Die Inseln der Piraten: Abenteuerroman
Von Bernhard StoEver
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Über dieses E-Book
Die Suche nach einer vermissten Person führt ihn auf die Inselgruppe der Seychellen, die sich, fernab von allem Trubel, zu einem Eldorado für Steuerbetrüger, Spekulanten und Hasardeure aus aller Welt entwickelt haben. Hier lernt er die geheimnisvolle Betty Elder, Chefin des Pirates Arms, sowie den zwielichtigen Geschäftsmann Jonas Profiet kennen. Profiet und seine Partner sind in Machenschaften verstrickt, durch die ganze Landstriche verseucht und Tod und Elend über die Bevölkerung gebracht werden.
Mit tatkräftiger Unterstützung Bettys stellt sich Ambard seinen skrupellosen Gegnern und löst nach einem dramatischen Kampf auch das Rätsel der vermissten Person. Um den Auftrag zu erfüllen, muss er bis an die Grenzen seiner physischen Kräfte gehen, nur um zu erkennen, dass niemand seinem Schicksal entfliehen kann. Schwimmend im Meer, weit ab vom rettenden Ufer, umgeben von Dutzend gefräßigen Haien wird er gezwungen, sich seinen Urängsten zu stellen und bis zum letzten Atemzug um sein Leben zu kämpfen.
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Buchvorschau
Die Inseln der Piraten - Bernhard StoEver
Prolog
Johannesburg 1965, Stellenanzeige in einer Tageszeitung:
`Gesucht wird eine junge Negerin, die fähig ist, rückwärts im Dunkeln eine Treppe hinunterzugehen´.
Übermütig sprang Princess aus ihrem neuen Bett, zwei weichen Matratzen, die neben der Feuerstelle auf dem kahlen Boden lagen. Ihre Gedanken kreisten um den heutigen Tag. Schnell wusch sie Gesicht und Körper mit frischem Wasser und zog ihre beste Kleidung an. Schwarze, glänzende Schuhe, saubere blaue Strümpfe, den dunklen Rock und die weiße Bluse mit dem gestärkten Kragen. Die Haare band sie zu einem Zopf zusammen, der von einer bunten Schleife gehalten wurde. Ihre Augen strahlten.
Voller Zuversicht las sie noch einmal die Stellenanzeige. Sie hatte geübt, tagelang, wochenlang. Immer wieder war sie rückwärts den Weg zum Brunnen gegangen, den Hügel rauf und runter. Einige Male war sie gestolpert, einmal hatte sie sich die Knie aufgeschlagen, aber nie hatte sie an sich gezweifelt. Niemand im Dorf konnte es im Rückwärtslaufen mit ihr aufnehmen. Sie wusste, sie würde den Test bestehen.
Princess nahm den ersten Bus in die Stadt. Es war früh am Morgen, und es war kalt. „Der frühe Vogel fängt den Wurm", hatte ihr Vater immer gesagt, als er noch lebte und jeden Morgen zum Fischen hinausfuhr. Doch das war lange her, und jetzt gab es niemanden mehr, der sich um sie und ihre jüngeren Schwestern sorgte. Auch ihre Mutter war vor Monaten an der Krankheit gestorben, über die nicht gesprochen wurde. Doch Princess war gesund, ihre Geschwister waren gesund, und heute war ihr großer Tag.
Die Sonne lachte, als der Bus in der kleinen Seitenstraße hielt. Princess stieg aus und blickte zwischen farbenfrohen Häusern auf die belebte Geschäftsstraße. Sie träumte, dass sie wie all die anderen dort mit schicken, eleganten Einkaufstüten bummeln oder im Café sitzend dem bunten Treiben zusehen würde. Das Leben konnte so schön sein.
Sie erreichte das Theater, eine bunte Menschenmenge hatte sich am hinteren Eingang versammelt. Damit hatte sie nicht gerechnet. Das waren ja hunderte junger Frauen, die hier auf die Chance hofften, den begehrten Job zu erhalten. Ihre Zuversicht schwand. Bekümmert reihte sie sich ein und wartete. Endlos zog sich die Zeit dahin, und es war bereits später Nachmittag, als sie endlich aufgerufen wurde.
Ein junger Mann führte sie freundlich lächelnd den dunklen Gang hinauf. Die ausladenden Stufen waren mit einem dicken, weichen Teppich belegt, der alle Geräusche im Keim erstickte. Nur das Blut pochte laut durch ihre Adern. Bloß jetzt keinen Fehler machen, sagte sie sich, als ihr eine Taschenlampe gereicht wurde und sie ganz alleine, mit dem Rücken zur Bühne, die Stufen rückwärts hinunterschritt. Ihr Herz klopfte, Schweiß sammelte sich auf ihrer Stirn. Jetzt nur nicht versagen, nur nicht stolpern, das wäre das Ende aller Träume.
Von einer blutroten Abendsonne begleitet, fuhr Princess in ihr Dorf zurück. Überglücklich drehte sie immer wieder die kleine goldene Karte in ihren Händen. „Starlight Theatre, stand hier in dicken schwarzen Lettern. Und etwas kleiner darunter: „For Whites only
.
(Es war Schwarzen und Farbigen untersagt, die Filme der Weißen zu sehen, auch nicht als Platzanweiser(in) in einem Kino/Theater).
1
Kaum hatten sich die Türen der 737 mit einem leisen Zischen geöffnet, als Ambrosius Bartholomäus Zulu – Ambard gefiel ihm besser – als einer der Ersten die Maschine verließ. Die schwüle Tropenhitze raubte ihm fast den Atem. Er lief über die Rollbahn zum Abfertigungshäuschen und reihte sich in die Schlange der Wartenden ein. Es waren nur wenige Touristen darunter; die meisten waren geschäftlich unterwegs oder besuchten ihre Familien.
Der Flug von Johannesburg nach Mahé war ruhig verlaufen, ohne nennenswerte Zwischenfälle. Trotzdem war er froh, nach sechs langen Stunden die ersten grünen Punkte im Meer zu erblicken. Fliegen gehörte nicht zu seinen Leidenschaften. Auch nicht die Fahrt mit dem geschwätzigen Taxifahrer, der, um sein Trinkgeld aufzubessern, den fachkundigen Fremdenführer spielte. Ambard ließ sich von ihm die Küste entlang nach Victoria chauffieren, mit 15.000 Einwohnern Mahés größte und einzige Stadt. Vorbei an Palmen und bunt gestrichenen Holzhäusern, jedes für sich einem willkürlichen Schöpfungsakt entsprungen. Fremdartige Gerüche schwängerten die Luft. Hitze, Feuchtigkeit, Benzinabgase, Moder, ölig duftende Pflanzen, Gewürze und vieles mehr vermischten sich zu einem morbiden Hauch der Tropen.
Auf den Seychellen lebten Europäer, Chinesen, Inder, Kreolen und Afrikaner in friedlicher Koexistenz. Der Investment- und Devisenhandel befand sich in den Händen der Weißen, während Inder und Chinesen sich den Handel mit den täglichen Gebrauchsgütern teilten. Kreolen und Afrikaner wurden zumeist im Dienstleistungssektor, im Hotelgewerbe und in der Gastronomie eingesetzt. Reiche Araber konnten am westlichen Lebensstil teilhaben, ohne sich durch religiöse Auflagen eingeschränkt zu fühlen. Vor einigen Jahren hatte sich auch die russische Mafia niedergelassen und mehrere Spielcasinos und eines der großen Luxushotels übernommen. Kurz, die Inseln waren ein Sammelbecken für Hasardeure, Glückssuchende, Ganoven und Spekulanten aus der ganzen Welt.
Ambard deponierte sein Gepäck im Hauptpostamt, einem imposanten Gebäude im klassischen Kolonialstil. Nur wenige Schritte entfernt kaufte er sich in einem Internetcafé eine SIM-Karte für sein Handy. Er überquerte die Independance Road, vorbei an Little Big Ben, dem Wahrzeichen Victorias, und warf einen Blick ins Pirates Arms, Restaurant, Casino und Touristentreff. Der breite Eingang und die hellblau gestrichenen Fensterläden waren weit geöffnet. Schattenspendende Palmen schützten die am Fenster sitzenden Gäste vor dem grellen Licht und der stechenden Sonne. Trotz der Mittagszeit waren die Tische nur zur Hälfte besetzt. Gelangweilt herumstehende Bedienstete versuchten nicht einmal, den Anschein von Beschäftigung zu erwecken. Seit Piraten vor der somalischen Küste ihr Unwesen trieben, mieden Kreuzfahrtschiffe die Seychellen. Die Privaträume im oberen Stockwerk waren allein den persönlichen Freunden Bettys zugänglich. Sie war der Boss und an allem beteiligt, was auf den Inseln Geld einbrachte. Nur aus dem Devisengeschäft hielt sie sich raus. Betty war Kreolin.
Der Professor hatte Ambard eine ungefähre Beschreibung von ihr gegeben, er konnte sie jedoch nirgends ausmachen. Also bestellte er sich ein Wasser, suchte sich einen Fensterplatz und machte es sich bequem. Von hier konnte er alles überblicken, ohne gleich selbst gesehen zu werden. Seine Erinnerungen ließen die vergangenen Tage Revue passieren. Angefangen hatte es Freitag vor einer Woche. Nein, das