertiefung

    1.

    Was ist der Existenzgrund Ihrer Organisation?

    2.

    Wie würden Sie den Existenzgrund Ihres Verantwortungsbereiches umschreiben?

    3.

    Davon ausgehend: Was ist die Primary Task des von Ihnen geführten Systems?

    4.

    Was ist Ihr Aufgabenverständnis?

    5.

    Ist es möglich, dass dieses Aufgabenverständnis mit der Primary Task nicht so recht harmonieren will? Das heißt: Gibt es aufgabenfremde Ziele in Ihrem Aufgabenverständnis?

    6.

    Versuchen Sie, sich vom Grad der Selbstorganisation ein Bild zu machen, der Ihnen von Ihrer Umwelt (dem übergeordneten System) zugestanden wird: Wo sind Sie und Ihre Mitarbeiter weitgehend für die Qualität der Erbringung Ihrer Systemergebnisse verantwortlich?

    7.

    Was tragen Sie zum spezifischen Aufgabenverständnis Ihres Arbeitsbereiches bei?

    8.

    Was sind konkrete Strukturen, die von Ihrem eigenen Willen (und eventuell demjenigen Ihrer Mitarbeiter) geprägt sind?

    9.

    Was macht die spezifische Kultur Ihres Verantwortungsbereiches aus?

    10.

    Wie prüfen Sie, ob Aufgabenverständnis, Strukturen und die Kultur Ihres Verantwortungsbereiches harmonieren, d. h. alle im Wesentlichen auf ein und dasselbe Ziel ausgerichtet sind?

    11.

    Welche Praktiken und Hilfsmittel wenden Sie an, um sicherzustellen, dass Sie etwas über die Wirkungen Ihres Verantwortungsbereiches auf die Umwelt erfahren? Wie spüren Sie, dass in Ihrem Umfeld sich für Sie wesentliche Dinge ändern?

    12.

    Entwickeln Sie praktische Vorstellungen über die Einrichtung von geeigneten Feedbackmechanismen, um solche Informationen für Ihre Führungs- und Leitungsaufgaben zur Verfügung zu haben.

    Literatur

    Baitsch, C. (1993). Was bewegt Organisationen? Selbstorganisation aus psychologischer Sicht. Frankfurt am Main: Campus.

    Beer, S. (1967). Kybernetik und Management. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag. Originalausgabe: Cybernetics and management, 1959

    Bleicher, K. (2004). Das Konzept Integriertes Management: Visionen – Missionen – Programme (7. Aufl.). Frankfurt am Main: Campus.

    Häfele, W. (Hrsg.). (2015). OE-Prozesse initiieren und gestalten. Ein Handbuch für Führungskräfte, Berater/innen und Projektleiter/innen (3. Aufl.). Bern: Haupt.

    Königswieser, R., & Exner, A. (2008). Systemische Intervention. Architekturen und Designs für Berater und Veränderungsmanager (9. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

    Laloux, F. (2015). Reinventing Organizations. München: Vahlen.Crossref

    Neuberger, O. (2002). Führen und führen lassen. Stuttgart: Lucius & Lucius UTB.

    Probst, G. J. B. (1992). Organisation: Strukturen, Lenkungsinstrumente und Entwicklungsperspektiven. Landsberg/Lech: verlag moderne industrie.

    Rieckmann, H. (2007). Managen und Führen am Rande des 3. Jahrhunderts: Praktisches, Theoretisches, Bedenkliches (4. Aufl.). Frankfurt am Main: Peter Lang.

    Steinkellner, P. (2007). Systemische Intervention in der Mitarbeiterführung (2. Aufl.). Heidelberg: Auer.

    Taylor, F. W. (1913). Principles of scientific management. New York: Harper.

    Ulrich, H. (1984). Management. Bern: Haupt.

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    Eric Lippmann, Andres Pfister und Urs Jörg (Hrsg.)Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräftehttps://doi.org/10.1007/978-3-662-55810-2_3

    3. Führungstheorien

    Andres Pfister¹  und Uwe Neumann¹

    (1)

    IAP Institut für Angewandte Psychologie, ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Zürich, Schweiz

    3.1 Kernziel und -aufgabe der Führung

    3.2 Führungstheorien im Laufe der Zeit

    3.2.1 Personenzentrierte Führungstheorien

    3.2.2 Führungsstilforschung

    3.2.3 Situative Führung

    3.2.4 Dyadische Führungstheorien

    3.2.5 Adaptive Führung

    3.2.6 Systemischer Führungsansatz

    3.2.7 Neurosystemisches Modell der Führung

    3.3 Der Führungskompass als Leitfaden für wirksame Führung

    3.3.1 Die Führungsaufgaben

    3.3.2 Prinzipien der wirksamen Führung

    Literatur

    Auf einen Blick

    Im Verlaufe der letzten rund 150 Jahre wurden unterschiedlichste Einflussfaktoren auf Führung gefunden. Lag der Fokus am Anfang auf den Eigenschaften der Führungsperson, so erkannte man später die Wichtigkeit des Mitarbeiters, der Situation und des gesamten sozialen Systems als wichtige Einflussfaktoren auf Führung. Entsprechend fanden sich unterschiedliche Führungsverhalten, welche eine effektive Wirkung zeigen. Beziehungsorientierte, aufgabenorientierte Führung, Führung von Wandel, Führung nach Außen und Selbstführung sind jene als die fünf zentralen Führungsverhalten identifiziert worden. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die wichtigsten Führungstheorien im Verlauf der Zeit und führt das neurosystemische Führungsmodell als auch eine neue Definition von Führung ein. Es schließt mit dem Führungskompass, welcher die zentralen Führungsaufgaben und -prinzipien vereint.

    3.1 Kernziel und -aufgabe der Führung

    Kernziel und Kernaufgabe

    Yukl (2013) beschreibt das große Dilemma der Führungsforschung treffend. Es gibt so viele Definitionen von Führung wie es Forscher gibt, welche sich mit diesem Thema auseinandersetzten. Hilfreich ist es, wenn zuerst ein Blick darauf geworfen wird, was das übergeordnete Ziel der Führung ist.

    Kernziel

    Drucker (2005) definiert die zentrale Aufgabe einer Organisation oder Unternehmung darin, Kunden zu finden. Die Organisation als solches ist in ihrer Tätigkeit als Teil der Gesellschaft dazu da, ein Bedürfnis des Kunden zu befriedigen und diesem Kunden somit einen Nutzen zu stiften. Um dies möglichst lange tun zu können, ist die primäre Aufgabe der Führung einer Organisation, das Überleben der Organisation jetzt und in Zukunft zu sichern, indem Kundennutzen durch die zur Verfügungsstellung von Produkten oder Dienstleistungen generiert wird. Diese wiederum müssen ein Bedürfnis des Kunden decken. Der Kunde wiederum ist gewillt, für die Bedürfnisbefriedigung der Organisation Ressourcen in irgendeiner Form zu überlassen, sei dies Geld, Zeit, die Unterstützung der Reputation, Vertrauen, oder sogar eine individuelle Leistung. Eine Organisation überlebt langfristig nur, wenn die von allen Kunden zur Verfügung gestellten Ressourcen (oftmals vornehmlich Geld) größer sind als die Summe aller Kosten, welche durch die Leistungserbringung der Organisation generiert werden.

    Kernaufgaben

    Um jenen Überschuss zu generieren, gilt es die Organisation so zu gestalten und zu führen, dass die Leistung und somit die Produktivität jeder einzelnen Person in der Organisation und in der Summe somit

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