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Die Drachen der Skareth
Die Drachen der Skareth
Die Drachen der Skareth
eBook402 Seiten5 Stunden

Die Drachen der Skareth

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Über dieses E-Book

- In einer Woche werden fünf Reiter von den Sturmlanden erwartet. Die Garde der Drachen lässt ihre Grüße ausrichten. -

Mit diesem Brief in der Hand vermag sich Gaten Nahors größte Hoffnung zu erfüllen.
Als Kommandant der Königsgarde der Freien Länder ist es seine Aufgabe, Unterstützung zu finden, die ihm und seinem Land helfen soll, nicht in die Hände der Bergläufer zu fallen.
Doch vom Eintreffen der Drachenreiter an, läuft für Gaten alles schief.

Er ist gezwungen, in die Sturmlande - die Heimat der Reiter - zu reisen, um die alles entscheidende Allianz und damit die Hilfe der Drachengarde zu bekommen.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum27. Sept. 2020
ISBN9783753103228
Die Drachen der Skareth
Autor

Stefanie Worbs

Geboren und aufgewachsen bin ich in einer Kleinstadt in Mitteldeutschland und ich lebe noch immer dort. Schon als Teenager schrieb ich Gedichte und kurze Texte. Diese wurden zu Kurzgeschichten und schlussendlich zu Büchern. Wer träumt nicht von einer Welt, in der man die eigenen Probleme beiseite schieben kann?

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    Buchvorschau

    Die Drachen der Skareth - Stefanie Worbs

    Die Drachen

    der Skareth

    Prolog

    Gaten - Die Freien Länder

    Der Sommer war heiß und schien alle vorherigen mit seiner Hitze und dem frühen Beginn, um einiges übertrumpfen zu wollen. Die Luft über den Gebäuden der Stadt flimmerte in der Hitze der Mittagssonne und ließ die Wachen auf den Mauern der Verteidigungsanlagen schwitzen.

    Gaten lief die Wehrmauer der Stadtgrenze entlang und wünschte sich nichts sehnlicher als ein Bad im Bergsee hinter der Hauptstadt. Dort war es zurzeit zwar übervoll, weil sich vermutlich jeder einzelne Stadtbewohner an das Gewässer flüchtete, aber das war egal. Hauptsache raus aus der Rüstung und rein ins kalte Nass. Leider war er heute dazu verdammt, die Tagschicht zu haben, und würde erst am Abend zu dem Vergnügen einer Abkühlung kommen.

    „Kommandant." Einer seiner Männer, der ebenfalls zur Tagschicht eingeteilt war, salutierte.

    „Soldat. Gaten stellte sich in den Schatten eines kleinen Mauerturms und genehmigte sich einen Schluck aus dem Wasserschlauch. Er musterte den Mann an der Mauer und sah ihm die Schwäche an, die die Hitze auslöste. „Geht eine Pause machen, wies er ihn an. „Trinkt ausreichend und kühlt Euch ein wenig ab."

    Der Mann nickte. „Ja, Kommandant." Er drehte ab und marschierte davon.

    Gaten übernahm den Posten der Wache und ließ den Blick über das weite Umland schweifen. Er genoss den Ausblick, denn es war ein seltenes Vergnügen.

    Seit er die Stelle des Kommandanten der Königsgarde vor vier Jahren übernommen hatte, war er ausschließlich damit beschäftigt, Reyes auf seinen Reisen zu begleiten oder für dessen Schutz hier zu sorgen. Wachgänge waren eine Seltenheit geworden. Er hatte den Führungsposten haben wollen und auch darauf hingearbeitet. Dass die Stelle ihm so viel nehmen würde, hatte Gaten nicht erwartet. Es war eine ehrenvolle Aufgabe, man war einem General gleichgestellt und hielt damit einen der höchsten Ränge im Land. Die Schattenseiten wog das aber nicht wirklich auf. Gaten liebte es, draußen zu sein, und seine Hoffnung war es gewesen, mehr Freiheiten zu bekommen, wenn er Kommandant wurde. Er hatte gedacht, alle seine Interessen in dieser Position vereinen zu können. Er hatte die Rechnung ohne die Bergläufer gemacht.

    Genau die griffen nun schon seit geraumer Zeit die Dörfer und Städte im Land an, was Gaten dazu zwang, oft und viel in seiner Kammer zu hocken und über Plänen zu brüten, wie er den Angreifern entgegentreten konnte. Pläne gegen ein Volk, das im einzigen großen Gebirge im Osten des Landes lebte und sehr lange Zeit nichts von sich hatte hören lassen. Genau 343 Jahre lang. Vor dieser Zeit hatten sie das letzte Mal Krieg geführt und waren damals noch keine wilden Bergläufer, sondern ein mächtiges Volk im Süden der Freien Länder gewesen. Das heutige Volk der Freien Länder erzählte sich, dass diese Menschen Bergläufer wurden, weil sie den Krieg gegen die Drachen verloren hatten. Sie hatten vor den riesigen Flugechsen fliehen müssen und sich deshalb in den Osten und damit in das höchste und kälteste Gebirge des Kontinents zurückgezogen. Drachen hassten die Kälte, deswegen folgten sie den Läufern nicht. Doch seitdem hatten jene ihren Namen. Sie waren eben in die Berge davongelaufen.

    Heute hatten sie sich aber offensichtlich erholt und wollten, wie es schien, ihr Land zurück. Doch nicht einfach nur den Süden oder die bergnahen Gebiete im Osten. Ganz oder gar nicht war ihre Devise. Die ersten Angriffe hatten vor knapp einem Jahr stattgefunden und seitdem waren viele Gemeinden in die Hände der Bergläufer gefallen. Gaten und die Generäle der Freien Länder hatten oft keine Chance gegen die Übermacht der Feinde. Anfangs waren es nur kleine Dörfer gewesen, doch die Läufer hatten immer wieder Erfolg und konzentrierten sich nun auf die Städte. Sie plünderten, raubten und nahmen sich, was immer sie wollten. Zwar verschonten sie die Menschen und ließen sie fliehen oder manchmal auch in ihren Häusern bleiben, doch sie machten klar, wem Land, Hab und Gut gehören sollte. Gaten und die Generäle hatten schon viele gute Männer in großen und kleinen Schlachten gegen die Läufer verloren und langsam aber sicher wurden es zu viele. Es lag keineswegs an seinen Männern oder der Befehlsgewalt der Freien Länder. Es war einzig die Übermacht der Läufer.

    Er seufzte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es war klar, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis Thale, die Hauptstadt, zum Ziel wurde. Die Planungen zur Verteidigung liefen schon lange und wurden schnell umgesetzt. Nur ein Punkt brachte immer wieder alle am Ratstisch zum Schweigen. Unterstützung. Natürlich halfen alle Bannermänner des Landes, die königliche Armee zu erweitern, doch sie blieben zumeist in ihren Regionen, um die dortigen Städte zu schützen. Gaten sandte seine Männer zu ihnen und bekam immer häufiger Nachrichten über den Rückzug der königlichen Soldaten, weil die Bergläufer einfach zu übermächtig waren.

    Er schüttelte den Kopf. Die Soldaten der Freien Länder waren viele, doch die Läufer waren mehr und Tiere im Kampf. Gaten hatte die Ausbildung neuer Rekruten in Thale sofort verbessert, als er Kommandant geworden war. Er hatte neue Ausbilder ernannt und größere Kasernen bauen lassen. Er hatte mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, die Armee in der Hauptstadt ausgebaut. Es war trotzdem nicht genug, denn die Generäle außerhalb hatten kaum noch Zeit und Möglichkeiten, neu auszubilden, und Gaten stemmte damit die Hauptlast an Nachschubkämpfern allein.

    „Kommandant", meldete der Soldat sich zurück. Gaten machte den Platz frei und der Mann stellte sich auf seine Position. Gaten wandte sich ab und machte sich auf den Weg zu seinen Gemächern. Eine Sitzung des Militärrates stand an und er wollte sich vorher noch mal frisch machen.

    Wenig später ließ er sich auf seinen Stuhl am Ratstisch sinken und zog die Papiere zu sich, die die Männer am Vorabend schon durchgegangen waren. Anders als man erwarten würde, waren es keine Aufstellungen von Soldaten oder sonstiger Militärkram. Tatsächlich waren es Schriften von Gelehrten über die Drachenreiter, die einst im Süden gelebt haben sollen. Genau jene, die die Bergläufer, laut der Überlieferungen, schon einmal vertrieben hatten.

    „Gate." Leary setzte sich neben seinen Freund.

    „Lord Older", grüßte er abwesend zurück. Er war in eine Auflistung vertieft. Dort standen geschätzte Zahlen, wie viele Drachen es damals gegeben haben soll.

    „Du glaubst immer noch, die gibt’s?" Sein erster Offizier und ältester Freund war weniger überzeugt, als Gaten, wobei er selbst zweifelte.

    „Warum nicht? Die Gelehrten hätten nicht darüber geschrieben, wenn es nicht so wäre", antwortete er, ohne den Blick von dem Papier zu heben.

    „Es war ein Gelehrter und er wurde in den folgenden Jahren für verrückt erklärt."

    „Wie auch immer. Gaten schaute auf und sah seinen Freund resigniert an. „Wir haben derzeit kaum mehr Möglichkeiten, als das hier. Ein Deut auf das Papier folgte.

    „Also willst du wirklich einen Boten schicken?, hakte Leary ungläubig nach. „Es könnte vergebens sein.

    „Könnte. Muss es aber nicht."

    Der Rest des Rates traf ein und die Gespräche vom Vorabend wurden wieder aufgenommen. Sivan, der Rüstungsmeister des Königs, höhnte die ganze Zeit, was für ein Idiot Gaten doch war, weil er an solche Märchen glaubte. Drachen gab es nicht. Und wenn sie doch mal existiert hatten, wären sie heute sicher ausgestorben. Andernfalls hätte man ja einen sehen müssen. Doch nicht mal die Menschen an der Südküste berichteten von ihnen. Gaten drückte trotzdem durch, dass eine Gruppe von Delegierten losgeschickt wurde. Sie sollten an die Küste reisen und dort in Erfahrung bringen, wo die Drachen sein konnten. Und wenn es auch nur vage Hinweise gab, sollten sie ihnen nachgehen. Es war ein Schuss ins Blaue, doch Gaten hoffte trotzdem auf irgendeine Art Erfolg.

    1

    Dragoth-Gard eth Skareth-Lena

    Die Tage wurden zu Wochen und die Berichte aus dem Süden immer sporadischer. Bis es ganze Monate dauerte, dass neue Informationen kamen. Der Rat tagte seltener und Gaten konzentrierte sich darauf, Soldaten zu werben und auszubilden. Es kamen wenige Neue und von denen, die sich meldeten, waren die meisten kaum imstande, Kämpfer zu werden. Sie waren zu jung, zu alt oder hatten Gebrechen, die sie zu sehr einschränkten. Gaten gab ihnen trotzdem Aufgaben und ließ sie an der Waffe ausbilden, die ihnen am ehesten lag.

    Ein Bote rief nach ihm und unterbrach den Übungskampf mit Leary. „Kommandant Nahor! Ich habe einen Brief für Euch." Der Junge übergab das Schriftstück, verneigte sich und lief gleich wieder davon. Gaten öffnete das Papier und lass stumm die beiden Sätze, die darauf standen.

    In einer Woche werden fünf Reiter von den Sturmlanden erwartet. Die Garde der Drachen lässt ihre Grüße ausrichten.

    Er starrte das Pergament an, als stünde ein Rätsel auf dem Blatt. Nur langsam begriff er den Sinn.

    Leary zog ihm die Nachricht aus der Hand. „Ist jemand gestorben? Er las ebenfalls die beiden Zeilen und keuchte. „Heilige Scheiße! Ist das ein Scherz? Sein Blick schoss zu Gaten, der ihn lediglich verblüfft erwidern konnte.

    „Ich hab keine Ahnung", schaffte er schließlich, zu sagen. War das ein Scherz? War die Nachricht echt?

    Das Siegel war sein eigenes. Er hatte es den Delegierten mitgegeben, damit sie in seinem Namen verhandeln konnten. Aber konnten sie wirklich erfolgreich gewesen sein?

    „Heilige Scheiße, kam es erneut und noch immer ungläubig von Leary. „Gate, wir müssen zum König! Du musst ihm das sagen! Wenn diese Garde wirklich kommt, müssen wir dafür sorgen, dass sie uns freundlich gesonnen sind und es auch bleiben!

    Gaten nickte und fasste sich. „Ich gehe sofort. Übernimmst du den Rat?"

    Leary nickte, gab den Brief zurück und eilte davon. Er selbst zögerte, weil er nicht wusste, wie er Reyes sagen sollte, dass sein Unterfangen anscheinend doch erfolgreich gewesen war. Schließlich setzte auch er sich in Bewegung und legte sich Worte zurecht, die der König hoffentlich ernst nahm.

    Zwei Wochen darauf standen tatsächliche alle Räte und auch König Reyes höchstpersönlich, mit der gesamten Königsgarde, ein Stück weit vor der Stadt. Sie hatten eine Prozession gebildet, um die Garde zu empfangen. Niemand wusste, wie man sie überhaupt empfangen konnte, also hatte man sich auf eine Begrüßung geeinigt, als reiste ein hoher Würdenträger des Landes an. Alle Blicke waren in den Himmel gerichtet und eine angespannte Stille herrschte. Die Pferde wurden in der Hitze der Sonne unruhig und auch die Männer begannen, in ihren Rüstungen zu schwitzen. Der lange Sommer hielt an und brannte gnadenlos auf der Haut.

    Leary schlug Gaten auf den Oberarm und deutete nach vorn. In der Ferne kamen Reiter auf die Stadt zu. Es war eine kleine Gruppe, doch sie ritten schnell, wirbelten dabei eine Menge Staub auf, und schon wenige Minuten später erkannte Gaten, dass es fünf waren.

    Verwirrt spähte er in den Himmel und dann wieder auf die Reiter. „Sind sie das? Wo sind die Drachen?"

    „Ich hatte gedacht, sie reiten die Flugechsen. Meinst du, das ist die Garde?" Leary nickte zu den fünf Reitern.

    „Ich weiß nicht. Ich hatte auch gedacht, sie kommen geflogen."

    „Nahor!", rief Reyes ihn.

    Gaten wandte sich zum König. „Eure Majestät?"

    Der Ausdruck Reyes’ war nachdenklich. „Wollt Ihr sagen, das seien die sagenumwobenen Drachenreiter?" Er ruckte mit dem Kopf zu der Gruppe, die nun fast bei ihnen war.

    „Ich kann es nicht mit Gewissheit sagen, aber ich denke, das sind sie."

    Ace grunzte unwirsch: „Wo sind die Drachen?" Er war als Schatzmeister die rechte Hand des Königs und er war kein Freund von Gatens Idee.

    „Vielleicht kommen sie noch, antwortete Gaten und zuckte mit den Schultern. „Wir sollten abwarten.

    Die Reiter wurden merklich langsamer und ließen ihre Tiere austraben, bis sie in gebührendem Abstand vor der Prozession zum Stehen kamen. Gaten erkannte drei Frauen und zwei Männer. Sie waren alle von schlanker, sichtlich hochgewachsener Statur, trugen Rüstungen aus hellem Metall, das leicht aussah. Bänder aus schwarzem oder buntem Stoff hielten die Teile zusammen. Offensichtlich waren die Farben rangabhängig.

    Die Frau an der Spitze war die einzige die schwarze Bänder trug. Die beiden anderen hatten blaue, die beiden Männer rote. An Waffen zählte Gaten drei Bogen, die von den Frauen getragen wurden, zwei Schwerter bei den Männern und an ledernen Beinscheiden nannten ausnahmslos alle Neuankömmlinge Dolche ihr Eigen. Die fünf wirkten trotz der Bewaffnung und der Rüstungen ungeheuer elegant und Gaten überlegte, ob sie sich auch hergerichtet hatten oder ob die leichte Panzerung auf Drachenreiter hinwies. Immerhin mussten die Tiere die Reiter tragen und die wiederum mussten auf deren Rücken kämpfen. Mit schweren Metallteilen und unhandlich vielen Waffen ginge das sicher nicht.

    Die Frau an der Spitze der Gruppe trieb ihr Tier noch mal an und blieb eine Pferdelänge vor der Gardewache, die den König abschirmte, wieder stehen. Sie wirkte stolz und ein klein wenig arrogant. Ihre Haltung zeigte eindeutige Autorität. Sie hatte langes, dunkles Haar, das zu einem lockeren, hohen Zopf gebunden war. Auf dem Kopf, kurz unterhalb des Haaransatzes, lugte ein schmales silbernes Band hervor. Ein kleiner tropfenförmiger grüner Stein, der im Sonnenlicht in verschiedenen Nuancen funkelte, lag mittig auf der Stirn. Er passte perfekt zur Augenfarbe der Frau, die ein so sattes Grün aufwies, dass es beinahe unnatürlich wirkte.

    Ihr Blick flog über die Anwesenden und blieb zum Schluss bei dem Mann vor ihr. „Mein Name ist Dannika á eta Skareth-Lena. Ich bin unh Garda eth Dragoth-Gard, erste Gardistin der Drachengarde, stellte sie sich mit einem Akzent in der Stimme vor, den Gaten nicht kannte und den er den Sturmlanden zuschrieb. Ihr Tonfall war obgleich der Autorität ihrer Körpersprache weich und recht leise, wobei jedes Wort trotzdem ankam. Sie sprach, als kannte sie die Sprache der Freien Länder, nutzte sie aber nicht oft. Gleichwohl kamen ihre Worte ohne Zögern und selbstsicher. „Ich komme auf Einladung Gaten Nahors, seines Zeichens Kommandant der Königsgarde der Freien Länder. Meine Begleiter sind Lynéra, Féstá eth Dragoth-Gard, erste Offizierin, Mélina Garda, Gardistin der Drachengarde und zwei unserer Vaccom eth Garda, der Gardewachen, Harper und Avery. Sie verstummte und ließ den Blick auf der Wache vor sich. Der Mann wandte sich nicht um, doch Reyes trieb sein Pferd an und Gaten folgte ihm.

    Die beiden erreichten die Gardistin und Gaten neigte den Kopf. „Lady Dannika. Mein König ist seine Majestät Reyes, dritter seines Namens und Herrscher der Freien Länder. Meine Einladung für Euch wurde in seinem Namen ausgesprochen. Ich bin Gaten Nahor, Kommandant der Königsgarde. Wir sind hocherfreut, dass Ihr unserer Bitte nachgekommen seid, und heißen Euch herzlich in Thale willkommen."

    Die Frau verzog keine Miene, nickte aber dankend und wandte sich an den König: „Ich möchte nicht anmaßend sein, doch unsere Reise war lang."

    Auch Reyes nickte. „Sicher. Wir haben Gemächer vorbereiten lassen. Nur, Lady Dannika, wenn Ihr die Frage erlaubt, wir dachten, Ihr würdet, nun ja ..."

    „... geflogen kommen?", beendete sie seine Frage.

    „Genau. Seid Ihr den ganzen Weg geritten? Ich meine, aus dem Süden?" Er fragte es, augenscheinlich unwissend, wo genau die Reiter herkamen. Dass sie angeblich von den Sturmlanden stammten, wusste er von Gaten, doch geglaubt hatte er es ihm nicht. Die Sturmlande waren ein Haufen wilder Inseln weit vor der Südküste der Freien Länder und sie galten als unbewohnbar.

    Die Mundwinkel der Gardistin zucken amüsiert und Gaten sah ihre Augen belustigt aufblitzen, was sie gleich sehr viel sympathischer wirken ließ. „Wir wären wohl kaum binnen zwei Wochen hier angekommen, wären wir allein auf Pferden gereist, Majestät. Wir sind natürlich geflogen, doch unsere Gefährten lagern außerhalb. Es ist zu ihrem und zu Eurem Schutz."

    Gaten sah, wie Reyes’ Augen groß wurden und fragte deshalb: „Lady Dannika, sind die Drachen denn sicher, wenn sie so weit weg sind?" Auch wenn Reyes vermutlich nicht wegen der Drachen besorgt war.

    Jetzt traf ihr Blick erneut auf seinen. „Das sind sie. Wir wählten einen abgelegenen Hain ohne Bevölkerung in unmittelbarer Umgebung. Ich danke für Eure Sorge, Lord Gaten." Sie betonte die Anrede ein klein wenig und schmunzelte weiterhin amüsiert.

    „Wenn dem so ist. Dann wollen wir Euch nicht länger der Hitze aussetzen. Lasst uns zur Burg reiten, damit Ihr Euch abkühlen und ausruhen könnt."

    Dannika lächelte und neigte den Kopf. Ihre Mitreisenden ritten heran und als Gaten sein Pferd wendete, hörte er noch eine der beiden Frauen in ihrer eigenen Sprache fragen: „Ed èh jedda ureàl mynh, edh hìl Hedda regin?"

    Sie erreichten die Burg und wurden sofort von Dienern umschwärmt, die sich um die Pferde und das Gepäck der Gäste kümmern sollten. Leary stieß Gaten erneut an und deutete auf die Sturmländler. Alle fünf wirkten unentschlossen und gaben ihre Habseligkeiten merklich verwirrt in die Hände der Diener. Sie schauten ihren Pferden argwöhnisch nach, als diese weggeführt wurden.

    Gaten ging zu ihnen und klärte auf: „Keine Sorge. Eure Sachen werden nur für Euch auf die Gemächer gebracht. Und auch die Pferde werden gut versorgt. Wenn Ihr wünscht, zeige ich Euch die Stallungen, damit Ihr Euch vergewissern könnt."

    Dannika hatte die Stirn gerunzelt und nickte knapp. „Wir bitten um Verzeihung, falls wir den Eindruck von Misstrauen erweckt haben. Wo wir herkommen, gibt es so etwas nicht." Sie hob die Hand und deutete in die Richtung, in die die Knappen mit den Pferden verschwunden waren.

    Jetzt war es an Gaten, die Stirn kraus zu ziehen. „Ihr habt keine Knappen?"

    „Sind das Leute, die Pferde stehlen?", fragte einer der Männer, Avery. Sein Akzent war stärker. Er sah grimmig aus, mit den mürrisch zusammengezogenen Augenbrauen. Seine schwarze wirkende Iris ließ ihn dazu noch furchterregender aussehen, als seine Ausstrahlung allein es tat. Man sah ihm an, dass er sicherlich alles und jeden niedermetzeln würde, bekäme er den Befehl dazu.

    Gaten lächelte freundlich und versuchte, ihn zu beruhigen. „Nein. Sie kümmern sich um sie, damit wir das nicht machen müssen."

    „Aber es sind unsere Tiere", warf der ebenfalls dunkelhaarige Harper ein. Dieser Mann schien weniger verschlossen, und auch seine nebelgrauen Augen ließen ihn deutlich zugänglicher wirken, doch auch er strahlte die eindeutige Mahnung zur Vorsicht aus. Beide Wachen wirkten überaus fähig und unwillkürlich dachte Gaten, dass sie allein schon eine ungeheure Bereicherung für seine Truppen wären.

    „Wenn es Euch unangenehm ist, dürft Ihr Euch natürlich selbst um das Wohl der Pferde bemühen, lenkte Gaten diplomatisch ein. „Wir wollten Euch nur die Last abnehmen.

    „Das nächste Mal, fragt Ihr besser vorher", kam es von der Frau, die vorhin in ihrer Muttersprache gesprochen hatte. Sie warf ihre blonden, fast silbern wirkenden Haare über die Schulter und ihm einen ebenso missbilligenden Blick zu, wie Avery ihn aufgesetzt hatte. Nur wirkte es bei ihr nicht sehr beängstigend, denn das helle Blau ihrer Iris machte einiges davon zunichte.

    „Melli. Es ist in Ordnung. Wir werden uns den Sitten der Leute hier anpassen, wies Dannika sie zurecht. Ihr Blick für Gaten hatte trotzdem etwas Warnendes. „Ich wünsche jedoch eine angemessene Behandlung der Tiere.

    „Natürlich, bestätigte Gaten sofort und neigte leicht den Kopf. „Nichts anderes stand uns im Sinn. Ein Diener kam heran und verbeugte sich. Gaten erklärte: „Wenn Ihr bereit seid, führt er Euch in Eure Gemächer. Dort könnt Ihr etwas ausruhen, bis das Abendessen angerichtet ist."

    „Wir wünschen, kam es diesmal von der dritten Frau, Lynéra. Auch sie hatte dunkles Haar, dafür aber so graue Augen wie Harper. Ihre Züge waren genauso fein, wie die der anderen, doch im Gegensatz zum Rest ihrer Leute, schien sie nicht im Ansatz grimmig zu sein. Gaten bemerkte außerdem, dass sie viel jünger wirkte als der Rest ihrer Gruppe. Er musste schmunzeln, als sie anmerkte: „Ich muss ganz dringend wohin.

    Dannikas Mund verzog sich zu einem verschmitzten Lächeln, was ihr gleich viel mehr Wärme gab. „Bitte, Lord Gaten. Zeigt uns den Weg." Sie nickte und Gaten spiegelte die Geste. Er hatte registriert, dass sie ihn aufgefordert hatte und nicht den Diener, also blieb er bei den Sturmländlern.

    Sie erreichten den Gästeflügel und Gaten hielt auf dem Flur an. „Es stehen fünf Gemächer für Euch bereit. Alle verfügen über ein eigenes Badezimmer. König Reyes hat außerdem jedem eine Dienerschaft zur Verfügung gestellt. Wir wussten nicht, wer genau kommt, sollten die Ladys aber weibliche Bedienstete bevorzugen, werde ich das umgehend in die Wege leiten."

    Lynéra kicherte, doch Dannika meinte: „Wir benötigen keine Diener."

    „Wie Ihr wünscht. Ich werde einen Boten schicken, wenn das Essen bereitsteht. Bitte fühlt Euch bis dahin wie zu Hause."

    Avery verzog das Gesicht. „Das wollt Ihr nicht wirklich."

    Gaten runzelte die Stirn und schaute die erste Gardistin fragend an.

    „Ich denke, wir werden einigen Gesprächsstoff haben", meinte sie.

    „Ich glaube auch, gab er ihr verwirrt zurück. „Nun, dann lasse ich Euch für den Moment allein. Er verneigte sich und verließ die Gruppe.

    Als er um die Ecke herum und damit außer Sichtweite war, stieß er die Luft pustend aus. Die fünf waren ein seltsames Häufchen. Allein schon ihr Aussehen unterschied sich von den Bewohnern der Freien Länder extrem. Im Königreich waren die Menschen zumeist stämmig und nicht immer die größten, was ihre Körperlänge betraf. Viele Bauern und überhaupt alle, die häufig draußen arbeiten mussten, hatten dunkel gebräunte Haut, weil die Sommermonate, die grundsätzlich den Großteil des Jahres einnahmen, ihre Spuren hinterließen. Es gab kaum Winterwetter in den Freien Ländern und wenn, dann war es überaus mild. Auch war der Großteil der Bevölkerung sandblond. Wer dunkles Haar hatte, galt als exotisch.

    Die fünf Drachenreiter fielen unter genau diese Kategorie. Sie alle hatten dunkles Haar, bis auf Mélina, doch auch ihr silbernes war außergewöhnlich. Die Haut der Sturmländler hatte, wenn Gaten es beschreiben wollte, die Sonne nur im Hauch aufgenommen. Sie alle waren hochgewachsen und schlank, auch wenn man den Männern die Muskelmasse deutlich ansah. Sie hatten ausnahmslos alle stechende Augenfarben oder wie Avery schwarze. Hier in den Freien Ländern war ein helleres unspektakuläres Braun die dominierende Farbe.

    Bisher hatten die Leute in Thale Gaten als ungewöhnlich eingestuft. Mit seinem normalweise dunkelbraunen Haar, das nur durch die viele Sonne so hell geworden war, den grünen Augen und der großen Gestalt. Er fiel auf und oft störte es ihn, weil immer alle dachten, er käme nicht von hier. Sahen sie jetzt aber die Drachenreiter ...

    „Ey, grätschte Leary in seine Gedanken. Er war irgendwo aus einem Zimmer gekommen und lief nun neben ihm. „Und? Wie sind die so?

    „Merkwürdig. Ich glaube, wir müssen aufpassen, was wir in ihrer Gegenwart tun. Sie haben einige andere Sitten."

    „Wie das mit den Pferden vorhin? Hab ich das richtig mitbekommen? Dachten die, wir würden ihnen die Tiere klauen?"

    Gaten nickte. „Sie haben keine Diener. Sie kennen es nicht, dass jemand für sie Sachen erledigt."

    „Mhh, na ja. Ist nicht ungewöhnlich. Wir haben auch nur welche, weil wir in der Burg leben."

    „Mag sein. Aber ich gehe davon aus, dass diese Dannika von hohem Rang ist. Sie hat sich als erste Gardistin vorgestellt. Ich denke, das ist so was wie ein Kommandant. Und sie wurde ausgesucht, als Botschafterin zu kommen. Also wird ihre Regierung viel von ihr halten. Wenn sie so einen Wert hat, sollte sie doch auch Diener haben."

    „Du hast eine Delegation einfacher Botschafter geschickt. Sie könnten auch nur so was sein", merkte Leary an.

    „Stimmt. Aber ich habe durch meine ausrichten lassen, dass ich selbst keine Möglichkeit hatte, zu ihnen zu kommen. Dannika hat nichts dergleichen verlauten lassen."

    Daraufhin schwieg sein Freund.

    Gaten brach die Stille. „Ob wir ihre Drachen sehen werden?" Nachdem sie auf Pferden angekommen waren, waren seine Zweifel gewachsen.

    „Glaubst du echt, die haben welche?"

    „Warum sollten sie keine haben?"

    Leary hob die Schultern und sagte, was auch Gaten dachte. „Ich an ihrer Stelle wäre mit ihnen herkommen. Ich hätte gleich gezeigt, was ich hab. Eindruck schinden und so. Ganz ehrlich, ich glaube, Reyes hält dich gerade für total bescheuert. Das sind fünf Fremde, die behaupten, Drachenreiter zu sein. Mehr nicht. Vielleicht sind sie es gar nicht. Vielleicht tun sie nur so, um keine Ahnung was zu erreichen."

    Diesmal hob Gaten die Schultern. „Für den Moment können wir nichts anderes tun, als ihnen Glauben zu schenken. Wenn sie wirklich Lügner sind, werden wir das schnell rausfinden."

    „Ich hoffe, du hast Recht."

    2

    Dannika - Neue Lande

    „Es behagt mir ganz und gar nicht, dass wir die Drachen zurückgelassen haben. Avery grummelte vor sich hin. „Ich meine, ihr seid Gardistinnen! Ich will gar nicht wissen, welchen miesen Eindruck wir gemacht haben. Er sprach in Skareth-Mhond, ihrer Muttersprache, was allen sehr viel angenehmer war. Sie wollten nur in Anwesenheit anderer die Sprache der Feroth benutzen, damit kein Groll entstand.

    Außerdem hatten sie Fehr, Koleen und Ruw mit Absicht ein paar Meilen entfernt lagern lassen. Dannika hatte so entschieden, weil sie nicht sicher war, wie die Leute in der Stadt auf die großen Tiere reagiert hätten. Ihre Gefährten hatten einen ruhigen Hain als Lager gewählt und würden binnen weniger Minuten an ihrer Seite sein, sollte es notwendig werden.

    „Dessen bin ich mir bewusst, Avery, erklärte Dannika. „Ich bin mir aber auch bewusst, dass die Menschen in diesem Land schon seit ewigen Zeiten keine Drachen mehr gesehen haben. Sie könnten in Panik verfallen und das würde weder uns noch ihnen nutzen.

    „Wir haben sowieso keinen Gewinn hiervon, warf Mélina ein. „Sie wollen unsere Unterstützung. Was bekommen wir denn dafür?

    Dannika seufzte. Natürlich hätte sie jetzt argumentieren können, dass die Feroth-Lena, die Freien Länder, ihnen ebenso Hilfe zuteilwerden lassen konnten. Immerhin hatten auch die Skareth-Lena, die Sturmlande, mit Auseinandersetzungen zu kämpfen. Eine neue Allianz zu Gunsten der Inseln wäre wohl der größte Gewinn. Im Moment wusste Dannika aber selbst nicht, ob ein Bündnis mit König Reyes überhaupt zur Debatte stand. Zaya, ihre eigene Regentin, hatte gemeint, sie sollten erst mal guten Willen zeigen und sehen, was passierte. Wobei das hier mehr als guter Wille war. Es war eine Herausforderung, denn die Mehrzahl der Skareth hatte protestiert, als Dannika und ihre Leute aufgebrochen waren, um dem Gesuch Kommandant Nahors nachzukommen.

    Niemand hatte vergessen, wie die freien Lande von damals - die heute nur noch ein Land waren - allesamt ihre Unterstützung verweigert hatten, als die Skareth-Lena das Ziel eines barbarischen Volkes geworden waren. Sie waren ja nur eine Ansammlung von Inseln, hatte es damals geheißen. Viele davon waren laut den Aussagen der Leute hier nicht mal bewohnbar, das Wetter eine Katastrophe und überhaupt waren die Sturmlande es nicht wert, auch nur einen Krieger zu entsenden. In den Augen der Skareth war der Inselkontinent das alles nicht.

    Die Eilande waren ihre Heimat, alles, was sie hatten. Sie sahen sehr viel mehr in den unzähligen Inseln. Doch das Wichtigste waren die Drachen. Die majestätischen Flugechsen wären der Übermacht damals hilflos ausgeliefert gewesen, hätten die Menschen sie nicht unterstützt. Nach diesem schrecklichen Krieg, der viel zu viele Opfer gefordert hatte, hatten die Skareth-Lena jeglichen Kontakt zum Festland abgebrochen. Sie brauchten sie nicht, denn die Inseln konnten autark überleben. Seither hatte nie auch nur

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