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CSR und Finance: Beitrag und Rolle des CFO für eine Nachhaltige Unternehmensführung
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eBook725 Seiten6 Stunden

CSR und Finance: Beitrag und Rolle des CFO für eine Nachhaltige Unternehmensführung

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Über dieses E-Book

CFOs sind verantwortlich für eine Nachhaltige Unternehmensführung. Dieses bewusst provokante Statement weist die Richtung, in die Finanzchefs nach Ansicht der beiden Herausgeber und der 28 renommierten Beitragsautoren denken und handeln sollten. Denn zahlreiche finanzrelevante Gründe sprechen dafür, dass es für CFOs und ihre Teams unerlässlich ist, Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte bei ihren strategischen und operativen Entscheidungen zu berücksichtigen.
Aktuell spielen CFOs nahezu keine wahrnehmbare Rolle im Nachhaltigkeitsmanagement von Unternehmen und Finanzinstitutionen. Das ist insofern erstaunlich, weil sie enorme Hebel in Händen halten, mit denen sie stark zu einer verantwortungsvollen und damit zukunftsorientierten Unternehmensführung beitragen könnten.
Entdecken Sie die vielfältigen Möglichkeiten von Finanzvorständen und ihren konzernweit wirkenden Verantwortungsbereichen und lernen Sie wie diese merklich zu einer nachhaltig ausgerichteten Geschäftsstrategie und deren operativer Umsetzung, also zu einer Nachhaltigen Unternehmensführung beitragen können.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum11. Aug. 2014
ISBN9783642548826
CSR und Finance: Beitrag und Rolle des CFO für eine Nachhaltige Unternehmensführung

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    Buchvorschau

    CSR und Finance - Thomas Schulz

    Teil I

    Einführung

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    Thomas Schulz und Susanne Bergius (Hrsg.)CSR und FinanceManagement-Reihe Corporate Social Responsibility10.1007/978-3-642-54882-6_1

    CFO-Agenda: Gute Gründe, Nachhaltigkeit auf die Tagesordnung zu setzen

    Thomas Schulz¹  

    (1)

    BNU Beratung für Nachhaltige, Unternehmensführung, Frankfurt, Deutschland

    Thomas Schulz

    Email: schulz@bfnu.de

    Zusammenfassung

    Der Artikel zeigt eindrücklich eine Vielzahl schlagender Argumente dafür, dass CFOs das Thema Nachhaltigkeit auf ihrer Agenda ganz nach oben setzen sollten: Es verdichten sich die Belege, dass sich die nachhaltige Ausrichtung von Unternehmen sowohl auf operativer als auch auf strategischer Ebene tatsächlich rechnet; die durch nachhaltige Unternehmensführung erreichbaren Ergebnisse entsprechen den Kernzielen jeglichen wirtschaftlichen Handelns: Profitabilitätssteigerung, Ressourcensicherung, Risikominimierung und Reputationswahrung; nur durch nachhaltiges Wirtschaften lässt sich die für den ökonomischen Erfolg langfristig ausschlaggebende gesellschaftliche „Licence to Operate" erreichen; die Forderungen aller wesentlichen Stakeholder-Gruppen (Mitarbeiter, Kunden, Verbraucher, Eigen- und Fremdkapital-Investoren, NGOs, Gewerkschaften etc.) nach einem verantwortungsvollen, zukunftssichernden und damit nachhaltigen Wirtschaften werden systematischer, intensiver und ergebnisorientierter vorgetragen; es sind zunehmend auch die Megatrends der Nachhaltigkeit (Klimawandel, Energie, Rohstoffe, Wasser, Umweltsysteme, Bevölkerung/Urbanisierung, Ernährungssicherheit etc.), die prägenden Einfluss auf die Geschäftsstrategien der Unternehmen haben; infolgedessen unterliegen Management- und Reporting-relevante Rahmenbedingungen immer mehr nachhaltigkeitsorientierten Veränderungen (internationale Management- und Reporting-Normen, Nachhaltigkeitsverständnis des Corporate Governance Kodex, anstehende europaweite Berichtspflichten für Nachhaltigkeitsleistungen, nationale und internationale Branchenstandards, Berichtsanforderungen von Investoren und Aktienbörsen, nachhaltigkeitsorientierte Anreizsysteme etc.). Und schließlich zeigt die betriebswirtschaftliche Praxiserfahrung, dass nur solche Themen strategisches Gewicht in Unternehmen bekommen, die auch gemessen und dadurch geplant, gesteuert und kontrolliert werden können.

    1 CFOs und Nachhaltigkeit: Internationale und deutsche Spotlights

    Die Rolle des Finanzvorstands/Chief Financial Officer (CFO) im Unternehmen erfährt bereits seit einigen Jahren eine merkliche Aufgabenanreicherung und dadurch einen sukzessiven Bedeutungs- und Ansehenszuwachs; unter dem Stichwort „Business Partnering" arbeitet der Finanzbereich zunehmend mit verschiedenen Unternehmensabteilungen eng zusammen und stellt Führungskräften hochwertige Finanzinformationen, Analysen und Tools zur Verfügung (Robert Half 2013, S. 8). Im Vordergrund steht dabei häufig die steigende Verantwortung des CFO für strategische Entwicklungs- und Umsetzungsprozesse, deshalb muss er letztlich alle wesentlichen Trends (Politik, Volkswirtschaft, Gesellschaft etc.), Märkte (Kapital, Beschaffung, Absatz, Personal etc.) und Akteure (Wettbewerber, Kunden, NGOs etc.) beobachten, analysieren und daraufhin bewerten, welchen Einfluss sie auf die weitere Unternehmensentwicklung haben können (Howell 2012).

    In diesem Zuge gewinnt das Thema Nachhaltigkeit für den CFO zunehmend an Bedeutung. Fünf Studien kommen hierbei zu folgenden aussagekräftigen Ergebnissen (Accenture 2013b ¹; BearingPoint 2013 ²; Deloitte 2012a ³; Ernst & Young 2010 ⁴; CSM 2013⁵):

    84 % der CFOs sehen einen leichten/signifikanten Zusammenhang zwischen der Nachhaltigkeits-Performance und der finanziellen Performance (Deloitte 2012a, S. 4).

    73 % der CEOs stimmen der Aussage zu, dass Nachhaltigkeitsthemen in die Diskussion mit Finanzanalysten integriert werden müssten (Accenture 2013b, S. 25).

    67 % der CFOs stimmen zu/völlig zu, dass über den Finanzbereich hinausgehende Metriken zunehmend an Bedeutung gewinnen (Ernst & Young 2010, S. 12).

    65 % der CFOs sind immer/häufig in Entwicklung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie involviert; 61 % gehen davon aus, dass dies in den nächsten zwei Jahren noch zunehmen wird (Deloitte 2012a, S. 6).

    55 % der CFOs stimmen zu/völlig zu, dass der Wechsel von der Fokussierung auf die finanzwirtschaftliche Performance hin zu einer Kommunikation mit einer komplexen Stakeholder-Gemeinschaft eine der schwierigsten Herausforderungen für CFOs ist (Ernst & Young 2010, S. 12).

    16 % (34 %) der CFOs bewerten den Einfluss von Nachhaltigkeit auf ihren Bereich als hoch/mittel (Bearing Point 2013, S. 20).

    Bei 26 % (44 %/10 %) der Unternehmen liegt die Verantwortung für Nachhaltigkeit beim CFO (CEO/COO); im Jahr davor lag der Wert bei 17 % (56 %/3 %) (Deloitte 2012a, S. 5).

    Unter allen Funktionsbereichen einer Unternehmung schneiden „Finance und „Accounting am schlechtesten ab bei der Frage nach dem stärksten Einfluss auf „corporate sustainability". Im internationalen Vergleich liegt Deutschland dabei maximal im Mittelfeld (CSM 2013, S. 27, 51).

    Zumindest für größere und große Konzerne kann also in den meisten Ländern ein aktueller und – in Teilen auch für die Zukunft angenommener – Zuwachs an Verantwortung und strategischer Involvierung der CFOs in das Nachhaltigkeitsmanagement festgestellt werden; allerdings spielen wesentliche Finanzbereiche in der operativen Umsetzung eher (noch) eine untergeordnete Rolle.

    2 Begriff: Nachhaltige Unternehmensführung

    Wie der Produktionsbereich mit Energie- und Ressourcen-Effizienz zu einer Nachhaltigen Unternehmensführung⁶ beitragen kann, ist naheliegend und kaum erläuterungsbedürftig. Betrachtet man dagegen die Leistungen und Ziele des CFO-Bereichs („Finance"), ist auf den ersten Blick nicht sofort eingängig und selbsterklärend, welchen Beitrag dieser Bereich zu einer Nachhaltigen Unternehmensführung leisten kann.

    Deshalb wird an dieser Stelle der Begriff der Nachhaltigen Unternehmensführung konkret und praxisrelevant definiert; hierzu wird er von bekannten Definitionen der Makroebene abgeleitet und so auf die Unternehmensebene heruntergebrochen, dass jeder „Anwender" in die Lage versetzt wird, für seinen Bereich, so auch für die verschiedenen Bereiche von Finance, eine Vorstellung zu entwickeln, wie Nachhaltigkeit in konkretes Handeln und Entscheiden im Unternehmen umgesetzt werden kann.

    Zunächst ist die „Mutter" aller Definitionen von nachhaltiger Entwicklung die Formulierung der Brundtland-Kommission von 1987:

    Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen (UN 1987, S. 54).

    Diese in jeglicher Hinsicht global ausgerichtete Definition findet ihre makroökonomische Konkretisierung durch die Definition nachhaltiger Entwicklung von Rogall:

    „Eine Nachhaltige Entwicklung will für alle heute lebenden Menschen und künftigen Generationen ausreichend hohe ökologische, ökonomische und sozial-kulturelle Standards in den Grenzen der natürlichen Tragfähigkeit der Erde erreichen und so das intra- und intergenerative Gerechtigkeitsprinzip durchsetzen. "(Rogall 2009, S. 42)"

    Um aber auf Ebene der Unternehmen operative und strategische Entscheidungen treffen zu können, durch die sich Unternehmen zu nachhaltigen Organisationen entwickeln sollen, bedarf es einer noch weiter gehenden Spezifizierung. Schaltegger⁷ liefert hierzu eine konkrete Anleitung:

    „Unternehmerisches Nachhaltigkeitsmanagement umfasst alle Aktivitäten, die ökologische, soziale und ökonomische Aspekte eines Unternehmens messen, analysieren und verbessern, um

    eine nachhaltige Entwicklung der Organisation zu erreichen und

    die Organisation zu befähigen, einen relevanten Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft zu leisten" (Schaltegger 2013, S. 12).

    Einen für die professionelle Praxis notwendigen hohen Detaillierungs- und Operationalisierungsgrad bieten schließlich zwei Definitionen bzw. Beschreibungen des CSR-Begriffs⁸ aus den Jahren 2009 und 2011:

    Das Nationale CSR-Forum⁹ hat im Rahmen eines Multistakeholder-Dialogs in 2009 ein gemeinsames Verständnis von Corporate Social Responsibility (CSR) entwickelt; darin heißt es:

    „CSR bezeichnet die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. CSR steht für eine nachhaltige Unternehmensführung im Kerngeschäft, die in der Gesamtstrategie des Unternehmens verankert ist. (…)

    Unternehmen nehmen gesellschaftliche Verantwortung wahr, indem sie insbesondere:

    Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fair behandeln, fördern und beteiligen,

    mit natürlichen Ressourcen schonend und effizient umgehen,

    darauf achten, in der Wertschöpfungskette – in ihrem Einflussbereich – sozial und ökologisch verantwortungsvoll zu produzieren,

    Menschenrechte und die ILO-Arbeitsnormen wahren und einen Beitrag leisten, sie international durchzusetzen,

    einen positiven Beitrag für das Gemeinwesen leisten,

    verstärkt in Bildung investieren,

    kulturelle Vielfalt und Toleranz innerhalb des Betriebs fördern,

    für einen fairen Wettbewerb eintreten,

    Maßnahmen zur Korruptionsprävention fördern,

    Transparenz hinsichtlich ihrer Unternehmensführung herstellen,

    Verbraucherrechte und Verbraucherinteressen achten."

    Dabei beziehen die Unternehmen „interne und externe Stakeholder in die strategische Ausrichtung ihrer vielfältigen CSR-Aktivitäten ein." (Nationales CSR-Forum 2009).

    Auch die EU-Kommission hat in ihrer umfassenden Mitteilung an das EU-Parlament (etc.) „Neue Strategie (2011–2014) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR)" ihre Vorstellungen von CSR konkret formuliert:

    Kernaussage: „CSR ist die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft"

    Vorgehensweise

    Verfahren zur Integration von sozialen, ökologischen, ethischen, Menschenrechts- und Verbraucherbelangen

    in enger Zusammenarbeit mit den Stakeholdern

    in die Betriebsführung und die Kernstrategie

    Ziel

    Optimierung der Schaffung gemeinsamer Werte für die Eigentümer/Aktionäre der Unternehmen sowie die übrigen Stakeholder und die gesamte Gesellschaft

    Aufzeigung, Verhinderung und Abfederung etwaiger negativer Auswirkungen

    Kernbereiche

    Menschenrechte

    Arbeits- und Beschäftigungspraktiken (z. B. Aus- und Fortbildung, Diversität, Gleichstellung von Frauen und Männern, Gesundheit der Arbeitnehmer und Wohlbefinden)

    Ökologie (z. B. Artenvielfalt, Klimawandel, Ressourceneffizienz, Lebenszyklusanalyse und Prävention von Umweltverschmutzung)

    Bestechung und Korruption

    weitere Bereiche

    Einbindung und Weiterentwicklung der Gesellschaft

    Integration von Menschen mit Behinderung

    Verbraucherinteressen inkl. Schutz der Privatsphäre

    soziale/ökologische Verantwortung über die gesamte Lieferkette

    Offenlegung nicht-finanzieller Informationen

    verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich (Transparenz, Informationsaustausch, fairer Steuerwettbewerb)(EU-Kommission 2011, S. 7 ff.)

    3 Gründe: Relevanz von Nachhaltigkeit für den CFO

    Das nächste Kapitel und damit der Kernteil des Beitrags zeigt, dass es für den CFO eine Vielzahl schlagender Argumente gibt, zukünftig das Thema Nachhaltigkeit für sein Unternehmen gesamthaft, systematisch und insbesondere auch auf der operativen Ebene aufzugreifen; Abb. 1 zeigt die Gründe im Überblick.

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    Abb. 1

    Gute Gründe, Nachhaltigkeit auf die CFO-Agenda zu setzen

    3.1 Positiver Einfluss von Nachhaltigkeit auf die finanzielle Performance

    In den Köpfen vieler CFOs und anderer Manager und Unternehmer hat sich der Eindruck festgesetzt, dass Nachhaltigkeit nur Geld koste und man sich dies leisten können müsse. Aussagen – selbst coram publico – wie „Wir müssen erst unsere Rechnungen bezahlen, dann kümmern wir uns auch um Nachhaltigkeit! haben exemplarischen Charakter. Die Realität sieht allerdings anders aus. Ohne das komplexe Thema der Korrelation zwischen „Corporate Sustainability Performance und „Corporate Financial Performance" an dieser Stelle erschöpfend abarbeiten zu können, seien zumindest zwei Aussagen aus umfangreichen Studien wiedergegeben, die das bezeichnete Dogma kapitalmarktseitig widerlegen und damit für den CFO von hoher Relevanz sind.

    Die Deutsche Bank konkludiert in ihrer Meta-Studie¹⁰ über nachhaltiges Investieren unter anderem: Alle untersuchten Studien kommen zu dem Ergebnis, dass Unternehmen mit hohen Ratings für CSR und ESG¹¹-Faktoren niedrigere Kapitalkosten haben für Fremdkapital (Verbindlichkeiten) sowie für Eigenkapital. Im fundamentalen Sinne stellen sie damit ein geringeres Risiko dar. Die Studie betont die Bedeutung des Ergebnisses: „…this is the most impressive result as it firmly puts the issue into the office of the Chief Financial Officer" (Deutsche Bank 2012, S. 6).

    Die Steinbeis-Hochschule Berlin kommt – ebenfalls in einer Meta-Studie¹² – zu der Erkenntnis, dass die Mehrheit der Untersuchungen über nachhaltige Geldanlagen (Meta-Studien und Studien über Aktien, Anleihen und Kredite, Fonds, Indices etc.) kein schlechteres Rendite-Risiko-Profil aufweisen. „Tendenziell wirkten sich Nachhaltigkeitsaspekte bei einer Gesamtbetrachtung sogar (leicht) positiv aus" (Kleine et al. 2013).

    Auch im Hinblick auf die Bewertung einzelner Finanzpositionen eines Unternehmens zahlt sich Nachhaltigkeit offensichtlich aus:

    Bei der Emission von Anleihen wird eine positive Korrelation zwischen ESG-Performance und Bonität („credit quality") festgestellt, was sich in einem niedrigeren Bond-Rating, einem niedrigeren Emittenten-Rating und in niedrigeren Schuldzinsen niederschlägt (PRI 2013, S. 8).

    Gebäude mit Energiezertifikaten erzielen pro Verbesserung um eine Rating-Klasse („one-letter improvement") eine Steigerung des Verkaufspreises (der Miete) um 1 bis 11 % (1 bis 5 %) (European Commission 2013, S. 15).

    Unternehmen aus Branchen mit hohen CO2-Emissionen erzielen bei emissionsreduzierenden Investitionen einen internen Zinsfuß von bis zu 33 %. Unternehmen dieser Branchen, die konkrete CO2-Reduktionsziele publizieren, investieren das 15-fache wie Unternehmen ohne publizierte Reduktionsziele, und sie weisen einen höheren ROIC (Return on Invested Capital) aus: 9.9 % statt 9,2 % (CDP 2014b, S. 4+7).

    Zwischenzeitlich erscheint die Behauptung zulässig, dass die eingangs zitierte These, Nachhaltigkeit würde nur Geld kosten, keinesfalls haltbar ist; im Gegenteil: es verdichten sich zunehmend die Belege, dass systematisches nachhaltiges Wirtschaften auf der strategischen sowie auf allen operativen Ebenen die finanzielle Perspektive von Unternehmen stabilisiert und auf Dauer verbessert. Das wird auch bestätigt durch die Umfrage der Mitherausgeberin Susanne Bergius unter den Finanzvorständen der Dax-30-Konzerne (siehe Beitrag Bergius).

    3.2 Verantwortung (Licence to Operate)

    Unternehmen können auf Dauer nur erfolgreich wirtschaften, wenn sie gesellschaftlich akzeptiert sind. Dies gilt sowohl für Unternehmen mit Endverbraucherkundschaft (B2C-Geschäft) als auch für solche, die ausschließlich Geschäftskunden haben (B2B-Geschäft), diese Unternehmen fungieren nämlich immer als Glieder der Lieferkette anderer Unternehmen.

    Die Notwendigkeit gesellschaftlicher Akzeptanz ist umso dringender, als weite Teile der Gesellschaft über weltweit verknüpfte Informationsquellen und -medien zunehmend aufgeklärter und in ihrer Haltung kritischer und dialogorientierter sind. Darum muss sich jedes Unternehmen heutzutage in der Gesellschaft einen Status erarbeiten, der von seiner Verantwortung gegenüber Mensch und Natur geprägt ist.

    Dieser Status ermöglicht es den Unternehmen, eine attraktive Marke aufzubauen, seine Produkte effizient zu produzieren und profitabel zu verkaufen, neue Mitarbeiter anzuziehen und bewährte Mitarbeiter zu halten und ausreichende Finanzierungsmittel am Kapitalmarkt oder von Banken zu erhalten. Wenn es diesen Status erreicht hat, verfügt es über die sogenannte „Lincence to Operate", d. h. die gesellschaftliche Akzeptanz seiner Existenz und Aktivität. Voraussetzung für die langfristige Existenzsicherung einer Unternehmung ist also die Legitimität unternehmerischen Wirkens. Sie zu erreichen ist eines der Kernziele Nachhaltiger Unternehmensführung. Zu diesem Ergebnis kommen auch Schaltegger/Hörisch, in dem sie wesentliche Ergebnisse des International Corporate Sustainability Barometer (CSM 2013) zu der Aussage kondensieren, dass nicht etwa die Verbesserung des finanziellen Unternehmenserfolgs, sondern die Erlangung und Sicherung der Licence to Operate als der dominante externe Treiber unternehmerischen Nachhaltigkeitsmanagements erscheint (Schaltegger und Hörisch 2013, S. 2).

    Die weltweit größte Organisation von Unternehmen und anderer Stakeholder, die für sich die „Licence to Operate als existentielle Rahmenbedingung ihres Wirtschaftens erkannt haben, ist der Global Compact der Vereinten Nationen, ihm gehören mehr als 8.700 Unternehmen an in über 140 Ländern. Die Mitglieder dieser „internationalen Lern- und Dialogplattform für nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung (DGCN 2011, S. 8) verpflichten sich, ihre Geschäftstätigkeit an zehn universell anerkannten Prinzipien aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung auszurichten.

    3.3 Profitabilitätssteigerung, Ressourcensicherung (Substanzerhaltung) und Risikoreduzierung

    Steigerung der Profitabilität

    Der gesellschaftliche Prozess der nachhaltigen Entwicklung bietet viele Chancen, die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Profitabilität eines Unternehmens zu steigern. Kostenseitig sorgen beispielsweise energie- und ressourcengetriebene Effizienzprogramme für entlastende Wirkung. Eine Studie von Bain rechnet zum Beispiel detailliert vor, dass in einem typischen Produktionsunternehmen (direkte Energiekosten ca. 5 % der Gesamtkosten) die Gewinnmarge durch Energieeffizienzprogramme innerhalb von drei Jahren um 2 %-Punkte verbessert werden kann (Bain 2013, S. 3).

    Und neue Umsätze können generiert werden, indem zum Beispiel durch umweltschonende Produktinnovationen und -variationen neue Kundengruppen erschlossen und bestehende bedarfsgenauer angesprochen werden können (vielfältige Beispiele bei Altenburger 2013 oder – mit Fokus auf grüne Technologien – auf der Website der Wirtschaftswoche www.​greenwiwo.​de).

    Substanzerhaltung (Rohstoffe, Mitarbeiter, Reputation)

    Nachhaltige Unternehmensführung bedeutet, auch mittel- und langfristig uneingeschränkten Zugriff auf materielle Ressourcen (Rohstoffe und Mitarbeiter) und immaterielle Ressourcen (Reputation/„Licence to Operate") zu haben, die für zukünftige Wertschöpfungsprozesse benötigt werden. Dabei ist es entscheidend, dass die Geschäftsstrategie (Unternehmens- und Bereichsstrategien) nicht nur quantitative Angaben über die zukünftigen Bedarfe bereithält, sondern auch Informationen über die erforderlichen Ressourcenqualitäten.

    Exkurs: Reputation

    Unter Reputation sind das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Unternehmung bei allen Stakeholder-Gruppen zu verstehen. Die Bedeutung der Reputation für die Unternehmenssteuerung wird spätestens dann ersichtlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sich nur noch 20 % der Marktkapitalisierung börsennotierter Unternehmen (S&P 500) durch ihr Finanz- und Produktivkapital erklären lassen (PwC 2012, S. 6). Zudem liegt nach einer Studie der beiden internationalen Marken- und Kommunikationsagenturen Biesalski/Serviceplan der Reputationswert, also der Umsatzanteil, der sich auf die Unternehmensreputation zurückführen lässt, bei ausgewählten DAX-30-Konzernen zwischen 15 und 35 %. Betrachtet man die Reputationsinhalte, also die Unternehmensmerkmale, die die Unternehmensreputation ausmachen, spielen Nachhaltigkeitsaspekte eine entscheidende Rolle¹³ (Biesalski/Serviceplan 2012, S. 10 + 17).

    Risikoreduzierung

    In einer global ausgerichteten Studie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung großer Unternehmen identifiziert KPMG sechs Risikokategorien, die sich aus den globalen ökologischen und sozialen/gesellschaftlichen Kernentwicklungen („megaforces of sustainability", siehe hierzu auch Kapitel 3.6.1.) ableiten:

    Physische Risiken: Beschädigung von Vermögenswerten oder ganzer Lieferketten durch Sturm, Überflutungen, Wasserknappheit, Meeresspiegelanstieg etc.

    Regulatorische Risiken: Schnelle und komplizierte Änderungen im regulatorischen Umfeld

    Reputationsrisiken: Unternehmensentscheidungen entgegen den Interessen der Stakeholder

    Wettbewerbsrisiken: Unberechenbare Marktdynamiken, Unsicherheit der Versorgung und der Preisvolatilitäten essenzieller Ressourcen

    Soziale/gesellschaftliche Risiken: hohe Arbeitslosigkeit, Bürger- und Arbeiterdemonstrationen, soziale Unruhen, Migration etc.

    Gesetzgebungsrisiken: Neue Gesetze, z. B. über das Reporting von Nachhaltigkeitsinformationen oder über die Vergabe öffentlicher Aufträge nach Nachhaltigkeitskriterien (KPMG 2013a, S. 49).

    Nachhaltige Unternehmensführung bedeutet in diesem Kontext insbesondere Risikomanagement mit dem Ziel der Risikominimierung. Risiko wirkt auf Unternehmen, indem es – direkt oder indirekt – ihre finanzielle Performance beeinträchtigt. Bezüglich der „Accounting-based Performance" (Einflussebene: Rechnungswesen/Jahresergebnis) bedeutet dies zum Beispiel die Reduzierung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Social Compliance-Fällen mit entsprechenden Umsatzeinbußen, Schadenersatzleistungen und Strafzahlungen¹⁴. Und hinsichtlich der „Market-based Performance (Einflussebene: Kapitalmarkt/Börsenkurs) ist es Aufgabe des Bereichs Investor Relations, ESG-Fortschritte gegenüber den Investoren so überzeugend zu vermitteln, dass sie bereit sind, die Aktie des Unternehmens vor anderen ansonsten vergleichbaren Titeln zu priorisieren, mit der Konsequenz einer mittelfristigen Stabilisierung und relativen „Outperformance des Aktienkurses. Speziell bei der Gewinnung nachhaltiger Investoren¹⁵ ist es zudem möglich, eine Reduzierung der Kursvolatilität der Unternehmensaktien zu erreichen.

    Prioritäten in der Praxis

    Wie die Prioritäten zu den beschriebenen Punkten in der Praxis konkret gesetzt werden, zeigt KPMG in der bereits zitierten Studie¹⁶:

    87 % der 250 größten Unternehmen der Welt (G250) verbinden mit der Wahrnehmung unternehmerischer Verantwortung die Nutzung von Geschäftschancen, 81 % sehen (auch) die Geschäftsrisiken aus sozialen/gesellschaftlichen und Umweltfaktoren.

    72 % der G250 geben an, dass für sie die am höchsten eingeschätzte Opportunität durch den ökologischen und sozialen/gesellschaftlichen Wandel die „Innovation neuer Produkte und Dienstleistungen" darstellt, für 51 % ist dies die Stärkung von Marke und Reputation, und schließlich 30 % der G250 sehen in der Wahrnehmung unternehmerischer Verantwortung eine Möglichkeit, Kosten zu reduzieren.

    Reputationsrisiken ist die am häufigsten genannte Risikokategorie (53 %), nach den regulatorischen Risiken (48 %), den sozialen/gesellschaftlichen Risiken (36 %) und den Compliance-Risiken (21 %) (KPMG 2013b, S. 11 ff.).

    Bezüglich des zweiten Punktes der KPMG Studie (Opportunitäten) kommt das International Corporate Responsibility Barometer (CSM 2013) zu vergleichbaren Ergebnissen, bis auf eine bemerkenswerte Ausnahme: „Innovation wird von den Unternehmen als Treiber des „Business Case for Sustainability auf einer Skala von 1 bis 5 (5 = immer) auf den letzten Platz gesetzt (3,19), deutlich nach Effizienz (4,25), Risikobeherrschung (4,01), Reputation (4,0) und Kostenreduzierung (3,45). Diese Ergebnisse gelten sowohl für Deutschland als auch international (CSM 2013, S. 28). Die augenfällige Abweichung kann vermutlich darauf zurückgeführt werden, dass die Durchschnittsgröße der befragten Unternehmen der KPMG Studie (die 250 größten Unternehmend der Welt) sehr viel höher liegt als die des International Corporate Sustainability Barometer (Deutschland: die 500 größten Unternehmen plus M-DAX plus S-DAX etc.).

    3.4 Stakeholder

    Der internationale Begriff „Stakeholder bezeichnet gesellschaftliche Interessengruppen, die ihre eigenen Rechte bzw. stellvertretend die Rechte anderer (auch die der Natur) gegenüber Unternehmen (auch gegenüber Politik und Öffentlichkeit) geltend machen. Typische Anspruchsgruppen sind Mitarbeiter, Kunden, Investoren, NGOs, Öffentlichkeit und der Staat, und alle haben sehr unterschiedliche Anforderungen an Unternehmen. Je nach Einfluss und Medienaffinität können Stakeholder-Gruppen einen nicht unerheblichen und fortwährenden Einfluss auf die Reputation („Licence to Operate) und den Geschäftserfolg von Unternehmen haben. Aus diesem Grunde treten Unternehmen – strategisch proaktiv oder erst in Krisensituationen – in einen koordinierten Austausch mit relevanten Anspruchsgruppen, in sogenannte Stakeholder-Dialoge, um Unternehmensinteressen und die Ansprüche der Interessengruppen in Einklang zu bringen (Bergius 2014c).

    Mitarbeiter

    Der strategischen Bewältigung des demografischen Wandels schreiben 70 % der Unternehmen einen wesentlichen Einfluss auf ihren zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg zu. Dennoch sind sie auf die Folgen des demografischen Wandels kaum vorbereitet: Nach einer Studie von Towers Watson haben erst 33 % der Unternehmen Maßnahmen ergriffen, um die Folgen des demografischen Wandels, nämlich Fach- und Führungskräftemangel (bereits betroffen: 53 %) und Altersstruktur (bereits betroffen: 67 %), zu entschärfen (Towers Watson 2013)¹⁷. Alleine das Ernst & Young Mittelstandsbarometer 2014 geht davon aus, dass mittelständischen Unternehmen in Deutschland (Umsatz EUR 5-250 Mio.) an Umsatz EUR 31 Mrd. durch Fachkräftemangel verloren geht (Ernst & Young 2014, S. 23).

    Hier bietet es sich an, im Rahmen des „Employer Branding die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens zu betonen, denn „Weltweite Studien zeigen, dass Unternehmen, die sich für das Gemeinwesen engagieren und CSR ernsthaft in ihren Business-Alltag integrieren, Mitarbeiterbindung und Mitarbeiterzufriedenheit signifikant erhöhen. Darüber hinaus gelingt es ihnen besser, engagierte und loyale Mitarbeiter zu rekrutieren (Sutter 2012, S. 8).

    Kunden

    Nach einer Studie von Nielsen¹⁸ hat die Bereitschaft von Verbrauchern (B2C), beim Kauf von Produkten von „socially responsible companies" mehr zu bezahlen, im Zweijahresvergleich global von 45 auf 50 % zugenommen, in Deutschland stieg der Wert von 32 auf 38 %. Tatsächlich für nachhaltige Produkte mehr ausgegeben haben global etwas weniger, nämlich 43 % (Nielsen 2013, S. 5 ff.)¹⁹.

    Dies wird wohl auch in der Unternehmenspraxis so gesehen: 81 % der CEOs internationaler Konzerne glauben, dass die Nachhaltigkeitsreputation ihres Unternehmens ein wichtiges Kriterium für die Kaufentscheidung der Konsumenten ist; deshalb sind „Marke, Vertrauen, Reputation das wichtigste Motiv für Nachhaltigkeitsinvestitionen (72 %), noch vor „Potential für Erlössteigerung/Kostenreduzierung (44 %) (Accenture 2013b, S. 36 f.).

    Dieses Investitionsverhalten lässt sich auch durch die empirische CSR-Forschung im Marketing absichern. Waßmann sieht in seiner Metastudie bestätigt, dass CSR als intangible Assoziation eine wichtige wesensbildende Komponente des Markenimages darstellt. Dies ist insofern von Bedeutung, da davon ausgegangen werden kann, dass CSR-geprägte Markenprofile zu einer höheren Identifikation und Loyalität der Kunden führen und deren Weiterempfehlungsverhalten positiv beeinflussen (Waßmann 2013, S. 113 f.).²⁰

    Die Vorstellungen, durch welche Merkmale der Begriff der Qualität bestimmt wird, wandeln sich zunehmend, sowohl bei Verbrauchern (B2C) als auch bei Geschäftskunden (B2B). Es wird nicht mehr nur – neben vielen weiteren Aspekten – um Sicherheit, Funktionalität, Zuverlässigkeit, Präzision, nicht krank machend etc. gehen, sondern zunehmend auch um Ressourceneffizienz, Ökoeffektivität, Wiederverwertbarkeit, ökosozialer Mehrwert, gesundheitsfördernd etc. Gregory H. Watson, ehemaliger Präsident der International Academy for Quality, formulierte bereits 2011: „Change and Transformation are the emergent tools of quality" (Zukunftsinstitut 2013, S. 36).²¹

    Dieser Trend wird seinen Niederschlag auch im Konsum- und Investitionsverhalten der öffentlichen Hand in Europa finden. Am 15.01.2014 verabschiedete das Europäische Parlament mit großer Mehrheit die Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe (EU-Vergaberichtlinie)²². Sie ermöglicht es öffentlichen Auftraggebern, Angebote auf der „Grundlage des wirtschaftlich günstigsten Angebots zu akzeptieren und nicht ausschließlich auf der Grundlage des niedrigsten Preises. Die Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots erfolgt „mittels eines Kosten-Wirksamkeitsansatzes, wie der Lebenszykluskostenrechnung, und kann das beste Preis-Leistungsverhältnis beinhalten, das anhand bestimmter Kriterien – unter Einbeziehung qualitativer, umweltbezogener und/oder sozialer Aspekte – bewertet wird (Artikel 66). In der Lebenszykluskostenrechnung dürfen neben den durch den öffentlichen Auftraggeber zu tragenden Kosten sogar solche Kosten berücksichtigt werden, die durch externe Effekte der Umweltbelastung²³ entstehen, zumindest sofern ihr Geldwert bestimmt und geprüft werden kann (Artikel 67) (EU-Parlament 2014, S. 283 ff.).

    Bereits das Gesetz über die Modernisierung des Vergaberechts aus dem Jahr 2009 „ermöglicht … nachhaltiges Einkaufen unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte. Hiervon betroffen sind alle Produkt-, Dienst- und Bauleistungskategorien" (Große Anfrage 2012). Das Bundesministerium des Innern (BMI) ist für das gesamte Vergaberecht federführend und verfügt über die „Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung", die alle 30.000 Beschaffungsstellen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene mit Wissen und Knowhow über nachhaltige Beschaffung zu versorgen hat. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich alleine die deutschen öffentlichen Beschaffungsaufträge (B2A) in Höhe von rund EUR 480 Mrd. p. a. zunehmend auch an Nachhaltigkeitskriterien ausrichten werden. Dies wird entsprechende Wirkungen in den Lieferketten deutscher und ausländischer Lieferunternehmen nach sich ziehen.

    NGOs

    Die Natur, indigene Völker, sozial Schwache und Ausgebeutete etc. verfügen nicht über eine eigene Stimme und ausreichenden Einfluss, den sie zum Selbstschutz geltend machen könnten, sie werden aber von vielen Menschen als schützenswert erachtet. Dies führte zur Entwicklung gesellschaftlichen und zunehmend institutionalisierten Engagements in Form von sogenannten Nichtregierungsorganisationen (Non Governmental Organizations, NGOs), die sich zur Aufgabe gemacht haben, die Interessen dieser „Stimmlosen" zu vertreten.

    NGOs informieren, decken Probleme auf, weisen auf Missstände hin und formulieren auch Lösungsvorschläge; bei mangelnder Resonanz stellen sie schließlich kategorisch und „laut" die Forderung, wirkungsvolle Maßnahmen zur Problemlösung zu ergreifen und die bemängelten Missstände abzustellen. Da hierbei ein möglichst großer operativer und medialer Aufwand betrieben wird, um eine ohnehin sensibilisierte breite Öffentlichkeit anzusprechen, können für Unternehmen erhebliche Reputationsrisiken entstehen, wenn sie unmittelbar, oder auch nur mittelbar über ihre Lieferkette, für einen bestimmten Sachverhalt verantwortlich sind bzw. gemacht werden.

    Neben der Durchführung notwendiger Stakeholder-Dialoge gehen besonders größere Unternehmen Kooperationen mit NGOs ein, die strategischen Charakter haben und zunehmend auch das Kerngeschäft betreffen. Die zwischenzeitlich vierte Studie von C&E in England, an der sich über 120 Konzerne und NGOs weltweit beteiligten, kommt zu entsprechenden Ergebnissen:

    59 % der Unternehmen betrachten über die Hälfte ihrer Kooperationen als strategisch, da sie wesentlich für das Kerngeschäft sind.

    91 % der Unternehmen gehen Kooperationen ein aus Gründen der Reputation und Glaubwürdigkeit; und immerhin 67 % nennen als Kooperationstreiber Innovation im Sinne von Entwicklung unerwarteter neuer Wege, alte Probleme und komplexe Herausforderungen zu bewältigen (C&E 2013, S. 4 f.).

    Gewerkschaften

    Anders als teilweise im Ausland sind Gewerkschaften in Deutschland noch nicht als Protagonisten von Nachhaltigkeit oder CSR in Erscheinung getreten, schlimmstenfalls wird ihnen auch die notwendige Kompetenz abgesprochen (Zimpelmann und Wassermann 2012, S. 43 f.).

    Umso bemerkenswerter ist die Initiative der IG BCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie), die auf ihrem 5. Ordentlichen Gewerkschaftskongress im Oktober 2013 als erste Gewerkschaft in Deutschland Nachhaltigkeit zu einem strategischen Handlungsfeld erhoben hat. Diese Sichtweise und anstehende Nachhaltigkeitsaktivitäten will sie auch Schwestergewerkschaften und dem DGB Deutscher Gewerkschaftsbund vermitteln. Einige Auszüge aus dem angenommenen Antrag B 001 „Nachhaltigkeit als strategisches Handlungsfeld der IG BCE" zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit gesamthaft (wenn auch mit Fokus auf die soziale/gesellschaftliche Perspektive) auf der Unternehmens- und Betriebsebene eingefordert und gefördert werden soll:

    Nachhaltigkeitsthemen sollen in Betriebsvereinbarungen, Sozialpartnervereinbarungen und Tarifverträgen verankert werden.

    Es soll rechtlich fixiert werden, in den Unternehmen ein Vorstandsmitglied für Nachhaltigkeit verantwortlich und dem Aufsichtsrat rechenschaftspflichtig zu machen.

    Das Betriebsverfassungsgesetz soll um Beteiligungs- und Initiativrechte der Betriebsräte in Nachhaltigkeitsbelangen, um einen Nachhaltigkeitsausschuss und um die Möglichkeit der Hinzuziehung externer Experten erweitert werden.

    Für die Anwendung des (freiwilligen) Deutschen Nachhaltigkeitskodex ist bei den Unternehmen zu werben.

    Es wird als unumgänglich angesehen, dass Aufsichtsräte, Betriebsräte und die IG BCE in die CSR-Strategie („soziale Dimension von Nachhaltigkeit") involviert sind.

    Nachhaltigkeit soll in die gewerkschaftlichen Bildungsprogramme und in das interne Weiterbildungsprogramm der hauptamtlich Beschäftigten der IG BCE aufgenommen werden.

    Die Nachhaltigkeitsinitiative der chemischen Industrie²⁴ ist weiterzuführen und durch betriebliche Maßnahmen mit Leben zu füllen (IG BCE 2013, S. 47 f.).

    Zulieferer

    Unter Zulieferern werden an dieser Stelle Unternehmen verstanden, die Teil einer Lieferkette sind und gleichzeitig als Lieferant und Abnehmer auftreten.

    Grundsätzlich kann man zwischenzeitlich davon ausgehen, dass die ökologische und soziale/gesellschaftliche Verantwortung für die komplette Lieferkette dem Unternehmen zugerechnet wird, das in der Kette eine dominierende Stellung hat. Es wird für Handlungen der Vorproduzenten (downstream), für die Entsorgung von Produktionsreststoffen und schließlich für das Einsammeln oder Recycling der Produkte nach der Gebrauchsphase (upstream) verantwortlich gemacht (CSCP 2011, S. 4).

    Wenn abnehmende Unternehmen eine Nachhaltigkeitsstrategie systematisch verfolgen, müssen sie auch von ihren Zulieferern unternehmens- und produktbezogene Nachhaltigkeitsnachweise verlangen. Das bedeutet, dass auch Unternehmen, die ausschließlich an andere Unternehmen liefern (B2B-Geschäft) und nicht unmittelbar an Endverbraucher, dennoch mit Nachhaltigkeitsanforderungen konfrontiert werden. Mit solchen Nachhaltigkeitsforderungen werden sich abnehmende Unternehmen zudem erst dann an ihre Lieferanten wenden, wenn sie sich selbst – zumindest in den wesentlichen Bereichen – bereits nachhaltig aufgestellt haben. Dies kann dazu führen, dass ihre Forderung nach Beachtung bestimmter ökologischer oder sozialer Standards (z. B. bezüglich Carbon Footprint, Arbeitsbedingungen, nicht-natürliche Inhaltsstoffe etc.) sehr umfassend und möglicherweise auch überraschend gestellt werden. Es empfiehlt sich daher für Lieferanten, sich zumindest bei Großabnehmern kontinuierlich zu informieren, ob entsprechende Änderungen bei deren Einkaufsbedingungen geplant sind.

    Dass die nachhaltige Gestaltung von Lieferketten eine zunehmend bedeutende Rolle spielt, zeigt eine Studie von BearingPoint²⁵: Für rund zwei Drittel der europäischen Unternehmen hat eine „Green Supply Chain strategische Priorität (Skandinavien: 90 %, D/A/CH: 59 %), ebenfalls ca. zwei Drittel der europäischen Unternehmen haben in den vergangenen drei Jahren ihre Nachhaltigkeitsanstrengungen innerhalb der Lieferkette („green supply chain actions²⁶) intensiviert (Skandinavien: 85 %, D/A/CH: 45 %) (BearingPoint 2011, S. 15).

    Damit die Aktivitäten zur Nachhaltigkeitsausrichtung innerhalb ihrer Lieferketten mit einem Höchstmaß an Effizienz durchgeführt werden können, schließen sich große Konzerne mit ihren Liefernetzwerke zusammen; so sollen Informationsprozesse bezüglich Nachhaltigkeitsanforderungen und angebotener Nachhaltigkeitsprofile standardisiert und damit vereinfacht, Zulieferer-Informationen über ihr Nachhaltigkeitsmanagement verlässlicher gestaltet und Prozessredundanzen vermieden werden. Zum Beispiel ist im Oktober 2013 nach einer zwölfmonatigen Pilotphase mit über 2.000 Assessments und Auditierungen die Initiative „Together for Sustainability (TfS)" von sechs globalen Chemieunternehmen²⁷ an die Öffentlichkeit gegangen. Ziel der Initiative der chemischen Industrie ist die Entwicklung und Umsetzung eines globalen Programms zur verantwortungsvollen Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen und der Verbesserung der ökologischen und sozialen Standards bei den Lieferanten (TfS 2013, S. 1).

    Da für institutionelle Investoren das Management von Klimarisiken ihrer Zielunternehmen ein zunehmend wichtiges Bewertungskriterium bei der Aktienselektion wird, nehmen auch immer mehr Konzerne an der jährlichen Erhebung zum CDP Supply Chain Report teil. Für den aktuellen Bericht waren dies 64 Konzerne (CDP Mitglieder) und 2.868 Zulieferer, die ihre Daten über CO2-Emissionen, Renditen (ROI) Treibhausgas-reduzierender Investitionen und ihre Managementansätze für den Umgang mit Klimarisiken veröffentlichen. Erstmals wurde auch der „Supplier Climate Performance Leadership Index (SCPLI)" veröffentlicht, der – nach Branchen unterteilt – die Unternehmen (Zulieferer) in einem Ranking auflistet, die ihren Carbon Footprint am besten messen, prüfen und steuern (CDP 2014a, S. 3 + 31 ff.).

    3.5 Kapitalmarkt und Finanzierungen

    Auf internationaler Ebene formieren sich immer häufiger nachhaltigkeitsorientierte Gruppen einflussreicher institutioneller Investoren, um gegenüber großen Unternehmen bestimmte Informationsansprüche durchzusetzen, zum Beispiel über deren CO2-Emissionen, Anti-Korruptionsstrategien oder prekäre Arbeitsbedingungen (Bergius 2013a, S. 2 ff.). Dabei geht es auch um mächtige Initiativen wie zum Beispiel die Global Investor Coalition on Climate Change (GICCC), die aus mehr als 250 großen Investoren besteht mit einem Anlagevolumen von über USD 20.000 Mrd.; die GICCC koordiniert vier Investorengruppen in Europa (IIGCC), Nordamerika (INCR), Asien (IGCC) und Australien/Neuseeland (AIGCC).

    Auf Initiative der Vereinten Nationen entstand 2006 die Investoreninitiative UN Principles for Responsible Investment(PRI). Zwischenzeitlich hat sich weltweit ein internationales Netzwerk von rund 1.200 Investoren, Vermögensverwaltern, Dienstleistern und Netzwerkunterstützern mit einem verwalteten Vermögen von rund USD 34.000 Mrd. verpflichtet, ESG-Aspekte in ihren Investitionsaktivitäten zu berücksichtigen. So sollen sie zum Beispiel ESG-Themen in ihre Analyse- und Entscheidungsprozesse einbeziehen, Unternehmen zu einer angemessenen ESG-Publizität anhalten und über ihre Fortschritte bei der Umsetzung der Prinzipien selbst berichten (BMU 2012, S. 9 + 11).

    Das CDP (vormals Carbon Disclosure Project) ist die weltgrößte Investoreninitiative, der sich seit Gründung 2002 weltweit 722 Großinvestoren angeschlossen haben, die zusammengerechnet USD 87.000 Mrd. Vermögen verwalten. Das CDP ist eine unabhängige gemeinnützige Organisation, die sich im Auftrag ihrer Mitglieder jährlich an über 5.000 der größten börsennotierten Unternehmen und Organisationen aus allen Kontinenten wendet, um im Rahmen von vier Programmen Daten abzufragen, die analysiert, kondensiert und im Rahmen von Berichten publiziert werden (Bergius 2014b):

    Climate Change Program: Daten über Treibhausgas-Emissionen von Unternehmen, Zulieferern und Städten und deren Strategien zum Klimawandel

    Water Disclosure Program (seit 2010): Daten zu Wasserverbrauch, Angaben zum Management von wasserbezogenen Aspekten in der Lieferkette etc.

    Forest Program (seit 2013): Daten über Verbrauch und Zertifizierung von Holz, Palmöl, Rinderprodukte, Soja und Biotreibstoffe

    Supply Chain Program (seit 2009): Treibhausgas- und Wasserdaten von Zulieferunternehmen der Programm-Mitglieder

    Die verstärkten Forderungen und Einflussnahmen der Investoren zeigen zunehmend Wirkung. Nach einer internationalen Studie von oekom-research²⁸ waren die Anforderungen nachhaltiger Investoren bei 59,6 % der Unternehmen der ausschlaggebende Faktor, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen, bei 61,3 % der Unternehmen waren es Nachhaltigkeits-Ratingagenturen (oekom research 2013a, S. 24).

    Die zu verwaltenden Anlagen institutioneller Investoren kommen größtenteils – direkt oder indirekt – von den unzähligen individuellen Sparern. Und auch bei dieser Gruppe von Finanzmarktteilnehmern gewinnen Nachhaltigkeitserwägungen zunehmend an Bedeutung, wie eine repräsentative Studie der deutschen Sparkassenorganisation über das Spar- und Anlageverhalten der Deutschen zeigt²⁹. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass für 62 % der Befragten nachhaltige Aspekte bei der Vermögensplanung sehr wichtig/wichtig sind und dass 38 % der Haushalte bei ihren Finanzentscheidungen bereits Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt haben (DSGV 2013, S. 10 + 15). Näher am unmittelbaren Entscheidungsverhalten von Anlegern sind die Ergebnisse der Bankkundenumfrage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen³⁰ zu sehen: Über alle Bankengruppen hinweg sind 35 % der Kreditinstitute in Deutschland mindestens einmal im Monat mit Nachfragen nach nachhaltigen Geldanlagen konfrontiert; zu verzeichnen sind leichte Wachstumsraten gegenüber den Vorjahren (Verbraucherzentrale 2014, S. 18).

    Ein positives Nachhaltigkeitsrating erleichtert den Zugang zu Fremdkapital, zum Beispiel durch die Emission von Anleihen oder die Aufnahme von Krediten; dem stimmen 41 % der befragten Unternehmen voll und ganz/eher zu (oekom research 2013a, S. 33). Zudem gibt es Kreditinstitute, die nach eignen Angaben auf Basis historischer Kreditausfallraten eine positiven Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeitsleistung und Bonität ihrer Kreditnehmer festgestellt haben (Barthruff und Sander 2012, S. 29).

    Grundsätzlich sei an dieser Stelle auch auf Kapitel 3.1. dieses Beitrags (Positiver Einfluss von Nachhaltigkeit auf die finanzielle Performance) verwiesen, das sowohl für die Unternehmensebene (z. B. Jahresergebnis) als auch für die Kapitalmarktebene (z. B. Börsenkurs) einen überwiegend positiven Einfluss umfassenden Nachhaltigkeitsmanagements auf die finanzielle Performance eines Unternehmens

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