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Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz: Umgang mit Leistungsdruck - Belastungen im Beruf meistern - Mit Fragebögen, Checklisten, Übungen
Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz: Umgang mit Leistungsdruck - Belastungen im Beruf meistern - Mit Fragebögen, Checklisten, Übungen
Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz: Umgang mit Leistungsdruck - Belastungen im Beruf meistern - Mit Fragebögen, Checklisten, Übungen
eBook368 Seiten3 Stunden

Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz: Umgang mit Leistungsdruck - Belastungen im Beruf meistern - Mit Fragebögen, Checklisten, Übungen

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Über dieses E-Book

Stress muss nicht krank machen!

Stress ist eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts. Und die Hauptstressquelle ist häufig das Arbeitsleben: Unter Leistungs- und Zeitdruck entsteht Konkurrenz, die Mobbing begünstigt; Veränderungsdruck und Überforderung erzeugen Dauerstress. Wer sich vom Stress auffressen lässt, "brennt aus", hat das Gefühl, er kann nicht mehr.

Aber wir wollen auch gefordert werden, unsere Fähigkeiten unter Beweis stellen – unter den passenden Bedingungen kann Stress sogar positiv wirken! Sven Litzcke, Horst Schuh und Matthias Pletke helfen, den eigenen Weg zwischen krankmachendem Stress und positiven Herausforderungen zu finden.

Mit Rat und Tat

- Was müssen Sie wissen, wenn Sie von Stress, Mobbing oder Burn-out betroffen sind?

- Grundlagenwissen hilft verstehen: Stressentstehung, Stressfolgen und Stressbewältigung, Mobbing als ein extremer sozialer Stressor, das Burn-out-Syndrom als extreme Stressfolge

- Praxisorientierte Methoden zeigen Ihnen, wie Sie Stress bewältigen, mit Mobbing umgehen und Burn-out vermeiden können

- Tagesprotokolle, Übungen, Arbeitsblätter für die Selbsthilfe

Geschrieben für Menschen, die von Stress, Mobbing und Burn-out betroffen sind; Therapeuten und Berater, die das Buch ihren Patienten und Klienten begleitend empfehlen möchten.

Neu in der 6. Auflage

Vollständig überarbeitet, jetzt auch mit Übungsmaterial für Mobbing und Burn-out sowie mit Ausführungen zur Rechtssituation, speziell bei Mobbing.

Schwierige Situationen im Beruf meistern – Stress, Mobbing und Burn-out bewältigen! 

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum25. Sept. 2012
ISBN9783642286247
Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz: Umgang mit Leistungsdruck - Belastungen im Beruf meistern - Mit Fragebögen, Checklisten, Übungen

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    Buchvorschau

    Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz - Sven Litzcke

    Sven Litzcke, Horst Schuh und Matthias PletkeStress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz6., vollst. überarb. Aufl.Umgang mit Leistungsdruck - Belastungen im Beruf meistern - Mit Fragebögen, Checklisten, Übungen10.1007/978-3-642-28624-7_1© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

    1. Stress

    Sven Litzcke¹  , Matthias Pletke²  und Horst Schuh³  

    (1)

    Fakultät IV – Abteilung Wirtschaft, Hochschule Hannover, Ricklinger Stadtweg 120, 30459 Hannover, Deutschland

    (2)

    Bischof-Gerhard-Str. 35, 31139 Hildesheim, Deutschland

    (3)

    Konrad-von-Hochstaden-Str. 22, 53881 Euskirchen-Stotzheim, Deutschland

    Sven Litzcke (Korrespondenzautor)

    Email: sven.litzcke@fh-hannover.de

    Horst Schuh (Korrespondenzautor)

    Email: h-schuh@gmx.de

    1.1 Definition

    1.2 Erleben

    1.3 Bewertung

    1.4 Reaktion

    1.4.1 Kognitionen

    1.4.2 Emotionen

    1.4.3 Vegetativ-hormonelles System

    1.4.4 Muskeln

    1.4.5 Verhalten

    1.5 Daueranspannung

    1.5.1 Wachsende Anspannung

    1.5.2 Fehlende Entspannung

    1.6 Gesundheitsrisiko

    1.7 Rechtliche Aspekte

    1.7.1 Arbeitsschutz

    1.7.2 Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG

    1.7.3 Weitere relevante Gesetze und Verordnungen

    1.7.4 Überwachungspflicht des Betriebsrats

    1.7.5 Überlastungsanzeige

    1.7.6 Beschwerderecht des Arbeitnehmers

    1.7.7 Haftung des Arbeitgebers bei stressbedingten Gesundheitsschäden

    Zusammenfassung

    Das lateinische Verb stringere heißt zusammendrücken oder zusammenziehen. Der Begriff Stress in seiner heutigen Bedeutung stammt aus dem Englischen und bezeichnete ursprünglich das Testen von Materialien auf ihre Belastbarkeit. Der Biochemiker Selye (1907–1982) übertrug den Begriff in die Psychologie und Medizin. Selye stellte fest, dass der Organismus bei starken Umweltbelastungen, wie z.B. Hitze oder Kälte, eine unspezifische Alarmreaktion zeigt. Selye hat ein neutrales Stressverständnis. Er spricht von Stress, wenn der Körper auf einen Reiz mit Aktivierung reagiert. Das kann sowohl bei negativen als auch bei positiven Erlebnissen der Fall sein (Selye 1974).

    1.1 Definition

    Das lateinische Verb stringere heißt zusammendrücken oder zusammenziehen. Der Begriff Stress in seiner heutigen Bedeutung stammt aus dem Englischen und bezeichnete ursprünglich das Testen von Materialien auf ihre Belastbarkeit. Der Biochemiker Selye (1907–1982) übertrug den Begriff in die Psychologie und Medizin. Selye stellte fest, dass der Organismus bei starken Umweltbelastungen, wie z.B. Hitze oder Kälte, eine unspezifische Alarmreaktion zeigt. Selye hat ein neutrales Stressverständnis. Er spricht von Stress, wenn der Körper auf einen Reiz mit Aktivierung reagiert. Das kann sowohl bei negativen als auch bei positiven Erlebnissen der Fall sein (Selye 1974).

    Stress

    Definition

    Stress ist die Aktivierungsreaktion des Organismus auf Anforderungen und Bedrohungen – auf die sog. Stressoren.

    Bei weiteren Untersuchungen wurde entdeckt, dass diese unspezifische Reaktion durch sehr verschiedene Ereignisse (= Stressoren) ausgelöst werden kann. Man unterscheidet folgende Stressoren (Bernhardt u. Wermuth 2011; Hillert u. Marwitz 2006; Rensing et al. 2006; Sonnentag u. Frese 2003):

    physische Stressoren wie beispielsweise Lärm, Hitze, Kälte, Schmutz, Nässe, Zugluft, Vibrationen, toxische Stoffe, Hunger, Infektionen, Verletzungen, Entzündungen, Strahlung, schwere körperliche Arbeit, Passivrauchen, nicht ergonomische Arbeitsplatzgestaltung,

    aufgabenbezogene Stressoren wie beispielsweise Zeitdruck, Arbeitsüberlastung, Aufgabenkomplexität, monotone Arbeit, ständige Unterbrechungen, unvollständige Information, widersprüchliche Arbeitsanweisungen,

    arbeitsbezogene Stressoren wie beispielsweise Schichtdienst, lange Arbeitszeiten, Überstunden,

    Rollenstressoren wie beispielsweise Rollenunklarheit, Rollenkonflikte, Rollenüberforderung,

    soziale Stressoren wie beispielsweise Isolation, Konflikte, Mobbing, sexuelle Belästigung, Umgang mit schwierigen Kunden,

    veränderungsbezogene Stressoren wie beispielsweise Fusionen, Übernahmen durch andere Unternehmen, Stellenabbau, Einführung neuer Technologien,

    traumatische Stressoren wie beispielsweise schwere Unfälle, Verletzungen, Vergewaltigung.

    Stressoren

    Ob ein Ereignis auf einen Menschen als Stressor wirkt, hängt auch von dem Menschen selbst ab. So wirken beispielsweise soziale Interaktionen häufig positiv, es macht Freude, mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten. Der Wunsch nach Kooperation und Kontakt sowie nach sozialer Anerkennung kann im Kontakt mit Kollegen, Kunden oder Vorgesetzten befriedigt werden. Auf der anderen Seite können soziale Interaktionen auch belasten, und andere Menschen können zu sozialen Stressoren werden (Holz et al. 2004). Tagebuchstudien zeigen, dass negative emotionale Kommunikation mit Kollegen, Kunden und Vorgesetzten zu den häufigen belastenden Ereignissen gehören (Schwartz u. Stone 1993). Die Ausführungen von Skakon et al. (2010) belegen, dass ein unterstützendes Führungsverhalten den Stress bei Mitarbeitern reduzieren und zu deren Wohlbefinden beitragen kann. Die Übersicht im Kasten vermittelt einen exemplarischen Überblick über den Einfluss von Stressfaktoren auf den Menschen am Arbeitsplatz.

    Stressfaktoren am Arbeitsplatz (adaptiert nach Allenspach u. Brechbühler 2005)

    Organisation:

    Daueraufmerksamkeit

    häufige Unterbrechungen

    Nichtvorhersehbarkeit von Abläufen

    Arbeitsschwierigkeit/Arbeitstempo/Arbeitsumfang

    Schichtarbeit/Nachtarbeit/Überstunden

    ständige Reisetätigkeit

    Flüge mit Zeitzonenwechsel

    Physische Belastungen:

    Beleuchtung

    Temperatur

    Lärm

    Schadstoffe

    Psychische Belastungen:

    Angst

    Misserfolg

    Arbeitsplatzunsicherheit

    fehlende Anerkennung

    Fremdbestimmtheit

    Informationsmangel

    Konkurrenzdruck/Zeitdruck/Termindruck

    widersprüchliche Aufträge

    Unterforderung/Überforderung

    Verantwortungsdruck

    Soziale Belastungen:

    unfaire Behandlung

    Kooperationszwang

    soziale Dichte/soziale Isolation

    Konflikte

    Mobbing

    Stress wird häufig als Außeneinfluss auf Menschen dargestellt, so auch in der vom Deutschen Institut für Normung e.V. (DIN) vorgenommenen Normung psychischer Belastungen (s. hierzu beispielsweise Nachreiner u. Schultetus 2002). Diese Sichtweise ist unvollständig. Nach dem transaktionalen Ansatz der Stressforschung entsteht Stress im Zusammenspiel zwischen situativen Anforderungen und individuellen Beurteilungen der eigenen Ressourcen und Fähigkeiten (Lazarus 1966; Lazarus u. Launier 1981; s. hierzu auch  ◉ Abb. 1.1). Entscheidend ist die jeweils subjektive Bewertung der Anforderungen, nicht allein die „objektive" Stärke eines Stressors. Dabei finden zwei Bewertungen statt (Monat u. Lazarus 1991; Schwarzer 2000):

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    Abb. 1.1

    Transaktionales Stressmodell (adaptiert nach Monat u. Lazarus 1991; Schild u. Heeren 2003)

    primäre Einschätzung: Ist ein Ereignis bedrohlich und damit relevant?

    sekundäre Einschätzung: Wenn das Ereignis bedrohlich und relevant ist, folgt die sekundäre Einschätzung: Stehen Bewältigungsmöglichkeiten zur Verfügung oder nicht?

    Stress ist subjektiv

    Empfindet man ein Ereignis nicht als bedrohlich, löst es keinen Stress aus. Empfindet man ein Ereignis als bedrohlich und damit als relevant, entscheidet die sekundäre Einschätzung darüber, ob Stress ausgelöst wird oder nicht. Stehen Bewältigungsmöglichkeiten zur Verfügung, wird sich der Stress in erträglichem Maß halten. Je weniger Bewältigungsmöglichkeiten man wahrnimmt, desto mehr Stress empfindet man. Entscheidend ist die Selbstwirksamkeitserwartung, d.h., ob man sich selbst zutraut, ein anstehendes Problem bewältigen zu können. Aus diesen Bewertungen resultieren unterschiedliche Bewältigungsformen. So kann man vor einer Prüfung aufgrund mangelnder Selbstwirksamkeitserwartung auf eine aktive Auseinandersetzung mit dem Problem verzichten, indem man sich ablenkt oder betäubt. Allerdings löst das die Probleme nicht, sondern schiebt sie auf und vergrößert sie auf mittlere und lange Sicht. Ein solch dysfunktionales Verhalten erhöht die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns.

    Bewertungen

    Für Bewältigungsstrategien gibt es eine Vielzahl von Klassifikationsvorschlägen. Besonders hilfreich ist die von Perrez u. Reicherts (1992) vorgeschlagene Taxonomie mit einer Unterteilung in:

    situationsbezogene Bewältigung: aktive Einflussnahme, Flucht/Rückzug, Passivität,

    repräsentationsorientierte Bewältigung: Informationssuche, Informationsunterdrückung,

    evaluationsorientierte Bewältigung: Umwertung/Sinngebung, Zieländerung.

    Taxonomie Stressbewältigung

    In Situationen, die kontrollierbar sind und die eine geringe Eigendynamik zum Guten haben, ist eine aktive Einflussnahme auf den Stressor sinnvoll. In Situationen, die sich im Wandel befinden, kann Passivität sinnvoll sein. Flucht, wie beispielsweise ein Arbeitsplatzwechsel, ist dann empfehlenswert, wenn ein Stressor weder kontrollierbar noch wandelbar und gleichzeitig stark negativ ist. Die repräsentationsorientierte Bewältigung verändert durch Informationssuche oder Informationsunterdrückung die Wahrnehmung eines Stressors, während die evaluationsorientierte Bewältigung die Einstellung zum Stressor ändert. Die Ausführungen zeigen, dass ein spezieller Bewältigungsmechanismus nicht immer gut oder immer schlecht ist. Vielmehr hängt die Wirkung eines Bewältigungsmechanismus von der Stress auslösenden Situation (Folkman u. Moskowitz 2003) sowie von den individuellen Ressourcen ab. Besonders hilfreich für eine erfolgreiche Bewältigung ist deshalb Flexibilität in der Anwendung verschiedener Bewältigungsarten.

    Je mehr Bewältigungsmechanismen ein Mensch beherrscht, desto flexibler kann er auf Stress reagieren.

    Menschen können objektiv gleiche Belastungen subjektiv unterschiedlich empfinden, und auch ein und derselbe Mensch kann eine Belastung in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich empfinden. Belastungen werden häufig als von außen auf einen Menschen einwirkende Größen, unabhängig von konkreten Auswirkungen auf den Einzelnen, definiert (beispielsweise hohe Temperaturen). Die Art und Intensität der Belastungsauswirkungen auf einzelne Menschen nennt man hingegen Beanspruchungen (Gerlmaier 2011). Nach dem S-O-R-Modell (◉ Abb. 1.2) verarbeitet eine Person (= Organismus) Stressoren je nach Erfahrungen, Veranlagungen oder momentanen Stimmungen unterschiedlich.

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    Abb. 1.2

    S-O-R-Modell

    S-O-R-Modell

    Beispiel

    Ein Kollege, der einem am Morgen schlecht gelaunt entgegentritt, kann den Tag nicht verderben, wenn man selbst gut gelaunt ist. Der gleiche Kollege kann an einem anderen Tag, an dem man sich selbst nicht gut fühlt, besonders anstrengend wirken, obwohl er nicht schlechter gelaunt ist als sonst.

    Wirksame Stressbewältigung setzt die Analyse eigener Einstellungen und eigenen Verhaltens voraus. Nur wer seine persönlichen Belastungssituationen sowie die eigenen Stärken und Schwächen kennt, kann Stress gezielt bewältigen. Folgende Fragen haben sich bei der Analyse von Stresssituationen bewährt:

    Welches sind meine persönlichen Stressoren?

    Wie reagiere ich auf typische Belastungssituationen?

    Über welche Bewältigungsmöglichkeiten verfüge ich?

    Stressanalyse

    Übung: Stressbereiche

    Für einen ersten Überblick bearbeiten Sie bitte die folgende Übung: Gehen Sie die Bereiche in der linken Spalte von  ◉ Tab. 1.1 durch, und überlegen Sie, welche Bereiche Stress bei Ihnen auslösen. Je häufiger oder regelmäßiger Sie auf einen Bereich mit Stress reagieren, desto lohnenswerter ist es, sich mit diesem Bereich intensiv auseinanderzusetzen. Notieren Sie in der mittleren Spalte Ihre derzeitige Reaktion und in der rechten Spalte Alternativen zu dieser Reaktion. Sie haben nun einen ersten Anhaltspunkt, welche Bereiche für Sie besonders stressbelastet sind.

    Tab. 1.1

    Stressbereiche, eigene Reaktionen und Alternativreaktionen (adaptiert nach Stollreiter et al. 2000)

    Selbsteinschätzung

    1.2 Erleben

    Das persönliche Stresserleben hängt davon ab, mit welcher Häufigkeit, Vielfalt, Dauer und Intensität Stressoren wirken. Besonders wichtig ist die individuelle Bewertung einer Situation: Ist sie bedrohlich oder zu bewältigen?

    Lebensbedrohliche Konfrontationen sind in unserem Alltag selten, unterschwelliger Dauerstress hingegen häufig (Wagner-Link 2009): Die Arbeit ist abends nicht erledigt, in der Partnerschaft gibt es Probleme; statt zu schlafen, grübelt man über die Probleme nach – der Organismus bleibt angespannt. Andererseits beflügeln bewältigte Herausforderungen. Die Stressdosis und die wahrgenommenen Bewältigungschancen entscheiden darüber, ob Stress negativ oder positiv wirkt. Speziell psychische Belastungen nehmen im Alltag der meisten Menschen zu und wirken sich auf Produktivität und Fluktuationsraten aus (Menzel u. Sonntag 2009).

    Dauerstress

    Ideal ist mittlerer Stress. Zu viel oder zu wenig Stress kann zu einem Leistungsabfall führen. Eine zu hohe Aktivierung ist erkennbar an Nervosität, Hektik und Konzentrationsschwäche; eine zu niedrige an Müdigkeit und Langeweile. Die richtige Stressdosis spornt an.

    Mittlerer Stress

    Jede körperliche und geistige Anstrengung benötigt ein Mindestmaß an Stressenergie. Spitzenleistungen sind ohne kontrollierten Stress nicht möglich.

    Im Idealfall stehen eigene Fähigkeiten und die Herausforderungen durch die Umwelt im Einklang. Dann kann es zu Flow-Erlebnissen (Csikszentmihalyi 1997) kommen.

    Flow

    Definition

    Flow ist ein Zustand des Verschmelzens mit der Situation: Die Tätigkeit selbst ist Belohnung und wird als Glück erlebt.

    Stress wirkt zunächst positiv, erst das Übermaß schädigt und führt zu Ermüdung und schließlich zum Zusammenbruch. Wenn wir bei mittlerem Stress optimal leistungsfähig sind, stellen sowohl Unter- wie Überforderung ungünstige Rahmenbedingungen dar.

    Unterforderung/Überforderung

    Wenn berufliche Anforderungen und soziale Belohnungen außer Balance geraten, stürzen Menschen in Krisen. Gefährdet sind Mitarbeiter mit übersteigerter beruflicher Verausgabungsneigung und Mitarbeiter, die – strategisch denkend – auf eine zukünftige Belohnung wie eine Beförderung hoffen oder die keine Arbeitsplatzalternative haben und sich zum Bleiben verdammt fühlen. Letztlich geht es auch hier um die Fähigkeit zur Selbstregulation. Menschen, die sich für ihren Beruf engagieren und das Gefühl haben, dafür geschätzt zu werden, fühlen sich der Organisation zugehörig und entwickeln auch unter hoher Belastung weniger Stresssymptome.

    Gefährlich wird es, wenn Mitarbeiter enttäuscht sind oder sich ungerecht behandelt fühlen. Stresssymptome und – in weiterer Konsequenz – Krankheiten sind das Ergebnis einer gestörten Austauschbeziehung. Kosten und Nutzen stehen nicht mehr im Gleichgewicht. Menschen in solchen beruflichen Gratifikationskrisen leiden unter einer erhöhten Herzfrequenz, einem erhöhten Blutdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, depressiven Störungen und Veränderungen im Suchtverhalten. Es kann zum Burn-out kommen. Auch das Risiko einer Alkoholabhängigkeit steigt bei Menschen in beruflichen Gratifikationskrisen deutlich. Bei Männern steigt das Erkrankungsrisiko bei fehlender Aufstiegsmöglichkeit und bei fehlender Arbeitsplatzsicherheit, bei Frauen vor allem bei übersteigerter Verausgabungsneigung (Krumpholz-Reichel 2002).

    Gratifikationskrise

    1.3 Bewertung

    Die persönliche Bewertung entscheidet darüber, ob ein Mensch Stress empfindet oder nicht. Dazu ein Beispiel (nach Wagner-Link 1996).

    Beispiel

    Herr Schneider und Herr Berg sollen einen Kurzvortrag halten. Beide sind fachlich kompetent. Herr Schneider ist ein verschlossener, sozial unsicherer Mensch, der zwar über einen guten Sprachstil verfügt, sich aber wenig zutraut. Ihm graut vor dem Vortrag. Herr Berg hingegen steht gerne im Mittelpunkt und hat kaum Lampenfieber. Objektiv sind beide fähig, die Situation zu meistern. Subjektiv fühlt sich Herr Schneider weniger befähigt, diese Aufgabe zu bewältigen. Während des Vortrags sagt der direkte Vorgesetzte etwas zu einem anderen Zuhörer und lacht kurz. Herr Schneider denkt: „Der hat sich über mich lustig gemacht. Herr Schneider ist irritiert, wird noch nervöser und verspricht sich immer häufiger. Seine Befürchtung hat sich erfüllt, sein Vortrag ist tatsächlich schlecht. Herr Berg nimmt die gleiche Situation so wahr: „Bestimmt einer der üblichen unpassenden Witze. Zum Glück muss ich mir den gerade nicht anhören. Herr Berg spricht gelassen und sicher weiter.

    Veranlagung, Erfahrungen, Einstellungen, Persönlichkeit und unsere Bewältigungsstrategien beeinflussen die Wahrnehmung von Stresssituationen. Selbst objektiv gefährliche Situationen lösen nur dann Stress aus, wenn man die Gefahr erkennt und glaubt, sie nicht bewältigen zu können. Umgekehrt können objektiv ungefährliche Situationen als bedrohlich erlebt werden und Stress erzeugen.

    Stresserleben

    Menschen unterscheiden sich auch in der Bewertung ihrer eigenen Stressreaktion. Einige registrieren ihre Stressreaktion nüchtern, andere steigern sich in die Stressreaktion hinein. Im schlimmsten Fall wird die Stressreaktion selbst zum Stressor: Man stellt fest, dass man nervös wird, und diese Beobachtung macht noch nervöser. Viele Menschen mit Prüfungsangst geraten in eine solche Stressfalle. Vor allem drei Merkmale entscheiden über die Wirkung von Stressoren (Smith et al. 2007):

    wahrgenommene Kontrollierbarkeit des Stressors,

    Vorhersagbarkeit des Stressors,

    Überlastung durch den Stressor.

    Wer glaubt, einer Situation hilflos ausgeliefert zu sein, zeigt eine stärkere Stressreaktion als jemand, der erwartet, eine Situation kontrollieren zu können. Menschen, die glauben, eine Anforderung aktiv steuern zu können, sind weniger gefährdet, Stressfolgeschäden zu erleiden. Menschen, die sich fremdbestimmt fühlen, verhalten sich passiv-resignativ, lassen Dinge schleifen und geraten gerade dadurch noch mehr unter Stress. Unkontrollierbare Ereignisse sind beispielsweise der Tod eines nahen Menschen, der Verlust des Arbeitsplatzes, eine schwere Erkrankung. Weniger dramatisch, aber noch immer unkontrollierbar ist es, wenn ein Freund die Entschuldigung für ein Fehlverhalten zurückweist oder wenn man einen Flug verpasst, weil er überbucht war. Dabei ist die subjektive Kontrollierbarkeit wichtiger als die tatsächliche.

    Unkontrollierbarkeit

    Wenn man ein belastendes Ereignis vorhersagen kann, reduziert das den resultierenden Stress, selbst wenn man das Ereignis nicht kontrollieren kann. Durch die Vorwarnzeit kann man sich auf das Ereignis einstellen: Man weiß beispielsweise, dass man gleich eine Spritze in den Oberschenkel bekommt, und kann sich gedanklich ablenken. Bei unvorhersehbaren Ereignissen ist dies nicht der Fall. Man muss gewissermaßen immer auf der Hut sein, und das erhöht den Stress dauerhaft.

    Unvorhersehbarkeit

    Manche Situationen sind zwar kontrollierbar und vorhersehbar, wirken aber dennoch belastend, weil sie einen bis an die Grenzen der Belastbarkeit treiben. Typische Beispiele sind mehrere Abschlussklausuren oder mehrere wichtige Kundenpräsentationen innerhalb einer Woche. Eine solche Anstrengung wird von vielen Menschen als belastend erlebt, weil sie an die Grenzen ihres Wissens, ihrer emotionalen Stabilität oder ihrer intellektuellen Fähigkeiten stoßen. Ähnliches kann in einer festen Beziehung geschehen. Die Beteiligten können bis an die Grenzen ihrer Geduld und Toleranz getrieben werden, wenn sie sich an die Gewohnheiten und Eigenarten ihres Partners gewöhnen müssen oder wenn emotionale Bedürfnisse in der Beziehung dauerhaft nicht erfüllt werden. Streitigkeiten über wichtige Dinge, beispielsweise finanzielle Entscheidungen mit langfristigen Wirkungen, können nachhaltig die Überzeugung schwächen, den richtigen Partner gewählt zu haben.

    Überlastung

    Nach Holmes u. Rahe (1967) können alle Veränderungen im Leben, die Umstellungen und Anpassungsleistungen erfordern, als belastend wahrgenommen werden. Um den Wirkungsgrad solcher Lebensveränderungen messbar zu machen, entwickelten Holmes u. Rahe (1967) die Lebensereignisskala. Sie untersuchten viele Menschen in verschiedenen Lebenslagen und bestimmten so den mittleren Stresswert von Ereignissen (◉ Tab. 1.2). Die Skala stuft Lebensereignisse zwischen den Polen maximale Belastung (Tod des Lebenspartners) und minimale Belastung (geringfügige Gesetzesübertretung) ein. Für die Skalenentwicklung analysierten Holmes und Rahe Interviewergebnisse und Krankengeschichten, um herauszufinden, welche Ereignistypen als belastend empfunden werden. Die Eheschließung wurde als Skalenmittelpunkt gesetzt und mit dem Wert 50 versehen. Die Autoren ließen rund 400 Männer und Frauen das Ereignis „Heirat mit den anderen Lebensereignissen vergleichen, z.B.: „Erfordert Ereignis X mehr oder weniger Umstellung als eine Heirat? Dann mussten die Personen jedem Ereignis einen Punktwert zuordnen, der zum Ausdruck bringt, wie hoch sie die mit dem Ereignis verbundenen Anpassungsleistungen und den dafür notwendigen Zeitaufwand einschätzten. Obwohl auch positiv bewertete Ereignisse Anpassungen erfordern und deshalb mitunter als belastend erlebt werden, zeigte sich, dass negativ bewertete Ereignisse stärkere Auswirkungen auf die Gesundheit haben.

    Tab. 1.2

    Mittlerer Belastungswert kritischer Lebensereignisse (adaptiert nach Holmes u. Rahe 1967)

    Kritische Lebensereignisse

    Der Ansatz ist umstritten, weil Stressoren letztlich individuell und subjektiv erlebt werden. Daher sind die Mittelwerte nicht direkt auf einen einzelnen Menschen übertragbar, aber pragmatisch gesehen kann man mithilfe der  ◉ Tab. 1.2 einen ersten groben Eindruck von der aktuellen Belastungssituation gewinnen.

    Groborientierung

    Übung: Kritische Lebensereignisse

    Gehen Sie  ◉ Tab. 1.2 Zeile für Zeile durch, und kreuzen Sie diejenigen Ereignisse an, von denen Sie in den letzten zwölf Monaten betroffen waren. Am Ende zählen Sie die Punkte zusammen. Je höher die Punktzahl ausfällt, desto sinnvoller ist es für Sie, sich aktiv mit Ihrer Stressverarbeitung auseinanderzusetzen, und desto dringender müssen Sie etwas für sich tun. Sollte Ihre Stressbilanz mehr als 150 Punkte betragen, sind Sie möglicherweise gefährdet, Überlastungssymptome oder gesundheitliche Störungen zu erleiden. Die Mischung aus Arbeits- und Partnerschaftsstress ist besonders brisant, weil in einem solchen Fall keine Ruheräume mehr existieren.

    Sollten Sie sich aufgrund eines oder mehrerer kritischer Lebensereignisse in einer akuten Lebenskrise befinden, empfiehlt es sich, professionelle therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Orientierung bei der Suche nach der richtigen Psychotherapie und qualifizierten Psychotherapeuten bietet der Psychotherapie-Informations-Dienst (PID). Details hierzu finden Sie im Adressteil dieses Buches (▶ Kap. 5).

    Psychotherapie

    Nicht nur die Lebenssituation beeinflusst das Stresserleben, sondern auch die Persönlichkeit des Einzelnen. Wie schwer man es sich selbst machen kann, zeigt folgendes Beispiel.

    Persönlichkeit

    Beispiel

    Herr Konz verbringt seinen Urlaub in einem fremden Land. Während seine Familie badet, verfolgt er online die Börsenentwicklung und ärgert sich über fallende Kurse. Kurze Zeit später blickt Herr Konz auf den nahe gelegenen Parkplatz und erkennt, dass die Stellplätze nicht optimal genutzt werden. Aufgebracht spricht er seinen Liegestuhlnachbarn auf diese unerhörte Verschwendung an. Der erkennt das Problem nicht. Über diese Ignoranz ärgert sich Herr Konz. Am nächsten Tag dirigiert Herr Konz mit hochrotem Kopf die Autofahrer in die Parkplätze. Dabei denkt er: „Höchste Zeit, dass hier einer was tut. So kann das nicht weitergehen!"

    Herr Konz ist nur zufrieden, wenn er aktiv ist und Leistung zeigt. Er hat weder Geduld mit sich noch mit anderen. Herr Konz zeigt ein sog. Typ-A-Verhalten. Der Begriff stammt aus der Forschung zu Herzerkrankungen. Danach sind Menschen, die Typ-A-Verhalten zeigen, besonders anfällig für Herzinfarkte (Friedman u. Rosenman 1974). Das Gegenstück sind Menschen, die Typ-B-Verhalten zeigen; sie reagieren gelassener auf Stress.

    Typ A

    Definition

    Als Typ-A-Muster wird die Kombination von hohem Leistungsstreben, Konkurrenzdenken, Ungeduld, Perfektionismus, hohem Verantwortungsbewusstsein, Hektik, Aggressionsbereitschaft und starker Zielorientierung bezeichnet (Wagner-Link 2009).

    Da Menschen mit solchen Verhaltensmustern zunächst oft erfolgreich sind, erhalten sie Anerkennung für ihre Leistung. Im zwischenmenschlichen Bereich rufen sie durch ihre Kämpfernatur und Ungeduld jedoch Konflikte hervor. Besonders kritisch für Typ-A-Menschen sind Situationen, in denen ein hohes Maß an Anstrengung und Leistung erforderlich und zugleich ein Misserfolg wahrscheinlich ist. Menschen mit Typ-A-Verhalten verausgaben sich in solchen Situation leicht, allerdings bei

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