Nachhaltiger Konsum: Best Practices aus Wissenschaft, Unternehmenspraxis, Gesellschaft, Verwaltung und Politik
Von Wanja Wellbrock und Daniela Ludin
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Buchvorschau
Nachhaltiger Konsum - Wanja Wellbrock
Hrsg.
Wanja Wellbrock und Daniela Ludin
Nachhaltiger Konsum
Best Practices aus Wissenschaft, Unternehmenspraxis, Gesellschaft, Verwaltung und Politik
1. Aufl. 2021
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Hrsg.
Wanja Wellbrock
Hochschule Heilbronn, Schwäbisch Hall, Baden-Württemberg, Deutschland
Daniela Ludin
Hochschule Heilbronn, Schwäbisch Hall, Baden-Württemberg, Deutschland
ISBN 978-3-658-33352-2e-ISBN 978-3-658-33353-9
https://doi.org/10.1007/978-3-658-33353-9
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Planung/Lektorat: Susanne Kramer
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Geleitwort
Die Idee der Nachhaltigkeit ist nicht neu. Schon im Mittelalter waren sich die Menschen der Begrenztheit wichtiger Ressourcen bewusst und entwickelten Strategien gegen ihre Übernutzung. In der Forstwirtschaft hat nachhaltiges Wirtschaften eine jahrhundertelange Tradition. Die kursächsische Forstordnung von 1560 verschriftlichte erstmals den Grundgedanken der Nachhaltigkeit. Sie besagt vereinfacht, dass nicht mehr Holz genutzt werden soll, als auf Dauer nachwächst. 1713 fasste dann Hans Carl von Carlowitz das forstliche Wissen zusammen, erweiterte es und formulierte mit seinem Buch „Sylvicultura oeconomica" erstmalig das Konzept einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Carlowitz gilt mit seinem Werk als Schöpfer des Nachhaltigkeitsbegriffs.
Über 300 Jahre später, im 21. Jahrhundert, befinden wir uns in einem Zeitalter, dass zum einen geprägt ist von schnellem Wachstum, Massenproduktion und Konsumorientierung und zum anderen von Klimawandel, Naturkatastrophen und globaler Ungleichheit. Gleichzeitig nimmt das Bewusstsein für die Folgen des Klimawandels, den Raubbau an Ressourcen und die zum Teil untragbaren Arbeitsbedingungen im globalen Süden zu und die Bestrebungen, nachhaltiger zu wirtschaften und zu konsumieren, sind deutlich erkennbar. Allerdings steht die Menschheit vor einer Mammutaufgabe, die ein strukturelles Umdenken erfordert, von Interessenskonflikten geprägt ist und letztlich jeden Einzelnen von uns herausfordert.
Verbraucherinnen und Verbraucher teilen sich mit der Politik und der Wirtschaft die Verantwortung für Mensch und Umwelt. Sie haben Einfluss auf das Marktgeschehen und stabilisieren mit ihrer Kaufkraft die Volkswirtschaft. Damit haben Verbraucherinnen und Verbraucher eine nicht zu unterschätzende Position und können durch ihre bewussten Kaufentscheidungen für nachhaltigere Alternativen den Wandel vorantreiben. In vielen Bereichen gibt es bereits eine Vielzahl an fairen, ökologischen oder langlebigen Produkten. Doch dem nachhaltigen Konsum sind auch Grenzen gesetzt – bspw. durch mangelnde Transparenz oder schlicht durch begrenzten Zugang zu nachhaltigen Alternativen. Hier gilt es anzusetzen und Wege zu finden, um den nachhaltigen privaten Konsum zu stärken.
Eine der wichtigsten Aufgaben heutiger Verbraucherpolitik ist es daher, Verbraucherinnen und Verbraucher durch Informations- und Bildungsangebote reflektierte Konsumentscheidungen zu ermöglichen – auch hinsichtlich der Auswirkungen auf Mensch, Umwelt, Klima und zukünftige Generationen. Beispielsweise kann eine klare und verständliche Produktkennzeichnung zu sozialen und ökologischen Produktionsstandards Orientierung und Transparenz geben. Auf der anderen Seite muss die Politik auch auf der Anbieterseite für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen. Das heißt, es müssen Anreize und Regelungen geschaffen werden, die die Wirtschaft dabei unterstützen, sozial- und umweltverträgliche Produkte anzubieten und Produktionsprozesse entsprechend anzupassen. Erfreulicherweise wird Nachhaltigkeit zu einem immer wichtigeren Wettbewerbsvorteil für Unternehmen, sodass deren Nachhaltigkeitsbestrebungen zunehmend auch intrinsisch motiviert sind. Auch die Politik selbst kann eine Vorbildfunktion einnehmen und einen Beitrag zum Wandel leisten – sei es durch eine nachhaltigere Beschaffung oder durch Energieeinsparmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden. Nachhaltiger öffentlicher Konsum kann Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und Märkte beeinflussen.
Auf europäischer Ebene werden seit 2019 mit dem Europäischen Grünen Deal zentrale Weichen für Wirtschaft und Gesellschaft gestellt, um Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Er soll als Fahrplan für die Politik der EU in den nächsten Jahren gelten und formuliert ambitionierte klima- und umweltpolitische Ziele. Als Teil des Europäischen Grünen Deals enthält der Neue Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft bspw. eine Reihe spezifischer Initiativen, die die Haltbarkeit, Recyclingfähigkeit und Reparaturfähigkeit von Produkten fördern, frühzeitige Obsoleszenz bekämpfen und Maßnahmen von Unternehmen unterstützen sollen. Nachhaltigkeit steht auch zunehmend im Zentrum der europäischen Verbraucherpolitik. Die Neue Verbraucheragenda wurde 2020 auf den Weg gebracht, um den europäischen Verbraucherinnen und Verbrauchern zu ermöglichen, eine aktive Rolle beim ökologischen und digitalen Wandel zu spielen. Sie hebt hervor, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bessere und zuverlässigere Produktinformationen benötigen – zum Beispiel zur Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Reparaturdiensten. Zudem müssten sie besser vor unwahren, verwirrenden oder irreführenden Informationen zu Produkten und Unternehmen („Greenwashing") geschützt werden.
Es zeigt sich also deutlich, dass der Nachhaltigkeitsgedanke in immer mehr Bereichen Einzug hält. Hier setzt auch das vorliegende Werk an. Die Autorinnen und Autoren widmen sich dem nachhaltigen privaten und öffentlichen Konsum und zeigen mit einer Reihe von eindrücklichen Beispielen aus Wissenschaft, Gesellschaft und Unternehmenspraxis wie vielfältig die Möglichkeiten für nachhaltiges Handeln sind.
Ich wünsche den Leserinnen und Lesern eine spannende Lektüre sowie Inspiration, sich im Rahmen der eigenen Möglichkeiten für mehr Nachhaltigkeit zu engagieren.
Peter HaukMdL – Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg
Vorwort
Nachhaltigkeit ist nach wie vor eines der Schlüsselwörter des 21. Jahrhunderts. Wirtschaftliche Entscheidungen können nicht mehr ausschließlich anhand von Preis, Qualität und Service getroffen werden. Gerade Nachhaltigkeitsaspekte – ökologische, soziale und ökonomische – gewinnen immer mehr an Bedeutung. Für eine wirkungsvolle Bekämpfung des Klimawandels benötigt es aber eine ebenso verantwortungsvolle und starke Macht auf der Konsumentenseite, die Unternehmen auch aus einer ökonomischen Perspektive keine andere Wahl mehr lässt als nachhaltig zu produzieren. Nachhaltiger Konsum spielt somit als Anreizmittel eine immer bedeutendere Rolle. Nachhaltig zu konsumieren bedeutet, bewusster und gelegentlich auch weniger zu kaufen, auf jeden Fall mit Blick auf die soziale und ökologische Seite der Produkte und Dienstleistungen. Das Thema gewinnt auch politisch weiter an Bedeutung: Seit 2016 enthält die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie erstmals ein auf Indikatoren basiertes Ziel für nachhaltigen Konsum. Nachhaltiger Konsum betrifft hierbei nicht nur die privaten Haushalte, sondern gerade auch die öffentliche Beschaffungspraxis stellt eine wichtige Stellschraube zur nachhaltigen Veränderung der Märkte dar. Aus diesem Grund nimmt das vorliegende Buch eine ganzheitliche Betrachtung des Themas „Nachhaltiger Konsum" vor. Es findet keine Beschränkung auf privaten Konsum statt, sondern der öffentliche Konsum steht genauso im Mittelpunkt wie konsumunterstützende Praxisprojekte in ausgewählten Unternehmen. Zudem findet keine Limitierung auf ökologische Aspekte statt, sondern alle drei Säulen der sogenannten Tripple Bottom Line – Ökologie, Soziales und Ökonomie – stehen im Mittelpunkt dieses Werkes für Praktiker, Wissenschaftler und Studierende.
Die Idee geht zurück auf das Symposium zum Nachhaltigen Konsum am Bildungscampus der Hochschule Heilbronn im Jahr 2019. In mehreren sehr inspirierenden Beiträgen vielfältiger Praxisvertreter wurde hier unter der Schirmherrschaft des Verbraucherministeriums Baden-Württemberg, der Stadt Heilbronn, des Hilfswerks Brot für die Welt und der BME-Hochschulgruppe e. V. der Hochschule Heilbronn das Thema nachhaltiger Konsum analysiert und vielversprechend diskutiert. Ausgehend von dieser Veranstaltung entstand die Idee, die primär praxisorientierten Beiträge um eine wissenschaftliche Diskussion zu ergänzen und somit auch Beiträge von Universitäten und Hochschulen zu integrieren, die eine eher theoretische bzw. empirische Betrachtungsweise des Themengebiets vornehmen. Einem weiten Verständnis des nachhaltigen Konsums folgend, ergeben sich daher neun strukturgebende Abschnitte: 1) Theoretische Aspekte eines nachhaltigen Konsums, 2) Nachhaltige Konsumsteuerung von Individuen, Unternehmen und Institutionen, 3) Best Practices – Nachhaltiger öffentlicher Konsum, 4) Best Practices – Nachhaltige Unternehmensführung, (5) Best Practices – Nachhaltige Mobilität und Logistik, 6) Best Practices – Nachhaltige Agrarwirtschaft und Lebensmittelindustrie, 7) Best Practices – Nachhaltige Energieversorgung, 8) Best Practices – Nachhaltiger Tourismus und Eventmanagement, 9) Best Practices – Nachhaltiger Konsum auf Finanz- und Versicherungsmärkten. Aus der Verbindung dieser neuen Perspektiven ergeben sich vielfältige neue Erkenntnisse für eine große Bandbreite relevanter Aspekte eines nachhaltigen Konsums.
Unser großer Dank gilt allen Autorinnen und Autoren für deren Einsatz bei der Erstellung des Werkes. Durch ihre Expertise und ihr umfangreiches Wissen haben sie wertvolle Beiträge zu einzelnen Bereichen des nachhaltigen Konsums geleistet und durch unzählige Diskussionen während des Korrekturprozesses die hohe Qualität überhaupt erst ermöglicht.
Als Herausgeber wünschen wir uns, dass wir mit diesem Buch Ihr Interesse an der aktiven Umsetzung eines privaten und öffentlichen Konsums wecken und steigern können. Besonders freuen wir uns, wenn das Werk Ihre Begeisterung anregt und als Inspiration für weitere tolle Forschungsprojekte in den unterschiedlichsten Bereichen des nachhaltigen Konsums dient. Alle Leserinnen und Leser sind daher herzlich eingeladen, die in den einzelnen Beiträgen dargelegten Gedanken aufzugreifen und für die eigenen beruflichen Herausforderungen zu nutzen sowie mit den Herausgebern, Autoren und Unterstützern des Buches intensiv zu diskutieren. Auf Ihre Erfahrungen beim Studieren und Ihre Anregungen sind wir sehr gespannt!
Prof. Dr.Wanja Wellbrock
Prof. Dr.Daniela Ludin
Heilbronn
Inhaltsverzeichnis
Teil IÖkonomische Grundlagen eines nachhaltigen Konsums
1 Verbraucherökonomische Grundlagen eines nachhaltigen Konsums 3
Daniela Ludin und Wanja Wellbrock
1.1 Begriffsbestimmung und Dimensionen des nachhaltigen Konsums 4
1.2 Konzepte für die Messung von nachhaltigem Konsum 5
1.3 Verbrauchergruppen, Produktgruppen und nachhaltiger Konsum 6
1.4 Konsumentensouveränität, Informationsasymmetrie und nachhaltiger Konsum 8
1.5 Nachhaltige Verbraucherpolitik und nachhaltiger Konsum 9
1.6 Verbraucherschutz, Verbraucherrecht, Verbraucherbildung, Verbraucherinformation und nachhaltiger Konsum 10
1.7 Label und Siegel als zentraler Bestandteil der Verbraucherinformation für einen nachhaltigen Konsum 11
1.8 Fazit 12
Literatur 13
2 Nachhaltigerer privater Konsum: Eine informations- und verhaltensökonomische Perspektive 17
Johannes Simons, Jeanette Klink-Lehmann und Monika Hartmann
2.1 Einleitung 18
2.2 Ansätze zur Förderung des Nachhaltiger Konsum aus der Informationsökonomik 19
2.3 Ansätze zur Förderung des Nachhaltiger Konsum aus der Verhaltensökonomik 22
2.4 Einflussnahme auf die Nachhaltigkeit des Konsumverhaltens 24
2.5 Zusammenfassung und Ausblick 27
Literatur 28
3 Die Status quo-Falle – Oder: It can kill you not being „good" enough 33
Volker Lingnau, Florian Fuchs und Florian Beham
3.1 Einführung 34
3.2 Der Einfluss von Nachhaltigkeit auf die wirtschaftliche Performance des Unternehmens 35
3.3 Empirische Evidenz zu negativen ökonomischen Konsequenzen von Nicht-Nachhaltigkeit 43
3.4 Resümee 47
Literatur 48
4 Sharing Economy: Nachhaltigkeit versus Profitorientierung 53
Jana Heimel und Benedikt Krams
4.1 Einführung 54
4.2 Sharing Economy 54
4.3 Fazit und Diskussion 65
Literatur 66
5 Nachhaltiger Konsum und seine Verankerung im Controlling 71
Gernot Mödritscher und Friederike Wall
5.1 Herkömmliche Sichtweisen im Strategischen Management und im Controlling 71
5.2 Nachhaltigkeit und Stakeholder-Orientierung als aktuelle Sichtweisen im Management 72
5.3 Die Verankerung von Stakeholder-Orientierung und Nachhaltigkeit im Controlling 74
5.4 Fazit 79
Literatur 79
6 Sustainable Finance: Nachhaltigkeitscontrolling zur Steuerung des sozialen und ökologischen Wirtschaftens von Unternehmen 83
Jana Heimel und Martin Momberg
6.1 Einführung 84
6.2 Begriffliche Grundlagen 85
6.3 Nachhaltigkeitscontrolling 89
6.4 Nachhaltigkeitscontrolling in der unternehmerischen Praxis 96
6.5 Fazit und Diskussion/Ausblick 101
Literatur 102
7 Gewichtung von Umweltbelastungen im Green Productivity Index 107
Verena L. Aufderheide und Marion Steven
7.1 Bedeutung der Bewertung von Umweltwirkungen 107
7.2 Nachhaltigkeitsorientierte Bewertung von Produkten und Produktionsprozessen 108
7.3 Weiterentwicklung zum GPIEXP 114
7.4 Fazit und Ausblick 122
Anhang 123
Literatur 124
Teil IIMaßnahmen zur Konsumsteuerung von Individuen, Unternehmen und Institutionen
8 Zur Steuerung nachhaltigen Konsums: Die Entwicklung einer nachhaltigen Customer Journey 129
Kristina Steinbiß und Elisabeth Fröhlich
8.1 Einleitende Überlegungen 129
8.2 Methodisches Vorgehen 132
8.3 Theoretischer Rahmen der Analyse 133
8.4 Eine nachhaltige Customer Journey 139
8.5 Herausforderungen und Ausblick 142
Literatur 143
9 Vom Change Agent zur kritischen Masse: Erfolgsfaktoren für den Wandel in Richtung Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene 147
Stefanie Wesselmann und Christine Rother
9.1 Einleitung 147
9.2 Transformation im Spannungsfeld Individuum – Gesellschaft 148
9.3 Best Practices 153
9.4 Fazit 162
Literatur 163
10 Vom Konsumhandeln zum zivilgesellschaftlichen Engagement – Können Veränderungsexperimente für mehr Klimaschutz im Alltag dazu beitragen, den Footprint-Handprint-Gap zu überwinden? 169
Markus Szaguhn und Maike Sippel
10.1 Einleitung 170
10.2 Problem und Fragestellung 172
10.3 Datensatz und Methode 174
10.4 Ergebnisse der Analyse 176
10.5 Diskussion und Ausblick 180
10.6 Fazit 181
Literatur 182
11 Unternehmen kommunizieren Suffizienz – Beispiele aus der Praxis für die Förderung eines genügsamen Konsums 185
Anneli Heinrich und Georg Müller-Christ
11.1 Herausforderungen des aktuellen Konsum- und Wirtschaftsmodells 186
11.2 Suffizienz als Lösungsansatz 188
11.3 Praxisbeispiele für suffizienz-fördernde Kommunikationspolitik 192
11.4 Zwischen Wachstum und Suffizienz – der Umgang mit einem starken Spannungsfeld 200
11.5 Voraussetzungen für die Umsetzung suffizienz-fördernder Kommunikationspolitik als Beitrag zur Förderung genügsamen Konsums 203
11.6 Fazit 204
Literatur 204
12 „Suffizienz unterstützen" als Geschäftsmodell 209
Therese Kirsch und Fara Steinmeier
12.1 Ressourcenleichte Gesellschaft durch Suffizienz 210
12.2 Motivation für Unternehmen 214
12.3 Nachhaltige Entwicklung durch Innovationen und nachhaltige Geschäftsmodelle 218
12.4 Geschäftsmodellentwicklung mit Blick auf Suffizienz 220
12.5 Fazit und Ausblick 229
Literatur 230
Teil IIIBest Practices – Nachhaltiger öffentlicher Konsum
13 Fairer Handel als Priorität – Wie die Kampagne „Fairtrade-Towns" zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele beiträgt 237
Edith Gmeiner, Lisa Herrmann und Michaela Reithinger
13.1 Was ist Fairtrade? 237
13.2 Öffentliche Beschaffung und ihre Bedeutung für nachhaltigen Konsum 240
13.3 Fairtrade als konkrete Handlungsoption 242
13.4 Fazit 247
Literatur 248
14 Regionale, resiliente Ernährungssysteme – am Beispiel der Region Freiburg 251
Esther Wiese und Michael Rumberg
14.1 Ausgangssituation 252
14.2 Begrifflichkeiten: Regionale, resiliente Ernährungssysteme 252
14.3 Methodik und Betrachtungsraum der aktuellen Untersuchung 253
14.4 Ziel der Ernährungsresilienz 254
14.5 Vision der Befragten 255
14.6 Möglichkeiten und neue Pfade 256
14.7 Herausforderungen und Hemmnisse 257
14.8 Maßnahmen und Fallbeispiele 258
14.9 Fazit 259
Literatur 260
15 Nachhaltige IT-Beschaffung: Herausforderungen und Lösungsansätze aus der Praxis 263
Nicole A. Diehlmann
15.1 Einleitung 263
15.2 Von der Kür zur Pflicht – politische und gesetzliche Anforderungen an die unternehmerische Verantwortung 264
15.3 Best-Practice-Beispiele: IT-Beschaffung im öffentlichen Sektor 267
15.4 Fazit 272
Literatur 273
16 Praxisbeispiel Nachhaltiger Konsum: „Pappbecherfreier Campus Schwäbisch Hall" 275
Daniela Ludin, Wanja Wellbrock, Erika Müller und Benjamin Högele
16.1 Einführung 275
16.2 Theoretische Grundlagen 276
16.3 Lösungsweg: Einführung des Mehrwegbechers am Campus Schwäbisch Hall 281
16.4 Fazit 283
Literatur 283
17 Kommunales Controlling – Instrument zur Planung, Steuerung und Kontrolle nachhaltigen Wirtschaftens im kommunalen Sektor 287
Julia Sydow und Alexander Kratzmann
17.1 Die Rolle der Kommunen im deutschen Bundesstaat 288
17.2 Organisation und Funktionen des Controllings 289
17.3 Zum Stand des kommunalen Controllings am Beispiel des Freistaates Sachsen 293
17.4 Fazit 296
Literatur 298
18 Ganzheitliche prozessorientierte Sicht auf Hochschulen in Krisenzeiten 301
Peter Mattheis und Marc Scharsig
18.1 Problemstellung 302
18.2 Definitionen 302
18.3 Ziele 303
18.4 Prozessarchitektur 303
18.5 Balanced Scorecard 307
18.6 Fazit 309
Literatur 310
19 Der Zusammenhang zwischen Gesundheitsversorgungssystemen und der Aufrechterhaltung einer nachhaltigen Umwelt 313
Norma M. Huss und Melanie Weinheimer
19.1 Der Klimawandel und das Gesundheitssystem 313
19.2 Nachhaltigkeit 315
19.3 Prozesskette von Einwegprodukten aus Plastik am Beispiel des Einweg-Medikamentenbechers 316
19.4 Alternativen, Recycling und Wiederverwendung 322
19.5 Fazit 325
Literatur 326
Teil IVBest Practices – Nachhaltige Unternehmensführung
20 Strategische Wettbewerbsvorteile im Kontext nachhaltiger Unternehmensführung 335
Daniel Gerbaulet
20.1 Ökonomische Grundlagen 336
20.2 Wertkettenanalyse und Wettbewerbsstrategien 338
20.3 Nachhaltigkeit als Teil einer Wettbewerbsstrategie 342
20.4 Fazit 345
Literatur 346
21 Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz bei unternehmensübergreifenden Kooperationen: Die Theorie der Institutionellen Rollenmodelle als Grundlage für Best Practices 349
Wolfgang H. Schulz, Oliver Franck, Stanley Smolka und Vincent Geilenberg
21.1 Corporate Social Responsibility und Corporate Citizenship 350
21.2 Corporate Social Responsibility und Shareholder Value 351
21.3 Das Institutionelle Rollenmodell und seine Anwendung 355
Literatur 360
22 Nachhaltige Supply Chain Finance 363
Alexandra Fiedler
22.1 Sustainable Supply Chain Finance 363
22.2 Ein agentenbasierter Ansatz für Sustainable Supply Chain Finance 368
22.3 Fazit 372
Literatur 372
23 Green and Lean: Wie Lean Management nachhaltigen Konsum in Unternehmen fördert – am Beispiel der Verpackungsindustrie 375
Kristofer Leder
23.1 Lean Management – eine Definition auf drei Ebenen 376
23.2 Green and Lean Management 379
23.3 Bedingungen für eine nachhaltige Green and Lean Einführung 389
23.4 Fazit 389
Literatur 390
24 Bewusster Konsum als Unternehmensstrategie – VAUDE tritt an mit umweltfreundlichen und fairen Bergsportprodukten 393
Lisa Fiedler
24.1 Nachhaltige Unternehmensführung 394
24.2 Klare Leitplanken und strenge Kriterien für die Produktentwicklung 395
24.3 Aktives Angebot für eine verantwortungsvolle Nutzungsphase 398
24.4 Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg 402
Literatur 404
25 Nachhaltiger Konsum als Mainstream – Rolle und Verantwortung der Einzelhändler am Beispiel der Handelsunternehmen Lidl und Kaufland 407
Mariella Gomez, Lavinia Kochanski und Elisabeth Koep
25.1 Einleitung 408
25.2 Die Schwarz Gruppe 408
25.3 Nachhaltige Sortimentsgestaltung – Der Beitrag von Lidl zu dem Sustainable Development Goal 12 413
25.4 Machen macht den Unterschied – Kauflands Haltung für nachhaltiges Handeln 418
25.5 Fazit 422
Literatur 423
26 Coopetition am Beispiel des #ForumRezyklat der dm-drogerie markt GmbH + Co. KG 427
Sebastian Bayer, Dagmar Glatz und Daiga-Patricia Kang
26.1 Einleitung 428
26.2 Definitionen und Erläuterungen 428
26.3 Die Entstehung des #ForumRezyklat 430
26.4 Gründungsphase und erste praktische Umsetzung 433
26.5 Neuausrichtung des Forums 436
26.6 Fazit 439
Literatur 440
27 Erarbeitung eines Rücknahmesystems am Beispiel des Cradle to Cradle® zertifizierten Würth Varifix® Schnellmontagesystems 443
Sven Kübler, Elisabeth Kraut, Carina Lebsack, Wanja Wellbrock und Wolfgang Gerstlberger
27.1 Kreislaufwirtschaft 444
27.2 Würth Varifix® Schnellmontagesystem 448
27.3 Fazit 451
Literatur 452
28 Made in Bangladesh – und stolz darauf! 455
Anna F. Rüchardt und Jochen Schmidt
28.1 Rana Plaza – Die Katastrophe am Ursprung des Umdenkens 455
28.2 Raus aus Bangladesch – eine Alternative? 459
28.3 Der HAKRO Ansatz 461
28.4 Fazit 467
Literatur 468
29 Aspekte nachhaltigen Wirtschaftens im Mittelstand am Beispiel MANN & SCHRÖDER COSMETICS 473
Jan Englert und Angelina Straub
29.1 Die Bedeutung unternehmerischer Nachhaltigkeit 474
29.2 Anspruchsgruppen und ihre CSR-Anforderungen 475
29.3 Unternehmensweiter Umweltschutz 477
29.4 Produktbezogener Umweltschutz 480
29.5 Limitationen unternehmensinterner und -externer Faktoren 482
29.6 Handlungsempfehlungen und Verallgemeinerung 483
29.7 Fazit und Ausblick 484
Literatur 484
30 Best Practices zur nachhaltigen Beschaffung von Rohstoffen entlang der Lieferkette: Erfahrungen aus einer Fallstudie in Deutschland 487
Rubén Medina Serrano, Wanja Wellbrock und Pino Valero Cuadra
30.1 Einführung 488
30.2 Kontext zum Thema Konfliktmineralien 488
30.3 Methodologisches Vorgehen zur Datensammlung 490
30.4 Der nachhaltige Konfliktmineralienprozess 498
30.5 Fazit 499
Literatur 501
31 Nachhaltiges Supply Chain Management im Maschinenbau – eine ganzheitliche Betrachtung mit dem Matrjoschka-Modell 505
Julia Krause
31.1 Anforderungen der modernen Welt 506
31.2 Matrjoschka-Modell der Nachhaltigkeit 507
31.3 Schritte für die Umsetzung 517
31.4 Fazit 519
Literatur 519
32 Entwicklung und technische Umsetzung nachhaltiger thermoformbarer Verpackungen 521
Georg Sposny
32.1 Wertstoff Kunststoff im Wandel 521
32.2 Prozess für nachhaltige Verpackungslösungen 525
32.3 Führende IML-T®-Technologie – wirtschaftlich und dekorativ 528
32.4 Aktuelle Praxisbeispiele nachhaltiger Verpackungen 530
32.5 Fazit 534
Literatur 534
33 Nachhaltiges Bauen mit Holz im Geschosswohnungsbau 537
Wolf Gieseke, Norina Klameth und Jorin Herrmann
33.1 Einführung 538
33.2 Gründe für das nachhaltige Bauen mit Holz 540
33.3 Praxisbeispiel KfW55-Geschosswohnungsbau der GWG „Auf dem Katzenkopf" 543
33.4 Fazit und Ausblick 551
Literatur 552
Teil VBest Practices – Nachhaltige Mobilität und Logistik
34 Urbane Mobilität: Nachhaltigkeit durch Elektromobilität? 557
Thomas Lenk, Oliver Rottmann, André Grüttner und Mario Hesse
34.1 Mobilitätswende als Impuls für eine ökologisch nachhaltige urbane Mobilität 558
34.2 Elektromobilität im kommunalen Kontext 560
34.3 Ausgewählte Handlungsfelder für die Entwicklung neuer Geschäftsfelder im Aufgabenbereich Mobilität 564
34.4 Neue Geschäftsfelder im Teilbereich Verkehr 566
34.5 Fazit 568
Literatur 569
35 „NaMoCa – Nachhaltige Mobilität am Campus Schwäbisch Hall – Entwicklung eines Mobilitätskonzepts für den Campus Schwäbisch Hall als Projekt im Ideenwettbewerb „Emissionsfreier Campus
573
Daniela Ludin, Wanja Wellbrock, Erika Müller und Benjamin Högele
35.1 Einführung 574
35.2 Problemstellung und Projektvorhaben 576
35.3 Methodisches Vorgehen 578
35.4 Auswertung der Ergebnisse 580
35.5 Handlungsempfehlungen und Gesamtkonzept 589
35.6 Fazit 591
Literatur 591
36 Binnenschifffahrt im Nexus der Nachhaltigkeit in der Verkehrslogistik: Status Quo, Ansatzpunkte und ausgewählte Praxisbeispiele 595
Dirk H. Hartel und Markus Nölke
36.1 Binnenschifffahrt: Tradition mit Zukunftspotenzial? 595
36.2 Markt und Marktteilnehmer 596
36.3 Binnenschiffe im Nachhaltigkeitsvergleich der Verkehrsmittel 600
36.4 Verkehrs- und umweltpolitische Initiativen auf nationaler und EU-Ebene 605
36.5 Ausgewählte Ansatzpunkte zur Steigerung von Nachhaltigkeit und Effizienz 607
36.6 Ausgewählte organisatorische Ansätze 609
36.7 Ausgewählte Praxisbeispiele 610
36.8 Fazit und Ausblick: 60–25-15! 612
Literatur 612
37 Elektrokleinstfahrzeuge als Hoffnungsträger einer nachhaltig-alltagstauglichen Mikromobilität 615
Tobias Bernecker und Jonas Heinzelmann
37.1 Einführung 616
37.2 Modellformulierung 617
37.3 Empirische Überprüfung und Ergebnisse 620
37.4 Diskussion 625
37.5 Fazit 627
Literatur 627
38 Vergleich von Ladestrategien zur Minderung von CO2 Emissionen für batterieelektrische Fahrzeuge 629
Johannes Üpping, Maria Schaffer und Fynn C. Bollhöfer
38.1 Einleitung 630
38.2 Ladestrategien 631
38.3 Simulation 634
38.4 Ergebnisse 636
38.5 Fazit 640
Literatur 641
39 Flächensparende Logistik als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung am Beispiel der Waldbach Fulfillment Logistik e. K. 645
Arne Dethloff, Lucas Hüer, Kai-Michael Griese und Martin Franz
39.1 Einleitung 646
39.2 Nutzung von Logistikflächen – Kooperationen als Chance 647
39.3 Methodik 648
39.4 Die Fallstudie Waldbach Fulfillment Logistik e. K. 649
39.5 Zusammenfassung und Fazit 654
Literatur 655
40 Nachhaltigkeit im E-Commerce: Die letzte Meile aus Konsumentensicht 659
Patrick Klein und Bastian Popp
40.1 Einleitung 660
40.2 Nachhaltigkeit im E-Commerce 660
40.3 Nachhaltigkeit auf der letzten Meile des Warenübergangs 663
40.4 Diskussion und Implikationen 670
40.5 Fazit 672
Literatur 672
41 Nachhaltige und individualisierte Zustellung von Lebensmitteln 679
Sandra Luttermann, Herbert Kotzab, Markus Trapp und Michael Freitag
41.1 Einleitung 679
41.2 Theoretische Grundlagen 680
41.3 Kundenindividuelle und nachhaltige Zustelloptionen 683
41.4 Fazit 689
Literatur 690
Teil VIBest Practices – Nachhaltige Agrarwirtschaft und Lebensmittelindustrie
42 Agrarwirtschaft als Ausgangspunkt einer nachhaltigen Konsumkette – Konzeption, Potenziale und Best Practice 697
Barnim G. Jeschke
42.1 Einleitung 697
42.2 Einflusspotenziale einer nachhaltigen Agrarwirtschaft 698
42.3 Maßnahmen zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen in der Landwirtschaft 705
42.4 Beispiele für Best Practice 714
42.5 Fazit 716
Literatur 717
43 Alltäglicher nachhaltiger Konsum – Bewusster Umgang mit Lebensmitteln vs. skandalträchtige Verschwendung 719
Stefan Schmidt und Wanja Wellbrock
43.1 Rolle des Verbrauchers 719
43.2 Einfluss der Kaufentscheidungen bezüglich Lebensmitteln 720
43.3 Verschwendung von Lebensmitteln und Abfallvermeidung 726
43.4 Lebensmittelrecht 729
43.5 Betrug und Selbstbetrug 731
43.6 Handlungsalternativen und Achtsamkeit 734
Literatur 736
44 Nachhaltiger Konsum in der Lebensmittelbranche: Nachhaltigkeit in Filialen, Sortiment und Kommunikation der Öko-Bäckerei Hofpfisterei 743
Martina Boehm und Carolyn Hutter
44.1 Ausgangssituation 744
44.2 Zielgruppenanalyse 747
44.3 Wesentlichkeitsanalyse für die Hofpfisterei 748
44.4 Handlungsempfehlungen 749
44.5 Fazit 751
Literatur 751
45 Wein aus kontrolliert nachhaltiger Produktion – Verantwortung umsetzen 753
Helena J. Ponstein und Armin R. Gemmrich
45.1 Einleitung 754
45.2 „BIO-Wein oder „nachhaltiger Wein
– wo liegt der Unterschied? 755
45.3 Ökologische Dimension der Nachhaltigkeit im Weinbau 757
45.4 Soziale Dimension der Nachhaltigkeit in der Weinproduktion 762
45.5 Ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit in der Weinproduktion 764
45.6 Schlussfolgerung und Ausblick 765
Literatur 765
46 Die Initiative Tierwohl der deutschen Ernährungswirtschaft 769
Johannes Simons und Alexander Hinrichs
46.1 Tierwohl und Nachhaltigkeit 769
46.2 Nachfrage nach Fleisch mit höheren Tierwohlstandards 770
46.3 Besonderheiten der Wertschöpfungskette Fleisch und Fleischprodukt 772
46.4 Wettbewerbssituation in der Wertschöpfungskette 772
46.5 Das Dilemma der Fleischwirtschaft 773
46.6 Ansatz zur Auflösung des Dilemmas der Fleischwirtschaft 774
46.7 Funktionsweise der Initiative Tierwohl 775
46.8 Kritik und Weiterentwicklungen 777
46.9 Fazit 779
Literatur 780
47 Rolle der Nachhaltigkeit beim Konsum von Süßigkeiten durch Kinder 783
Daniela Ludin, Wanja Wellbrock, Erika Müller, Wolfgang Gerstlberger, Caroline Schätzle und Philipp Schwinghammer
47.1 Einleitung 784
47.2 Theoretische Grundlagen 784
47.3 Empirische Studienergebnisse 787
47.4 Fazit und Ausblick in die Zukunft 792
Literatur 793
48 Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von nachhaltigen Einkaufstragetaschen 797
Daniela Ludin, Wanja Wellbrock, Erika Müller, Wolfgang Gerstlberger, Sherin Schellhammer und Kerstin Zimmermann
48.1 Einleitung 797
48.2 Theoretische Grundlagen 798
48.3 Empirische Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung 804
48.4 Fazit und weiterer Forschungsbedarf 810
Literatur 810
Teil VIIBest Practices – Nachhaltige Energieversorgung
49 Handlungsempfehlungen zum Ausbau der nachhaltigen Energieversorgung unter Verminderung von Rebound-Effekten 817
Sarah Deterling und Bettina Keil
49.1 Transformation der Energieversorgung 817
49.2 Schwerpunkt: Biomasse als erneuerbare Energieart 820
49.3 Rebound-Effekte 821
49.4 Handlungsoptionen zur Verminderung der Sekundäreffekte 826
49.5 Fazit 828
Literatur 828
50 Innovative Produkte und Dienstleistungen für einen nachhaltigen Konsum an der Schnittstelle von Energie- und Mobilitätswende 831
Tobias Popović, Ezgi Gökdemir und Elias Schwemin
50.1 Einleitung 832
50.2 Nachhaltiger Konsum im Kontext einer Großen Transformation – Grand Challenges als Ausgangspunkt 832
50.3 Transdisziplinäre Reallabore (Living Labs) als Forschungsdesign und Grundlage für Innovationsökosysteme 838
50.4 Verzahnung von Energie- und Mobilitätswende in der Praxis 840
50.5 Fazit und Ausblick 845
Literatur 845
Teil VIIIBest Practices – Nachhaltiger Tourismus und Eventmanagement
51 Nachhaltigkeit im Tourismus – Anspruch, Wirklichkeit und Umsetzungsmöglichkeiten 853
Martina Shakya
51.1 Nachhaltigkeit und Tourismus 853
51.2 Wie nachhaltig ist der Tourismus? 858
51.3 Umsetzungsmöglichkeiten in der Praxis 861
51.4 Nachfrage nach nachhaltigen Reiseangeboten 864
51.5 Fazit 867
Literatur 868
52 Green Hotels – Nachhaltiges Engagement bei Best Western 871
Marcus Smola
52.1 Einführung 872
52.2 Stimmige Gesamtkonzepte, erlebbar für Hotelgäste – Beispiele aus der Praxis 872
52.3 Nachhaltigkeit beginnt im Kleinen – Best Western Hotels sind auf die Biene gekommen 878
52.4 Gruppenübergreifendes Engagement: E-Mobilität und Stromtankstellen 879
52.5 Nachhaltige Kooperation: Für jede Buchung werden Bäume gepflanzt 880
52.6 Fazit 880
Literatur 881
53 Nachhaltige Events – Erlebnis statt Konsum 883
Ulrich Holzbaur, Annika Beifuss, Evelyn Neifer und Vanessa Vanini
53.1 Konsum und Transformation 884
53.2 Nachhaltige Events 885
53.3 Spezielle Bereiche 887
53.4 Event Design 892
53.5 Fazit 895
Literatur 895
54 Nachhaltigkeit im Veranstaltungsmanagement 899
Sebastian Kaiser-Jovy und Timo Becker
54.1 Einführung 900
54.2 Eventwirkungen im Spiegel von Forschung und Praxis 901
54.3 Perspektivwechsel: vom Analysieren zum Gestalten 902
54.4 Das Logic Model: Einordnung und Anwendung im Eventmanagement 904
54.5 Fazit 909
Literatur 911
Teil IXBest Practices – Nachhaltiger Konsum auf Finanz- und Versicherungsmärkten
55 Sustainable Insurance – Nachhaltiger Konsum am Beispiel von Versicherungsprodukten, -dienstleistungen und -beratung 917
Tobias Popović, Jessica Reichard-Chahine, Marcus Reichenberg, Anna Schirpke, Ann-Cathrin Seeberger und Andrea Wozniak
55.1 Einleitung 918
55.2 Nachhaltiger Konsum im Kontext einer Großen Transformation 918
55.3 Sustainable Finance – Die Hebelwirkung des Kapitalmarktes 919
55.4 Sustainable Insurance 920
55.5 Nachhaltigkeitsindikatoren als Orientierungshilfe für Versicherungskunden und -makler 927
55.6 Fazit und Ausblick 930
Literatur 931
56 Kriterien zur Bewertung nachhaltiger Investments 937
Christoph Klein und Mathias Moersch
56.1 Nachhaltige Investments 937
56.2 Ausschlusskriterien 938
56.3 Key Performance Indikatoren für nachhaltiges Wirtschaften 941
56.4 Unabhängige Zertifizierungen 942
56.5 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen 944
56.6 EU-Taxonomie für Nachhaltigkeit und Offenlegungs-Verordnung 946
56.7 Klimarisiken managen 947
56.8 Fazit 950
Literatur 950
57 Grundpfeiler eines nachhaltigen Investmentansatzes auf der Basis von börsengehandelten Indexfonds 953
Jens Koch
57.1 ETF als günstiges Wunderwerk 954
57.2 Diversifikation als Allheilmittel 955
57.3 Nachhaltigkeit als Grundgedanke bei der Geldanlage 960
57.4 Basisinvestment: ETFs über verschiedene Assetklassen 965
57.5 Fazit 972
Literatur 974
Teil IÖkonomische Grundlagen eines nachhaltigen Konsums
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021
W. Wellbrock, D. Ludin (Hrsg.)Nachhaltiger Konsum https://doi.org/10.1007/978-3-658-33353-9_1
1. Verbraucherökonomische Grundlagen eines nachhaltigen Konsums
Daniela Ludin¹ und Wanja Wellbrock¹
(1)
Schwäbisch Hall, Deutschland
Daniela Ludin
Email: Daniela.ludin@hs-heilbronn.de
Wanja Wellbrock (Korrespondenzautor)
Email: Wanja.wellbrock@hs-heilbronn.de
../images/503161_1_De_1_Chapter/503161_1_De_1_Figa_HTML.jpgSeit 2015 hat Prof. Dr. Daniela Ludin an der Hochschule Heilbronn an der Fakultät für Management und Vertrieb am Campus Schwäbisch Hall die Professur Allgemeine Betriebswirtschaftslehre inne. Für sie gehört es dabei zum Selbstverständnis, das Prinzip der Nachhaltigkeit als zentrales Moment in ihren Lehrveranstaltungen zu verankern. Seit 2017 leitet Prof. Dr. Daniela Ludin den Studiengang B. A. Management & Beschaffungswirtschaft (MBW); seit 2019 auch den Studiengang B. A. Nachhaltige Beschaffungswirtschaft (NBW). Seit 2015 ist Prof. Dr. Daniela Ludin zudem Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung der Hochschule Heilbronn, dem sie seit 2019 als Nachhaltigkeitsbeauftragte der Hochschule Heilbronn auch vorsteht. Vor ihrer Zeit an der Hochschule Heilbronn war Prof. Dr. Daniela Ludin von 2009 bis 2015 an der Hochschule Rottenburg mit einer Professur für Recht, Umwelt- und Forstpolitik. Die Forschungsschwerpunkte von Prof. Dr. Daniela Ludin sind Nachhaltiges Beschaffungsmanagement, Nachhaltige Mobilität, Nachhaltiger Konsum, Nachhaltige Finanzprodukte und Nachhaltiges Datenmanagement.
../images/503161_1_De_1_Chapter/503161_1_De_1_Figb_HTML.jpgProf. Dr. Wanja Wellbrock
hat eine Professur für Beschaffungsmanagement an der Hochschule Heilbronn. Seine Hauptforschungsbereiche sind Supply Chain Management, strategisches Beschaffungsmanagement, Nachhaltigkeitsmanagement und Big Data Anwendungen in unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsketten. Er ist Autor verschiedener englisch- und deutschsprachiger Publikationen und Projektleiter mehrerer praxisorientierter Forschungsprojekte in diesen Bereichen. Prof. Dr. Wanja Wellbrock sammelte praktische Erfahrungen in Führungspositionen in der Automobil- und Luftfahrtindustrie sowie in der Unternehmensberatung.
In diesem Beitrag werden die verbraucherökonomischen Grundlagen eines nachhaltigen Konsums herausgearbeitet. Ausgehend von der Begriffsbestimmung und den Dimensionen eines nachhaltigen Konsums werden Konzepte für die Messung von nachhaltigem Konsum vorgestellt. Anschließend wird analysiert, in welche Gruppen die Konsumenten¹ im Hinblick auf einen nachhaltigen Konsum unterteilt werden können. Auf dieser Basis erfolgt vor dem Hintergrund des Merkmals „Nachhaltigkeit" die Segmentierung in die unterschiedlichen konsumierten Produkte und Dienstleistungen. Vor dem Hintergrund der prinzipiellen Konsumentensouveränität werden Informationsdefizite bei Verbrauchern im Hinblick auf einen nachhaltigen Konsum identifiziert und die Notwendigkeit einer staatlichen Verbraucherpolitik herausgearbeitet. Eine nachhaltige Verbraucherpolitik muss neben Verbraucherschutz (Verbraucherrecht) und Verbraucherbildung vor allem die Verbraucherinformation umfassen. Bei der zuletzt genannten Säule der Verbraucherpolitk geht es vor allem darum, dem Konsumenten aufzuzeigen, woran er nachhaltige Produkte und Dienstleistungen erkennen kann. Nachhaltige Label und Siegel, die oft auf die Initiative von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zurückgehen, stehen hier im Zentrum der Betrachtung.
1.1 Begriffsbestimmung und Dimensionen des nachhaltigen Konsums
Der Begriff der Nachhaltigkeit hat seinen Ursprung vor mehr als 300 Jahren in der Forstwirtschaft; dort impliziert er, dass Wald nur dann sinnvoll bewirtschaftet wird, wenn lediglich soviel Holz gefällt wird, wie auch wieder nachwächst (vgl. v. Carlowitz 1713). In der Gegenwart wurde Sustainable Development erstmals 1987 explizit von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen im Bericht „Our Common Future (auch Brundtland Bericht genannt) definiert als „ … development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs
(World Commission on Environment and Development (WCED) 1987, Chapter 2, No. 1.; zur historischen Entwicklung des Nachhaltigkeitsbegriffs vgl. Ludin 2011, S. 102 ff.).
Nachhaltigkeit umfasst in der breiten Auffassung die Bereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales. Man spricht hierbei von einem Drei-Säulen-Modell oder auch der sogenannten Triple Bottom Line mit People, Planet, Profit (PPP) (vgl. Balderjahn 2013, S. 21; Ludin 2011, S. 106 ff.; Ludin und Wellbrock 2019, S. 6).
Durch den privaten Konsum kann ein großes Nachhaltigkeitspotential gehoben werden, denn der Konsumstil einer Gesellschaft wirkt sich auf die öko-sozialen Probleme aus. Im Sinne einer Consumer Social Responsibility müssen Verbraucher Verantwortung für ihr wirtschaftliches Handeln übernehmen; der Konsum in der heutigen Generation soll nicht die Konsummöglichkeiten anderer Menschen in der heutigen Generation (Prinzip der intragenerativen Gerechtigkeit) und nicht die Konsummöglichkeiten der morgigen Generation gefährden (Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit). Übernehmen Konsumenten Consumer Social Responsibility, dann müssen sie neben ökonomischen auch ökologische und soziale Kriterien beim Konsum berücksichtigen. Das heißt, Produkte von nachhaltigen Unternehmen bevorzugen und Produkte von nicht-nachhaltigen Unternehmen meiden bzw. boykottieren. Nachhaltiger Konsum bedingt die Umsetzung von Nachhaltigkeit beim individuellen Konsumverhalten (vgl. Balderjahn 2013, S. 6, 16, 72 f., 202 ff., 209; zur Begriffsdefinition des nachhaltigen Konsums vgl. auch Ulber 2020, S. 5 ff.; zur ökologischen und sozialen Orientierung von Unternehmen vgl. auch Ludin und Wellbrock 2019, S. 7 ff.). Dabei umfassen soziale Kriterien auch den sogenannten „fairen Konsum" (vgl. Balderjahn 2013, S. 215 ff.).
1.2 Konzepte für die Messung von nachhaltigem Konsum
Um nachvollziehen zu können, wie der Konsum die Ökosysteme belastet, muss die Belastung gemessen werden können. Für die Güter- und Dienstleistunsgproduktion werden natürliche Ressourcen benötigt (Energieträger, Baustoffe, Biomasse). Je mehr Material- und Energieeinsatz für die Herstellung eines Produktes benötigt wird, umso so größer ist dessen „ökologischer Rucksack; um so größer der Naturverbrauch. Aber es geht nicht nur um die „Herstellung
an sich, es geht um den ganzen Wertschöpfungskreislauf: Rohstoffgewinnung, Beschaffung, Produktion, Vertrieb, Nutzung, Recycling und Entsorgung.
Beim nachhaltigen Konsum gilt es daher nicht nur, das fertige Produkt zu betrachten, sondern auch Rohstoffe und Energie, die bei der Herstellung benötigt werden, Wasser das bei der Herstellung benutzt und/oder verschmutzt wird und Abfall, der beim Recycling und/oder bei der Entsorgung anfällt. Es gibt keine Produkte und keine Dienstleistungen, deren Herstellung nicht mit ökologischen und/oder sozialen Kosten verbunden ist. Mittlerweile existieren verschiedene Konzepte, die versuchen, die Auswirkungen von Konsum vergleichbar zu machen; im Folgenden werden einzelne Ansätze kurz vorgestellt (vgl. Biermann und Erne 2020, S. 263 ff.; Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. und Friends of the Earth Germany 2016):
Der Ökologische Rucksack misst den Materialinput eines Produkts in Kilogramm abzüglich der Eigenmasse des Produktes ebenfalls in Kilogramm; der Ansatz aus dem Jahr 1994 geht auf Schmidt-Bleek zurück (vgl. Hinterberger et al. 1997; Schmidt-Bleek 1994, 2004).
Wie der ökologische Rucksack, so bilanziert auch der ökologische Fußabdruck das Produktions- und Konsummuster; allerdings aus einem anderen Blickwinkel. Während der ökologische Rucksack den Rohstoff- und Energieeinsatz misst, veraschlagt der ökologische Fußabdruck die Naturfläche, die zur Verfügungstellung des Rohstoff- und Energiebedarfs benötigt wird. Es geht um die Flächen, die genutzt werden, um ein Produkt bereitzustellen: Flächen für Landwirtschaft/Rohstoffgewinnung, Flächenverbrauch durch Versiegelung, Flächenverbrauch ökologisch wertvoller Areale, Flächenverbrauch für Abfallentsorgung, Flächenverbrauch für die Bindung von CO2. Eine Untervariante stellt der CO2 Fußabdruck (carbon footprint) dar. Er misst die Menge an CO2-Emissionen, die ein Produkt bei der Herstellung verursacht. Das Konzept aus dem Jahr 1996 wurde von Wackernagel und Rees erstmals vorgestellt (vgl. Bogun 2020).
Virtuelles Wasser umfasst die Wassermenge, die während der ganzen Wertschöpfungskette eines Produktes verbraucht, verdunstet und/oder verschmutzt wird. Es handelt sich also um die Menge an Wasser, die für die Herstellung eines Produktes anfällt. Mit berücksichtigt wird dabei auch der verdeckte Wasserverbrauch. Es geht um die Differenz zwischen der Wassermenge, die einem Ökosystem entnommen wird und der Menge Wasser, die nach dem Gebrauch dem Ökosystem wieder zugeführt wird. Der Begriff des virtuellen Wassers wurde von Allan 1993 eingeführt (vgl. Allan 1993; Ouma 2020).
Der Wasserfußabdruck ist die Weiterentwicklung des virtuellen Wasserkonzeptes. Er misst die Summe aus indirektem (virtuellem Wasser) und direktem Wasserverbrauch. Der Wasserfußabdruck wurde 2002 von Hoekstra und Hung in Anlehnung an den Ökologischen Fußabdruck definiert und ist eine Ausdehnung des Konzepts des Virtuellen Wassers (vgl. Hoekstra und Hung 2002; Rösch et al. 2020, S. 33 ff.).
1.3 Verbrauchergruppen, Produktgruppen und nachhaltiger Konsum
Die Bereitschaft und die Fähigkeit zu nachhaltigem Konsum hängt auch von demografischen Merkmalen ab; so spielen Geschlecht, Alter, Bildung und sozialer Status offensichtlich eine Rolle. Sie werden als individuelle Determinanten bezeichnet (vgl. Balderjahn 2013, S. 206). So können im Hinblick auf nachhaltigen Konsum Frauen, Männer, Kinder, Jugendliche, Senioren, Menschen in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen und Menschen mit Migrationshintergrund gezielt betrachtet werden. Bereits die klassische Verbraucherforschung beschäftigt sich mit unterschiedlichen Konsummustern in verschiedenen Lebenszyklusphasen (vgl. Kroeber-Riel und Gröppel-Klein 2019, S. 439 ff.; Jaquemoth und Hufnagel 2018, S. 271 ff.). So wird bspw. schon lange untersucht, wie bereits Kinder und Jugendliche als Konsumenten agieren (vgl. Kroeber-Riel und Gröppel-Klein 2019, S. 439 ff.; Reisch und Strünck 2018, S. 474).
Im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Nachhaltigkeit, muss vor dem (nachhaltigen) Konsum durch den Verbraucher über alle Produktgruppen hinweg zuerst eine Bedarfsfeststellung erfolgen:
Ist ein Kauf notwendig?
Kommt ein gebrauchtes Produkt infrage?
Besser kaufen oder leihen?
Ist eine gemeinsame Anschaffung sinnvoll?
Nachhaltiger Konsum kann dann über die Verbrauchermacht langfristig zu einer Änderung des Produktangebots bei den Herstellern führen, wenn nachhaltige Produkte bevorzugt und nicht nachhaltige Produkte gemieden werden. Folgende Kriterien müssen beim nachhaltigen Konsum durch den Verbraucher bei allen Gütern berücksichtigt werden:
Langlebigkeit/Nutzungsdauer
Energieverbrauch
Ressourcenverbrauch
Reparaturmöglichkeit
Recyclingfähigkeit (vgl. Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. und Friends of the Earth Germany 2016, S. 5).
Konsumenten können daher beim nachhaltigen Konsum aus unterschiedlichen Konsumoptionen wählen:
Bewusste Suche nach Informationen über nachhaltige Produkte und Dienstleistungen (Informationsoption).
Bewusster Verzicht auf nichtnachhaltige Produkte und Dienstleistungen (Suffizienzoption).
Konsum des relativ nachhaltigsten Produktes oder der relativ nachhaltigsten Dienstleistung (Effizienzoption).
Nachhaltige Verwertung und Entsorgung von nachhaltigen Produkten (Recycling-Option) (vgl. Balderjahn 2013, S. 207).
Betrachtet man nachhaltigen Konsum, so ist stets zwischen folgenden Produktgruppen zu unterscheiden:
Nahrungsmittel: Obst, Gemüse, Molkereiprodukte, Fleisch, Fisch, Kaffee, Kakao, Schokolade
Gastronomie
Friseurbesuche, Kosmetik- und Körperpflegeprodukte, Wasch- und Putzmittel
Kleidung, Wohn- und Heimtextilien
Baumarktprodukte, Floristik, Holz
Möbel, Wohnen und Hausbau
Energie und Telekommunikation
Mobilität
Sport, Fitness, Vereine, Fitnessstudios
Reisen
Finanzdienstleistungen
Bildung und Digitalisierung (vgl. Jaquemoth und Hufnagel 2018, S. 222 ff.).
Auch wenn beim Konsumenten ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit vorliegt, werden nachhaltige Produkte nicht gekauft. Es existieren Kaufbarrieren,
wenn sie teurer sind (Preisbarriere).
wenn Gewohnheiten verändert/aufgegeben werden müssen (Gewohnheitsbarriere).
wenn Nachhaltigkeit in Konkurrenz zu eigenen Bedürfnissen steht (Egoismusbarriere).
wenn bei Kauf/Nutzung Unbequemlichkeiten entstehen (Bequemlichkeitsbarriere).
wenn es Unsicherheiten hinsichtlich der ökologischen und/oder sozialen Qualität des Produktes gibt (Unsicherheitsbarriere).
wenn den Herstellerinformationen zur Nachhaltigkeit der angebotenen Produkte misstraut wird (Vertrauensbarriere).
Kommt es zu einem Konsum-Boykott, so kann das Konsumieren bzw. das Nicht-Konsumieren als demokratische Abstimmung verstanden werden. Damit wird Corporate Social Irresponsibility (CSI) der Unternehmen seitens der Konsumenten sanktioniert (vgl. Balderjahn 2013, S. 213 ff.).
1.4 Konsumentensouveränität, Informationsasymmetrie und nachhaltiger Konsum
Konsumenten sind bereits häufig bei Konsumentscheidungen zu Alltagsprodukten überfordert, das Angebot bspw. hinsichtlich Qualität, aber auch hinsichtlich „Nachhaltigkeit" zu beurteilen (vgl. Balderjahn 2013, S. 222; Hagen und v. Schlippenbach 2007, S. 399; Kroeber-Riel und Gröppel-Klein 2019, S. 611). Die asymetrische Informationsverteilung zwischen Konsumenten und Produzenten von Waren und Dienstleistungen schwächen die neoklassische Annahme der prinzipiellen Konsumentensouveränität (vgl. Kroeber-Riel und Gröppel-Klein 2019, S. 607; May 2008, S. 46 ff.), auch im Hinblick auf einen nachhaltigen Konsum. Informationsasymmetrien entstehen dabei hauptsächlich durch eine immer stärkere Differenzierung des Produktangebots sowie die zunehmende Komplexität (vgl. Hagen und v. Schlippenbach 2007, S. 399; May 2008, S. 51 f.). Denn auch wenn die Digitalisierung den Konsumenten eine höhere Markttransparenz und eine höhere Marktmacht ermöglicht hat und somit die Souveränität der Konsumenten angestiegen ist, kann bisweilen nicht von einer eigentlichen „Verbraucherdemokratie" gesprochen werden (vgl. Kroeber-Riel und Gröppel-Klein 2019, S. 610 f.).
Daraus lassen sich verbraucherpolitische Forderungen nach Maßnahmen ableiten, die die Konsumentensouveränität fördern und Informationsasymetrien beseitigen (vgl. Reisch und Strünck 2018, S. 473 f.). Ziel muss es dabei sein, mit geeigneten Verbraucherschutzmaßnahmen die Konsumenten entsprechend ihrer jeweiligen Lebenslage bei ihrer Produktwahl angemessen zu unterstützen, indem man sie informiert, bildet und ihre Eigenverantwortung stärkt: „Verbraucherpolitik kann durch die Bereitstellung glaubwürdiger Informationen den Schutz der Verbraucher vor eigennützigem Verhalten der Unternehmen verbessern, … und die Etablierung von Innovationen am Markt fördern" (Hagen und v. Schlippenbach 2007, S. 397).
Nachhaltiger Konsum setzt individuelle Konsumbedürfnisse, individuelle Konsumfähigkeiten und Konsumgelegenheiten voraus. Diese drei Faktoren skizzieren den Handlungsspielraum beim nachhaltigen Konsum. Das heißt, der Verbraucher muss aufgrund persönlicher Wertvorstellungen eine Präferenz für nachhaltige Produkte haben. Zudem muss er finanziell, zeitlich und räumlich in der Lage sein, ein nachhaltiges Produkt oder eine nachhaltige Dienstleistung zu kaufen und nachhaltige Produkte und Dienstleistungen müssen überhaupt verfügbar sein. Soll nachhaltiger Konsum gefördert werden, muss hier angesetzt werden: Nachhaltigkeitsbedürfnisse ansprechen, nachhaltige Produkte und Dienstleistungen anbieten und notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten zum nachhaltigen Konsum ausbilden (vgl. Balderjahn 2013, S. 203 ff.; Gatesleben und Vlek 1998, S. 146). Ergebnisse aus der verhaltensökonomischen Forschung legen nahe, dass eine richtungsweisende Beeinflussung (sog. nuges) hin zu nachhaltigem Konsum erfolgreich sein kann (vgl. Reisch und Strünck 2018, S. 473).
1.5 Nachhaltige Verbraucherpolitik und nachhaltiger Konsum
Verbraucherpolitik kann allgemein definiert werden als „ … eine spezifische Wirtschafts- und eine klassische Querschnittspolitik, die in viele andere Politikfelder hineinwirkt. Sie bezieht sich jedoch allein auf die Verwendungsseite des Marktgeschehens und spricht vorrangig die strukturelle Dimension des privaten Verbrauchs an, nicht das Niveau" (Hagen und v. Schlippenbach 2007, S. 401; vgl. auch May 2008, S. 46 und allgemein zur Verbraucherpolitik Jaquemoth und Hufnagel 2018; Kuhlmann 1990).
In den letzten Jahren hat das Leitbild in der Verbraucherpolitik einen Paradigmenwechsel durchlaufen. Wurde ehemals durch den Akzent auf „Verbraucherschutz der Schutzmechanismus dieses Politikbereiches hervorgehoben, so steht die „neue Verbraucherpolitik
für die Schlagworte „Eigenverantwortung und „mündiger Verbraucher
. Zugrunde gelegt wurde traditionell das Modell des „Homo Oeconomicus, dem das Vorliegen vollkommener Information und rationelles Handeln unterstellt wird. Das Leitbild der „neuen Verbraucherpolitik
wird mittlerweile aber sehr kontrovers diskutiert. Empirische Untersuchungen zeigen, dass das tatsächliche Verhalten des Verbrauchers nicht dem des „Homo Oeconomicus entspricht (keine vollkommene Information, kein rationelles Handeln) und er nach wie vor als „schutzbedürftiger
Verbraucher einzustufen ist (vgl. Krol 2008). Die Förderung eines „nachhaltigen Verbraucherverhaltens" ist dabei mittlerweile als politische Maßnahme überall anerkannt.
Verbraucherpolitik ist immer auch Schnittstellenpolitik, die andere Politikbereich tangiert (vgl. Maier-Rigaud 2020). Nachhaltige Verbraucherpolitik tangiert basierend auf dem Triple-Bottom-Line-Konzept der Nachhaltigkeit demnach bspw. Umweltpolitik, Sozialpolitik, Gesundheitspolitik, Arbeitsmarktpolitik, Finanzpolitik und Wirtschaftspolitik. Nachhaltige Verbraucherpolitik ist damit die konsequente Weiterentwicklung einer ökologieorientierten Verbraucherpolitik durch die zusätzliche Integration der sozialen Säule. Unter nachhaltiger Verbraucherpolitik soll demzufolge eine spezifische Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialpolitik verstanden werden, die die Struktur des privaten Konsums im Hinblik auf eine ökologische und soziale Orientierung anspricht. Das Ziel einer nachhaltigen Verbraucherpolitik muss der Verbraucherschutz, die Verbraucherbildung und die Verbraucherinformation sein. Dabei findet Verbraucherpolitik immer in einem komplexen Szenario statt. Der Konsument und der Produzent stehen sich im Spannungsfeld zwischen Konsum und Werbung gegenüber, was Betrachtungsgegenstand in der Verhaltensökonomie und im Marketing ist. Die Politikwissenschaft betrachtet dem gegenüber den Einfluss der Unternehmen (Lobbyismus) auf den Staat und den Einfluss der Konsumenten auf den Staat (Wahlen) (hier außerhalb der Analyse). Die Verbraucherpolitik kommt über die Verbraucherorganisationen ins Spiel; sie beobachten kritisch die Produzenten und den Staat und versorgen den Konsumenten mit Informationen. Der Staat wird hier verbraucherpolitisch über fiskalische Instrumente und rechtliche Regelungen aktiv (siehe Abb. 1.1).
../images/503161_1_De_1_Chapter/503161_1_De_1_Fig1_HTML.pngAbb. 1.1
Verbraucherpolitisches Szenario.
(Quelle: Eigene Darstellung)
1.6 Verbraucherschutz, Verbraucherrecht, Verbraucherbildung, Verbraucherinformation und nachhaltiger Konsum
Verbraucherorganisationen unterstützen den Verbraucher dabei, selbstbewusst zu handeln (zu den Zielen der Verbraucherpolitik vgl. May 2008, S. 49 f.). In diesem Zusammenhang werden auf Europaebene, Bundesebene und Länderebene immer folgende verbraucherpolitische Maßnahmen diskutiert:
Etablieren verbraucherrechtlicher Regelungen (Verbraucherrecht),
Förderung der Kompetenz der Verbraucher (Verbraucherbildung) und
Erhöhung der Produkttransparenz und Produktkontrolle durch Labeling/Vergabe von Gütesiegeln (Verbraucherinformation) (dazu May 2008, S. 51 ff.; zu rechtlichen Regelungen vgl. auch Erbguth und Schlacke 2018).
Das Verbraucherrecht schränkt die Handlungsmöglichkeiten der Produzenten ein und schützt die Konsumenten bspw. vor gesundheitsgefährdenden Produkten oder irreführerender Werbung; die Rechtsstellung der Konsumenten gegenüber den Produzenten soll gestärkt werden. Im Hinblick auf einen nachhaltigen Konsum verfolgt das Verbraucherrecht mit dem Verbot von irreführender Werbung das Ziel, den Konsumenten vor Greenwashing und/oder Socialwashing zu schützen (vgl. Kroeber-Riel und Gröppel-Klein 2019, S. 616 f.).
Verbraucherbildung muss bereits im Kinder- und Jugendalter ansetzen. Inhalte einer nachhaltigen Verbraucherbildung haben daher in Deutschland bereits Einzug in die schulischen Lehrpläne erhalten. Durch Verbraucherbildung sollen Konsumenten in die Lage versetzt werden, ihre Marktmacht auch im Hinblick auf einen nachhaltigen Konsum bewusster wahrzunehmen (vgl. Kroeber-Riel und Gröppel-Klein 2019, S. 618).
Verbraucherinformation, auch Verbraucherberatung oder Verbraucheraufklärung genannt, muss dem Konsumenten Informationen zur Verfügung stellen, die es ihm ermöglichen, nachhaltige Produkte und Dienstleistungen einfach und schnell zu identifizieren und deren Konsum zu realisieren (vgl. Kroeber-Riel und Gröppel-Klein 2019, S. 617).
1.7 Label und Siegel als zentraler Bestandteil der Verbraucherinformation für einen nachhaltigen Konsum
Das Problem, das sich für Verbraucher bei der Auswahl nachhaltiger Produkte stellt, ist die Intransparenz bezüglich der Einstufung der Nachhaltigkeit. Wann gilt ein Produkt als nachhaltig? Welche Kriterien muss der Konsument zur Beurteilung heranziehen? Schnell wird klar, dass er diese Beurteilung vor allem bei komplexen Produkten nicht selbst vornehmen kann.
Wahrnehmung und Informationsverarbeitung bestimmen das Entscheidungsverhalten der Verbraucher. Wie Verbraucher mit der Vielzahl von Informationen umgehen, die auf sie einwirken, ist dabei eine zentrale Fragestellung. Verbraucher sind in ihren Entscheidungen sehr davon abhängig, welche Handlungsalternativen präsentiert werden und wie viele Informationen ihnen zur Verfügung stehen. Sie können viel weniger Informationseinheiten aufnehmen und verarbeiten (engl. Framing) als gemeinhin angenommen wird, nämlich nur fünf bis maximal sieben Informationseinheiten. Die Art und Weise, wie ein Problem oder eine Entscheidung vorgestellt wird, beeinflusst die Handlung des Entscheidenden (vgl. Goldberg und Nitzsch 2006; Kahneman und Tversky 1979; Schriek 2009). Der Verbraucher benötigt eine Vereinfachung, um Kaufentscheidungen treffen zu können.
Siegel und Labels stellen eine Vereinfachung dar und beeinflussen damit die Kaufentscheidung; sie sind ein Instrument, das Verbrauchern beim Konsum Orientierung geben kann. Ziel von Gütesiegeln ist es, dem Kunden Sicherheit über eine verantwortungsvolle Herkunft der Produkte zu geben. So sind 30 % der Kunden bereit, einen Mehrpreis für Produkte zu zahlen, die mit einem Gütesiegel versehen sind und somit Nachhaltigkeitsstandards sicherstellen (vgl. Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft 2009, S. 18).
Etablierte und glaubwürdige Siegel können dem Kunden Sicherheit geben, sein Vertrauen gewinnen und damit zur Kundenbindung beitragen (vgl. Weinberg 1999, S. 48 f.). Hagen und Schlippenbach halten dazu fest: „Aus mikroökonomischer Sicht wirken verbraucherpolitische Instrumente – sofern es durch ihre Anwendung gelingt, Informationsasymmetrien zu reduzieren – positiv auf die Qualität der Anbieter, Produkte und Dienstleistungen, stärken das Vertrauen der Verbraucher in das Angebot und in die Marktbeziehung, verbessern die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs und damit auch eindeutig deren Effizienz in Teilmärkten. Damit hemmt Verbraucherpolitik keinesfalls die wirtschaftliche Entwicklung, sondern setzt Anreize für das Angebot hochwertiger und innovativer Produkte" (Hagen und v. Schlippenbach 2007, S. 401).
An diesem Punkt setzen auf Basis der Prinzipal-Agenten-Theorie auch die institutionenökonomischen Überlegungen von Clement an. Bei Adverse Selection kann als ein Instrument zur Verringerung der Informationsasymmetrie aus Verbrauchersicht „Screening identifiziert werden. Dabei kann als Entscheidungshilfe die „Screening-Form
„Rating" (Gütesiegel) genannt werden (vgl. Clement 2005, S. 363 f.). „Durch Screening kann der Prinzipal seinen Informationsstand so verbessern, dass er die Qualitätsunterschiede von Produkten … erkennt" (Clement 2005, S. 363 ff.).
Auf der Seite der Unternehmen bietet hingegen „Signaling" eine Möglichkeit für die Überwindung von Informationsasymmetrien (vgl. Koths und Holl 2012; im weiteren Zusammenhang auch Giegler und Ruhrmann 1990).
Nachhaltigkeitslabels und Nachhaltigkeitssiegel, auch als Nachhaltigkeitszeichen oder Nachhaltigkeitslogos bezeichnet, gehen dabei häufig auf die Initiative von NGOs zurück und ermöglichen dem Verbraucher eine einfache und schnelle Einschätzung und Beurteilung von Produkten und Dienstleistungen hinsichtlich nachhaltiger Qualitätsmerkmale (vgl. Balderjahn 2013, S. 178 ff.).
1.8 Fazit
Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung hat sich innerhalb von mehr als 30 Jahren auch auf den Bereich des Konsums ausgedehnt. Mit der Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Aspekten beim Konsum übernehmen die Verbraucher immer mehr Consumer Social Responsibility. Beim nachhaltigen Konsum achtet der Konsument auf die ganze Wertschöpfungskette, die das von ihm konsumierte Produkt oder die Dienstleistung durchlaufen hat. Um die ökologische und soziale Auswirkung der Güter- und Dienstleistungsproduktion zu beurteilen, haben sich vier einfache Konzepte in den Nachhaltigkeitswissenschaften etabliert: Ökologischer Rucksack, ökologischer Fußabdruck, virtuelles Wasser und der Wasserfußabdruck. Je nach individuellen Determinanten lassen sich Verbraucher mehr oder weniger vom Konzept des nachhaltigen Konsums ansprechen. Hat eine Sensiblisierung beim Konsumenten stattgefunden, kommt es zu einer Bedarfsfeststellung und zum Durchdenken unterschiedlicher Konsumoptionen. Dabei muss zwischen verschiedenen Produktgruppen unterschieden werden. Im Ergebnis kann es trotzdem zu Kaufbarrieren gegenüber nachhaltigen Produkten kommen oder auch zum Konsum-Boykott nicht nachhaltiger Produkte. Konsumenten sind bei Konsumentscheidungen aufgrund von Informationsasymmetrien gegenüber dem Produzenten oft überfordert und benötigen Unterstützung bei der Konsumentscheidung; gerade auch im Hinblick auf nachhaltigen Konsum. Hier setzt die nachhaltige Verbraucherpolitik mit Verbraucherschutz, Verbraucherbildung und Verbraucherinformation an. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit kommen Siegel und Labels eine besondere Bedeutung zu. Sie stellen eine Informationsvereinfachung für den Verbraucher dar und beeinflussen damit seine Kaufentscheidung. Nachhaltigkeitslabel und Nachhaltigkeitssiegel ermöglichen dem Verbraucher eine einfache und schnelle Einschätzung und Beurteilung von Produkten und Dienstleistungen hinsichtlich nachhaltiger Qualitätsmerkmale.
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Fußnoten
1
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern im gesamten Herausgeberwerk die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021
W. Wellbrock, D. Ludin (Hrsg.)Nachhaltiger Konsum https://doi.org/10.1007/978-3-658-33353-9_2
2. Nachhaltigerer privater Konsum: Eine informations- und verhaltensökonomische Perspektive
Johannes Simons¹ , Jeanette Klink-Lehmann¹ und Monika Hartmann¹
(1)
Bonn, Deutschland
Johannes Simons (Korrespondenzautor)
Email: johannes.simons@ilr.uni-bonn.de
Jeanette Klink-Lehmann
Email: jeanette.klink@ilr.uni-bonn.de
Monika Hartmann
Email: monika.hartmann@ilr.uni-bonn.de
../images/503161_1_De_2_Chapter/503161_1_De_2_Figa_HTML.jpgDr. Johannes Simons
ist Agrarökonom mit einer Zusatzausbildung in psychologischer Marktforschung. Er arbeitet in der Abteilung Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Gegenstand seiner Lehr- und Forschungstätigkeit sind die Märkte und die Wertschöpfungsketten für Agrargüter und Lebensmittel. Im Zusammenhang mit der Umsetzung von Nachhaltigkeitsanforderungen beschäftigt er sich vor allem mit der Informationswahrnehmung und -verarbeitung auf der Ebene der Verbraucher sowie mit fördernden und hemmenden Faktoren innerhalb der wettbewerbsintensiven Wertschöpfungsketten.
Kontakt: johannes.simons@ilr.uni-bonn.de
../images/503161_1_De_2_Chapter/503161_1_De_2_Figb_HTML.jpgJeanette Klink-Lehmann
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft des Instituts für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn. Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeit ist die Kommunikation von Nachhaltigkeitsaspekten in der Ernährungsbranche. In diesem Zusammenhang beschäftigt sie sich intensiv mit der Bewertung des Nachhaltigkeitsengagements von Unternehmen des Ernährungssektors aus Sicht der Verbraucher sowie der Analyse der Anforderungen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Konsumenten bezüglich einer nachhaltigen Lebensmittelherstellung und -verarbeitung.
Kontakt: jeanette.klink@ilr.uni-bonn.de
../images/503161_1_De_2_Chapter/503161_1_De_2_Figc_HTML.jpgProf. Dr. Monika Hartmann
leitet seit 2002 den Lehrstuhl für Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn. Zuvor war sie Professorin an der Universität Halle sowie am Leibnitz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO, Halle). In ihrer Forschung beschäftigt sich Frau Hartmann mit Fragen des ökologisch, sozial und ökonomisch orientierten Verhaltens der Akteure im Ernährungssektor. Neben dem Ausmaß, den Determinanten und den Auswirkungen von verantwortungsvollem Unternehmensverhalten befassen sich die Forschungsarbeiten mit der Wahrnehmung, den Einstellungen und den Präferenzen der Konsumenten bezüglich nachhaltigen Konsums. Die Arbeiten zielen darauf ab, Hemmnisse und Motive für ein an Nachhaltigkeit orientiertes Handeln zu identifizieren, um darauf basierend Lösungen für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen abzuleiten.
Kontakt: monika.hartmann@ilr.uni-bonn.de
Im Beitrag werden die Bedeutung der Informations- und der Verhaltensökonomik für eine systematische Erfassung von Handlungsfeldern zur Förderung eines nachhaltigeren privaten Konsums dargestellt. Es wird am Beispiel des Konsums von Lebensmitteln gezeigt, dass die Informations- und Verhaltensökonomik einen angemessenen theoretischen Rahmen bieten, um wichtige Aspekte privater Kaufentscheidungen zu systematisieren und Problemfelder zu identifizieren. Bedeutende Ansatzpunkte zur Förderung eines nachhaltigeren privaten Konsums bestehen in der Forschung über Wirkungen von Produktion und Konsum auf die Nachhaltigkeit, in der Verbesserung von Zertifizierungssystemen und in der Reduktion der Komplexität. Dadurch können Verbraucherinnen und Verbraucher zielgerichteter entscheiden. Gleichzeitig kann die Steuerungsfunktion des Marktes verbessert werden. Darüber hinaus bietet vor allem die Verhaltensökonomik Ansatzpunkte, um externe Effekte des privaten Konsums zu beeinflussen.
2.1 Einleitung
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU 2020, online.) umschreibt nachhaltigen Konsum als „Teil einer nachhaltigen Lebensweise und ein Verbraucherverhalten, das unter anderem Umweltaspekte und soziale Aspekte bei Kauf und Nutzung von Produkten und Dienstleistungen berücksichtigt. Nachhaltiger Konsum betrifft dabei auch das Nutzungsverhalten und Entsorgungsverhalten von Ressourcen im Alltag." Gemäß des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sind in Hinblick auf eine nachhaltige Ernährung neben den Dimensionen Umwelt (einschließlich Klima) und Soziales auch die Bereiche Gesundheit und Tierwohl zu beachten.
Aus ökonomischer Sicht ist bei der Betrachtung des Konsums privater Güter zu berücksichtigen, dass dieser zu externen Effekten führen kann. So können in Abhängigkeit von der Nachhaltigkeit der Konsummuster öffentliche Güter (z. B. saubere Luft, Klima, Wasser) stärker oder auch weniger stark beeinflusst werden (Maring 2012). Hieraus ergeben sich zwei interessante Fragestellungen:
1.
Können Verbraucherinnen und Verbraucher die Nachhaltigkeit unterschiedlicher Produkte erkennen, vergleichen und damit in ihrer Kaufentscheidung berücksichtigen?
2.
Wie kann ein an Nachhaltigkeitskriterien orientierter Konsum gefördert werden, um negative externe Effekte, die mit dem Konsum weniger nachhaltig erzeugter Güter verbunden sind, zu verringern?
Zu diesen beiden Fragestellungen liefern die Informations- und die Verhaltensökonomik wichtige Systematisierungen. Während sich die Informationsökonomik auf die Verfügbarkeit von Informationen und die Markttransparenz als Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit von Märkten konzentriert, erfasst die Verhaltensökonomik bei der Analyse von Entscheidungsprozessen darüberhinausgehend die Informationsverarbeitung und den Einfluss situativer Faktoren.
Im nachfolgenden Beitrag werden die Bedeutung der Informations- und der Verhaltensökonomik für eine systematische Erfassung von Handlungsfeldern zur Förderung eines nachhaltigeren privaten Konsums dargestellt. Die Eignung des theoretischen Rahmens wird durch Beispiele aus der Praxis verdeutlicht. Diese Beispiele beziehen sich auf den Lebensmittelsektor, weil zum einen der Lebensmittelkonsum alle Bürgerinnen und Bürger betrifft und zum anderen die Forschung der Autorinnen und des Autors auf den Agar- und Lebensmittelbereich ausgerichtet ist.
2.2 Ansätze zur Förderung des Nachhaltiger Konsum aus der Informationsökonomik
Die Neoklassische Ökonomie geht von vollständiger Markttransparenz aus. Basierend auf der Verfügbarkeit aller wesentlichen Informationen können sich Verbraucher entsprechend ihrer Präferenzen entscheiden und aus den verfügbaren Gütern diejenigen auswählen, die ihnen bei begrenztem Budget den größten Nutzen stiften. Informationen sind damit Voraussetzung für die Anpassung der individuellen Kaufentscheidung an die persönlichen Präferenzen.
Die Informationsökonomik befasst sich mit der Analyse von Märkten unter Unsicherheit und asymmetrischer Informationsverteilung (Homburg und Krohmer 2003). Hierbei wird unterschieden zwischen exogener Unsicherheit (Ereignisunsicherheit) und endogener Unsicherheit (Marktunsicherheit).
Exogene Unsicherheit bezieht sich in der ursprünglichen Auslegung auf künftige Umweltzustände und Ereignisse. Im Rahmen dieses Beitrags wird der Begriff dahin gehend spezifiziert, dass keiner der Marktteilnehmer Informationen über die Auswirkungen bestimmter Konsumentscheidungen hat. Im Gegensatz dazu verfügen bei endogener Unsicherheit nur die Angebots- oder die Nachfrageseite über die relevanten Informationen (asymmetrische Information). Bezüglich des Grades der Unsicherheit werden Produkteigenschaften unterteilt in Sucheigenschaften (Eigenschaften die bereits vor dem Kauf feststellbar sind), Erfahrungseigenschaften (Eigenschaften, die erst nach dem Kauf feststellbar sind) und Vertrauenseigenschaften (Eigenschaften, die am Produkt nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand oder gar nicht mehr feststellbar sind) (Darby und Karni 1973). Tietzel und Weber (1991) unterscheiden explizit zwischen den Vertrauenseigenschaften, die am Produkt feststellbar sind und denen, die am Produkt nicht mehr kontrolliert werden können, wobei sie letztere als potemkinsche Eigenschaften bezeichnen.
Asymmetrische Informationsverteilung eröffnet Spielraum für opportunistisches – sprich betrügerisches – Verhalten und kann als Konsequenz zu Marktversagen führen (Akerlof 1970).
Vor dem Hintergrund der Informationsökonomik ergeben sich im Hinblick auf den nachhaltigen Konsum folgende Fragen:
1.
Inwieweit lässt sich die Nachhaltigkeit von Produkten bestimmen und sind entsprechende Kenntnisse ausreichend, damit der Markt als Steuerungsinstrument wirken kann?
2.
Wie können Informationen über Vertrauens- oder potemkinsche Eigenschaften vor dem Hintergrund von Informationsasymmetrien glaubhaft vermittelt werden?
2.2.1 Verringerung der exogenen Unsicherheit
Das Konzept der Ökobilanz ist geeignet, um die Probleme bei der Bereitstellung von Informationen über die Umweltwirkungen zu verdeutlichen. Die Vorgehensweise zur Erstellung einer solchen Bilanz wird in der ISO Norm 14.040 erläutert. Wichtige Schritte sind die Erstellung einer Sachbilanz und darauf aufbauend eine Abschätzung der Wirkungen, die sich aus der Sachbilanz und jeweiligen Produktionsverfahren ergeben. Die hierbei auftretenden Herausforderungen lassen sich am Beispiel von Lebensmitteln besonders klar aufzeigen:
1.
Die Analyse produktbezogener Stoffströme erfordert die Zuordnung von unterschiedlichen Inputs zu den einzelnen Outputs und damit eine darauf abgestellte Dokumentation. Neben der Erfassung von Umweltwirkungen auf der Basis von Stoffbilanzen entstehen bei der Erstellung von Lebenszyklusanalysen (engl. Life Cycle Assessment, LCA) im Bereich der Lebensmittel Probleme bei der Zuordnung der Umweltwirkungen zu den Endprodukten, weil die Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln ein Wertschöpfungsnetzwerk ist, bei denen Rohstoffe zu unterschiedlichen Zwischenprodukten verarbeitet und dann in unterschiedliche Endprodukte aufgehen.
2.
Die Umwelteinflüsse der Lebensmittelerzeugung hängen vor allem im landwirtschaftlichen Bereich erheblich von Standortfaktoren sowie von Bewirtschaftungssystemen ab. Darüber hinaus spielen Witterungsbedingungen eine große Rolle. Die Bewertung von Umwelteinflüssen einzelner Produktionsverfahren anhand von Durchschnittsmodellen führt zum Verlust wichtiger, für eine Nachhaltigkeitsbewertung relevanter Informationen. So lassen sich z. B. in der Landwirtschaft schlagbezogene Stickstoffbilanzen erstellen und in Standardmodelle der zusammenführenden Sach- und Wirkungsanalyse übertragen; die tatsächliche Umweltauswirkung wird jedoch nur ungenau erfasst und die steuernde Funktion wird damit eingeschränkt (Notarnicola et al. 2017).
Dass diese Probleme einer generellen Natur der Nachhaltigkeitsbilanzierung entspringen und nicht eine spezielle Ausprägung in der Umsetzung der ISO-Norm sind, zeigt sich bei Betrachtung ähnlicher Ansätze. So greift z. B. der CO2-Fußabdruck nur Teilaspekte der Umweltwirkungen eines Produktes auf und ist damit wesentlich weniger komplex als eine umfassende Ökobilanz. Aber auch dieser Indikator weist eine hohe Kontextabhängigkeit auf. So zeigen Bell und Horwarth (2020) am Beispiel von Orangen in den USA, dass der CO2-Fußabdruck um ein Vielfaches variieren kann, in Abhängigkeit von u. a. verwendetem Transportmittel, Saisonalität sowie Herkunfts- und Verkaufsort. Demnach scheint die Schlussfolgerung von Grießhammer und Hochfeld (2009) auch heute noch gültig, dass in absehbarer Zukunft kein System entstehen wird, welches bei tausenden unterschiedlichen Lebensmitteln eine aktuelle und zuverlässige Kennzeichnung erlaubt (Grießhammer und Hochfeld 2009).
Dabei beschränkt sich die DIN EN ISO 14040, trotz der bereits gegebenen Komplexität, lediglich auf die Umweltwirkungen und deckt damit wichtige Aspekte der Nachhaltigkeit nicht ab. Die soziale Säule der Nachhaltigkeit, die weniger an Güter als vielmehr an Herstellungsverfahren gekoppelt ist, lässt sich in einer Sachbilanz und einer darauf aufbauenden Wirkungsanalyse nicht erfassen.
Vor allem bei der sozialen Säule der Nachhaltigkeit besteht darüber hinaus ein Problem der Ableitung von angemessenen Standards und Indikatoren. Standards, die die sozialen Aspekte der Wertschöpfungsketten erfassen, basieren bisher vor allem auf den Kernarbeitsnormen der Internationale Labour Organisation (ILO). Diese Normen beinhalten z. B. das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit sowie von Diskriminierung, das Recht auf Vereinigungsfreiheit oder auf Kollektivverhandlungen. Häufig ergänzt werden die ILO-Kernarbeitsnormen um Kriterien, die sich auf rechtskonforme Arbeitsverträge sowie Kompetenzaufbau beziehen (WBAE 2020).
Betrachtet man die Gesamtheit der Ziele für nachhaltige Entwicklung (engl. Sustainable Development Goals, SDGs), so wird die Problematik noch komplexer und die notwendige Menge an Informationen zur Beurteilung der Nachhaltigkeit noch größer. Auf die nur begrenzt verfügbaren Informationen weist auch der WBAE in seinem aktuellen Gutachten hin (WBAE 2020).
Im theoretischen Rahmen der Informationsökonomik dienen Messinstrumente und deren Ergebnisse der Verringerung der exogenen Unsicherheit und damit der Verbesserung der Transparenz. Die Qualität der Messungen ist wichtig, um bei der Steuerung von Konsumverhalten oder von Produktionsprozessen keine Fehlanreize zu geben. Angesichts der Probleme einer umfassenden Bilanzierung stellt sich allerdings die Frage, ob die vorhandenen Instrumente eine ausreichende Grundlage für die Vernachhaltigung des Konsums bieten.
2.2.2 Verringerung der endogenen Unsicherheit
Anbieter nachhaltiger Produkte verfügen für gewöhnlich über mehr Informationen als Verbraucher und sind daran interessiert, dass ihre Produkte von den Nachfragern erkannt werden. Hierzu können erstere durch die Bereitstellung entsprechender Informationen beitragen (engl. Signalling). In Hinblick auf das Prozessattribut „nachhaltig" besteht jedoch das Problem, dass die Konsumenten die Glaubwürdigkeit der durch den Anbieter bereitgestellten Information nicht überprüfen können (Jürkenbeck et al. 2019). Zur Reduzierung der Informationsasymmetrie von Prozessqualitäten gewinnen vor diesem