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Leitfaden für Existenzgründer: Wie man sich als Ingenieur selbstständig macht
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eBook381 Seiten3 Stunden

Leitfaden für Existenzgründer: Wie man sich als Ingenieur selbstständig macht

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Über dieses E-Book

Die Initialzündung einer Existenzgründung sollte durch eine in die Zeit passende Idee stattfinden. Das ist oft keine völlig Neue, sondern eine interessante Abwandlung bereits vorhandener Ideen. Der Gründer hat dann viel zu klären, wozu er hier die wichtigsten Hinweise findet: die geeignete Rechtsform, Pflichten gegenüber dem Finanzamt, betriebswirtschaftliche Fragen wie Preiskalkulation, Businessplan, Umsatzplanung. Letztlich muss eine solide Rentabilität nachgewiesen werden. Neben der eigentlichen Fachkompetenz müssen auch unternehmerische Fähigkeiten stimmen, die Marktbearbeitung und das Verkaufsmodell funktionieren; gerade dort liegen oft Gründe für Misserfolge. Im Buch werden die Einzelthemen und Beispiele für professionelle Vermarktung und der damit zusammenhängenden Verhandlungstechniken behandelt. Einfach verständliche Erläuterungen und Grafiken erleichtern das Verständnis und den Lernerfolg.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Vieweg
Erscheinungsdatum15. Juli 2014
ISBN9783642545313
Leitfaden für Existenzgründer: Wie man sich als Ingenieur selbstständig macht

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    Buchvorschau

    Leitfaden für Existenzgründer - Erhard Sanft

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    Erhard SanftLeitfaden für ExistenzgründerVDI-Buch10.1007/978-3-642-54531-3_1

    1. Einführung in das Thema

    Erhard Sanft¹  

    (1)

    Erhard Sanft und Partner, Urbach, Deutschland

    Erhard Sanft

    Email: esanft@t-online.de

    1.1 Der Markt für Ingenieursleistungen

    Selbstständigkeit ist für viele „abhängig Beschäftigte" ein erstrebenswertes Ziel. Naturwissenschaftler und besonders die Ingenieure sind innerhalb der Gesamtanzahl der Existenzgründung en eine sehr aktive Berufsgruppe.

    Trotz der sehr hohen Anzahl von Technikern, Ingenieuren und Architekten nutzen immer noch überraschend viele unternehmerisch denkende und handelnde Mitglieder dieser potenziellen Gründer die Chancen einer Selbstständigkeit nicht. Grund für diese Zurückhaltung ist eine speziell in schwierigen Zeiten vorherrschende Auffassung, dass in der Selbstständigkeit das Risiko größer und die Verdienstmöglichkeiten kleiner sind als im Anstellungsverhältnis . Das kann man aber so verallgemeinernd nicht sagen.

    Veränderungen in Unternehmen ist der Alltag. Sie geschehen so zuverlässig wie der Hagel zur Erntezeit. Es gibt sehr viele auf Entwicklung und Fortschritt bezogene Änderungen. Diese können die unterschiedlichsten Rahmenbedingungen betreffen. Hier eine Auswahl:

    Globalisierung der Märkte

    Grenzüberschreitende Möglichkeiten durch IT-Einsatz

    Automatisierung der Fertigungssysteme

    Nutzung von Softwarelösungen in allen Unternehmensbereichen

    Durch Lean Management Methoden (auch in der Personalwirtschaft) Personalabbau und Verschlankung durch Verringerungen der Fertigungstiefen

    Technische Dienstleistungen werden daher zunehmend nach extern vergeben („Outsourcing")

    Eine steigende Anzahl von Unternehmen binden externe Ingenieurbüro s in die Entwicklung von Dienstleistungen und Produkten jeglicher Art ein und sind bereit, dauerhafte Allianzen einzurichten

    Letztlich haben alle Ingenieure selbst in bereits gut besetzten Geschäftsfeldern immer eine Chance, falls sie es verstehen, Probleme und Engpässe bei den potenziellen Auftraggebern besser zu lösen, als der Wettbewerb.

    Diese und weitere Bedingungen schaffen permanent neue Märkte und Chancen in den verschiedensten Ingenieurbereichen. Damit die Restrisiken gering bleiben muss der Ingenieur als Gründer professionell planen und den Markteinstieg mit neuen und wirkungsvollen Methoden durchführen.

    Aber es gibt auch klare finanzielle Gründe, die für eine Selbstständigkeit sprechen. Voraussetzung dafür ist aber sehr oft, dass der Ingenieur für bestimmte Zielgruppen oder Zielkunden der bessere Problemlöser ist.

    Die Bundesrepublik hat sich nach aus Bank- und Wirtschaftskrisen der jüngsten Zeit im Vergleich mit anderen Wirtschaftsnationen am raschesten erholt und die meisten Branchen berichten über Vollauslastungen.

    Welche Folgen allerdings die Eurokrise und die damit zusammenhängenden Wirtschaftskrisen in etlichen europäischen Ländern noch haben werden ist kaum sicher einzuschätzen. Schwerpunkt ist derzeit der Mittelmeerraum. Wir stehen trotz dieser noch nicht bewältigten Probleme bei einer sehr geringen Erwerbslosenquote (derzeit in den meisten Bundesländern unter 3.0 Mio.). Das bedeutet nahezu Vollbeschäftigung und den Mangel an Fachkräften und Spezialisten. Eine sehr gute Chance für Existenzgründer.

    Das weiß auch der Staat und hat Existenzgründern Hilfen angeboten, die noch nie so umfangreich und effektiv waren. Nie vorher gab es so viel Zuschüsse, Darlehen und Beratungsleistungen wie derzeit.

    Allerdings, die Chancen sich durchzusetzen und im harten Wettbewerb zu „überleben" sind nicht in allen Ingenieurdisziplinen gleich gut. Beispiel: allein im Großraum Berlin (incl. einiger Randgebiete Brandenburgs) existieren z. B. ca. 2 000 Ingenieurbüros (Tragwerksplaner , weite Bereiche der gesamten Bauindustrie wie HLS, Hauselektrik). In diesen durch eine Honorarverordnung (HOAI) mit Gesetzeskraft geschützten Bereichen, herrscht wegen fehlendem Auftragsvolumen harte Konkurrenz und daraus folgend ein harter Preiskampf.

    Die Anzahl und damit auch regionale Dichte von Ingenieurbüros mit vergleichbarer Tätigkeit schlägt verständlicherweise auf die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Neugründung in diesen Bereichen durch. Wer in solchen sehr überlaufenen Ingenieurdisziplinen seinen Platz und sein regelmäßiges Auskommen finden will, gerät regelmäßig dann unvermeidbar unter Preisdruck, wenn zu diesen schwierigen Rahmenbedingungen des Marktes seine angebotene Leistung beliebig ersetzbar ist. Denn die Vergleichbarkeit mit anderen Wettbewerbern wirkt sich immer auf die erzielbaren Preise aus.

    Wie kommt der Ingenieur als Gründer aus dieser Falle heraus?

    Wie kann er trotz der am Markt üppig angebotenen identischen Leistungen überleben?

    Die Antwort (sie wird im Bereich Marketing noch vertieft) lautet.

    Seine Leistungen müssen sich von denen der anderen Marktteilnehmer (für die potenziellen Auftraggeber deutlich sichtbar) positiv unterscheiden und besonderen Nutzen bieten. Infrage kommen Spezialisierungen, innovative neue Techniken innerhalb einer Standard-Ingenieurdisziplin, welche die üblichen Leistungen weiterentwickelt und vervollkommnet haben.

    Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass bei den Auftraggebern ein Problem besser und rascher gelöst, ein vorhandener Engpass professioneller beseitigt wird.

    Kann der Gründer dies nicht anbieten, muss er anstreben, sich Vorsprünge mit den bekannten Kriterien wie:

    höhere Qualität und Zuverlässigkeit,

    professionellere Akquisition,

    raschere Bearbeitung,

    geringere Kosten

    geringere Entnahme für seine private Lebensführung usw.

    zu schaffen.

    Mit Kostenführerschaft entsteht zwar die Möglichkeit, preisgünstiger anbieten zu können und eine positive Auslastung und die damit oft verknüpfte Rendite zu erreichen. Diese preisgünstige Form der Leistungserstellungsprozesse muss aber betriebswirtschaftlich korrekt durchgerechnet werden und über Projektcontrolling eng überwacht werden (Soll-Ist vergleiche usw.).

    Für einen erfolgreichen Markteinstieg ist es hilfreich, wenn Ingenieure im Zuge ihrer angestellten Tätigkeiten über viele Vorkontakt e verfügen. Im Einzelfall können hier sogar (über die oft nicht immer realistischen reinen Absichtserklärungen hinaus) feste Angebote zur Zusammenarbeit oder gar bereits dauerhaft garantierte Aufträge erreicht werden.

    Eine Gründung passt besonders gut in die Zeit, wenn sie die Herausforderungen an die moderne Gesellschaft wie Umwelttechnik, Abfallwirtschaft, alternative Energien, Informationstechnologien usw. aufgreift und bisher nicht genutzte Lösungen anbietet.

    Gelingt es dem Ingenieur, diese oder ähnliche Anforderungsprofile für seine Gründung zu erfüllen, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit wesentlich größer. Im anderen Fall braucht er für die Marktdurchdringung und ein akzeptables Auskommen Stehvermögen und eine Zeitspanne, die nicht einfach zu finanzieren ist. Und das trotz gegenüber den Mitbewerbern vergleichbar guter Ingenieurleistung.

    Eine der unverzichtbaren Kernkompetenz en des selbstständigen Ingenieurs ist die Fähigkeit zur Akquise . Auch eine Top-Ingenieurleistung verkauft sich selten von alleine. Die Ansprüche an seine Präsentation und Verhandlungskompetenz sind in den letzten Jahrzehnten permanent und deutlich erkennbar gestiegen.

    Und in diesem Zusammenhang noch eine Tatsache

    Der Auftraggeber setzt Fachkenntnis und Beherrschung der angebotenen Ingenieurleistungen zunehmend voraus. Daher kann der Ingenieur damit heute kaum noch glänzen und wirksame Akquisition betreiben (es sei denn, er hat Alleinstellungsmerkmale für besondere Technologien). Denn allein die konsequente Auseinandersetzung mit den Vorstellungen und besonderen Wünschen von Auftraggebern bringt den wichtigen Vorsprung. Denn diese wissen zwar zumeist genau, was sie haben wollen. Überraschend oft allerdings auffällig oft nicht, was sie von einem Ingenieur als Fachspezialisten haben könnten.

    Es gilt also, ein auf die Zielgruppe oder auf einen Zielkunden ausgerichteten speziellen Nutzen zu bieten. Das erfordert zwar Kreativität und Innovation. Der Lohn ist aber reichlich.

    Es gilt daher, sich bei der Planung der Selbstständigkeit auf diese Rahmenbedingungen einzustellen. Das geschieht u. A. über die Analyse der Wettbewerbsfaktoren. Aber auch über die Beantwortung der Frage: welcher Zielgruppe oder welchem Zielkunden biete ich mehr Nutzen, worin besteht er und welche Vorteile hat er dadurch? Wenn dann auch die Gründung realistisch und in der Art des vorsichtigen Unternehmers vollzogen wird, bleiben die Risiken überschaubar und die Erfolgswahrscheinlichkeit ist recht hoch.

    Letztendlich können aber weder den etablierten Büros noch einem Gründer die unternehmerischen Risiken abgenommen werden. Auch die Banken sagen das dem Ingenieur als Gründer sehr deutlich und verlangen daher fast immer Sicherheiten für die gewünschten Kredite.

    Fazit: Obwohl Ingenieure, vielfach versehen mit ausgezeichnetem Fachwissen und den Erfahrungen aus angestellter Tätigkeit, geradezu prädestiniert scheinen für die Gründung eines Büros, ist dieser Prozess kein Selbstläufer. Auch hier muss für den Erfolg engagiert und zäh gearbeitet werden

    Hilfreich dafür ist der Besuch einschlägiger Veranstaltungen, das Studium jeglicher Fachliteratur zum Thema, der Austausch von Erfahrungen mit Bekannten und Freunden, die bereits Gründungserfahrung besitzen usw.

    Das vorliegende Buch mit seinen umfangreichen und aus der Praxis geborenen Inhalten greift die Situation einer beabsichtigten Bürogründung auf und führt den Ingenieur durch die wichtigen Stationen der Vorbereitung und Planung der Selbstständigkeit bis hin zur Marktdurchdringung und der Akquisition von Aufträgen.

    Der Autor wünscht Ihnen viel Vergnügen beim Studium dieses Buches, eine professionell durchgeführte Gründung und viel Freude an einer motivierenden und ertragreichen Vollexistenz.

    ERHARD SANFT

    Urbach, im Sommer 2014

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    Erhard SanftLeitfaden für ExistenzgründerVDI-Buch10.1007/978-3-642-54531-3_2

    2. Der Ingenieur als Unternehmer

    Erhard Sanft¹  

    (1)

    Erhard Sanft und Partner, Urbach, Deutschland

    Erhard Sanft

    Email: esanft@t-online.de

    Selbstständige scheinen Leute zu sein, die bereit sind, täglich 16 h zu arbeiten. Und dies nur, um nicht 8 h pro Tag für einen anderen arbeiten zu müssen. Ein etwas ironischer Gedanke, in ihm steckt allerdings ein wahrer Kern.

    Unternehmer sein bedeutet in vielerlei Hinsicht etwas völlig anderes, als in angestellter Position seine Arbeit zu leisten. Und dies gilt oft selbst dann, wenn Sie als Führungskraft mit hoher Verantwortung und großem Zeitaufwand tätig waren. Es ist sehr sinnvoll, sich vor den eigentlichen Gründungsaktivitäten einige wichtige Fragen zu stellen und sie realistisch zu beantworten:

    Wer bin ich, und welche persönlichen Eigenschaft en könnten meine Selbstständigkeit fördern oder behindern?

    Welche Stärken befähigen mich zum Unternehmer?

    Welche Schwächen könnten ein Risiko oder eine Gefahr für die Selbstständigkeit sein?

    Glaube ich an den Erfolg meines Gründungskonzepts, oder sind vornehmlich andere Antriebe für die Selbstständigkeit vorhanden (z. B. Ärger im Unternehmen, Arbeitslosigkeit usw.)?

    Habe ich die Bereitschaft, überwiegend mit sehr hohem Zeiteinsatz zu arbeiten (auch auf längere Sicht)?

    Sind mir die Risiken der Selbstständigkeit bewusst und bin ich bereit, diese zu tragen?

    Verliere ich zu oft den Mut oder gebe gar auf, wenn Dinge nicht wie gewünscht laufen, oder bin ich zäh, kann immer „dran" bleiben und um den Erfolg kämpfen?

    Bin ich kontaktfreudig? Bin ich in der Lage, professionell zu akquirieren und mich überzeugend den potentiellen Auftraggebern zu präsentieren?

    Motiviert meine Auffassung von Führung die sofort oder später benötigten oder gar schon fest eingeplanten Mitarbeiter und ist mein Führungs- und Kommunikationsstil im bisherigen Unternehmen anerkannt und als erfolgreich und motivierend bestätigt?

    Bin ich gesund und belastungsfähig oder habe ich gesundheitliche Einschränkungen?

    Zieht meine Familie mit? Was hält speziell meine Partnerin/mein Partner von der Selbstständigkeit und den damit verbundenen Risiken (ständige Abwesenheiten, beruflicher Stress belastet die Privatsphäre, finanzielle Probleme usw.?

    Habe ich Rücklagen für den Anlauf meiner selbstständigen Arbeit oder bin ich auf Kredite oder sehr rasche Umsätze und Einnahmen aus meiner Arbeit angewiesen?

    Es ist notwendig, sich mit diesen Fragen konsequent auseinander zu setzen. Das zu rasche Überfliegen und sehr positive „Abhaken" birgt hohe Risiken. Erstellen Sie sich mit der Tabellenfunktion von Word oder mit Excel eine Matrix, in die Sie die nachfolgenden Fragen einfügen. Sinnvoll für deren Bearbeitung ist die nachfolgende Vorgehensweise:

    Machen Sie sich zu jeder Frage nicht nur selber weitergehende Gedanken, sondern beziehen Sie geeignete Informationsquellen ein wie z. B.:

    Messebesuche und Gespräche mit Ausstellern aus den Ingenieurbranchen,

    Freunde die Führungskräfte sind,

    Banken und deren Spezialisten für Fördergelder und Exi-Kredite,

    Berater mit Erfahrungen weil bei ihm viel praktische Gründungserfahrungen vorhanden sind

    in den Dialog ein.

    Sehr vorteilhaft ist es immer, wenn Sie Bekannte/Freunde haben (ehemalige Studienkollegen z. B.), die sich bereits selbstständig gemacht haben und Ihnen daher Erfahrungen und wichtige Tipps vermitteln können.

    Stufen Sie die Fragen mit der für die Selbstständigkeit dahinter stehenden Bedeutung nach:

    sehr stark/sehr groß

    stark/groß

    neutral/normal

    eingeschränkt

    nicht relevant

    ein und begründen Sie Ihre jeweiligen Einschätzungen und Antworten.

    2.1 Auf was kommt es an?

    Man würde es sich zu einfach machen, wenn man sagt, dass es ein bestimmtes Muster für den erfolgreichen Unternehmer gibt. Zu unterschiedlich sind die Persönlichkeiten, die eine Gründungsidee durchgeführt und erfolgreich in die Praxis umgesetzt haben. Dennoch gibt es einige persönliche Voraussetzungen, ohne deren Erfüllung der Existenzgründer und Unternehmer von vornherein schlechtere Chancen hat.

    Allein die Tatsache, dass Selbstständige im Durchschnitt rein quantitativ wesentlich mehr arbeiten als Angestellte, zeigt, dass die Bereitschaft zu großem Arbeitseinsatz vorhanden sein muss. Wer also auf eine geregelte Arbeitszeit großen Wert legt, sollte in einer Arbeitnehmertätigkeit bleiben.

    Auch ein gewisses Maß an Risikofreudigkeit gehört zum Selbstständigsein. Denn auch das finanzielle Risiko durch die notwendigen Investition en für einen Ingenieur, der in der ferneren Vergangenheit eher nicht so viel investieren musste, wird immer größer. Die Zeiten, in denen man nur mit Schreibtisch, Laptop und PKW ein Ingenieurbüro gründen konnte, sind nahezu für alle Ingenieurbereiche vorbei. Allein die Büroelektronik (EDV mit Hard- und Software, Fax und Telefon, Kopierer, Plotter usw.) erfordert zum Teil erhebliches Gründungskapital.

    Besonders wer das Geld dafür von einer Bank haben möchte, wird feststellen, dass ein Hauskredit und bestimmte Fördermittel ohne werthaltige Sicherheiten kaum zu erhalten sind.

    Ein Selbstständiger sollte über Fähigkeiten im Bereich der Kommunikation verfügen. Kontakte und gepflegte Beziehungen sind ein wichtiges Kapital für den Ingenieur als Unternehmer. Außerdem können durch kluge Gesprächs- und Verhandlungsführung auch noch dort positive Ergebnisse erzielt werden, wo der Mitbewerber nicht zum Zuge kommt und aufgibt.

    Auf dem Gebiet der Führung von Mitarbeiter n müssen in jedem Falle entsprechende Qualitäten vorhanden sein. Falls Sie nicht Einzelkämpfer bleiben möchten, sondern ab einem gewissen Zeitpunkt Mitarbeiter beschäftigen, wird Ihr Führungsstil Engagement und Leistungsbereitschaft der Angestellten wesentlich beeinflussen. Der Autor erlebt im Rahmen seiner Beratungen von Ingenieurbüros die sehr negative Auswirkung von nicht zeitgemäßer Führung viel zu oft.

    Zwölf Stunden täglich Dauerstress (besonders in der Einstiegsphase) erfordern eine robuste, gesunde Konstitution . Eine krankheitsbedingte Abwesenheit beschert dem Gründer nicht nur Verdienstausfall. Unter Umständen geht beim Auftraggeber Vertrauen verloren, weil sein Projekt nicht termingerecht abgearbeitet wird. Dies wirkt sich besonders in der Anfangszeit (wenn Auftraggeber mit dem Ingenieur noch in der Testphase sind) besonders negativ aus.

    Sehr wichtig ist die umfassende Information des Ehepartner s und aller wichtigen Personen der Familie über relevante Umstände der Gründung und der Selbstständigkeit . Wenn Ehefrau oder Ehemann und Familie dem Vorhaben sehr skeptisch gegenüberstehen und nicht gewillt sind, Abstriche zu machen und Sie zu unterstützen, wird es sehr schwierig für Sie. Zum unternehmerischen Risiko sollte sich in keinem Fall noch ein privates hinzu addieren.

    Ein entscheidender Faktor ist auch Ihr unbeirrter Glaube an den Erfolg Ihrer Selbstständigkeit. Gemeint ist dabei ein realistischer und auf möglichst viele Fakten gründender Glaube. Gibt es schwache Positionen in Ihrem Konzept, sollten Sie diese vor den ersten Aktivitäten in jedem Falle mit einem professionellen Berater ausräumen.

    Eines gilt fast immer: Nur wenn Sie in der Grundtendenz „positiv denken, bietet sich die Chance, ein „Gewinner zu sein. Besonders dann hat die notwendige innere Schubkraft die Aufgabe, mit der richtigen unternehmerischen Grundeinstellung anzugehen.

    Dazu gehört auch, dass Sie nicht vorschnell aufgeben, wenn anfängliche Rückschläge Sie entmutigen. Den meisten Gründern gelingt es nicht, bereits im ersten Jahr einen Gewinn zu erzielen. Das heißt im Klartext für die Nichtkapitalgesellschaft, dass nach Abrechnung der Entnahmen für den Inhaber mindestens ein ausgeglichenes Ergebnis da sein muss.

    Bei Kapitalgesellschaft en (wie der GmbH) sind die Gehaltsaufwendungen der Inhaber/Gesellschafter Betriebsausgaben, bei Einzelunternehmen leider nicht. Insofern ist das Ergebnis OK, wenn es in der Rentabilitätsvorschau und zum Anfang der Selbstständigkeit ausgeglichen ist.

    Wenn es gravierende persönliche Eigenschaften gibt, welche den Erfolg einer Selbstständigkeit gefährden könnten, wie:

    übertriebener Optimismus oder das Gegenteil,

    Scheu vor dem Kontakt zu fremden Personen,

    große Ungeduld mit und ständiger kritischer Blick auf Menschen

    unangemessener Hang zur Durchsetzung der eigenen Meinung, (Einzelkämpfer kontra Teamorganisation im neuen Büro) usw.,

    sollte die Auswirkung dieser auffälligen bis extremen Veranlagungen vor dem Hintergrund der Selbstständigkeit sehr genau durchdacht, auch in diesem Bereich eine verantwortungsbewusste Entscheidung getroffen werden.

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    Erhard SanftLeitfaden für ExistenzgründerVDI-Buch10.1007/978-3-642-54531-3_3

    3. Die Möglichkeiten zur Selbstständigkeit

    Erhard Sanft¹  

    (1)

    Erhard Sanft und Partner, Urbach, Deutschland

    Erhard Sanft

    Email: esanft@t-online.de

    Die Arten der Selbstständigkeit für Ingenieurinnen/re sind sehr vielfältig. Mit kaum einer anderen Ausbildung stehen so viele Möglichkeiten offen. Die Chancen gelten im Besonderen für die Situation als selbstständiger Unternehmer. In folgenden Bereichen sind Existenzgründungen möglich:

    Ingenieur/beratender Ingenieur

    Sachverständiger (unabhängig)

    Patentassessor/Patentanwalt

    Unternehmensberater

    Erfinder (unabhängig)

    Handelsunternehmer (selbstständiger Vertriebsingenieur)

    Herstellung und Vertrieb im IT-Bereich

    Fachjournalist

    Ausbilder

    Dozent und Seminarleiter

    Zu beachten ist dabei, dass für die meisten dieser Berufsbilder Fähigkeiten und Qualifikationen benötigt werden, die über das in den Hochschulen und Universitäten erworbene technische Fachwissen hinausgehen. Wählt die Ingenieurin/der Ingenieur ein solches, werden z. T. erhebliche Zusatzausbildungen notwendig (z. B. Sachverständiger, Trainer, Patentanwalt usw.).

    Wenn ein/e Ingenieur/in Unternehmer wird, ist das Selbergründen nicht immer und unter allen Umständen die beste und sinnvollste Lösung. Folgende Optionen sind möglich:

    Kauf eines existierenden Büros

    Übernahme von Gesellschaftsanteilen eines Büros

    Nebenberufliche Selbstständigkeit

    3.1 Kauf eines existierenden Büros

    Was ist ein Ingenieurbüro wert?

    Die Gesamtbewertung und die Kaufpreisfindung von Betrieben aller Art, dazu zählen natürlich auch Architektur- und Ingenieurbüros, gehört zu den schwierigen Fragen der Betriebswirtschaftslehre und beschäftigt seit vielen Jahrzehnten schon diesen komplizierten Bereich der Consulting-Praxis.

    Ausgangspunkt der Gedanken ist die Tatsache, dass der Wert eines Betriebes nicht einfach durch die Addition seiner einzelnen Bilanz – Positionen (Vermögen und Schulden) oder über die bisherigen Ergebnisse ermittelt werden kann.

    Weil das bloße Aneinanderreihen seiner Vermögensgegenstände (im Ingenieurbüro sind es weniger Baulichkeiten aller Art, das Warenlager, Fuhrpark in Form von Nutzfahrzeugen, Produktionsmaschinen usw. sondern in der Regel Büroeinrichtungen, EDV Hardware, Software und Lizenzen dafür usw.) und seines Kapitals noch keine funktionsfähige Einheit schafft, sondern erst durch unternehmerische Aktivitäten (Aufbauorganisation/Ablauforganisation, Prozess- und Wertschöpfungsketten usw.) zu einem funktionsfähigen Büro wird, müssen zur Ermittlung des wahren Unternehmenswertes weitere Grundlagen und Informationen des Betriebes herangezogen werden.

    Diese erscheinen jedoch vielfach nicht in der Einnahme-Überschuss-Rechnung oder der Bilanz und müssen deshalb von entsprechenden Fachleuten eingeschätzt und bewertet werden. Es sind dies z. B.:

    Organisationszustand

    Wie klappt die Zusammenarbeit an den Schnittstellen des Ingenieurbüros?

    Sind die Arbeitsabläufe effizient organisiert?

    Findet ein systematisches Speichern von Wissen statt und gibt es dafür eine spezielle Software. Denn neues Wissen entsteht zunehmend rascher und mit jedem Mitarbeiter verlässt oft auch wichtiges Wissen das das Büro

    Existiert eine Kommunikationslogistik (Meetings zum Erfahrungsaustausch, Regelkommunikation usw.)

    Ist die Erfassung der Auslastung des Büros und seiner einzelnen Mitarbeiter aussagefähig und führt sie zu verwendbaren Ergebnissen?

    Wird mit den zeitgemäßen Möglichkeiten der Kostenrechnung, Kalkulation und des Controlling gearbeitet?

    Gibt es ein zeitnahes Projekt-Controlling und liegen die Ergebnisse den Projektmitarbeitern in den Meetings vor? usw.

    Arbeitskräfte

    Wie ist die Motivationslage der Belegschaft?

    Welche Qualifikation haben die Mitarbeiter (Zeichnerinnen, Techniker, Ingenieure, Informatiker, Verwaltung etc.)

    Welche Mitarbeiter sollten oder müssen übernommen werden?

    Bleiben die in den Schlüsselfunktionen tätigen Mitarbeiter?

    Wer hatte die erfolgreichen Kundenkontakte und ist die Kontinuität gesichert?

    Gründen ausscheidende Mitarbeiter neue Büros und werden (u. U. auch in der Nähe) Konkurrenten?

    Nehmen diese u. U. wichtige Auftraggeber mit?

    Stamm-Auftraggeber und Markt

    Ist der Markt bereits nach der engpasskonzentrierten Methode analysiert und bearbeitet worden?

    Von welchen Zielbranchen, -gruppen und -kunden wird das Büro beauftragt?

    Welche Auftraggeber sind auf den ausscheidenden Inhaber fixiert und könnten beim Wechsel verloren gehen?

    Findet eine „Übergabe" durch persönliche Gespräche mit den Auftraggebern statt?

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