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Fanrea: Die Prophezeiung
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eBook617 Seiten8 Stunden

Fanrea: Die Prophezeiung

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Über dieses E-Book

Emma und Ben sind beste Freunde. Als Ben vom drohenden Verlust seines Augenlichtes erfährt, erhalten die beiden unerwartet Hilfe von der Elfe Amapola. Getrieben von der Hoffnung auf Heilung reisen sie mit ihr durch ein Weltentor nach Fanrea, um ihre Bestimmung in der uralten Prophezeiung als Krieger des Lichts zu erfüllen.

Sie tauchen ein in eine Welt voller Abenteuer, mystischer Gestalten und Magie, aber auch Gefahr und Tod. Die zwei schließen Freundschaft mit Elfen, Drachen und Minotauren, die ihr Leben für sie riskieren.

Auf ihrer Reise kämpfen Emma und Ben mutig für sich und andere, sie erleben Angst, Entbehrung und Schmerz. Fanrea öffnet den beiden Einblicke in die Tiefen ihrer Seelen und zwingt sie, sich ihren eigenen dunklen Seiten zu stellen.

Gelingt es ihnen, die Prophezeiung zu erfüllen und die Finsternis zu besiegen?


Ein Buch für junge Leser und junggebliebene Erwachsene!
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum9. Nov. 2014
ISBN9783847619727
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    Buchvorschau

    Fanrea - A.E. Eiserlo

    Die Prophezeiung

    Einst wird kommen die Zeit,

    da Elfen erstarren in Ewigkeit.

    Finsternis droht von vielen Seiten,

    es gilt neue Wege zu beschreiten.

    Die weise Frau Seiten in Leder verwahrt,

    Mysterien nur zögerlich offenbart.

    Bringt die Krieger des Lichts zurück,

    damit sie erhalten Fanreas Glück.

    Zwei Menschenkinder – aus einem Mund –

    sollen brechen den Bann, wenn Jaron ist rund.

    Das Ende der Kindheit,

    ist der Tausch für die Blindheit.

    Gewonnen wird mit Kampf und Schwert,

    nicht alle überleben unversehrt.

    Der Drachenreiter wird erweckt,

    Geheimnisse bleiben noch versteckt.

    Prolog

    In Fanrea warf John das letzte Fell über die selbstgebaute Schwitzhütte aus gebogenen Weidenstäben. Der junge Schamane vom Stamm der Lakota betrat die provisorische Hütte, zog die Mokassins aus und ließ sich im Schneidersitz nieder. Vor ihm lag ein Stapel erhitzter, rotglühender Steine, über die er mit fließenden Bewegungen immer wieder Wasser goss. Heißer Dampf, vermischt mit dem Duft von Sweetgras und Salbei, füllte den dunklen Raum.

    John strich sein glänzend schwarzes Haar nach hinten, sodass es wie flüssiges Öl über die Schultern floss. Bei jeder Bewegung des nackten Oberkörpers zeichneten sich Muskeln unter der rötlich schimmernden Haut ab. Schweißtropfen glitzerten darauf und flossen in winzigen Rinnsalen hinunter. Johns Wildlederhose klebte an seinen Oberschenkeln. Um den Hals hing ein Lederband mit einem grau gemaserten Flusskiesel, der das Licht der heißen Steine reflektierte. Der Kiesel von der Größe einer Kastanie schmiegte sich in die Kuhle des Schlüsselbeins und erwärmte sich leicht.

    Die Augen hielt John geschlossen. Still und versunken wartete er auf Visionen, die sein Krafttier, ein Bär, ihm im Traum prophezeit hatte. Lange Zeit geschah nichts, aber der Lakota ließ sich nicht beirren. Er atmete gleichmäßig ein und aus, versuchte, die Gedanken in einen ruhigen Fluss zu bringen, und sich nur auf den Atem zu konzentrieren.

    Auf einmal entstanden Bilder in Johns Kopf: Zwei Teenager, etwas jünger als er selbst, kamen auf ihn zu. Ein Junge mit blondem Strubbelhaar und ein Mädchen mit langen, braunen Locken. Beide reckten die Hände, griffen Schutz suchend nach John. Krallenfinger rissen an den Jugendlichen, zerrten sie schließlich in einen undurchsichtigen Spiralnebel. Ein beklemmendes Gefühl des Verlustes legte sich dumpf auf das Herz des jungen Indianers. Gleichzeitig fiel ihm das Atmen plötzlich schwer. Er keuchte. Der Flusskiesel strahlte enorme Hitze aus, sodass beinahe die Haut verbrannte.

    Ein Drache flackerte in Johns Vision auf, verblasste jedoch langsam wieder. Schon sprangen Wölfe mit feurigen Augen durch seine Gedanken und lösten den Drachen ab. Erneut veränderte sich das Geschehen. Eine wunderschöne schwarzhaarige Frau erschien, deren eiskalte Aura John frösteln ließ. Wutglühende Augen durchbohrten seine Seele. Das Gesicht der Schönen zerschmolz zu einer Fratze, die von Rauchschlieren verdeckt wurde. In den Händen hielt die Frau ein uraltes, staubiges Buch. Seiten blätterten auf, magische Zeichen wurden offenbart. Lodernde Flammen verschlangen das Buch mitsamt der Frau. Zum Feuer kamen Wasser, Wind und Erde hinzu, umwanden einander, bis sie sich zu einer gewaltigen Säule auftürmten. Die vier Elemente rotierten wild umeinander.

    Aus diesem Wirbel trat eine lächelnde Elfe, deren Gesichtszüge unerwartet erstarrten. Ihr Körper veränderte die Form, wurde durchsichtig und hart, schillerte wie Kristall. Mit einem lauten Knall zersprang der Leib der Elfe in unzählige Stücke, während ihr entsetzter Schrei in Johns Bewusstsein widerhallte. Ein brennender Schmerz durchbohrte seine Wange. Als der Lakota an die Wunde fasste, fühlte er frisches Blut an der Hand, einer der Kristallsplitter hatte ihn verletzt. Wie war das möglich?

    So abrupt, wie sie begonnen hatten, endeten Johns Visionen. Erschöpft öffnete er die Augen und wischte Schweiß aus dem Gesicht. Er bemerkte braune Erdkrümel in der Handfläche, betrachtete diese verwundert und ließ sie anschließend zu Boden rieseln.

    Viele Male schon hatte er Schwitzhüttenrituale abgehalten, doch noch nie eine Wunde davongetragen. Irritiert griff der Indianer nach dem funkelnden Kristallsplitter, den er in einen Lederbeutel steckte.

    Durch das lange Stillsitzen verlangten die Muskeln nach Bewegung. John dehnte und streckte sich, machte anschließend ein paar Liegestütze. Tief in Gedanken versunken goss er kaltes Wasser über den Körper, zog sein Lederhemd über und verließ die Hütte.

    Ein ganz normaler Tag

    Es war ein wolkenloser Morgen, der von den Verlockungen der baldigen Sommerferien flüsterte. Die lilafarbenen Blüten des Lavendels sowie die prachtvollen Rosen verbreiteten ihren süßlichen Duft, während der Rittersporn mit dem Blau des Himmels wetteiferte. Zahlreiche Bienen summten von Blume zu Blume. Schmetterlinge, die mit ihren farbenprächtigen Flügeln verzauberten, flatterten fröhlich umher.

    Das Dorf lag in einer malerischen Landschaft aus Seen, Wäldern und Wiesen, durch die sich Bäche zogen. Die Einwohner dieser Gegend lebten im Einklang mit der Natur, alles ging hier etwas gemächlicher zu. Die Mehrzahl der Häuser war sehr alt und liebevoll gepflegt, die Menschen wohnten schon seit vielen Generationen darin und bildeten eine vertraute Gemeinschaft. Der laute Klang der Kirchenglocke durchbrach die Stille dieses friedlichen Sommermorgens.

    Die vierzehnjährige Emma schnippte eine Fluse von ihrer Jeans und band schnell die blauen Chucks zu. Tiefe Augenringe verrieten Schlafmangel, denn seit einiger Zeit wurde sie von schrecklichen Alpträumen gequält. Der Traum der letzten Nacht war besonders beängstigend gewesen: Orientierungslos lief Emma durch einen düsteren Wald, dessen Bäume sich als unheimliche Scherenschnitte gegen den Vollmond abhoben. Dicke Wurzeln brachten das Mädchen zum Stolpern, während die Locken in langen Ästen hängenblieben.

    Plötzlich durchbrach bedrohliches Heulen die Dunkelheit, gleichzeitig sank die Temperatur abrupt. Kälte überlief Emma wie flüssig gewordenes Grauen und ihr Herz setzte vor Angst einen Schlag aus. Unvermittelt tauchten haarige Bestien auf, die eine Treibjagd auf das Mädchen eröffneten. Wilde Wölfe mit rotglühenden Augen hetzten durch die Nacht, sprangen es schließlich brutal an, trieben es mit gefletschten Zähnen vor sich her. Der heiße Atem der Tiere keuchte so dicht am Gesicht, dass Emma den fauligen Aasgeruch zu riechen glaubte. Es ekelte sie dermaßen, dass sie zu würgen begann.

    Schließlich war Emma durch ihre eigenen, panischen Schreie schweißgebadet aufgewacht. Vor lauter Angst, dass der widerliche Albtraum zurückkehrte, lag sie grübelnd wach. Als der Morgen langsam anbrach, schlief sie traurig, mit rot geweinten Augen ein.

    Nun starrte Emma trübsinnig in den Spiegel. Während sie ihr Haar kämmte, stieß sie unerwartet heftig hervor: »Ich will nicht mehr grübeln! Papa weg! Opa weg! Dann ist es eben so!« Voller Trotz kaute sie auf der Lippe. Seufzend griff Emma nach einer Spange, um damit ihre langen, dunklen Locken zu bändigen. »Diese plustrigen Haare! Dass alle Mädchen aus meiner Klasse mich deswegen beneiden! Hätte ich doch nur glatte blonde!«

    In diesem Moment klingelte es unten an der Tür, was Emma dazu verleitete zu fluchen: »Verdammter Mist! Ich hab meine Tasche noch nicht gepackt!« Hektisch warf sie zwei Hefter, Mäppchen und ein Buch in ihren Rucksack. Dann eilte sie die Treppe herunter, stoppte mitten im Lauf, stolperte dabei fast über die eigenen Füße und stürmte noch einmal hoch in ihr Zimmer. Dort packte sie den Turnbeutel, mit dem sie zurückraste.

    Emmas Mutter rief: »Deine Pausenbrote liegen noch hier!«

    Seufzend lief Emma in die Küche, griff nach den Broten, warf der Mutter einen Handkuss zu und rannte zur Haustür. »Hi, Ben, sorry, dass du warten musstest!«

    Wie jeden Morgen, wenn Schule war, begrüßte Ben sie mit einem frechen Grinsen, das sich bis zu den strahlend blauen Augen fortsetzte. Die hellblonden Haare wirkten mal wieder ungekämmt, denn sie wuchsen in so vielen Wirbeln auf seinem Kopf, dass eine richtige Frisur unmöglich war. Kauend nuschelte er: »Hi! Komm, beeil dich, wir sind spät dran! Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben*.«

    »Besser spät als nie*!«, hielt Emma dagegen.

    Mit dem Handrücken wischte Ben ein paar Krümel von der Lippe.

    »Was kaust du denn schon wieder?«, fragte Emma.

    »Meine Mutter hat mir keine Brote gemacht. Sie ist wegen der Nachtschicht total müde und schläft noch. Deshalb hab ich wenigstens ein paar Kekse mit ’ner Banane auf dem Weg zu dir gegessen.« Sein Blick wurde jämmerlich. »Aber bis zur Schule bin ich bestimmt verhungert.«

    Emma grinste. »Ist klar! Ich schlepp wahrscheinlich wieder zehn Brote mit mir rum! Willst du eins?«

    »Kommt drauf an, was drauf ist. Hoffentlich nicht nur Gurke oder Tomate! Von Salat schrumpft der Bizeps*

    Emma verdrehte die Augen, knuffte Ben in die Seite und reichte ihm ihre Brotdose.

    Skeptisch begutachtete der den Inhalt: »Ein Biogesundheitsbrot – natürlich mit Gurke und Tomate. Ein Körnerbrot mit Käse und Salat. Tss! Ahh ja, da kommen wir der Sache näher: ein Schinkenbrot! Das nehm ich! Deine Mutter weiß genau, was mir schmeckt.«

    »Sie macht die doch für mich!«

    »Das glaubst du doch wohl selbst nicht!« Genussvoll biss er hinein.

    »Wie kannst du nur so schlank sein, wenn du so viel isst?«

    »Ich bin eben ein toller Typ!« Er nahm noch einen großen Bissen. Doch unvermittelt wurde sein Blick ernst, als er die Freundin fixierte. »Hattest du letzte Nacht schon wieder einen deiner Alpträume?«

    »Ja, einen echt ekelhaften!«

    »Monster mit Krallenhänden?«

    »Nee!«, seufzte Emma. »Dieses Mal waren es Wölfe. Es war widerlich!«

    »Aber nur ein Traum!«, versuchte Ben, sie zu beruhigen.

    Fragend sah Emma ihren Freund an, als ob er eine Erklärung wüsste, warum diese schrecklichen Träume sie quälten. Doch in seinen Augen stand nur Ratlosigkeit.

    Jedes Mal gruselte es Ben, wenn sie ihm diese entsetzlichen Träume beschrieb. Das Verstörende war, dass sie sich alle ähnelten und für Emma real anfühlten. Beklommen betrachtete er die Freundin von der Seite, bemerkte, wie übernächtigt sie aussah. Die beiden kannten einander, seit sie laufen konnten, und gingen zusammen in dieselbe Schulklasse. Eine tiefe Freundschaft verband sie, und Ben machte sich Sorgen. Emma war immer schlank gewesen, aber in den letzten Monaten war sie dünn geworden. Zudem blitzten ihre blaugrünen Augen nicht mehr so unternehmungslustig wie früher.

    »Was hältst du davon, wenn wir am Wochenende klettern gehen?«, startete Ben den Versuch, seine Freundin von ihren Alpträumen abzulenken.

    »Hm!«

    »Oder willst du lieber eine Kanutour machen?«

    »Hm!«

    »Komm schon, mit wem soll ich sonst losziehen? Du sagst doch eigentlich immer ja!«

    »Stimmt! Du hast ja recht! Ich bin langweilig geworden! Okay, du darfst aussuchen!«

    Als sie erneut schwieg, stattdessen nur ihre Stirn runzelte, ließ Ben nicht locker: »Wie war dein Ballett? Mein Karatetraining war total anstrengend!«

    »Eigentlich gut, aber ich brauche schon wieder neue Spitzenschuhe. Dabei sind die so teuer!«

    »Wieso? Sind sie zu klein?«

    »Nee, weich getanzt.«

    »Ah! Was hast du gestern außer Tanzen noch gemacht?«

    »Gelesen! Hab das Ende von Gregor und das Schwert des Kriegers gelesen. War leider ohne richtiges Happy End. Danach hab ich ein neues Buch von Michael Scott angefangen. Es handelt von auserwählten Zwillingen, die die Welt retten müssen. Nicolas Flamel ist ihr Mentor. Du weißt schon, der Alchemist. Das Buch ist voll krass, weil darin lauter Gestalten aus Mythen oder Sagen vorkommen.«

    »Aha!« Ben war erleichtert, dass es ihm endlich gelungen war, Emmas Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Gut! Jetzt musste er sie nur noch reden lassen, vielleicht ab und zu eine Bemerkung einwerfen. Emma war im Redefluss, die schlimme Nacht und die Grübeleien dadurch verdrängt. Nach einer Weile drifteten Bens Gedanken weg, während seine Freundin weiter von dem Buch schwärmte.

    Er kam gut mit Emma klar, weil er sich nichts aus ihren extremen Stimmungsschwankungen machte und die Freundin nahm, wie sie war: Manchmal introvertiert, mal zickig, dann wieder lustig und ausgelassen. Eines wusste er jedoch ganz sicher: Er konnte sich immer auf sie verlassen!

    Mit seiner fröhlichen, unbeschwerten Art war Ben ein ganz anderer Typ als Emma. Meistens verbreitete Ben gute Laune, nahm die Dinge eher leicht und grübelte nicht viel. Mit Leidenschaft lernte er Koryû Uchinâdi, eine spezielle Form von Karate, und spielte gerne Fußball mit Freunden. Schon in der Grundschule hatte Ben seine Begeisterung dafür entdeckt, da die Jungen in den Pausen meistens kickten. Seit Ben und Emma auf das Gymnasium gingen, war die Zeit zwar knapper geworden, aber er trainierte trotzdem weiterhin im Verein.

    Der Sport verband ihn mit Gleichaltrigen, denn manchmal fühlte Ben sich wie ein Außenseiter, da ihn die Natur mehr interessierte als Computerspiele, Netzwerke oder Smartphones. Diesem ganzen digitalen Kram konnte er nicht allzu viel abgewinnen. Ben brauchte Bewegung, wollte Wind in den Haaren spüren und dabei frisch gemähtes Gras riechen oder wenn es regnete, die kalten Tropfen fühlen, die auf seiner Haut zerplatzten. Er liebte es, beim Joggen die Muskeln zu spüren, dabei bis an die Grenzen zu gehen. Sogar den Winter mit seiner eisigen Pracht mochte er und genoss es, morgens durch den Wald zu laufen, wenn der Atem blasse Wölkchen erzeugte und der Raureif die Bäume zu bizarren Gebilden verzauberte.

    »Hörst du mir überhaupt zu?«, riss Emma ihn aus den Gedanken.

    »Äh, ja! John Dee hat die Toten erweckt, sogar Säbelzahntiger.«

    »Da hast du aber gerade noch mal die Kurve gekriegt.« Sie knuffte Ben erneut in die Seite.

    Plötzlich rempelte jemand Emma von hinten an. »Geh aus dem Weg, du dumme Kuh!«

    Es war Paul, ein unangenehmer Raufbold. Er war groß für sein Alter, der Körper jedoch untrainiert und schwammig. Die kleinen Augen im rundlichen, blassen Gesicht blickten ständig Streit suchend umher.

    Ben murmelte leise: »Ein Choku-Zuki und er liegt am Boden! Soll ich?«

    »Nein, lass es! Das ist genau das, was er will. Der sucht mal wieder Streit. Mir reichen die Wölfe von heute Nacht!«

    Ben hörte auf Emma und zügelte sein Temperament. Das fiel ihm jedoch sehr schwer, denn wenn ihm etwas nicht passte oder ihn jemand ärgerte, neigte er zu cholerischen Wutanfällen. Vergeblich versuchte er, nicht so hitzköpfig zu reagieren. Doch im Bauch loderte dann ein wildes Feuer, das ihn zu verzehren drohte. In der letzten Zeit wurde diese Hitze immer stärker, und er fragte sich, wie diese Wut zu bändigen sei. Erleichtert stellte Ben fest, dass er heute einen entspannten Tag hatte und die Zorneswelle ausblieb.

    Streitlustig stierte Paul die beiden an, doch als die gewünschte Reaktion nicht folgte, zog er enttäuscht ab, zischte aber noch gehässig: »Feigling!«

    Vorsichtshalber hielt Emma ihren Freund am Arm fest. »Der blöde Rüpel ist es nicht wert, sich aufzuregen! Er meint, er ist etwas besseres, weil sein Vater mit der Schreinerei gut Geld verdient. Paul denkt, er kann sich alles erlauben!«

    »Tja! So wie sein Vater die Arbeiter in der Schreinerei tyrannisiert, springt Paul mit uns um. Oder den Klassenkameraden! Deshalb hat er auch keine Freunde! Nicht einen einzigen!«

    Emma zuckte mit den Schultern. »Eigentlich kann er einem leidtun.«

    Schnell liefen Ben und Emma in die Klasse. Mit dem Läuten der Schulglocke nahmen sie ihre Plätze ein. Die Stunden plätscherten gemächlich dahin, bis endlich der erlösende Gong ertönte, der das Ende des Schultages verkündete.

    Als Emma sich mit Ben für den Nachmittag verabreden wollte, lehnte dieser ab: »Ich hab dir doch erzählt, dass meine Augen schlecht geworden sind. Gleich fahre ich in die Klinik zur Kontrolle. Ich hoffe, dass ich nicht demnächst so ’ne dicke Brille tragen muss, mit der mich alle auslachen.«

    Emma kicherte: »Wäre doch süß!«

    »Na, prima!«

    »Dann siehst du endlich mal etwas intelligenter aus!«

    Gegenseitig neckend machten die Freunde sich gemeinsam auf den Heimweg.

    *

    Als Emma die Küche betrat, blubberte eine Gemüsesuppe auf dem Herd. Es duftete verlockend nach Kartoffeln, Möhren, Sellerie und Lauch. Erst jetzt bemerkte Emma, wie hungrig sie war. Gemüsesuppe! Eines ihrer Lieblingsgerichte!

    Da vernahm Emma das gleichmäßige Brummen eines Motors und sah aus dem Fenster. Ihre Mutter Marlene mähte den Rasen, während die drei kleineren Geschwister halfen, indem sie Stöckchen und Spielzeug aus dem Weg räumten.

    Emma seufzte, als sie sah, wie ihre Mutter sich abmühte. Schwer wog die Last der vergangenen Monate auf der Familie, und Emma fühlte sich elend und allein gelassen. Der Vater war einfach gegangen, ohne große Erklärungen. Sie wusste nicht viel über das Warum oder Wieso der Trennung ihrer Eltern. Die Mutter hatte nur erzählt, dass es eine neue Frau in seinem Leben gab und dass er, ohne lange zu zögern, mit ihr nach Südamerika ausgewandert war. Wo er lebte oder wer diese neue Frau an seiner Seite war, wollte Emma gar nicht wissen. Sie sah ihn nicht mehr und hatte nicht vor, noch einmal mit ihm zu reden. In ihren Augen war er ein Verräter, der nur noch Verachtung verdiente.

    Der Auszug des Vaters veränderte das ganze Familienleben. Marlene hatte noch mehr Arbeit als vorher, denn sie musste ihren Mann ersetzen, doch das war schwer. In jedem Bereich! Immerhin überwies er regelmäßig etwas Geld, auch wenn es trotzdem vorne und hinten nicht reichte. Deshalb bügelte oder nähte Marlene nachts, wenn die Kinder schliefen, für die Leute aus dem Dorf. Wegen der vier Kinder war es ihr nicht mehr möglich, den Beruf als Fotografin auszuüben.

    Einmal, als Emma nachts nicht schlafen konnte, hatte sie sich leise nach unten in die Küche geschlichen, um ein Glas Wasser zu trinken. Ihre Mutter saß am Küchentisch, den Kopf auf die Hände gestützt und vergoss lautlose Tränen. Dieses traurige Bild brannte sich in Emmas Kopf ein, vergiftete seither die Gedanken. Damals verdrückte sie sich, weil sie unsicher war, ob ihre Mutter so verzweifelt gesehen werden wollte.

    Emma seufzte. Sie hatte Wut auf ihren Vater. Unbeschreibliche, grenzenlose Wut, die sich im Bauch wie ein Eisblock festsetzte und langsam darin ausbreitete. Manchmal meinte sie an ihrem Zorn zu ersticken. Dann half nur noch eines: Wasser!

    Während Emma die Suppe umrührte, erinnerte sie sich: Die Dämmerung hatte den stillen See hinterm Haus in einen mystischen Ort verwandelt. Wie ein Spiegel lag die Wasseroberfläche vor ihr und lud ein, in eine andere Wirklichkeit zu tauchen. Mit einem kühnen Kopfsprung durchbrach sie diesen Spiegel. Kaum berührte das kühle Nass ihre Haut, verloren sich Hass sowie Trauer. Stattdessen durchfluteten Energiewellen den Körper, sodass die lästigen Gedanken davontrieben wie Seetang in einem Sturm. Emma durchpflügte das kalte Wasser, als wären Furien hinter ihr her, bis die Lungen zu zerspringen drohten. Danach ging es ihr besser, der Eisklumpen war geschmolzen. Mit dem Element Wasser fühlte sie sich eins. Am liebsten wäre Emma für immer in dem See geblieben.

    Wenig später, nach dem Weggang des Vaters, starb der Großvater. Der Krebs hatte ihn langsam aufgefressen, am Ende seiner Lebensfreude und Würde beraubt. Dieser zweifache Verlust und der damit verbundene Schmerz bohrten tief in Emmas Seele. Immer. Jeden Tag. Tag und Nacht.

    Aber nun befand Emma sich im Hier und Jetzt. Zuhause. Allein mit den trüben Gedanken, die genüsslich an ihren Eingeweiden fraßen.

    Gerade als sie etwas Suppe auf den Teller schöpfte, kam die jüngere Schwester Lara in die Küche.

    »Guck mal, was ich gefunden habe!«, rief Lara und zeigte ihr zwei riesige Nacktschnecken, die auf den Händen eine schleimige Spur zogen.

    »Iiihhh!«, kreischte Emma. »Musst du immer diese ekeligen Viecher mit ins Haus bringen?«

    »Stell dich doch nicht so an!« Lara verdrehte die Augen.

    »Jeden Tag ärgerst du mich mit irgendwelchen fiesen Spinnen oder sonst einem Tier! Benimm dich doch mal wie eine Achtjährige!« Emma streckte ihrer Schwester die Zunge heraus.

    Lara plärrte direkt: »Mama, Emma ist wieder gemein zu mir!«

    »Dumme Petze!«, zischte Emma.

    »Selber!«

    »Du bist einfach eine blöde Kuh!«

    Die Mutter erschien in der Küche und seufzte erschöpft: »Nicht schon wieder streiten, ihr zwei! Hallo, Emma. Bring die Schnecken raus, Lara! Du weißt doch, dass Emma sich davor ekelt.«

    Der zehnjährige Max stürmte schreiend in die Küche: »Ich habe Hunger, Hunger, Hunger!« Dazu führte er einen wilden Indianertanz auf.

    Stöhnend verdrehte Emma die Augen, sie fand Max zurzeit einfach nur laut und nervig. Sie zankten ständig miteinander.

    Jakob, der Kleinste, kam ebenfalls in die Küche. Dort, wo er stand, bildete sich eine Pfütze aus Wasser, während jede Menge Sand von seiner Kleidung sowie den Händen herabrieselte.

    »Jakob! Raus mit dir! Sofort draußen alles ausziehen!«, befahl die Mutter umgehend.

    »Manno, ist doch nur Sand!«, maulte Jakob.

    Emma schüttelte den Kopf über die Geschwister und wünschte sich zum hundertsten Mal, ein Einzelkind zu sein. Na ja, nicht ganz, Jakob würde sie vielleicht behalten!

    Das gemeinsame Essen verlief chaotisch, weil Jakob seinen Orangensaft umwarf, zusätzlich mit Suppe kleckerte, während der Rest der Kinder herumzankte. Emma und Lara gerieten besonders heftig aneinander, sie stürzten sich in den üblichen Zickenkrieg. Schließlich floh Emma aus der Küche, um sich in ihr Zimmer zurückzuziehen. Nach einer Weile ging die Tür auf und Lara trat ein.

    »Oh, nein, nicht du schon wieder! Raus mit dir und nerv mich nicht!«, schleuderte Emma ihr entgegen.

    »Ich wollte doch nur fragen, ob ich deine Buntstifte leihen kann.«

    »Nee, du hast eigene, nimm die! Meine verzottelst du immer!«

    Laras Blick fiel auf den Schreibtisch. »Kann ich dann wenigstens deine Spängchen haben?«

    »Nee! Du willst immer alles haben, was ich habe! Überhaupt willst du immer viel mehr als ich je hatte, als ich in deinem Alter war! Das Schlimme ist: du kriegst es auch noch!« Schlecht gelaunt warf Emma ihre Schwester aus dem Zimmer, sie wollte jetzt endlich Ruhe haben. Zunächst hatte der Albtraum den Tag schlecht beginnen lassen, dann folgten quälende Gedanken an den Vater und zu guter Letzt nervten die Geschwister.

    Jagdfieber in Fanrea

    Hinter einem buschigen, rot blühenden Kintostrauch kauerte eine dunkel gekleidete Gestalt auf dem Waldboden. Düsterkeit sowie eine heimtückische Aura umgaben den Mann. Sein hageres Gesicht wurde auf einer Seite von Brand- und Säurenarben entstellt. Aus zusammengekniffenen Augen starrte er zwei davonfliegenden Blumenelfen hinterher, die miteinander kicherten. »Blumenelfen, wunderbar! Beginnen wir heute mit den kleinen Flatterviechern!«

    Worak hieß der kahlköpfige Zauberer, der sich bereit machte zur Jagd. Der Jagd auf die Elfen.

    Er kratzte seine Hakennase, während er voller Vorfreude murmelte: »Mal sehen, ob die beiden heute meine prächtige Sammlung ergänzen werden.«

    Die zwei Blumenelfen landeten. Leichtfüßig liefen sie hintereinander her, flatterten dabei aufgeregt mit ihren Flügeln. Klein waren die Elfen, vielleicht so groß wie eine Hyazinthe. Sie spielten Fangen im flimmernden Sonnenlicht, huschten über den Waldboden und neckten sich gegenseitig, bis sie erschöpft ins dunkelgrüne Moos fielen.

    Eine gewaltige Libelle flog vorbei und tadelte: »Solltet ihr euch nicht um die Pflanzen kümmern? Tss, tss, ihr kommt euren Aufgaben nicht nach! Wo ist euer Pflichtgefühl? Dumme, junge Dinger!«

    »Ja, gleich!«, rief eine der Elfen.

    Die andere giggelte und winkte mit einer Hand ab.

    »Kümmert euch um die Blumen! Ihr seid zuständig für deren Wachstum und Gesundheit! Tss, tss!« Kopfschüttelnd flog die Libelle davon.

    Die beiden Freundinnen warfen sich ins Moos, wo sie miteinander flüsterten, als ein riesiger Schmetterling neben ihnen landete.

    Die blonde Elfe rief: »Oh, wie deine blauen Flügel leuchten! Was für ein schönes Muster du darauf hast!«

    Der Schmetterling fühlte sich geschmeichelt und gab das Kompliment zurück: »Eure Flügel schimmern edel in Pastellfarben. Dabei sind sie so filigran wie Libellenflügel!«

    »Danke!«, kicherte die Schwarzhaarige.

    Die Blonde schüttelte ihr grünes Blätterkleid, um einige Tannennadeln zu entfernen. Sie seufzte: »Ach, ist es schön hier! Fehlt nur noch ein leckerer Tee aus Zitronenmelisse.«

    »Sollten wir uns nicht um die Blüten des Kintostrauches kümmern?«, fragte ihre schwarzhaarige Freundin mit gerunzelter Stirn.

    »Ich weiß es nicht mehr. Das macht aber nichts, heute ist so ein wunderbarer Tag. Oh, dein weißes Blütengewand hat einen roten Beerenfleck!« Sie deutete mit einem Finger darauf.

    Die Schwarzhaarige stöhnte: »Och, nee! Wie blöd, dass jetzt schon wieder ein Fleck drauf ist! Heute Morgen konnte ich mich nicht entscheiden, was ich anziehen sollte. Täglich muss ich mir so schwierige Fragen stellen wie: Ist das rote Mohnblütenkleid schöner als das gelbe? Alle Mühe war umsonst!«

    »Mir geht es genauso! Ich weiß auch nie, was ich anziehen soll. Meistens trinke ich dann erst einmal Nektar, bevor ich meine Wahl treffe.«

    Dem Schmetterling wurde es nun zu viel. Er verdrehte die Augen, während er gleichzeitig den Kopf schüttelte. »Über welchen Blödsinn ihr euch den Kopf zerbrecht! Könnt ihr nicht mal über was Wichtiges nachdenken?«

    Entsetzt sahen die beiden ihn an, riefen dann wie aus einem Mund: »Aber das ist doch wichtig!«

    »Oh, je!« Der Schmetterling gab auf. »Lasst einfach das Denken und Reden sein, spielt lieber mit mir Fangen!« Er bewegte die mächtigen Flügel, mit denen er sich in die Höhe schwang.

    Erfreut folgten ihm die Elfen. Das Trio bemerkte dabei nicht, welches Unheil über ihnen schwebte: Worak verfolgte den Flug mit gierigen Augen.

    Der Zauberer wunderte sich über so viel Unbeschwertheit. Er zischte: »So leicht hat es mir noch kein Elfenpack gemacht. Nehmen mir den ganzen Spaß und die Spannung, diese einfältigen Dinger! Die sollten weniger Nektar trinken!«

    Wütend trat er gegen einen Baumstamm. Dadurch brach knackend ein Ast ab. Das Geräusch ließ das Trio kurz innehalten.

    Blitzschnell duckte Worak sich. »Das war knapp!«, knurrte er. »Ich werde sie erst noch ein wenig jagen. Ich will die Angst in ihren Augen sehen, dabei fühlen, wie ihre Herzen vor Schreck einen Schlag aussetzen!« Das Jagdfieber durchströmte seine Adern, und voller Vorfreude schlich er sich ein wenig näher an die Beute heran.

    In diesem Augenblick machten die Freundinnen eine grausige Entdeckung: Eine Blutelfe hatte eine Maus zur Strecke gebracht, deren Blut sie gierig trank. Diese Elfen waren heimtückische Wesen, die gerne über Schwächere herfielen und sich hauptsächlich von dem roten Lebenssaft ernährten. Da sie von ihrer ganzen Statur her größer und stämmiger als die Freundinnen war, stellte sie eine echte Bedrohung für diese dar.

    Die Blutelfe hob den Kopf. Ein rotes Rinnsal floss an ihrem Kinn hinunter, während sie mit düsteren Augen die Umgebung musterte. Sie hatte ein Geräusch gehört, erspähte die Freundinnen und überlegte kurz, ob sie die beiden ebenfalls ergreifen sollte. Doch sie unterließ es, denn der Lebenssaft der Maus schmeckte gerade so köstlich und rann warm die durstige Kehle hinab.

    Starr vor Schreck flatterte das Trio auf der Stelle und blickte zur Blutelfe. Die drei gaben sich einen Ruck, brachten sich dann mit raschen Flügelschlägen in Sicherheit.

    Ärgerlich beobachtete Worak die Blutelfe, er hasste es, wenn seine Pläne durchkreuzt wurden. Diese Blumenelfen gehörten ihm. Niemand würde sie ihm streitig machen, auch nicht dieser Blutsauger! Allerdings konnte er sich mit einer kleinen Planänderung anfreunden: Er würde alle drei Elfen ergreifen, gemeinsam wären sie eine gute Ergänzung für seine Sammlung.

    Immer gieriger wurde der Zauberer. Jagdeifer sowie Machtgelüste durchströmten den Körper wie eine magische Welle. Die Atmosphäre um ihn verdichtete sich. Diese starken Impulse wurden von den umstehenden Bäumen wahrgenommen. Aufgeregt begannen sie zu wispern.

    Mitten in ihrer Bewegung erstarrten die Blumenelfen, auch sie hatten die Veränderung bemerkt. Der Schmetterling flog eilig davon. Die zwei Freundinnen fassten einander an den Händen, während sie sich besorgt ansahen. Verfolgte die Blutelfe sie jetzt etwa doch?

    Kalte Angst kroch ihnen die Wirbelsäule empor. Das Geraune der Bäume verstärkte sich, die Blumenelfen lauschten den Warnungen.

    »Gefahr! Flieht! Zauberer! Worak!«

    Erschrocken schauten die Elfen sich um, flogen ein Stück vorwärts, dann seitwärts, wussten nicht wohin.

    »Los, hoch in die Bäume!«, rief die blonde Elfe voller Panik.

    Doch bevor sie sich aufschwingen konnten, sahen sie einen Schatten und hörten laute Zauberworte. Sie fühlten, wie eine starke Energiewelle auf sie zurollte. Plötzlich umschloss eine undurchdringliche, magische Blase die beiden. Ihre Herzen wollten vor Angst zerspringen, die Elfen jammerten über sich sowie ihre Unachtsamkeit. Was war mit ihnen geschehen?

    Eine traurige Nachricht

    Am nächsten Morgen holte Ben seine Freundin zu Hause ab. Die beiden gingen zur Schule, aber irgendetwas war anders als sonst. Emma bemerkte, wie schweigsam, blass und bedrückt Ben heute war. Aufmerksam betrachtete sie ihn von der Seite und erkundigte sich: »Stimmt was nicht?«

    Ben brummte nur unwirsch.

    »Hast du Hunger?«

    »Nee!«

    »Was ist los mit dir? Hast du Stress mit deinen Eltern?«

    Da blaffte er sie an: »Nichts! Es ist nichts! Lass mich einfach in Ruhe und stell mir keine blöden Fragen!«

    Emma war erstaunt, aber auch ein bisschen gekränkt über die barsche Antwort. So abweisend verhielt Ben sich ihr gegenüber normalerweise nicht.

    Schweigend setzten sie den Weg fort, beide hingen ihren Gedanken nach.

    Emma grübelte: Etwas wirklich Schlimmes bedrückte den Freund, andernfalls hätte er nicht so reagiert. Also hatte es keinen Sinn, beleidigt zu sein, Ben brauchte ihre Hilfe. Sie musste ihn zum Reden bringen.

    Angestrengt schaute Ben auf den trostlosen Asphalt hinunter, als ob es dort etwas Interessantes zu entdecken gäbe. Es tat ihm leid, dass er Emma angeschnauzt hatte, die Worte waren einfach aus ihm herausgeplatzt. Er wollte nicht, dass sie ihn weinen sah, aber die Tränen ließen sich kaum noch zurückhalten.

    Schließlich waren die beiden wortlos an der Schule angekommen. Unvermittelt blieb Emma stehen, versperrte Ben den Weg, während sie ihn fest an seiner Jacke packte. »Jetzt ist Schluss! Ich gehe hier nicht rein, bevor du mir gesagt hast, warum du so pampig bist. Wir sind Freunde, und Freunden kann man alles sagen!«

    Ben nickte und flüsterte: »Ich, ich … war doch gestern beim Augenarzt. Also … das Ergebnis war nicht gut.«

    Da fühlte Emma, wie die Angst auf sie übersprang, gleichzeitig bemerkte sie Tränen in Bens Augen. Zögernd fragte sie: »Was, … was meinst du damit? Was bedeutet nicht gut

    Länger konnte Ben sich nicht mehr beherrschen. Es brach aus ihm heraus: »Ich werde blind!«

    Entsetzt starrte Emma ihn an. »Du wirst blind?«

    Nun flossen Bens Tränen und es war ihm unglaublich peinlich. Leise bestätigte er: »Ja, der Arzt hat festgestellt, dass ich eine unheilbare Augenkrankheit habe. Das bedeutet, dass ich irgendwann nichts mehr sehen werde. Er sagte, es sei ein schleichender Prozess, der nicht aufzuhalten sei. Ich werde in ein paar Tagen mit meinen Eltern noch zu einem weiteren Spezialisten fahren, um eine zweite Meinung einzuholen. Meine Mutter kennt jede Menge guter Ärzte aus dem Medizinstudium, deshalb fahren wir zu einem ihrer alten Bekannten.«

    Emma war schockiert und suchte nach tröstenden Worten, aber es fielen ihr keine ein. Hilflos schaute sie zu Boden. »Wie schrecklich, Ben«, sagte sie leise. Sie fühlte seine Not, konnte nun verstehen, warum er eben verschlossen und mürrisch reagiert hatte. Das Wort Blindheit beinhaltete für Emma so viel Schrecken, dass normale Alltagsprobleme wie Schnee in der Sonne dahinschmolzen und sich auf ein erträgliches Häufchen reduzierten. Die ewige Finsternis war einfach unvorstellbar! Völlig ratlos, wie sie Ben helfen sollte, nahm Emma dessen Hände und drückte sie fest.

    Seine Augen suchten ihre. Emma sah nur Verzweiflung darin. Wut breitete sich in ihr aus, weil ihr weder eine Lösung noch tröstende Worte einfielen. Bens Gesicht war so vertraut, aber diesen resignierten Blick hatte sie noch nie an ihm gesehen. Schließlich stieß Emma hervor: »Du darfst die Hoffnung nicht verlieren! Vielleicht finden wir einen Ausweg. Du hast mir schon oft von Fußballspielen erzählt, bei denen deine Mannschaft im Rückstand war. Am Ende habt ihr durch euren Willen den Kampf gewonnen. Ihr habt einfach nicht aufgegeben. Beim Karate war das auch schon oft so!«

    Aufgebracht rief Ben: »Aber ein Fußballspiel ist doch etwas ganz anderes! Ich habe riesige Angst! Ich kann nicht mehr richtig denken, mein Kopf ist wie blockiert. Mein ganzes Leben verändert sich, wenn ich nichts mehr sehen kann. Nichts ist dann mehr so wie jetzt! Alles, was mir Spaß macht, werde ich nicht mehr tun können.« Er spürte die Furcht im Herzen wie eine finstere, bedrohliche Masse, die ihn ausfüllte, größer wurde und seiner bemächtigte.

    »Es muss einen Weg geben, dass es nicht so weit kommt. Außerdem können Ärzte sich auch mal irren. Egal, was passiert, ich helfe dir!«, murmelte Emma trotzig.

    Die Schulglocke ertönte, die beiden mussten in ihre Klasse gehen. Doch genau in diesem Moment rannte Paul um die Ecke und stieß fast mit den zwei Freunden zusammen. Er sah, dass Ben weinte. Das war natürlich für ihn eine großartige Gelegenheit zu stänkern: »Ach je, der kleine Benny flennt. Ben ist eine Heulsuse, huhuhu…!«

    Mit funkelnden Augen fuhr Emma Paul an: »Du widerlicher Idiot! Verschwinde, du schwabbeliger Fettkloß!«

    Dieser schnappte nach Luft. Gegenwehr war er nicht gewohnt, erst recht nicht von einem Mädchen!

    Besorgt schaute Emma zu Ben und sah, wie sich sein eben noch kummervolles Gesicht veränderte. Einer der gefürchteten Wutanfälle kündigte sich an. Sie wollte ihn besänftigen, flüsterte deshalb rasch: »Bleib ruhig. Bitte lass dich nicht auf eine Prügelei ein. Du kriegst nachher den Ärger!«

    Ben hörte gar nicht hin. Er fühlte, wie diese unerklärliche Hitze in ihm aufstieg. Die Laune war auf den Nullpunkt gesunken. Paul kam ihm gerade recht. Sowohl seine aufgestaute Wut als auch die quälenden Ängste konnte er jetzt an diesem Typen auslassen.

    Hilflos spürte Ben, dass ihm immer heißer wurde, im Bauch entwickelte sich das lodernde Feuer. Die Intensität, mit der die Flammen emporschossen, war jedoch neu für ihn. Er kannte zwar den Zorn, den er kaum bändigen konnte, aber diese fast schmerzhafte Hitze, die ihn nun von innen her verglühte, war ihm fremd. Bevor Ben sich noch weiter über seine Gefühle wundern konnte, trat er nach vorn und haute Paul mit zwei blitzschnellen Oi-Zukis um. Das geschah so überraschend, dass er keine Chance zur Gegenwehr hatte.

    Emma war entsetzt über diese unkontrollierte Explosion. »Was hast du getan? Mensch, Ben, du kannst ihn doch nicht einfach umhauen!«

    Ben dagegen lachte nur zynisch: »Heute musste das einfach sein! Dieser Mistkerl verdient es schon lange. Außerdem weiß ich nicht, wie lange ich mich noch prügeln kann.«

    Irgendwie hatte Ben Recht, aber Prügeln war keine Lösung für Probleme, fand Emma. Sie schaute zu Paul, der sich langsam aufsetzte und Ben mit wutverzerrtem Gesicht anbrüllte: »Das wirst du noch bereuen! Das bedeutet Rache! Ich werde allen erzählen, was für eine Heulsuse du bist!«

    Mit seinen Faustschlägen war Bens Wut verraucht, das Feuer in ihm erloschen. Dieser Kerl widerte die beiden Freunde einfach nur an. Deshalb kümmerten sie sich nicht länger um ihn, sondern hasteten schnell ins Schulgebäude.

    In der ersten Stunde hatten sie Religion bei Herrn Rowan. Die Klasse diskutierte über den Satz von Jesus: Der Glaube versetzt Berge. Bedeutungsvoll schaute Emma zu Ben, denn er brauchte nun den festen Glauben daran, dass es einen Weg gäbe, sein Augenlicht zu erhalten.

    Trotzdem hörte Ben nur mit halbem Ohr hin, er dachte immerzu an die drohende Blindheit und den Gefühlsausbruch. Tränen waren für einen Jungen einfach uncool, egal, warum er weinte.

    Außerdem: Was bedeutete diese unglaubliche Hitze, dieses lodernde Feuer in ihm? Gemeinsam mit dem Wutausbruch war alles erloschen, zusätzlich fühlte er sich erleichtert.

    Endlich klingelte es zur Pause, die Schüler rannten auf den Schulhof. Ben zögerte. Sollte er jetzt tatsächlich mit seinen Freunden Fußball spielen? Eigentlich verspürte er keine Lust dazu. Er befürchtete jedoch, nur zu grübeln, im schlimmsten Fall sogar, erneut zu weinen. Nein, das ging auf gar keinen Fall! Besser wäre es, sich abzulenken, also folgte er den Fußballfreunden nach draußen.

    Nach kurzer Zeit war das Spiel in vollem Gange. Ben sprintete mit dem Ball in Richtung Tor. Einer seiner Kumpel spurtete von rechts auf ihn zu, um ihm den Ball abzunehmen, aber Ben konnte an ihm vorbei dribbeln.

    Gerade, als er schießen wollte, sprang ihn jemand mit voller Wucht von hinten an. Ben verlor den Halt, taumelte, stürzte zu Boden und prallte hart mit der Stirn auf. Der Angreifer landete auf Ben. Schmerz durchzuckte ihn, er verzog das Gesicht. Eine Platzwunde auf seiner Stirn blutete heftig, während der ganze Körper schmerzte. Das Gewicht des Angreifers raubte ihm den Atem, sodass er gequält japste.

    Erneut spürte Ben hemmungslose Wut in sich hochsteigen. Für heute reichte es allerdings mit dem Prügeln und er wäre der Auseinandersetzung gerne aus dem Weg gegangen. Ben drehte den Kopf. Da erkannte er erst, wer ihn gefoult hatte: Paul, der Revanche forderte! Vorhin hatte er Paul mit seinem Überraschungsangriff außer Gefecht gesetzt, jetzt hatte jener ihn überrumpelt. Nun gab es kein Zurück mehr.

    In einer denkbar ungünstigen Position lag Ben auf dem Boden. Durch den Kampfsport hatte er gelernt, nicht aufzugeben, sondern nach einem Ausweg zu suchen. Er musste gedanklich stark bleiben!

    Abrupt brach das Feuer wieder in ihm aus, aber dieses Mal war es nicht wild lodernd, sondern Kraft spendend. Instinktiv konzentrierte Ben sich, versuchte diese Kraft zu sammeln. Er spannte alle Muskeln an und warf den Kopf mit voller Wucht nach hinten.

    Pauls Nase knackte. Vor Schmerz schrie er laut auf und rollte jammernd von Bens Rücken. Unverzüglich rappelte Paul sich hoch, um wie eine Dampfwalze erneut auf Ben loszugehen. Dieser war ebenfalls schon auf den Beinen, trat ein paar Schritte zurück und erwartete seinen Gegner mit angespannten Muskeln. Wie in Zeitlupe erlebte Ben diesen Moment, schaltete dabei alles andere um sich herum aus. Er hörte weder das Geschrei, noch die Anfeuerungsrufe der Schulkameraden, die einen Kreis um die Kämpfenden bildeten.

    Paul versuchte, Ben den gesenkten Kopf gegen die Brust zu rammen, während er ihn gleichzeitig mit den Fäusten attackierte. Ben drehte sich seitwärts und machte einen Ausfallschritt nach hinten. Er blockte mit dem linken Arm die Schläge ab, riss zeitgleich den rechten Arm hoch, mit dem er Pauls Kinn erwischte. Der dicke Junge taumelte.

    Ein lauter Pfiff zerschnitt die Luft. Der Religionslehrer, der die Pausenaufsicht führte, trat entschlossen zwischen die beiden Kämpfer und brüllte: »Auseinander!«

    Sofort herrschte Totenstille. Die im Kreis um die Kämpfer stehenden Mitschüler schauten betroffen zu Boden oder sahen sich verunsichert an, gaben jedoch keinen Mucks von sich. Jammernd hielt Paul den Ärmel seines T-Shirts vor die blutende Nase.

    Der erzürnte Lehrer befahl: »Die Schaulustigen können gehen! Ihr beiden Wahnsinnigen kommt mit mir!« Herr Rowan reichte den beiden jeweils ein Taschentuch und schritt zügig voraus. Die Raufbolde folgten ihm betreten in einen leeren Klassenraum.

    Streng baute der Lehrer sich vor den Jungen auf. »Was habt ihr euch dabei gedacht? Wofür soll Prügeln eine Lösung sein? Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder melde ich das dem Direktor und euren Eltern, dann werdet ihr für den Mist hier abgemahnt! Oder ihr helft mir nach den Ferien beide im Altersheim.« Er machte eine kleine Pause, um die Antwort abzuwarten.

    Betreten schaute Ben auf seine Schuhe.

    Paul blaffte frech: »Mich schmeißt sowieso keiner von der Schule. Ihr braucht doch für den Pausenhof diese neue Kletterwand – mein Vater könnte …«

    Ein herablassender Blick von Herrn Rowan ließ ihn abrupt verstummen: »Wenn du dich da mal nicht irrst, Paul! Du hast mit der Prügelei angefangen und das auf ganz hinterlistige, feige Art! Nun?«

    Ben räusperte sich, murmelte schließlich verlegen: »Gut, ich komme mit Ihnen.«

    »Paul?«, fragte Herr Rowan mit einem scharfen Unterton.

    Der Junge zögerte, es ging ihm sehr gegen den Strich, klein beizugeben. Schließlich nuschelte er kaum hörbar: »Ich auch.« Dabei warf er dem Lehrer einen trotzigen Blick zu.

    »Gut. Dann ist es also abgemacht. Ihr geht jetzt ins Sekretariat, um euch verarzten zu lassen. In Zukunft will ich keine Handgreiflichkeiten mehr! Klar?«

    Beide nickten und trollten sich in Richtung Sekretariat.

    *

    Die restlichen Schulstunden zogen sich in die Länge wie ein ausgekautes Kaugummi, waren dabei genauso fade im Geschmack. Quälende Gedanken rumorten in den Köpfen von Ben und Emma. Deshalb waren die zwei froh, als die Schule endlich aus war, sodass sie nach Hause gehen konnten in der Hoffnung, den düsteren Gedanken zu entfliehen.

    Nach dem Mittagessen verkroch Emma sich in die Stille ihres Zimmers. Sie benötigte Ruhe, um die Gedanken zu ordnen. Auf dem Bett liegend bemühte Emma sich, ebenso tief wie ruhig zu atmen, dadurch entspannte sie langsam. Die Stille umhüllte sie, nach und nach verstummten ihre zermürbenden Gedanken.

    Schließlich griff sie nach dem Foto ihres verstorbenen Opas Karl, um es lange zu betrachten. Immer wenn sie Kummer hatte oder eine Lösung für ein Problem suchte, machte sie das so. Ganz intensiv dachte sie dann an ihn, fühlte, dass er bei ihr war und sie tröstete. Emma empfand tiefe Liebe für den Opa. Sie hatten viel Zeit miteinander verbracht, zusammen gelacht, gespielt, gemalt oder für die Schule geübt. Beim Tennisspielen, Fahrradfahren und Schwimmen war er ihr Lehrer gewesen. Emma schaute sich im Zimmer um, an den hellblauen Wänden hingen mehrere Fotos von ihm. Opa Karl konnte fantastisch zeichnen und fotografieren. Als Emma noch klein war, hatte er auf ihren Wunsch hin eine Wand des Zimmers mit einer kleinen Nixe und einem Delfin bemalt. Für die kindlichen Wandmalereien schien Emma eigentlich zu alt, aber liebte diese so sehr, dass sie die Bilder nicht überstreichen lassen mochte.

    Wenn ihr Opa jetzt noch lebte, könnte sie ihm von Ben erzählen und um Rat fragen. Manchmal lief im Leben alles verkehrt: Opa Karl war tot, der Vater weg, Ben würde sein Augenlicht verlieren, doch sie konnte nichts daran ändern. Hilflosigkeit sowie Trauer überrollten Emma. Von dort war es nicht mehr weit bis zu dem stechenden Herzschmerz, der sie jedes Mal durchdrang, wenn sie daran dachte, dass ihr Opa gestorben war.

    Mit dem Tod verband sie seither nichts Friedliches mehr, sondern er bedeutete nichts anderes als Verlust für immer. Emma konnte in der Erlösung, die in manchem Sterben lag, keinen Trost finden. Denn die Erlösung betraf nur den, der ging, nicht den, der zurückblieb.

    Die Zimmertür wurde einen Spalt breit geöffnet, ihre Mutter fragte vorsichtig: »Darf ich zu dir kommen? Du warst so bedrückt beim Mittagessen. Möchtest du mir erzählen, was los ist?«

    Emma nickte. Es kam selten vor, dass die Mutter Zeit für sie hatte. Aber trotz der vielen Arbeit und des Kummers, der auf Marlene lastete, spürte diese fast immer, wenn es ihrer Ältesten nicht gut ging. Leider forderten die Geschwister ständig die Aufmerksamkeit der Mutter, dadurch überfiel Emma oft das Gefühl, zu kurz zu kommen.

    Doch nun setzte Marlene sich zur Tochter aufs Bett und nahm deren Hand. »Was bedrückt dich, meine Große?«

    Emma seufzte: »Ach, Mama, ich bin schlecht drauf, ich fühle mich so hilflos …« Sie schluchzte, während Tränen an den Wangen hinabliefen. Schließlich erzählte sie der Mutter von Bens Augenkrankheit.

    Schockiert nahm Marlene ihre Tochter in die Arme, hielt sie ganz fest, um Trost zu spenden. Emma verspürte Erleichterung, dass sie die Sorgen mit jemandem teilen konnte. Sie redeten eine Weile über Ben. Marlene machte den Vorschlag, sich im Internet über dessen Krankheit zu informieren. Die Idee gefiel Emma und sie nahm sich vor, später zu recherchieren. Außerdem wollte sie wegen Bens Krankheit ihre Tante Esther befragen, die im Dorf als Heilerin bekannt war. Allerdings heilte diese auf eine ganz spezielle Art.

    Zuletzt teilte die Mutter der Tochter noch eine kleine Überraschung mit: »Dein Vater hat mir diesen Monat etwas

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