Ein stiller Gruß von Dir...
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Rezensionen für Ein stiller Gruß von Dir...
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Buchvorschau
Ein stiller Gruß von Dir... - Natalie Katia Greve
Ein stiller Gruß von Dir…
Ich widme dieses Buch Knut Hartmann.
Ich danke Dir für die wunderschöne Zeit und wünsche Dir Frieden.
Ich werde Dich immer lieben, mein Stern! Deine Natalie
Hallo mein großer Schatz!
Jetzt ist es schon mehr als zwei Jahre her, dass Du Dir nach schweren Depressionen das Leben genommen hast. Mehr als zwei Jahre – so eine lange und gleichzeitig so eine kurze Zeit. Mir ist, als wäre es gestern passiert und im gleichen Moment habe ich das Gefühl, dass ich schon eine Ewigkeit mit Deiner Entscheidung leben muss. Aber egal wie viele Monate, Wochen, Tage und Stunden seitdem ins Land gegangen sind – ich vermisse Dich noch immer so sehr.
Ich bin einen weiten Weg der Trauer und der Neuorientierung gegangen, durch soviel Schmerz und Verzweiflung. Als Du starbst, ist mein ganzes Leben zusammengebrochen. Nichts hatte mehr Bestand und es waren unzählige Fragen im Raum.
Du hast mich mit Deinem Suizid vor eine schier unlösbare Aufgabe gestellt: Ich musste für mich einen Weg zurück ins Leben finden und eine Antwort auf das immer wiederkehrende „Warum?"
Es gibt ein Leben vor dem Suizid und ein Leben danach – das ist mir heute klar. Nichts ist mehr, wie es war und es wird auch nie wieder so werden.
In dem Moment, als ich von Deinem Tod erfuhr, war ich davon überzeugt, dass die Welt sich nicht mehr weiterdrehen würde. Ich war erschrocken festzustellen, dass sie es dennoch tat. Jeden Morgen geht die Sonne wieder auf und jeden Abend legt sie sich schlafen. Das war für mich unfassbar, denn ich konnte mir keinen Tag ohne Dich an meiner Seite vorstellen.
Heute hat dieser Kreislauf etwas Tröstliches und ich habe verstanden, dass Du zwar nicht mehr an meiner Seite, aber auf ewig in meinem Herzen bist.
Ich habe meinen Frieden mit Deinem Tod gefunden, das heißt nicht, dass der Schmerz nicht manchmal immer noch kaum auszuhalten ist. Ich habe Antworten und einen Weg entdeckt, aber ich habe mich dabei oft über meine eigenen Reaktionen und Entscheidungen erschrocken. Ungewöhnliche Ereignisse erfordern ungewöhnliche Maßnahmen – das habe ich manchmal so selbstverständlich gesagt und jetzt erst erkannt, wie viel Wahrheit in dieser Aussage steckt.
Ich bin eines Morgens aufgewacht und habe gewusst, dass ich Deine und meine Geschichte für die Gesellschaft festhalten muss. Du hast dabei meine Hand geführt und ich bin mir sicher, dass Du gewollt hättest, dass die Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die Themen Depression und Suizid bekommt.
Trotz aller Tragik, am Ende ist unsere Geschichte eine Zeit voller Liebe und ich bin dankbar dafür, dass mir das Schreiben dieses Buches vor Augen geführt hat, dass uns unsere gemeinsamen Jahre immer bleiben werden. Nach Deinem plötzlichen Tod habe ich nur noch Deinen Suizid und die Traurigkeit gesehen. Jetzt darf ich wieder fühlen, wie schön die Zeit mir Dir war und wie dankbar ich dafür bin, dass Du mich einen Teil meines Lebens begleitet hast. Nichts und niemand kann mir meine Erinnerungen nehmen und sie helfen mir dabei, weiterzugehen – mal mit Tränen im Gesicht und mal mit einem Lächeln auf den Lippen.
Ich wünsche Dir, mein Stern, Deinen Frieden und Deine Ruhe, wissend, dass ich Dich immer lieben werde.
Deine Natalie
Vorwort:
Liebe Leserin, lieber Leser,
Sie halten mit diesem Buch einen ganz persönlichen und wertvollen Teil meiner Lebensgeschichte in Ihren Händen. Darüber freue ich mich sehr.
Als meine große Liebe sich das Leben nahm, da glaubte ich, nicht mehr atmen und nicht mehr weiterleben zu können. Zu groß war der Schmerz und zu unvorstellbar die Tatsache, dass ein junger Mann in der Blüte seines Lebens nicht mehr weitermachen wollte.
Ich konnte nicht verstehen, dass die Depression eine schwere Krankheit ist, die manchmal tödlich endet. Depressionen sind so wenig greifbar, sie finden im Inneren statt und sind für Nichtbetroffene so schwierig nachzuvollziehen.
Depressionen sind der Krebs der Seele – diese Aussage hat mir ein wenig geholfen, zu begreifen, wie schlimm die Erkrankung für die Betroffenen ist, aber auch für die Angehörigen und das Umfeld.
Als Knut sich das Leben nahm, da blieb in mir immer der Gedanke, dass er noch da sein könnte, wenn er es nicht selbst beendet hätte. Ich habe mir oftmals gewünscht, er wäre anders gestorben, nicht weil das weniger schlimm gewesen wäre, sondern weil er seinen Tod dann nicht selber herbeigeführt hätte. Wenn ein geliebter Mensch sich das Leben nimmt, dann treten Fragen auf, die niemand mehr beantworten kann. Diese Fragen hat dieser Mensch im Rahmen seiner Möglichkeiten und seiner Erkrankung für sich selbst geklärt.
Das lässt uns fassungslos und hilflos zurück. Traurig und wütend zugleich mit immer derselben Frage nach dem „Warum?".
In Deutschland haben wir mehr Suizidtote als Verkehrstote pro Jahr, aber noch immer nimmt die Gesellschaft das Thema Depression und Suizid nicht ernst genug. Depressionen und ihre Folgen können jeden treffen und jeder kann sich in seinem Leben als Hinterbliebener nach Suizid wiederfinden.
Ich möchte mit diesem Buch zeigen, dass Suizid auch für die Hinterbliebenen furchtbare Folgen hat und dass es wichtig ist, dass wir das verstehen. Ich möchte zeigen, dass es bei dem Weg durch die Trauer kein Richtig und kein Falsch gibt, sondern nur das, was der oder die Einzelne braucht. Dabei bestimmt nur der oder die Trauernde selber das Tempo, die Entscheidungen und den eigenen Willen zu überleben. Schritt für Schritt, Tag für Tag und Jahr für Jahr.
Es dauert so lange wie es dauert, das habe ich gelernt, egal was das Umfeld darüber denkt. Niemand, der nicht einen wichtigen Menschen durch Suizid verloren hat, kann sich vorstellen, was in den Köpfen und Herzen der Hinterbliebenen vor sich geht. Suizid ist eine sehr spezielle Form des Todes und zieht eine sehr spezielle Form der Trauer nach sich, was leider kaum jemand weiß. Selbst Ärzte und Therapeuten sind mit diesem Thema oftmals überfordert.
Ich habe auf meinem Weg einige Menschen verloren, die meine Entscheidungen oder mein Verhalten nicht nachvollziehen konnten. Einige wussten mit mir nach Knuts Tod auch einfach nicht mehr umzugehen. Das ist in Ordnung, auch wenn es schmerzhaft war. Schicksalsschläge ziehen Veränderungen jeder Art nach sich und ich hatte das Glück, neben den Verlusten auch ganz tolle neue Menschen kennenzulernen, die mich heute begleiten.
Depression wird auch als die „Selbstmordkrankheit" bezeichnet, aber die wenigsten machen sich Gedanken darüber, was das bedeutet.
Ich selber benutze das Wort „Selbstmord" nicht. Das hört sich für mich wie ein Verbrechen an und diese Menschen haben kein Verbrechen begangen. Auch spreche ich nicht von Freitod, da ich der Meinung bin, dass sie zwar im Rahmen der Krankheit ihren eigenen Tod beschließen, ihr Handeln aber von dieser ausgelöst wird und das hat für mich nichts mit einer ganz freien Entscheidung zu tun.
Jemand hat sich selbst getötet, das kann ich so stehen lassen, auch spreche ich davon, dass ein Mensch Suizid begangen hat, denn das ist wertfrei und diese Wertfreiheit ist mir wichtig. Am Richtigsten ist für mich jedoch die Aussage, dass ein Mensch sich das Leben genommen hat, denn er oder sie hat durch diese Entscheidung etwas Wunderbares aufgegeben.
Ich wünsche allen Betroffenen Kraft und allen Hinterbliebenen Mut, den Weg durch das Unvorstellbare zurück in ein neues Leben zu finden.
Herzlichst, Ihre Natalie Greve
Ich sitze auf dem Balkon und blicke in den sternenklaren Nachthimmel. In der linken Hand ein Glas Rotwein, in der rechten Hand eine Zigarette.
Unzählige Gläser Rotwein habe ich in den letzten zwei Jahren getrunken und unzählige Zigaretten habe ich geraucht. Nicht, dass es geholfen hätte, zumindest nicht auf lange Sicht, aber es bringt eine vermeintliche, kurzfristige Ruhe. Und Ruhe ist in den letzten zwei Jahren mein größter Wunsch gewesen.
Heute Nacht ist etwas anders. Die Kirchenuhr hat schon Mitternacht geschlagen und in den Fenstern der Wohnungen mir gegenüber ist nach und nach das Licht ausgegangen. Vereinzelt höre ich ein Auto oder ein paar Menschen, die müde von einer Feier nach Hause kommen.
Unser Kater liegt auf der Sofalehne und schläft. Sein ruhiger Atem passt zu dieser ruhigen Nacht.
Auch ich bin ruhig. Zum ersten Mal seit Deinem Tod habe ich eine innere Ruhe gefunden. Nicht durch den Alkohol oder die Zigaretten, nicht durch Medikamente. Die Ruhe ist in mir und ich genieße sie in vollen Zügen. Ich schmecke den Wein, seinen fruchtigen, leicht herben Geschmack und ich sehe den Rauch der Zigarette, der sich langsam den Weg nach oben bahnt.
Mein Blick fällt auf den großen Wagen am Himmel und auf einmal zieht eine wunderschöne Sternschnuppe ihre langgezogene Bahn am klaren Himmelszelt. Es ist ein stiller Gruß von Dir und er trifft mich mit geballter Kraft mitten ins Herz - da wo du immer Deinen Platz haben wirst.
So intensiv das Gefühl gewesen ist, so schnell weicht es wieder der unglaublichen Ruhe der Nacht. Tränen laufen über mein Gesicht. Tränen der Traurigkeit, aber auch der Freude, Tränen der Erinnerung und Tränen der Liebe.
Die Wiener Autorin Gitta Deutsch hat einmal geschrieben: „Du warst es wert so sehr geliebt zu werden, Du bist es wert, dass so viel Traurigkeit geblieben ist an Deiner Stelle". Dieses Zitat schießt wie ein Blitz in meine Gedanken und ich war mir seiner Richtigkeit noch nie so bewusst wie heute.
Während mein Blick sich irgendwo im Nachthimmel verliert, wandern meine Gedanken zurück zu jenem unfassbaren Tag im August 2009, als Du Deinem Leben ein Ende setztest. Dieser Tag, der sich auf alle Ewigkeit in mein Hirn gebrannt hat, der unsere gemeinsame Zukunft auf Erden beendete und der der Anfang eines schwierigen und traurigen Weges für mich werden sollte.
Wie hatte das passieren können? Wir waren jung, hatten Pläne und Visionen, träumten von einer gemeinsamen und langen Zukunft.
„Irgendwann sitzen wir mit hundert gemeinsam auf einer Parkbank", hast Du mir oft gesagt. Und ich erwiderte lachend, dass ich ein paar Jahre vorher abdanken würde, damit Du den ganzen Ärger mit der Beerdigung hättest und nicht ich. Wir waren fest davon überzeugt, dass es so kommen würde, zumindest dachte ich das.
Wir lernten uns 2005 in einer psychosomatischen Klinik in Malente kennen. Ich befand mich nach meiner damaligen Meinung am absoluten Tiefpunkt meines Lebens, konfrontiert mit einem schweren Kindheitstrauma, das ich jahrelang verdrängt hatte.
Du sahst aus, wie das blühende Leben. Athletisch, stets lachend und unternehmungslustig. Deinen Tiefpunkt hattest Du zu diesem Zeitpunkt bereits überwunden und ich stellte mir oftmals die Frage, ob Du wirklich depressiv warst. In meinen Augen war davon nichts wahrzunehmen. Ich beneidete Dich um Deine Leichtigkeit des Seins, die Du nach außen zeigtest, um Deinen Tatendrang und Deine Lebensfreude.
Du hattest Dich in eine Mitpatientin verliebt, obwohl Du noch eine Freundin hattest. Trotz der Tatsache, dass ich diesen Wesenszug nicht besonders schätzte und Dich, wie ich es Dir später zu Deiner Entrüstung erzählte, für einen „Machoarsch" hielt, ging von Dir eine Faszination aus, die ich nicht erklären konnte. Du geistertest durch meine Gedanken und Träume, obwohl ich eigentlich andere Probleme hatte.
Wir sprachen viel, spielten zusammen Volleyball und wäre da nicht das klinische Umfeld gewesen, dann würde ich fast sagen, es war eine unbeschwerte Zeit mit Dir, die mir Kraft gab weiterzuleben.
Nach ein paar Wochen trennten sich unsere Wege und außer einem sporadischen Kontakt per SMS gab es keine Verbindung.
Das sollte sich bald ändern. Es war ein Sonntag, Du hattest Dich von Deiner Freundin getrennt, als ich einen Anruf von Dir erhielt. Du warst in Kiel beim Handball und fragtest mich, ob Du im Anschluss zu mir nach Hamburg kommen dürftest. Obwohl ich gerade eine Feier bei einem Freund abgesagt hatte, weil ich lieber einen ruhigen Abend verbringen wollte, änderte ich in diesem Moment meine Meinung und sagte zu.
Es war ein merkwürdiger Start für ein Kennenlernen im freien Leben. Du klagtest mir Dein Leid in Bezug auf Deine Trennung, wir gingen Essen, ins Kino und dann noch die halbe Nacht an den Landungsbrücken spazieren.
Obwohl es in Deinem Kopf noch eine andere Frau gab und ich mir das eigentlich nicht antun wollte, entwickelte sich eine unglaubliche Nähe zwischen uns, die ich bis heute nicht erklären kann. Es sollte so sein und wir sollten über solch holperige Wege einen Weg zueinander finden.
Am Wochenende darauf bliebst Du über Nacht. Es ging nicht um Sex, zumindest noch nicht. Wir hielten uns fest, wie zwei Menschen, die beieinander Schutz und Beistand suchen. Wie zwei Menschen, die wissen, dass sie einander brauchen und einander gut tun.
Und so stolperten wir in etwas, was sich Beziehung nennt oder wie Du und ich es später nannten: Die große Liebe. Es sollte so sein. Es gab keinen Knall, keine große Erkenntnis, keinen Himmel, der auf uns fiel. Es gab eine Entwicklung, ein miteinander geteiltes Leben, mittlerweile auch eine Körperlichkeit - aber lange Zeit kein Bekenntnis.
Wir liefen um ein Bekenntnis herum, wie die Katze um den heißen Brei. Jeder hatte Angst, verletzt zu werden und Du hattest, das ist mir heute klar, vor allem Angst vor Bindung, Verantwortung und vor einer Entscheidung. In Deinen Augen war alles gut so, wie es war.
Aber ich wollte ein Bekenntnis zu mir und zu uns. Im Gegensatz zu Dir gaben Entscheidungen und Bekenntnisse mir eine Form der Sicherheit.
Ich drohte Dir mit Trennung, obwohl mir bis heute klar ist, dass ich nicht ohne Dich leben konnte. Du versuchtest mich davon zu überzeugen, dass alles so bleiben sollte, wie es war. Nichts von beidem war richtig, aber das erkannten wir erst, als andere Menschen uns die Augen öffneten. Von da an war alles klar. Wir waren zusammen und wollten es bleiben.
Kurze Zeit später lag ich abends in Deinem Arm und war gerade dabei selig einzuschlummern, als Du mir sagtest „Ich liebe Dich". So warst Du. Angst vor Entscheidung, aber dann gabst Du alles.
Unser Leben war ein einziges auf und ab, was auch viel an meiner Vergangenheit und meinen daraus resultierenden Ängsten nach vielen Jahren sexuellen Missbrauchs lag. Aber Du warst wie ein Fels an meiner Seite. Du gabst niemals auf, Du konntest kämpfen wie ein Löwe, zumindest, wenn es um mich ging.
Ich sollte leben, das hast Du immer wieder betont, wobei ich zu keiner Zeit an Deiner Seite etwas anderes wollte als das. Ich wusste, dass ich mit Dir alles schaffen konnte. Deine Liebe und Dein Optimismus waren alles, was ich brauchte, um weiterzumachen, auch wenn es oftmals sehr schwierig und traurig war. Du halfst mir durch meine Angst, führtest mich durch meinen Schmerz und schenktest mir Vertrauen in das Leben und Dich, etwas, das mir vorher nie beschert war.
Es wurde zu Deiner Aufgabe, mich zu retten und das machte mir immer öfter Angst. Ich bat Dich, Dich um Deine Krankheit zu kümmern,