Wunderbares Afrika: Von Lalibela nach Kapstadt
Von Eckhard Seipelt
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Buchvorschau
Wunderbares Afrika - Eckhard Seipelt
Vorwort
I never knew of a morning in Africa when I woke up that I was not happy.
Ernest Hemingway
Seit meiner Kindheit hat es mich hinaus in die weite Welt gezogen. Bereits im Grundschulalter habe ich ständig über meinem Atlas gehockt. Ich kannte die Namen aller Hauptstädte auf unserem Globus auswendig. Später habe ich mir die alten, nicht mehr benötigten Reiseprospekte aus den Reisebüros geholt und sie von vorne bis hinten studiert. Seit meinem 16. Lebensjahr bin ich dann, wann immer es ging, mit meinem Rucksack in die Ferne gezogen. Der einzige Kontinent, um den ich weitestgehend einen großen Bogen gemacht habe, war Afrika. Ich hatte Respekt vor diesem Kontinent. Er wird in unseren Medien oftmals düster, ungastlich und kriminell dargestellt. Umso mehr hat mich Afrika mit zunehmendem Zeitablauf angezogen. Es war wie ein Ruf, dem ich irgendwann nachgeben musste. Im September 2014 war es endlich so weit. Meine zehnwöchige Reise durch den schwarzen Kontinent
hat mir einmal mehr gezeigt, dass man alle Vorurteile über Bord werfen und sich stets ein eigenes Bild vom Leben machen sollte. Ich habe während meiner Reise ausschließlich liebenswerte Menschen getroffen. Zu keinem Zeitpunkt musste ich Angst haben, außer gelegentlich vor der Obrigkeit, insbesondere vor Polizisten. Es drängt sich mir der Eindruck auf, dass Polizei und Militär in vielen Ländern der Welt nicht dazu da sind, um die Bürger voreinander zu schützen, sondern um ein ungerechtes System aufrecht zu erhalten. Möglicherweise ist das zum Teil auch der Sinn und Zweck bei uns. Ich hoffe, dass sich unsere Staatsdiener daran erinnern, wer ihre wahren Brüder und Schwestern sind, wenn es demnächst zu einem großen Knall
kommen sollte. Meines Erachtens wird er kommen, wir steuern ungebremst auf eine riesige Mauer zu. Unser Finanz- und Wirtschaftssystem ist todkrank. Wenn man die Augen nicht krampfhaft zukneift, kann man das deutlich erkennen. Auf einem begrenzten Planeten kann man nicht unbegrenzt Wachstum schaffen, ohne Mutter Erde nachhaltig zu schädigen, auch wenn uns Politik und Wirtschaft etwas anderes vorgaukeln wollen. In Bezug auf den Staat Südafrika möchte ich noch hinzufügen, dass ich mich dort außerhalb der Touristenviertel nicht immer sicher gefühlt habe. Persönlich bedroht worden bin ich auch dort nicht. Die Gewaltbereitschaft hat in meinen Augen jedoch nichts mit Rassismus gegenüber Weißen zu tun. Die hohe Kriminalität ist meines Erachtens in den offenkundig höchst ungerechten Verhältnissen und der großen Kluft zwischen arm und reich begründet.
Auch an den innerafrikanischen Grenzen war es manchmal ein wenig unangenehm. Grenzen wurden in meinen Augen errichtet, um uns zu teilen, nicht um uns zu schützen. Unsere Mitmenschen in der ganzen Welt sind zum ganz überwiegenden Teil herzlich und gastfreundlich. Jeder, der einmal mit dem Rucksack um die Welt gezogen ist, wird das bestätigen können. Florent, ein Urlaubsbekannter aus Frankreich, der sein Leben lang um die Welt gereist ist, hat mir in Malawi gesagt, dass er die gastfreundlichsten Menschen im Iran angetroffen hat. Was für ein Bild haben wir vom Iran? Wer sagt die Wahrheit? Menschen, die die Welt erkundet haben, oder Agitatoren die uns vor eben diesen angeblich fanatischen Menschen warnen? Ich brauche nicht vor meinen Brüdern und Schwestern beschützt zu werden. Das kann ich ganz alleine. Indem ich mein Herz für sie öffne. Uns wird unnötigerweise Angst voreinander gemacht, gemäß dem seit Jahrtausenden bewährten Motto teile und herrsche
. Immer mehr Menschen wird bewusst, wie stark wir von Staatsmännern, Religionsführern, Militär und Medien manipuliert werden, um ein menschen- und umweltverachtendes System aufrecht zu erhalten. Ein Bruchteil der jährlichen Militärausgaben würde ausreichen, um dem Hunger auf der Welt ein für alle Mal Einhalt zu gebieten. Warum machen wir es dann nicht? Warum lassen wir uns von denen bevormunden, die an Krieg, Hass und Missgunst verdienen? Es ist allerhöchste Zeit für einen weltumfassenden Gesinnungswandel.
Ich wurde auf meiner Reise durch Afrika regelmäßig als Bruder
bezeichnet und auch so behandelt. Afrika hat mir die Augen noch ein kleines bisschen weiter geöffnet.
Danke Afrika !
Kapitel 1 Das Abenteuer beginnt
Reisewege sind Pfade ins Ungewisse. Sie stärken unseren Mut und unser Vertrauen, uns auf Neues einzulassen und Neuem zu begegnen. Reisewege sind Begegnungspfade.
Vera Elisa Eilers
17. September 2014, 16:35 Uhr. Ich sitze im Zug von Haan nach Köln. In der gegenüberliegenden Sitzgruppe beobachte ich eine Frau mit einem Mischlingshund, der sich gerade heftig übergibt. Eine goldgelbe Flüssigkeit mit etwas Mageninhalt bahnt sich ihren Weg durch das Abteil. Ich habe keine Ahnung, ob dies ein Omen ist, und wie man es deuten könnte.
Fast ein Jahr lang habe ich diesem Augenblick entgegen gefiebert. Ich meine nicht den Anblick des seekranken
Hundes, sondern meiner Reise durch den Schwarzen Kontinent
. Ich habe lediglich einen Flug nach Addis Abeba und einen Rückflug von Kapstadt gebucht. Ein Zeitraum von 10 Wochen steht mir zwischen diesen beiden Flügen zur Verfügung, in denen ich mich von den Wogen des Lebens treiben lassen möchte. Nach meinen Erfahrungen führt einen der Zufall stets zur richtigen Zeit an den richtigen Ort. Wenn man sein Leben vollkommen durchplant, entzieht man dem Leben die Möglichkeit, sich voll und ganz zu entfalten. Ich glaube fest daran, dass das Leben ungeahnte Überraschungen bereit hält, wenn man der kosmischen Intelligenz, die für mein Empfinden alles koordiniert, Gelegenheit gibt, sich zu manifestieren.
Sämtliche Freunde und Bekannte sind begeistert von meinem Vorhaben. Nur meine Mutter ist ein wenig gekränkt, weil sie so lange ohne mich auskommen soll. Sie ist so erzogen worden, dass man zuerst an alle anderen denken soll und seine eigenen Wünsche und Träume dem unterzuordnen hat. Das ist meines Erachtens eines der Grundprobleme unserer Gesellschaft. Meine Lebensphilosophie lautet, dass wir einen Planeten voller glücklicher Menschen hätten, wenn jeder dafür sorgen würde, dass er selbst glücklich ist. Wenn man selbst glücklich ist, fällt es einem daraufhin leicht, seine Mitmenschen zu unterstützen.
Ich reise nicht gerne allein. Ich hatte immer wieder einmal überlegt, mir einen Mitreisenden über eine Mitreisebörse im Internet zu suchen. Stets hielt mich meine innere Stimme davon ab. Ich habe gelernt, auf meine innere Stimme zu hören. Unsere Intuition führt uns sicher durch das Leben, unser Verstand nicht immer. Ich habe mich einmal mehr auf meine Intuition verlassen können. In zwei Stunden treffe ich mich mit Vera Elisa am Flughafen in Frankfurt. Sie wurde mir vom Schicksal zur Seite gestellt, eine ausgezeichnete Fügung des Schicksals, wie sich während meiner Reise herausstellen wird. Ich habe Vera Elisa vor zwei Monaten als Volontär an den Pyramiden in Bosnien kennengelernt. Ja, Ihr habt richtig gelesen, an den bosnischen Pyramiden, das war kein Schreibfehler. Und da so wenige Menschen bisher davon erfahren haben, werde ich im 3. Kapitel näher darauf eingehen. Erst vor kurzem hat Vera Elisa von meinen Reiseplänen erfahren, und sich entschieden, mich eine Zeit lang zu begleiten. Tatsächlich haben wir noch kurzfristig einen Platz im gleichen Flugzeug buchen können. Der Zufall überlässt nichts dem Zufall.
Der Name Lalibela hatte mich in seinen Bann gezogen. Als ich ihn zum ersten Mal gelesen habe, hat eine Gänsehaut meinen ganzen Körper überzogen. Ein sicheres Zeichen, dass mich irgendetwas dorthin ziehen will. Vera Elisa ist es genauso ergangen, als ich ihr von meinen Plänen berichtet hatte, Lalibela zu besuchen. Lalibela war vor ewigen Zeiten geistiges und kulturelles Zentrum Äthiopiens. Aus dieser Zeit zeugen noch elf wunderschöne Kirchen, die mit uns unbekannter Technik von oben nach unten in die Erde hinein errichtet worden sind. Teilweise wurden diese Felsenkirchen in einen einzigen Steinblock hinein gewölbt. Der Legende nach sollen Engel oder Außerirdische an dem Bau beteiligt gewesen sein. Der Name Lalibela hat mich sofort tief berührt, so als ob in meinen Zellen irgendetwas im Zusammenhang mit diesem heiligen Ort gespeichert wäre, Erinnerungen an ein goldenes Zeitalter.
Bild 202001 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.Felsenkirche in Lalibela
Vera Elisa und ich werden gleich gemeinsam nach Äthiopien fliegen, unter anderem um herauszufinden, was uns wie ein Magnet in dieses Land zieht.
Inzwischen haben wir den 18. September 2014, 7:30 Uhr. Landeanflug auf Addis Abeba? Weit gefehlt. Wir sitzen im Steigenberger Hotel von Bad Neuenahr, nachdem wir uns am reichhaltigen Frühstücksbuffet bedient haben. Immerhin, so weit sind wir schon gekommen, ca. 150 Kilometer, allerdings in die falsche Richtung. Unser Flug wird wegen technischer Probleme mit 16 Stunden Verspätung starten. Da in Frankfurt zurzeit eine große Messe stattfindet, waren alle Hotels im weiten Umkreis von Frankfurt belegt. Man hat uns daher mit einem Bus nach Bad Neuenahr gebracht, in Kürze werden wir zum Frankfurter Flughafen zurückgefahren. Der Flug entschädigt uns, er ist sehr angenehm. Wir werden von bildhübschen, aufmerksamen Stewardessen betreut. Als das Mittagessen serviert wird, bringen wir die Damen ein wenig in Verlegenheit, da sie nicht auf Vegetarier eingestellt sind. Es ist nur Fleisch im Angebot. Unter mehrmaligen Entschuldigungen wird kurzerhand das komplette Hauptmenü entfernt. Unser Essen besteht daraufhin aus einem kleinen Salat, einem Stück Kuchen, einem kleinen Brötchen und zwei Crackern. Mit einem Lachen nehmen wir den Diätimbiss zu uns. Später erhalten wir als Entschädigung unter einer nochmaligen Entschuldigung ein zusätzliches Stück Kuchen.
Die Maschine ist nur zur Hälfte belegt. Viele Passagiere wurden auf andere Flüge verteilt, da ein großer Teil der Fluggäste Addis Abeba lediglich als Sprungbrett zu den Nationalparks in Kenia und Tansania benutzt. Auch unter den verbliebenen Fluggästen sind noch etliche Reisende, die in Äthiopien nur zum Transit landen wollen. Unser Flugzeug trägt den Namen Lucy
. Der Name Lucy wurde den ältesten jemals gefundenen Gebeinen eines weiblichen Hominiden gegeben. Als diese in Äthiopien entdeckt wurden, lief angeblich gerade das Lied Lucy in the Sky with Diamonds
von den Beatles auf einem Kassettenrekorder. Die Skelettteile werden auf ein Alter von 3,2 Millionen Jahren geschätzt und im Nationalmuseum von Addis Abeba aufbewahrt..
Bis zur Landung verläuft alles reibungslos. Etliche Fluggäste müssen auf Grund der nunmehr sehr späten Ankunftszeit (22:10 Uhr) außerplanmäßig in Addis Abeba übernachten, bevor es am nächsten Morgen weiter in die Nachbarländer geht. Bedienstete der Fluggesellschaft stehen mit den Transitvisa für diese Reisenden bereit. Alles wurde gut organisiert. Spätestens jetzt sind wir für's Erste mit Ethiopian Airlines versöhnt.
Unsere Wege sollten uns eigentlich nunmehr von Ethiopian Airlines trennen. Nach der Passkontrolle begeben wir uns zum Gepäckband. Wir sind die letzten, die am Gepäckband ankommen. Wir mussten uns zunächst ein Einreisevisum beschaffen. Dies war recht zeitaufwändig. Man kann das Visum zwar vorab bereits in Deutschland beantragen, dann ist es aber teurer als hier in Äthiopien. Außerdem haben wir uns bereits vor der Passkontrolle mit äthiopischen Birr eingedeckt. Mehrere Quellen wiesen darauf hin, dass man am Flughafen ungewöhnlicherweise den besten Umtauschkurs im Land erhält. Der Kurs ist tatsächlich sehr gut. Für 700 Euro erhalte ich einen halben Aktenkoffer Geldscheine, ca. 20.000 Birr. Als wir am Gepäckband ankommen, drehen ein Rucksack und drei Koffer einsam ihre Runden. Es handelt sich um meinen Rucksack. Vera Elisas Rucksack ist verschollen. Wir geben eine Vermisstenanzeige
bei der zuständigen Mitarbeiterin auf und erhalten eine Referenznummer und zwei Telefonnummern, um uns am nächsten Tag zu erkundigen, ob der Rucksack aufgetaucht ist. Mit leichtem Handgepäck schreitet Vera Elisa an meiner Seite hinaus in die dunkle Nacht. Es ist kaum noch Betrieb am Flughafen, dennoch findet sich schnell ein Taxi. Zu einem vollkommen überhöhten Preis werden wir zu unserer Unterkunft gefahren. Handeln war zwecklos. Man weiß, dass wir jetzt schnellstmöglichst ein Obdach haben wollen, der Wucherpreis ist unter den Taxifahrern zweifellos abgesprochen worden. Unser Guest House ist in der Dunkelheit nur schwer in der 3,5-Millionen-Metropole zu finden. Zum Glück haben wir einen Taxifahrer erwischt, der immerhin ungefähr weiß, wo sich die Straße befindet, in der das Hostel liegt. Dies ist nicht immer eine Selbstverständlichkeit, wie wir später erfahren werden. Wir erreichen das Atelefugne Guest House weit nach Mitternacht. Es