Honeymooner
Von Ulrike Meiss
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Über dieses E-Book
Auf geht's in einen ereignisreichen Urlaub nach Kenia.
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Buchvorschau
Honeymooner - Ulrike Meiss
Vorher
Pünktlich zum 10-jährigen Jubiläum sollte sie stattfinden, die Traumhochzeit.
Der 16. August ist ja auch ein herrlicher Tag zum Feiern. Alles war bis ins Detail geplant. Das Brautkleid, ein Traum aus weißer Spitze mit Puffärmeln und Stehkragen, hing schon seit Wochen gemeinsam mit den zwei Petticoats und dem sechs Meter langen Schleier bei Olivias Mutter im Gästezimmer, Lothar hatte sich einen Anzug besorgt und den in einer undurchsichtigen Hülle in den Kleiderschrank gehängt. Die Einladungen an die rund siebzig Gäste waren rechtzeitig rausgegangen und auch beantwortet worden. Die kirchliche Trauung war für vierzehn Uhr festgelegt und der Pfarrer war informiert, dass er alle Anwesenden zu Kaffee und Kuchen in die örtliche Waldhütte bitten sollte. Ein weiterer Raum war gemietet und geschmückt, dort sollten die geladenen Gäste die Hochzeit dann nach dem Abendessen vom Caterer bei Musik und Tanz weiter feiern.
Ganz traditionell waren Freunde, Verwandte und Arbeitskollegen am Donnerstagnachmittag zum Poltern erschienen. Das Wetter war prima, alle hatten sich wunschgemäß zurück gehalten und nur wenig Porzellan zerschmissen, es gab keinen unnötigen Dreck und man konnte auf den ausgeliehenen Festzeltgarnituren im Vorgarten sitzen. Lothar strahlte, niemand machte eine abfällige Bemerkung über seine Sparsamkeit und auch Olivia, genannt Oli, freute sich, dass alle zufrieden waren mit dem billigen Bier und den Würstchen, zu denen es nur trockene Brötchen gab. Die Stimmung war gut und der letzte Gast verabschiedete sich früh genug, so dass sie keine Angst haben mussten, zur Trauung verkatert zu erscheinen.
Die standesamtliche Trauung war für Olivia nur der notwendige Akt, um am Samstag dann endlich vor den Traualtar treten zu dürfen. Es war deshalb gar nicht so schlimm, dass Lothar darauf bestand, im kurzärmeligen Hemd, ohne Jackett, ganz leger dort hinzugehen. Immerhin hatte Olivia ja auch noch diese Halskrause zu tragen, weshalb der schicke Hosenanzug, den sie sich extra gekauft hatte, irgendwie plump aussah. Nachdenklich stand sie vor dem Spiegel im Schlafzimmer und ließ den Grund für diesen ungewöhnlichen Halsschmuck noch einmal vor ihrem geistigen Auge Revue passieren.
Der VW-Bus
Lothar hatte entschieden, dass die Flitterwochen auf jeden Fall günstig sein sollten. Aber trotzdem sollte es ein unvergesslicher Urlaub werden. Was lag da näher, als den alten, zum Wohnmobil ausgebauten VW-Bus mit diesem Schnäppchenpreis zu kaufen und herzurichten, so dass man eine wunderbare Tour durch den Süden Europas machen könnte. Im August war das Wetter überall klasse und bei der Entscheidung für den Bus waren es noch über vier Wochen Zeit bis zur Hochzeit. Das würde locker ausreichen, hatte Lothar ihr versichert.
Wer hätte ahnen können, dass ein Austauschmotor nötig sein würde? Das festzustellen hatte kaum eine Woche gedauert, einen passenden Motor beim Schrotthändler aufzutreiben, eine weitere. Dann war aber alles klar, der Bus wurde in der Garageneinfahrt auf vier Böcke gestellt. Der neue Motor lag in der richtigen Position auf einem Rollbrett in der Garage bereit. Sobald der alte Motor ausgebaut war, müsste man den neuen nur unter den Bus schieben, mit dem Wagenheber hoch bocken und festschrauben. Peter, Lothars Trauzeuge und bester Freund war gekommen, um mit anzupacken. Beide Männer lagen unter dem Bus, um den Motor vorsichtig auf den bereitstehenden Wagenheber zu balancieren und abzulassen, wenn Lothar die letzte Schraube gelöst hatte. Olivia hatte die Aufgabe, sich von hinten durch die Heckklappe in den Motorraum zu beugen und den Motor in der Waage zu halten, damit sich die Schrauben nicht verkanten konnten und vor allem, damit der gelöste Motor nicht vom Wagenheber herunter rutschen würde. Der Plan war gut, Lothar hatte nur eine klitzekleine Kleinigkeit nicht bedacht, nämlich, dass die Einfahrt schräg war und der Bus deshalb nicht wirklich stabil auf den Stützen stand.
Gerade als sich Lothar so richtig ins Zeug legte und die letzte, festsitzende Schraube lösen wollte, geriet der Bus kurz ins Schwanken und stürzte von den hinteren zwei Stützen herunter. Nicht tief, die Räder waren ja montiert und fingen den Bus ab. Aber Oli kam es, mit dem Oberkörper in den Motorraum gebeugt, so vor, als hätte sie den gesamten Bus auf den Kopf bekommen.
„Gehirnerschütterung und eine gestauchte Wirbelsäule" war die Diagnose im Krankenhaus und die Anweisung des netten Arztes lautete, die nächsten Tage absolute Ruhe und ungefähr vier Wochen Halskrause.
Es war nicht ganz so einfach, sich die Schmerzen nicht anmerken zu lassen und jedes Mal tapfer zu lächeln, wenn wieder ein Witzbold darauf hinwies, dass es wohl kaum ein deutlicheres Zeichen gäbe, das geplante Leben als Ehepaar lieber sein zu lassen, als wenn der Bräutigam seiner Braut ein ganzes Auto auf den Kopf schmeißt. Aber Olivia trug es mit Fassung. Auf keinen Fall sollte Lothar schlechte Laune bekommen und sich vielleicht überlegen, die ganze Hochzeit abzusagen. Schließlich hatte sie auch bei dem letzten großen Streit im Januar klein beigegeben und wieder mal festgestellt, dass er mit seinen sieben Jahren mehr an Lebenserfahrung einfach immer die besseren Entscheidungen traf.
Sie liebte ihn so sehr.
Zwar stand sie mit ihren sechsundzwanzig Jahren fest im Berufsleben und auch während ihres Mathematikstudiums war ihr nichts geschenkt worden, aber ein Leben ohne Lothar wollte sie sich gar nicht mehr vorstellen. Und sie war sich ganz sicher, dass er es tief in seinem Inneren genauso sah, auch wenn er es nicht immer zeigen konnte.
Leider hatte Lothar es in den zwei Wochen nicht mehr geschafft, den VW-Bus startklar zu bekommen. Den Motor hatte er zwar noch gewechselt, diverse andere Kleinigkeiten hatten sich aber dann ohne Olivias helfende Hände doch aufwändiger als erwartet herausgestellt und schließlich hatten sich die beiden Mittwochs darauf geeinigt, direkt am Montag nach Frankfurt zu fahren, um dort eine ganz besondere (aber trotzdem nicht so teure) Pauschalreise für die Flitterwochen zu buchen. Der Urlaub in beiden Firmen war ja schon eingetragen und Olivia wollte auch von dem romantischen Gedanken, typische Flitterwochen direkt nach der Hochzeit zu erleben, nicht ablassen. Ein gutes Argument war außerdem, dass Last-Minute-Buchungen erheblich günstiger waren, als reguläre und es bestand ja die Möglichkeit, ein echtes Schnäppchen zu ergattern.
Zum Glück war das Geld für den VW-Bus auch nicht verloren, denn sie hatten sich vorgenommen, noch viele andere Urlaube mit diesem Schätzchen zu machen.
Olivia schaute in den Spiegel und sah, dass sie lächelte. Gleich das Standesamt, nach der Trauung mit den Trauzeugen und Müttern nett Essen gehen und dann die Tasche packen und zu Mutti fahren. Diese Nacht würden sie getrennt verbringen, damit die Begegnung vor der Kirche für beide eine echte Überraschung wird.
Die Hochzeit
Samstagmorgen, 5:37 Uhr.
Olivia öffnete die Augen und war glücklich. Sie war schon früh ins Bett gegangen und fühlte sich vollkommen ausgeschlafen und entspannt. Vorsichtig drehte sie den Kopf nach rechts und nach links, dann legte sie ihn in den Nacken und auf die Brust. Zufrieden stellte sie fest, dass sie keine Schmerzen hatte. Es hatte sich also gelohnt, die Halskrause konsequent zu tragen und an diesem wichtigen Tag würde sie darauf verzichten können. Sie öffnete das Fenster, atmete die frische Luft tief ein und verkroch sich nochmal unter die kuschelige Decke. Bis dass der Wecker um acht Uhr klingeln würde, könnte sie ja noch etwas träumen, dachte sie sich und schlief wieder ein.
Das Klopfen an der Tür passte so überhaupt nicht zu den Klängen von Nana Mouskouris „Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen Sonnenschein, das fröhlich aus dem Musikwecker dudelte. Olivia rieb sich die Augen und murmelte: „Jahaa, ich bin wach
in Richtung Tür.
„Frühstück ist fertig, duschen kannst du hinterher", flötete ihre Mutter durch die geschlossene Tür und Olivia fühlte sich wie an ihrem zehnten oder elften Geburtstag.
Wie schön war das, sich zuhause bei Mutti so geborgen zu fühlen. Schnell schaltete sie den Wecker aus, in dem die griechische Sängerin zum wiederholten Male die Sonne aufforderte, nicht traurig darüber zu sein, dass ihr die Nacht verborgen bleiben würde. Nachdem sie sich die Zähne oberflächlich geputzt und mir der Haarbürste noch eben durch ihre Locken gefahren war, huschte Olivia ins Esszimmer, setzte sich in ihrem übergroßen T-Shirt an den Tisch und strahlte ihre Mutter an. Die beiden Frauen genossen das ruhige Frühstück und besprachen gerade den Ablauf der nächsten Stunden, als das Telefon klingelte.
„Geh ruhig dran", grinste ihre Mutter sie an und Oli nahm den Hörer ab.
„Olivia Bärg bei Marlies Kösse", meldete sie sich.
„Musstest du überlegen oder hast du heute Nacht geübt?, lachte Lothar. „Ich wollte mal hören, ob meine Frau sehr aufgeregt ist.
„Nö, aufgeregt bin ich noch nicht. Und üben musste ich auch nicht, schließlich habe ich schon lang genug darauf gewartet, eine Ehefrau zu sein. Und heute Nachmittag ist es perfekt!", jubelte Olivia