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Nachhaltiges Beschaffungsmanagement: Strategien – Praxisbeispiele – Digitalisierung
Nachhaltiges Beschaffungsmanagement: Strategien – Praxisbeispiele – Digitalisierung
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eBook870 Seiten7 Stunden

Nachhaltiges Beschaffungsmanagement: Strategien – Praxisbeispiele – Digitalisierung

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Über dieses E-Book

Vor dem Hintergrund der steigenden Bedeutung ökologischer und sozialer Aspekte entwickelt sich Nachhaltigkeit zu einem immer wichtigeren Wettbewerbsvorteil für Unternehmen. Gerade in der Beschaffung können Entscheidungen nicht mehr ausschließlich anhand der Kriterien Preis und Qualität getroffen werden. Auch Nachhaltigkeitsaspekte sind bei der Lieferanten- und Materialauswahl ein entscheidender Faktor. 

Dieses Buch bietet erstmals eine umfassende konzeptionelle Basis für das Nachhaltigkeitsmanagement von Beschaffungstätigkeiten, die es Unternehmen ermöglicht, sich eine weitere Kernkompetenz aufzubauen und diese im strategischen und operativen Bereich umzusetzen. Zahlreiche Beispiele aus verschiedenen Wirtschaftszweigen und zum Einfluss der Digitalisierung zeigen zudem sehr anschaulich die Anwendbarkeit in der Praxis.


SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum2. Apr. 2019
ISBN9783658251888
Nachhaltiges Beschaffungsmanagement: Strategien – Praxisbeispiele – Digitalisierung

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    Buchvorschau

    Nachhaltiges Beschaffungsmanagement - Wanja Wellbrock

    Hrsg.

    Wanja Wellbrock und Daniela Ludin

    Nachhaltiges BeschaffungsmanagementStrategien – Praxisbeispiele – Digitalisierung

    ../images/466078_1_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.png

    Hrsg.

    Wanja Wellbrock

    Hochschule Heilbronn, Schwäbisch Hall, Deutschland

    Daniela Ludin

    Hochschule Heilbronn, Schwäbisch Hall, Deutschland

    ISBN 978-3-658-25187-1e-ISBN 978-3-658-25188-8

    https://doi.org/10.1007/978-3-658-25188-8

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

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    Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

    Geleitwort

    Das Regierungs- und Verwaltungshandeln in Baden-Württemberg orientiert sich seit Jahren am Prinzip der Nachhaltigkeit als zentralem Entscheidungskriterium. 2007 wurde erstmals eine Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg ins Leben gerufen, um zur langfristigen Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen für unsere und die kommenden Generationen beizutragen und im Land allen Menschen ein gutes und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhalten. Die Belastbarkeit der Erde und der Natur sowie die Endlichkeit der Ressourcen geben hierbei die Grenzen vor. Einer nachhaltigen Beschaffung kommt dabei eine Schlüsselstellung mit Blick auf die Vermeidung und Verringerung von Umweltbelastungen zu.

    260 bis 360 Mrd. EUR oder acht bis 14 % des Bruttoinlandsproduktes geben öffentliche Auftraggeber in Deutschland jährlich für Waren und Dienstleistungen aus. Etwa die Hälfte der Ausgaben entfällt auf den Bund und die Länder, die andere Hälfte auf die Kommunen. Diese enorme Summe lässt das Potenzial der öffentlichen Hand erkennen, nachhaltige Produkte am Markt zu etablieren und zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Studien zeigen, dass eine nachhaltige Beschaffung sogar zu Kostenentlastungen beitragen kann.

    Das Vergaberecht hat 2014 einen Paradigmenwechsel vollzogen und lässt nunmehr weitgehend die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zu. Konkret bedeutet dies, dass umweltbezogene Kriterien wie Energieeffizienz, Klimaschutz und Ressourcenschonung bei Vergaben berücksichtigt und auch fair gehandelte Produkte einbezogen werden können. Auch soziale Merkmale wie die Förderung der sozialen Integration und die Gleichstellung sowie die Berücksichtigung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zählen dazu. Die gezielte Berücksichtigung dieser Kriterien kann ausbeuterischen Bedingungen bei der Herstellung von Produkten und bei der Gewinnung von Rohstoffen entgegenwirken. Dies betrifft insbesondere menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in der dritten Welt, in erster Linie die Verhinderung von Kinderarbeit.

    Im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt die Landesregierung das Ziel, Nachhaltigkeitsaspekten bei Beschaffungen ein stärkeres Gewicht zu geben. Insbesondere die Landesverwaltung soll hierbei ihrer Vorbildfunktion bei öffentlichen Vergaben stärker gerecht werden. Dem mit der Verbreitung der Digitalisierung verbundenen Energie- und Ressourcenbedarf trägt das Land durch die Landesstrategie Green IT 2020 Rechnung. Zu ihren Schwerpunkten zählt die dauerhafte Einbringung von Nachhaltigkeitskriterien in IT-Beschaffungen der Landesverwaltung.

    Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Vergabewesen sind Landkreise, Städte und Gemeinden wichtige Partner, die vom Land vielfältige Schulungsangebote in Form von Workshops und gedruckten oder digitalen Arbeitshilfen erhalten. Diese Aktivitäten werden mit einer breit angelegten Schulungsoffensive in den Jahren 2018 und 2019 weiter ausgebaut und beziehen dabei alle Landesbehörden und Landeseinrichtungen mit ein.

    Wir wollen die Beschäftigten für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren und umfassend qualifizieren, damit diese in der Lage sind, Nachhaltigkeitskriterien bei Vergaben rechtskonform zu berücksichtigen.

    Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, Nachhaltigkeit als unverzichtbaren Teil im Beschaffungsmanagement sowohl der öffentlichen Hand als auch der Wirtschaft dauerhaft zu verankern. Dieses Buch kann mit seinen vielfältigen Beiträgen dazu einen wertvollen Beitrag leisten. Den Initiatoren und Initiatorinnen und Autoren und Autorinnen danke ich herzlich für ihr Engagement und die vielen zielführenden Anregungen.

    Franz Untersteller MdL – Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg

    Vorwort

    Nachhaltigkeit ist eines der Schlüsselwörter des 21. Jahrhunderts. Wirtschaftliche Entscheidungen können nicht mehr ausschließlich anhand von Preis, Qualität und Service getroffen werden. Nachhaltigkeitsaspekte – ökologische, soziale und ökonomische – gewinnen immer mehr an Bedeutung. Gerade im Bereich der Beschaffung als Türöffner zum eigenen Unternehmen zeigt sich dies besonders deutlich. Outsourcingraten von bis zu 80 % führen dazu, dass immer mehr Verantwortung auf externe Wertschöpfungspartner übertragen wird und somit gerade an dieser Schnittstelle eine sehr hohe Relevanz für Nachhaltigkeit besteht. Diesem Megatrend folgend, nimmt dieses Buch eine ganzheitliche Betrachtung des Themas „Nachhaltiges Beschaffungsmanagement" vor. Es findet keine Beschränkung auf ökologische Aspekte statt, sondern alle drei Säulen der sogenannten Tripple Bottom Line – Ökologie, Soziales und Ökonomie – stehen im Mittelpunkt des Werkes für Praktiker, Wissenschaftler und Studierende.

    Die Idee geht zurück auf das erste Symposium zur Nachhaltigen Beschaffung am Campus Schwäbisch Hall der Hochschule Heilbronn im Jahr 2017. In mehreren sehr inspirierenden Beiträgen aus der Unternehmenspraxis wurde hier unter der Schirmherrschaft des Umweltministeriums Baden-Württemberg, der Stadt Schwäbisch Hall, des FSC Deutschland und der BME Hochschulgruppe e. V. der Hochschule Heilbronn das Thema Nachhaltigkeit analysiert und vielversprechend diskutiert. Einige der dort vorgestellten Themen finden sich auch im Praxisteil dieses Buches wieder. Ausgehend von dieser Veranstaltung entstand die Idee, die primär praxisorientierten Beiträge um eine wissenschaftliche Diskussion zu ergänzen und somit auch Beiträge von Universitäten und Hochschulen zu integrieren, die eine eher theoretische bzw. empirische Betrachtungsweise des Themengebiets vornehmen. Ergänzt um einen Blick in die Zukunft, im Sinne einer nachhaltigen Beschaffung 4.0, ergeben sich daher die drei grundlegenden Abschnitte: 1) Wissenschaftliche Schwerpunktbeiträge zum Thema Nachhaltige Beschaffung, 2) Best Practices aus der Unternehmenspraxis und dem öffentlichen Sektor und 3) Nachhaltige Beschaffung 4.0 – Einfluss der Digitalisierung auf das Beschaffungsmanagement. Aus der Verbindung dieser drei Perspektiven ergeben sich neue Erkenntnisse für eine große Bandbreite der untersuchten Teilaspekte eines nachhaltigen Beschaffungsmanagements.

    Unser großer Dank gilt allen Autorinnen und Autoren für deren Einsatz bei der Erstellung des Buches. Durch ihre Expertise und ihr umfangreiches Wissen haben sie wertvolle Beiträge zu einzelnen Bereichen des nachhaltigen Beschaffungsmanagements geleistet und durch unzählige Diskussionen während des Korrekturprozesses die hohe Qualität überhaupt erst ermöglicht.

    Als Herausgeber wünschen wir uns, dass wir mit diesem Buch Ihr Interesse an der aktiven Umsetzung einer nachhaltigen Beschaffung in Ihren Unternehmen bzw. in einzelnen Forschungsprojekten wecken und steigern können. Alle Leserinnen und Leser sind daher herzlich eingeladen, die in den einzelnen Beiträgen dargelegten Gedanken aufzugreifen und für die eigenen beruflichen Herausforderungen zu nutzen sowie mit den Herausgebern, Autoren und Unterstützern des Werkes intensiv zu diskutieren. Auf Ihre Erfahrungen beim Studieren und Ihre Anregungen sind wir sehr gespannt!

    Wanja Wellbrock

    Daniela Ludin

    Schwäbisch Hall

    Inhaltsverzeichnis

    Teil I Wissenschaftliche Schwerpunktbeiträge zum nachhaltigen Beschaffungsmanagement

    1 Betriebswirtscha​ftliche Implikationen eines nachhaltigen Beschaffungsmana​gements 3

    Daniela Ludin und Wanja Wellbrock

    2 Konzeption eines nachhaltigen Einkaufsmanageme​nts auf Basis der 15M-Architektur der Supply-Strategie 17

    Gerhard Heß

    3 Integration der „Sustainable Development Goals in eine nachhaltige Supply Chain – Der „Nachhaltige Beschaffungs-Case 37

    Elisabeth Fröhlich und Kristina Steinbiß

    4 Sustainable Supply Chain Governance – Multinationale Unternehmen als Akteure nichtstaatlicher​ Governance in globalen Lieferketten 55

    Klaus Fischer und Marina Jentsch

    5 Kriterien zur Bewertung von ökologischer Nachhaltigkeit in der Automobilindustr​ie – Eine Analyse aktueller Trends und angewandter Methoden 75

    Johannes Dahl

    6 Nachhaltige Rohstoffversorgu​ng – Perspektive Kreislaufwirtsch​aft und Ressourceneffizi​enz 91

    Kathrin Hesse

    7 Öffentliche Beschaffung biobasierter Produkte – Erkenntnisse aus einer deutschlandweite​n Studie öffentlicher Auftraggeber 113

    Felix Blank, Michael Broens, Jennifer Fischer und Ronald Bogaschewsky

    8 Nachhaltige Personalbeschaff​ung in turbulenten Zeiten – Ein systemischer persönlichkeitso​rientierter Ansatz und seine praktische Umsetzung 131

    Heiko Hansjosten

    9 Nachhaltige Personalbeschaff​ung – Am Beispiel der Stellenbesetzung​ von Professoren an Hochschulen für angewandte Wissenschaften 149

    Maren Lay und Michael Ruf

    Teil II Best Practices aus der Unternehmenspraxis und dem öffentlichen Sektor

    10 Tetra Pak ® – Von Natur aus nachhaltig. Verantwortungsbewusste Beschaffung am Beispiel einer Getränkekartonverpackung 167

    Caroline Babendererde

    11 Technische Lösungen für ökologische Herausforderunge​n – Nachhaltigkeit in der Prozess- und Verpackungstechn​ik 183

    Carsten Weiß

    12 Integration von Nachhaltigkeitsa​spekten bei der Lieferantenauswa​hl am Beispiel eines deutschen Industrieunterne​hmens 191

    Rubén Medina Serrano, Wanja Wellbrock, María Reyes González und José Luis Gascó

    13 Die Rolle der Verpackung in Logistikprozesse​n – Auswirkungen auf eine Nachhaltige Logistik im Lebensmittelbere​ich 213

    Stefan Schmidt

    14 Nachhaltige Beschaffung in der Schwäbisch Hall-Gruppe:​ „Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren" – aus dem Führungsalltag im Einkauf eines Finanzdienstleis​ters 235

    Daniela Apel

    15 Nachhaltiges Beschaffungsmana​gement im Lebensmitteleinz​elhandel – Eine Fallstudie 251

    Oskar Grün und Jean-Claude Brunner

    16 Proaktives Risikomanagement​ als Unterstützung einer nachhaltigen Beschaffung 271

    Felix Walther, Christoph Hein und Wanja Wellbrock

    17 Nachhaltige Beschaffung von holz- und papierbasierten Produkten in der Praxis – Gut für Reputation, Marktzugang und Produktabsatz, aber auch gut zu kontrollieren?​ 295

    Catrin Fetz

    18 Beschaffung von Holz und Papier aus nachhaltiger Waldwirtschaft – FSC bei deutschen Endkundenmarken 313

    Ulrich Malessa

    19 Nachhaltige öffentliche Beschaffung am Beispiel der Stadt Schwäbisch Hall 331

    Stefano Rossi

    20 Digitale Trends und ihre Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsp​erformance in der Beschaffung 345

    Jasmin Möller und Ronald Bogaschewsky

    Teil III Nachhaltige Beschaffung 4.0 – Einfluss der Digitalisierung auf das Beschaffungsmanagement

    21 Nachhaltige Beschaffung auf digitalen Plattformen am Beispiel logistischer Dienstleistungen​ – Analyse der Möglichkeiten für Einkäufer und Auswirkungen anhand der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit 371

    Patrick Seeßle

    22 Controlling von Beschaffungsproz​essen – Wirtschaftliche Nachhaltigkeit, Chancen und ausgewählte Potenziale durch Digitalisierung 389

    Gernot Mödritscher und Friederike Wall

    23 Procurement Analytics – Lieferketten digital betrachtet 407

    Dirk Sackmann und Thomas Deil

    Teil IWissenschaftliche Schwerpunktbeiträge zum nachhaltigen Beschaffungsmanagement

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

    Wanja Wellbrock und Daniela Ludin (Hrsg.)Nachhaltiges Beschaffungsmanagementhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-25188-8_1

    1. Betriebswirtschaftliche Implikationen eines nachhaltigen Beschaffungsmanagements

    Daniela Ludin¹   und Wanja Wellbrock¹  

    (1)

    Schwäbisch Hall, Deutschland

    Daniela Ludin (Korrespondenzautor)

    Email: daniela.ludin@hs-heilbronn.de

    Wanja Wellbrock

    Email: wanja.wellbrock@hs-heilbronn.de

    Zusammenfassung

    In diesem Beitrag werden die betriebswirtschaftlichen Implikationen eines nachhaltigen Beschaffungsmanagements herausgearbeitet. Ausgehend von der Bedeutung und den Zielen des Beschaffungsmanagements für den Wertschöpfungsprozess eines Unternehmens werden die Grundzüge eines nachhaltigen Beschaffungsmanagements entwickelt. Auf Basis der Operationalisierung operativer nachhaltiger Beschaffung im 3-Säulen-Modell erfolgt die Übertragung des nachhaltigen Beschaffungswesens auf die strategische Managementebene des Unternehmens. Es werden zuerst nachhaltige Beschaffungsstrategien skizziert und dann Instrumente zur Umsetzung nachhaltiger Beschaffung vorgestellt. Abschließend wird erläutert, warum Beschaffungsstrategien immer auch mit anderen unternehmerischen Teilstrategien verflochten sind.

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    Prof. Dr. Daniela Ludin

    hat seit 2015 an der Hochschule Heilbronn an der Fakultät für Management und Vertrieb, Campus Schwäbisch Hall, die Professur Allgemeine Betriebswirtschaftslehre inne. Für sie gehört es dabei zum Selbstverständnis, das Prinzip der Nachhaltigkeit als zentrales Moment in ihren Lehrveranstaltungen zu verankern. Seit 2017 leitet Prof. Dr. Daniela Ludin den Studiengang B. A. Management & Beschaffungswirtschaft (MBW); ab 2019 kommt die Leitung des Studiengangs B. A. Nachhaltige Beschaffungswirtschaft (NBW) hinzu. Seit 2015 ist Prof. Dr. Daniela Ludin zudem Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung der Hochschule Heilbronn. Vor ihrer Zeit an der Hochschule Heilbronn war sie von 2009 bis 2015 an der Hochschule Rottenburg mit einer Professur für Recht, Umwelt- und Forstpolitik. Die Forschungsschwerpunkte von Prof. Dr. Daniela Ludin sind Nachhaltiges Beschaffungsmanagement, Nachhaltige Mobilität, Nachhaltiger Konsum, Nachhaltige Finanzprodukte und Nachhaltiges Datenmanagement.

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    Prof. Dr. Wanja Wellbrock

    hat eine Professur für Beschaffungsmanagement an der Hochschule Heilbronn inne. Seine Hauptforschungsbereiche sind Supply Chain Management, strategisches Beschaffungsmanagement und Big-Data-Anwendungen in unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsketten. Er ist Autor verschiedener englisch- und deutschsprachiger Publikationen und Projektleiter mehrerer praxisorientierter Forschungsprojekte in diesen Bereichen. Prof. Dr. Wanja Wellbrock sammelte praktische Erfahrungen in Führungspositionen in der Automobil- und Luftfahrtindustrie sowie in der Unternehmensberatung.

    1.1 Beschaffungsmanagement als erste Schnittstelle des Unternehmens zur Umwelt

    Beschaffung gilt als erste Schnittstelle des Unternehmens zur Umwelt. Das Beschaffungsmanagement übernimmt damit Produktverantwortung über alle Wertschöpfungsstufen hinweg. Daher wird dem Beschaffungsmanagement auch eine „Gatekeeper"-Funktion im Unternehmen zugeschrieben (Günther 2012, S. 206–211, 250). Diese „Gatekeeper-Funktion löst als Bild die alte Kaufmannsweisheit „im Einkauf liegt der Gewinn ab, da sich gezeigt hat, dass eine alleinige monetäre Betrachtung von Beschaffungsprozessen sehr risikobehaftet ist und vor allem aus Nachhaltigkeitsaspekten zu kurz greift.

    Jänicke et al. greifen in diesem Zusammenhang in Anlehnung an Schaltegger den Begriff der „Schadschöpfungskette" auf, die impliziert, dass mit der Produktion von Gütern und Dienstleistungen (Wertschöpfung) (meist) unvermeidbar eine Schadschöpfung verbunden ist. Ausgehend von diesem Ansatz muss ökologieorientiertes Management an der Schadschöpfung auf den einzelnen Stufen der Wertschöpfung ansetzen (Jänicke et al. 2003, S. 295 ff.; Schaltegger et al. 2014). Ein an der Schadschöpfungskette orientiertes Umweltmanagement kann Anstöße dafür geben, dass auf vor- und nachgelagerten Produktionsstufen umweltorientiert gewirtschaftet wird (Jänicke et al. 2003, S. 300 f.). Erfolgreiches ökologieorientiertes Management bedingt demzufolge eine Umsetzung in allen betrieblichen Bereichen; entlang der gesamten Supply Chain – beginnend bei der Beschaffung (Günther 2008, S. 172 ff.; Jänicke et al. 2003, S. 328 ff.). Wie Abb. 1.1 zeigt, wird die klassische Wertschöpfungskette nach Porter heute als Wertschöpfungskreislauf nach Günther dargestellt, in dem die Beschaffung eine zentrale Rolle einnimmt, da sie an erster Stelle der Unternehmensaktivität steht und damit die Richtung des gesamten Wertschöpfungsprozesses gestaltet (Günther 1994, S. 90; Günther 2008, S. 173, 2010a, S. 67 f.; Porter 1985, S. 33 ff.). Schadschöpfung durch Beschaffung impliziert die Notwendigkeit eines nachhaltigen Beschaffungsmanagements.

    ../images/466078_1_De_1_Chapter/466078_1_De_1_Fig1_HTML.png

    Abb. 1.1

    Wertschöpfungskreislauf.

    (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Günther 1994, S. 90, 2008, S. 173, 2010a, S. 67 f.; Porter 1985, S. 33 ff.)

    1.2 Begriffsbestimmung „Beschaffung und „Beschaffungsmanagement

    Um die Grundzüge eines nachhaltigen Beschaffungsmanagements zu entwickeln, wird zunächst bei der Begriffsbestimmung von „Beschaffung und „Beschaffungsmanagement angesetzt.

    Bei den gängigen Definitionen steht die Versorgungssicherheit im Vordergrund. So halten Kummer et al. fest: „Unter Beschaffung im weiteren Sinne versteht man alle Maßnahmen zur Versorgung des Unternehmens mit jenen Produktionsfaktoren, die nicht selbst erstellt werden" (Kummer et al. 2013, S. 114). Bea und Haas formulieren ähnlich: „Beschaffung ist die Versorgung der Unternehmung mit Einsatzgütern" (Bea und Haas 2017, S. 500).

    In der vorliegenden Analyse soll der wertschöpfende Charakter der Beschaffung in den Vordergrund gestellt werden. Dies gelingt, wenn man die Ansätze von Sandig, Gutenberg und Large zugrunde legt. Sandig betont in seiner Definition die aktiven Gestaltungsmöglichkeiten im Beschaffungsmanagement. Beschaffung ist „… eine Tätigkeit der Unternehmung, ein aktives schöpferisches Tätigsein, und nicht etwa … ein zwangsläufig sich abwickelnder Vorgang" (Sandig 1935, S. 176). Large hält in diesem Zusammenhang in Bezug auf Gutenberg fest: „Im Sinne Gutenbergs gibt es also auch in der Beschaffung neben der objektorientierten Arbeit einen Tätigkeitsbereich der dispositiven Arbeit …" (Gutenberg 1983, S. 8; Large 2013, S. 20 f.).

    Ergänzend gilt es festzuhalten, dass die Begriffe „Beschaffung und „Einkauf in der Literatur häufig synonym verwendet werden (vgl. z. B. Large 2013, S. 22 f.). Man spricht vor diesem Hintergrund auch von Procurement-Management, Einkaufsplanung, Beschaffungswesen, Beschaffungswirtschaft oder eben auch von Beschaffungsmanagement.

    1.3 Ziele und Dimensionen des Beschaffungsmanagements

    Klassische traditionelle Ziele des Beschaffungsmanagements sind die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen

    der richtigen Art, Menge und Qualität (Sachziel),

    zur richtigen Zeit (Sachziel),

    am richtigen Ort (Sachziel) und

    zu möglichst geringen Kosten (Formalziel).

    Bei den einzelnen Zielen kann dabei zwischen Sachzielen (= Versorgungssicherheit/Sicherung der Verfügbarkeit) und Formalzielen (= Versorgungswirtschaftlichkeit) unterschieden werden. Im Fokus der Betrachtung stehen auch Zielkonflikte innerhalb des Beschaffungsmanagements, z. B. Servicegrad und Kosten als Beispiel für gegenläufige Ziele. Unter den beschaffungsrelevanten Kosten versteht man Bestellkosten, Transportkosten, Zins- und Lagerkosten, Personalkosten, Kosten der Abfallwirtschaft und Kosten der Qualitätssicherung (Wöhe und Döhring 2016, S. 68 ff.; Balderjahn und Specht 2016, S. 112 ff.; Bea und Haas 2017, S. 501; Kummer et al. 2013, S. 120).

    Der „Einkäufer früherer Prägung strebt vor allem nach Preisoptimierung. Der „Beschaffungsmanager von heute strebt neben Gewinnbeschaffung vor allem auch nach Know-how-Transfer, der Erfüllung von Kundenwünschen und einer damit verbundenen Risikominimierung (Bichler et al. 2010, S. 31 ff.; Large 2013, S. 19 ff.).

    Bei den Zielen eines modernen nachhaltigen Beschaffungsmanagements kommen daher vor dem Hintergrund der Risikominimierung in Ergänzung zu den vier oben genannten Zielen noch zwei entscheidende Aspekte hinzu; nämlich die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen

    unter Berücksichtigung sozialer Belange (Sozialziel) und

    unter Berücksichtigung ökologischer Belange (Umweltziel) (Balderjahn und Specht 2016, S. 114 ff.; Bea und Haas 2017, S. 501; Kummer et al. 2013, S. 120).

    Daraus lassen sich die drei Säulen nachhaltiger Beschaffung ableiten: Die ökologische Säule, die soziale Säule und die ökonomische Säule. Man spricht hier auch von der „Triple-Bottom-Line (TBL) bzw. ist der Ausdruck „Planet, People und Profit (PPP) geläufig.

    Die ökologische Säule wird im Englischen mit dem Begriff „Planet" verbildlicht; hier geht es um das Agieren nach dem natürlichen Kreislaufprinzip. Das Ziel der Beschaffung ist die Schaffung bzw. Aufrechterhaltung geschlossener Stoffströme.

    Die soziale Säule kennzeichnet man im Englischen schlicht mit „People". Hier geht es um das Handeln nach dem Verantwortungsprinzip. Das Ziel der Beschaffung ist hier die Einhaltung normativer bzw. ethisch-moralischer Standards zur Sicherung der sozialen Lebensgrundlagen der Menschen. Es wird davon ausgegangen, dass ein Unternehmen für die Folgen seines Handelns verantwortlich ist; es trägt beispielsweise die Verantwortung für die eigenen Mitarbeiter und die Mitarbeiter der Lieferanten. Man spricht hier auch von der Übernahme sozialer Verantwortung (Corporate Social Responsibility).

    Die ökonomische Säule wird englischsprachig mit „Profit" bezeichnet. Im Deutschen bringt man damit das Kooperationsprinzip (und das Partnerschaftsprinzip) in Verbindung. Es steht die Zusammenarbeit aller an Wertschöpfungskreisläufen beteiligten, betroffenen und interessierten Akteure (Stakeholder) im Vordergrund. Dieses Prinzip der ökonomischen Säule meint damit mehr als das schlichte unternehmensinterne Profitstreben (Balderjahn 2013, S. 16 ff.; Balderjahn und Specht 2016, S. 62 ff.; Harting 2011, S. 20; Koplin 2006; Large 2013, S. 57 ff.). Abb. 1.2 verdeutlicht die Zusammenhänge, bevor anschließend die Ausgestaltung der drei Dimensionen nachhaltiger Beschaffung ausführlich vorgestellt wird.

    ../images/466078_1_De_1_Chapter/466078_1_De_1_Fig2_HTML.png

    Abb. 1.2

    Die drei Säulen nachhaltiger Beschaffung.

    (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Balderjahn 2013, S. 16 ff.; Balderjahn und Specht 2016, S. 62 ff.; Harting 2011, S. 20; Koplin 2006; Large 2013, S. 58 ff.)

    1.3.1 Ökologieverträgliche Beschaffung

    Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Erkenntnis, dass Unternehmen die Umwelt entscheidend beeinträchtigen; dies geschieht auf drei unterschiedlichen Ebenen (Jänicke et al. 2003, S. 298; Wöhe und Döring 2016, S. 277 ff.):

    Zum einen durch die Verwendung bzw. die Verschwendung ökologisch knapper Ressourcen (Rohstoffe, Energien und Vorprodukte),

    zum anderen durch die Abgabe von produktionsbedingten stofflichen bzw. energetischen Schädigungsemissionen an die Umweltmedien Luft, Wasser, Boden und

    schließlich durch das Verursachen von Belastungen beim Ge- und Verbrauch sowie bei der Entsorgung der durch die Unternehmen hergestellten Produkte.

    Aufbauend auf einer umfassenden Literaturanalyse (Balderjahn 2013, S. 85 f., 92 f.; Balderjahn und Specht 2016, S. 95; Günther 2010b, S. 668 f.; Fuchs-Kittowski und Freiheit 2014, S. 778; Gnam und Schwalbe 2013, S. 145; Jänicke et al. 2003, S. 330 ff.; Large 2013, S. 58 ff.; Werner 2017, S. 194 ff.) kann zusammengefasst werden, dass Unternehmen, die ökologieverträglich agieren, folglich bei Unternehmen beschaffen, die

    die natürlichen Ressourcen bzw. Lebensgrundlagen erhalten und schonen,

    nachhaltiges Material aus regenerativen Ressourcen, energieeffizient unter Einsatz erneuerbarer Energie produziert, anbieten,

    Material bei der Produktion einsparen,

    Material nach der Produktion recyceln,

    Abfall vermeiden, verwerten oder nachhaltig entsorgen,

    (Um)Verpackungen nachhaltig gestalten,

    umweltschädlichen Emissionen (Abluft, Abwasser, Lärm, Abwärme und Strahlen) vermeiden oder vermindern,

    nachhaltige Transportwege, -mittel und -häufigkeiten nutzen (Green Transport bzw. Green Travel),

    Material aus nachhaltiger Produktion einsetzen (Kennzeichnung durch Labels, Siegels),

    einen sichereren Umgang mit Gefahrgütern pflegen und

    umweltbelastenden Störfälle vermeiden oder begrenzen.

    1.3.2 Sozialverträgliche Beschaffung

    Bei der sozialverträglichen Beschaffung tragen Unternehmen moralische Mitverantwortung für das soziale Handeln bzw. Nichthandeln ihrer Lieferanten; dies geschieht über Lieferantenmonitoring, über aktive Steuerung derer Aktivitäten über Sozialaudits, über soziale Kriterien in der Lieferantenbewertung und aktive Lieferantenförderung.

    Eine ausführliche Literaturanalyse (Balderjahn 2013, S. 28–31; Large 2013, S. 58 ff.; Pufé 2017, S. 117 ff.) zeigt, dass Unternehmen, die sozialverträglich agieren, folglich bei Unternehmen beschaffen, die

    Transparenz und Partizipation schaffen,

    Menschenrechte einhalten,

    keine physischen Disziplinierungsmaßnahmen anwenden,

    Arbeitsplatzgesundheit und -sicherheit (sowie damit verbundene Produktsicherheit) schaffen,

    Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen garantieren,

    faire Löhne bezahlen,

    ihre Mitarbeiter aus- und weiterbilden,

    keine Kinder beschäftigen,

    keine Zwangsarbeiter beschäftigen,

    Menschen mit Behinderung beschäftigen,

    Menschen mit Migrationshintergrund beschäftigen,

    Diskriminierung ächten und bekämpfen,

    die Gleichstellung von Mann und Frau fördern,

    für Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter sorgen und

    lokale Wohltätigkeitsorganisationen unterstützen.

    1.3.3 Ökonomieverträgliche Beschaffung

    Ökonomieverträgliche Beschaffung bedeutet, dass Unternehmen in Übereinstimmung mit rechtlichen Vorgaben und anerkannten Standards handeln (Compliance). Dies geschieht zuallererst, um den eigenen Unternehmenserfolg zu sichern.

    Die Auswertung der Literatur (Balderjahn 2013, S. 23 f., 30 f.; Günther 2012, S. 206–211, 250; Pufé 2017, S. 117 ff.) zeigt, dass Unternehmen, die ökonomieverträglich agieren, folglich bei Unternehmen beschaffen, die

    durch langfristige Lieferverträge ans Unternehmen gebunden sind,

    faire Handelsbedingungen bieten,

    faire Preise verlangen,

    Korruption bekämpfen und

    ein Risikomanagement haben.

    1.4 Nachhaltige Beschaffung auf der strategischen Managementebene

    Ein weiterer wichtiger Aspekt nachhaltiger Beschaffung ist ihre zeitliche Dimension. Large hält dazu fest, dass nachhaltige Beschaffung den Ausgleich zwischen heutigem Erfolg und Erfolg in der Zukunft voraussetzt. Dazu bedarf es der Verfolgung strategischer Beschaffungsziel" (Large 2013, S. 33 ff.). Nach der operativen Betrachtung nachhaltiger Beschaffung steht daher nun die nachhaltige Beschaffung auf der Managementebene im Fokus.

    Ausgehend vom konventionellen „Strategischen Management über das „Ökologieorientierte Management hat sich das Nachhaltigkeitsmanagement entwickelt (Baumast 2009; Günther 2008, S. 40 ff.; Herzig und Pianowski 2009, S. 217–232). Dabei ist das strategische Beschaffungsmanagement „… als Schnittmenge der Handlungen des Beschaffungsmanagements und des allgemeinen strategischen Managements" zu sehen (Large 2013, S. 31 f.). Merkmale strategischer Beschaffungspolitik sind dabei (Arnold 1982, S. 326):

    eine langfristige Orientierung,

    die Sicherung von Wettbewerbsvorteilen und

    die Stärkung des Unternehmenserfolgs.

    In der erarbeiteten Konzeption wird, aufbauend auf der Unternehmensstrategie und der Nachhaltigkeitsstrategie, die Beschaffungsstrategie abgeleitet (Balderjahn 2013, S. 82 ff.). Abb. 1.3 schematisiert die Zusammenhänge in einer Managementpyramide.

    ../images/466078_1_De_1_Chapter/466078_1_De_1_Fig3_HTML.png

    Abb. 1.3

    Nachhaltige Strategische Beschaffung in der Managementpyramide.

    (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Balderjahn 2013, S. 82 ff.)

    Auf Basis der Erkenntnisse von Porter und Balderjahn lässt sich schlussfolgern, dass ein Unternehmen bei der Ausgestaltung seiner nachhaltigen Beschaffungsstrategie grundsätzlich eine von zwei möglichen Strategien wählen kann: Die Defensivstrategie oder die Offensivstrategie (Porter 1980, S. 35 ff.; Balderjahn 2013, S. 35, 92 ff., 131 ff.; dazu auch Ludin 2011; Wöhe und Döring 2016, S. 81 ff.).

    1.4.1 Defensivstrategie der nachhaltigen Beschaffung – Compliance

    Bei der Defensivstrategie der nachhaltigen Beschaffung steht Compliance im Vordergrund; es geht um die Regelkonformität des Unternehmens, also um die Einhaltung von rechtlichen Regelungen. Ziel ist es dabei, über die Kostenführerschaft (overall cost leadership) im Sinne Porters eine Verbesserung der Kostenstruktur im Vergleich zum Wettbewerber zu erzielen. Das Unternehmen wird von den Stakeholdern „getrieben" (Push-Prozesse). Nach Jänicke et al. besteht hier das Motiv des Unternehmens für eine nachhaltige Beschaffung in der Vermeidung eines wirtschaftlichen Schadens. Denn bei Forderungen der Stakeholder nach Nachhaltigkeit (rechtliche Regelungen durch staatliche Institutionen) besteht bei Missachtung die Gefahr von Sanktionen gegen das Unternehmen (Strafzahlungen, Verbote etc.) (Jänicke et al. 2003, S. 311 ff.).

    Eine Defensivstrategie weist folgende Merkmale auf (Carroll 1979, S. 497–505, 1991, S. 39–48; Balderjahn 2013, S. 35, 49 ff., 131 ff.; Hahn 2013, S. 44–57; Large 2013, S. 57 ff.; Wöhe und Döring 2016, S. 281 ff.):

    Es handelt sich um eine erzwungene Nachhaltigkeit,

    die Nachhaltigkeit wird von Stakeholdern (hier vor allem von staatlichen Einrichtungen) vorausgesetzt,

    das Unternehmen hat ein Rechtsbewusstsein; es übernimmt rechtliche Verantwortung („obey laws and regulations"),

    Nachhaltigkeit wird lediglich als Kostenfaktor betrachtet und

    es liegt ein kurzfristiger Ansatz mit dem Fokus auf „Nachsorge" vor.

    1.4.2 Offensivstrategie der nachhaltigen Beschaffung – Corporate Responsibility

    Eine Offensivstrategie kann im Sinne Porters als Differenzierung (differentiation) bezeichnet werden. Die Differenzierung des Leistungsangebots wird durch die Schaffung eines Zusatzwertes (nachhaltige Produkte und/oder Dienstleistungen) im Vergleich zum Konkurrenzprodukt der Wettbewerber erzielt. Das Unternehmen „treibt" die Stakeholder an (Pull-Prozesse). Nach Jänicke et al. besteht hier das Motiv des Unternehmens für eine nachhaltige Beschaffung in der Realisierung wirtschaftlicher Vorteile. Es geht um Kostensenkung durch Einsparung von Ressourcen, um Erzielung zusätzlicher Erträge durch Erschließung neuer Marktsegmente, um Entwicklung neuer und nachhaltiger Produktionsverfahren und Produkte. Dies führt zu Gewinnsteigerungen und zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit. Zudem hat bei einer Offensivstrategie die Natur für das Unternehmen (meist) einen Eigenwert und muss geschützt werden. Umweltethische Motive mit deklamatorischem Charakter kommen zum Tragen (Jänicke et al. 2003, S. 311 ff.).

    Eine Offensivstrategie weist folgende Merkmale auf (Carroll 1979, S. 497–505, 1991, S. 39–48; Balderjahn 2013, S. 35, 49 ff., 93 f., 131 ff.; Hahn 2013, S. 44–57; Hentze und Thies 2012, S. 1091; Large 2013, S. 57 ff.; Peters und Zelewski 2009, S. 289–293; Wöhe und Döring 2016, S. 281 ff.):

    Es handelt sich um eine freiwillige Nachhaltigkeit,

    die Nachhaltigkeit wird von Share- und Stakeholdern erwartet und erwünscht,

    das Unternehmen übernimmt moralische bzw. philanthropische Verantwortung („do what is right, fair and just/„be a good corporate citizen),

    Nachhaltigkeit wird als Erlösfaktor betrachtet und

    es liegt ein langfristiger Ansatz mit dem Fokus auf „Vorsorge" vor.

    Die Vorteile einer Offensivstrategie nachhaltiger Beschaffung können dabei wie folgt zusammengefasst werden (Balderjahn 2013, S. 31, 48; Deloitte und Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft 2009, S. 18; Wöhe und Döring 2016, S. 281 ff.):

    Nichtnachhaltige Beschaffung wird vom Kunden sanktioniert,

    nachhaltige Beschaffung wird vom Kunden honoriert,

    nachhaltige Unternehmen erzielen höhere Preise für ihre Produkte,

    Unternehmen mit einem nachhaltigen Image gewinnen zusätzliche Nachfrager,

    Unternehmen mit innovativen nachhaltigen Produkten erschließen neue Märkte und

    nachhaltige Unternehmen bieten insbesondere qualifizierten Mitarbeitern eine Identifikationsmöglichkeit.

    Grundsätzlich empfiehlt sich aufgrund der genannten Punkte in Anlehnung an Porter für ein nachhaltiges Unternehmen die Offensivstrategie im Bereich der Beschaffung (Porter 1980; dazu auch Peters und Zelewski 2009, S. 289–293).

    1.5 Übergeordneter Rahmen für unternehmerische nachhaltige Beschaffungsstrategien

    Den übergeordneten Rahmen für unternehmerische nachhaltige Beschaffung auf strategischer und operativer Ebene bilden immer die vorherrschenden rechtlichen Regelungen, die sich im internationalen Recht, im EU-Recht und im Nationalen Recht widerspiegeln; es geht an dieser Stelle um „Legal Compliance Management"; also um Regelkonformität von Unternehmen, die sich in der Einhaltung von rechtlichen Regelungen zeigt. Nichteinhaltung führt zu Unternehmensstrafen (Bußgelder etc.) und/oder dem Verfall des durch den Gesetzesverstoß erzielten Gewinns (Erbguth und Schlacke 2014, S. 307 ff.; Fuchs-Kittowski und Freiheit 2014, S. 778; Günther 2008, S. 54 ff., 108 f.; Vahrenkamp 2008, S. 57 ff.; Wöhe und Döring 2016, S. 81 ff.).

    Dazu kommen freiwillige Instrumente zur Umsetzung nachhaltiger Beschaffung. Hier können Selbstverpflichtungen über Code of Conducts, Nutzung von Richtlinien, Leitlinien und Leitfäden, Zertifizierung von Prozessen und Zertifizierung von Produkten genannt werden (Balderjahn 2013, S. 53, 68 f.; Fuchs-Kittowski und Freiheit 2014, S. 778; Hentze und Thies 2012, S. 1091; Koplin 2006; Müller et al. 2013, S. 79–101; Pape 2013, S. 302–320; Pufé 2017).

    1.6 Operative Umsetzung einer nachhaltigen Beschaffungsstrategie auf der Managementebene

    Auf der operativen Managementebene werden nun die Maßnahmen zur Erreichung einer nachhaltigen Beschaffung im Nachhaltigkeitsprogramm des Unternehmens festgelegt (Balderjahn 2013, S. 82 ff.). Es können beispielsweise Beschaffungsrichtlinien, Nachhaltigkeitskennzahlen, Nachhaltigkeitsbilanzen, Nachhaltigkeitsaudits und ein Nachhaltigkeitscontrolling implementiert werden, die verschiedene Maßnahmen zur Erreichung des Ziels nachhaltige Beschaffung nach sich ziehen. Abb. 1.4 schematisiert die Zusammenhänge nochmals in der bereits gezeigten Managementpyramide.

    ../images/466078_1_De_1_Chapter/466078_1_De_1_Fig4_HTML.png

    Abb. 1.4

    Nachhaltige Operative Beschaffung in der Managementpyramide.

    (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Balderjahn 2013, S. 82 ff.)

    1.7 Fazit

    Beschaffung ist die erste Schnittstelle des Unternehmens zur Umwelt. Aus diesem Grund wird dem Beschaffungsmanagement auch eine „Gatekeeper"-Funktion im Unternehmen zugeschrieben. In der vorliegenden Analyse wurde daher der wertschöpfende Charakter der Beschaffung in den Vordergrund gestellt. Ziele eines nachhaltigen Beschaffungsmanagements sind demnach die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen der richtigen Art, Menge und Qualität, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, zu möglichst geringen Kosten, unter Berücksichtigung sozialer Belange und unter Berücksichtigung ökologischer Belange. Daraus lassen sich die drei Säulen nachhaltiger Beschaffung ableiten: Die ökologische Säule, die soziale Säule und die ökonomische Säule.

    Nach der operativen Betrachtung nachhaltiger Beschaffung stand die nachhaltige Beschaffung auf der Managementebene im Fokus. Ausgehend vom konventionellen „Strategischen Management" hat sich das Nachhaltigkeitsmanagement entwickelt. Dabei ist das strategische Beschaffungsmanagement als die Schnittmenge des Beschaffungsmanagements und des allgemeinen strategischen Managements zu betrachten. Im entwickelten Modell lässt sich schlussfolgern, dass ein Unternehmen bei der Gestaltung seiner nachhaltigen Beschaffungsstrategie grundsätzlich zwischen zwei möglichen Strategien auswählen kann: Die Defensivstrategie oder die Offensivstrategie. Bei der Defensivstrategie steht Compliance im Vordergrund; es geht um die Regelkonformität des Unternehmens, also um die Einhaltung von rechtlichen Regelungen. Eine Offensivstrategie kann als Differenzierung bezeichnet werden. Die Differenzierung des Leistungsangebots wird durch die Schaffung eines Zusatzwertes (nachhaltige Produkte und/oder Dienstleistungen) im Vergleich zum Konkurrenzprodukt der Wettbewerber erzielt.

    Grundsätzlich empfiehlt sich für ein nachhaltiges Unternehmen die Offensivstrategie im Bereich der Beschaffung, denn nachhaltige Beschaffung wird vom Kunden honoriert. Unternehmen mit einem nachhaltigen Image gewinnen zusätzliche Nachfrager und erschließen mit innovativen nachhaltigen Produkten neue Märkte.

    Den übergeordneten Rahmen für nachhaltige Beschaffung auf strategischer und operativer Ebene bilden immer die vorherrschenden rechtlichen Regelungen. Dazu kommen freiwillige Instrumente zur Umsetzung nachhaltiger Beschaffung. Abschließend muss aber festgehalten werden, dass nachhaltige Beschaffungsstrategien auch immer mit anderen unternehmerischen Teilstrategien verbunden sind. So ist eine erfolgreiche nachhaltige Beschaffungsstrategie immer eingebettet in eine F&E-Strategie, in eine F&I-Strategie, in eine Personalstrategie, in eine Organisationsstrategie, in eine Produktionsstrategie, in eine Distributionsstrategie, in eine Marketingstrategie und in eine Controllingstrategie (Balderjahn 2013, S. 82 ff.; Wöhe 2016, S. 281 ff.).

    Literatur

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    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

    Wanja Wellbrock und Daniela Ludin (Hrsg.)Nachhaltiges Beschaffungsmanagementhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-25188-8_2

    2. Konzeption eines nachhaltigen Einkaufsmanagements auf Basis der 15M-Architektur der Supply-Strategie

    Gerhard Heß¹  

    (1)

    Nürnberg, Deutschland

    Gerhard Heß

    Email: hess@professorhess.de

    Zusammenfassung

    Der Einkauf wird nur nachhaltig, wenn in allen Planungs- und Entscheidungsprozessen neben den ökonomischen Zielsetzungen auch gleichermaßen die Nachhaltigkeitszielsetzungen des Unternehmens beachtet werden. In diesem konzeptionell angelegten Beitrag wird gezeigt, wie Nachhaltigkeitszielsetzungen des Unternehmens systematisch im Einkauf berücksichtigt werden können. Dabei wird von der 15M-Architektur der Supply-Strategie, einem praxiserprobten und systematischen Ansatz zur Entwicklung und Steuerung des Einkaufs, ausgegangen. Entlang der fünf Strategiebausteine der 15M-Architektur wird gezeigt, wie die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens in sämtliche Planungs- und Entscheidungsprozesse des Einkaufs eingehen können. Damit ergibt sich auch ein Überblick, wie die Instrumente und Methoden des Einkaufs im Rahmen einer nachhaltigen Ausrichtung angepasst werden müssen. Ferner werden die bekannten Instrumente im Nachhaltigkeitsmanagement konzeptionell im Einkaufsmanagement verankert.

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    Prof. Dr. Gerhard Heß

    lehrt seit 2001 Supply Management und strategischen Einkauf an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg-Simon-Ohm. Zuvor war er an der Fachhochschule München und in der Industrie bei der Firma Siemens. Seine Forschungsarbeit zielt auf die Entwicklung eines ganzheitlichen Einkaufsmanagementsystems (15M-Architektur), das Unternehmen in systematischer Weise bei der Entwicklung ihres Einkaufs anleitet (www.​beschaffungsstra​tegie.​de). Dazu werden in Zusammenarbeit mit der Praxis die einzelnen Bestandteile, wie Warengruppen- und Lieferantenmanagement, Einkaufscontrolling, Risikomanagement oder Nachhaltigkeit ausdifferenziert. Er ist Leiter des Instituts für Beschaffungsstrategie, das Unternehmen bei der Entwicklung des strategischen Einkaufs und der Formulierung von Einkaufsstrategien unterstützt.

    2.1 Nachhaltigkeit im Einkauf

    Wachgerüttelt durch vielfältige Skandale gewinnen Nachhaltigkeitszielsetzungen in vielen Unternehmen an Bedeutung. Dabei besteht ein weitgehender Konsens, dass Unternehmen auch für ein nachhaltiges Wirtschaften in ihren Lieferketten in der Verantwortung stehen. Dem (modernen) Einkauf (zum Begriff vgl. Heß 2017, S. 5 ff.) kommt dabei die Rolle zu, diese Verantwortung wahrzunehmen. Es müssen die Nachhaltigkeitsaspekte mit Bezug auf die Supply Chain im Unternehmen koordiniert und gegenüber den Lieferanten durchgesetzt werden (zum Begriff nachhaltiger Einkauf vgl. Heß 2017, S. 34 ff.; Koster 2014, S. 4 ff.). Dabei lassen sich – systematisch betrachtet – verschiedene Herangehensweisen unterscheiden.

    Im Einkauf werden zusätzlich zum „normalen" Einkaufsmanagement nachhaltigkeitsorientierte Instrumente implementiert. Beispielsweise wird ein Supplier Code of Conduct formuliert, den die Lieferanten unterzeichnen müssen. Von Lieferanten werden ausgewählte Zertifikate abverlangt. Es werden Nachhaltigkeitsaudits durchgeführt oder die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards in der Lieferkette untersucht (Grimm 2015). Teilweise werden sogar nachhaltigkeitsorientierte Projekte umgesetzt, z. B. zur Entwicklung einer ökologischen Produktvariante.

    Umfassende Ansätze zur Integration der Nachhaltigkeit in das Einkaufsmanagement verknüpfen wesentliche Nachhaltigkeitselemente über einen lockeren Bezugsrahmen, der teils an wissenschaftlichen Zielsetzungen ausgerichtet ist (z. B. Koplin 2006; Burian et al. 2013; Keck 2015).

    Etwas weiter gedacht werden Nachhaltigkeitsaspekte (systematisch) in den Prozessen und den Methoden des Einkaufs verankert. Beispielsweise werden Nachhaltigkeitsaspekte im Beschaffungsprozess integriert (Berry 2011; Menuet 2017), in der Lieferantenbewertung durch die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien ergänzt (Kara und Firat 2016) oder im Rahmen der Lieferantenauswahl aufgenommen (Schmidt 2013). Auch komplexe Instrumente wie die Kraljic-Matrix können um die Nachhaltigkeitsdimension erweitert werden (Fröhlich et al. 2015). Fröhlich stellt ein vier Stufen-Modell zur Integration der Nachhaltigkeit in den Einkauf vor, das sich aber noch grundsätzlich an der Steuerung der Nachhaltigkeit orientiert: Stufe 1 – Basis für eine nachhaltige Beschaffung legen, Stufe 2 – Integration nachhaltiger Aspekte in den Beschaffungsprozess, Stufe 3 – Kontinuierliche Leistungsüberwachung und -verbesserung bei Lieferanten, Stufe 4 – Steuern und Lernen (Fröhlich 2015, S. 14 ff.).

    Um Nachhaltigkeit im Einkauf wirkungsvoll umzusetzen, braucht es kein (eigenständiges) Nachhaltigkeitsmanagement. Vielmehr muss der Einkauf nachhaltig werden. Konkret bedeutet dies, dass im Einkaufsmanagement neben Zielen wie Kosten, Qualität, Versorgung oder Finanzbeitrag auch ökologische und soziale Nachhaltigkeitsziele eingehen und über das Einkaufsmanagement bis in die letzte Beschaffungsentscheidung einer regionalen Einkäufergruppe durchgesteuert werden. Ziel des Artikels ist es, die Konzeption eines solchen nachhaltigen Einkaufsmanagementsystems zu skizzieren. Dazu wird von der 15M-Architektur der Supply-Strategie, einem praxiserprobten Steuerungskonzept des Einkaufs, ausgegangen (Kap. 2). Anschließend wird über die fünf Strategiebausteine der 15M-Architektur analysiert, wie die Nachhaltigkeitsaspekte in dezentrale Entscheidungsprozesse kaskadiert werden: Strategische Ausrichtung des Einkaufs (Kap. 3); Markt- bzw. Warengruppenstrategien (Kap. 4); Lieferantenstrategien (Kap. 5); (Beschaffungs-)Prozesse (Kap. 6); Performance Management (Kap. 7).

    2.2 Einkaufsmanagement mit der 15M-Architektur

    Die 15M-Architektur der Supply-Strategie (Heß 2010, 2017) wurde in den Jahren 2006 bis 2008 in Zusammenarbeit mit mehreren Unternehmen entwickelt und hat den Anspruch, einen umfassend und tief gehend ausformulierten Bezugsrahmen für die Entwicklung und Steuerung des Einkaufs bereit zu stellen. Seit der Veröffentlichung hat sich die 15M-Architektur in vielen sehr unterschiedlichen Branchen und Anwendungssituationen bewährt. Nach zehn Jahren wurde im Jahr 2016 die Version 2.0 der 15M-Architektur publiziert.

    Im Folgenden soll zunächst der Aufbau der 15M-Architektur vorgestellt werden. Hierzu wird von einer ganz einfachen generischen Überlegung ausgegangen (siehe Abb. 2.1 linke Seite). Ein Unternehmen verfolgt auf seinen Absatzmärkten eine Strategie. Dazu werden Leistungen aus den Beschaffungsmärkten benötigt. Beschaffungsmärkte – in der Regel mehr als nur drei relevante Märkte wie im Bild dargestellt – entsprechen den Warengruppenstrukturen (z. B. Gussmarkt, Markt für Stanz- und Biegeteile, Markt für Softwareberatung). In den Märkten wird die Leistung von den Lieferanten – in der Regel auch mehr als drei – bezogen. Zur effektiven und effizienten Abwicklung sind Beschaffungsprozesse erforderlich. Die Ausrichtung der Aktivitäten dieser drei Ebenen auf die Unternehmensstrategie sowie die Abstimmung der Aktivitäten untereinander erfolgt im zentralen Einkauf.

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    Abb. 2.1

    Logik und Aufbau der 15M-Architektur der Supply-Strategie.

    (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Heß 2017, S. 25 f.)

    Aus dieser Überlegung heraus lassen sich fünf Strategiebausteine für die Entwicklung und Steuerung des Einkaufs ableiten (Abb. 2.1 Mitte):

    Strategiebaustein 1: Rahmenstrategie zur ganzheitlichen Ausrichtung des Einkaufs.

    Strategiebaustein 2: Marktstrategien für die strategischen Entscheidungen auf den Beschaffungsmärkten bzw. in den Warengruppen; Für jeden bedeutsamen Markt wird eine Strategie definiert.

    Strategiebaustein 3: Lieferantenstrategien für die strategische Ausrichtung gegenüber einzelnen Lieferanten (entspricht dem Lieferantenmanagement).

    Strategiebaustein 4: Prozessstrategien zur systematischen Entwicklung der wichtigsten Beschaffungsprozesse.

    Strategiebaustein 5: Performance Management zur Steuerung des Einkaufs.

    Die fünf Strategiebausteine werden in insgesamt 15 Module gegliedert (Abb. 2.1 rechte Seite). Die Folgekapitel orientieren sich an den fünf Strategiebausteinen. In diesen Abschnitten werden auch die zugeordneten Module vorgestellt.

    Die 15M-Architektur zeichnet sich zudem durch folgende Charakteristika aus:

    Ganzheitlichkeit: Die 15M-Architektur hat den Anspruch den Einkauf ganzheitlich zu steuern. Alle Gestaltungselemente des strategischen Einkaufs lassen sich systematisch integrieren. Auch neue Themen wie die Digitalisierung oder die Nachhaltigkeit des Einkaufs lassen sich in die Architektur einbeziehen. Ganzheitlichkeit bedeutet dies auch, dass der Einkauf bis auf die Ebene einzelner Beschaffungen an der Unternehmensstrategie ausgerichtet ist und, dass über das Anforderungsmanagement die Anforderungen der Stakeholder in der Einkaufssteuerung berücksichtigt werden können. So ist in der 15M-Architektur die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit in den Versorgungsprozessen vorgesehen. Insgesamt gelingt es der 15M-Architektur, die Einkaufsaufgaben arbeitsteilig und dezentral zu verantworten und dabei die Ausrichtung der Einzelaktivitäten an der Unternehmens- bzw. an der Einkaufsstrategie sicher zu stellen.

    Evolutionärer Ansatz: Darüber hinaus ist die 15M-Architektur evolutionär angelegt, d. h. das Einkaufsmanagementsystem eines Unternehmens kann schrittweise aufgebaut und fortentwickelt werden. Beispielsweise können in diesem Jahr Nachhaltigkeitsaspekte im Source2Contract-Prozess und im nächsten Jahr im Lieferantenmanagement

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