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Der Junge mit dem Feueramulett - Die Schule der Alchemisten
Der Junge mit dem Feueramulett - Die Schule der Alchemisten
Der Junge mit dem Feueramulett - Die Schule der Alchemisten
eBook434 Seiten5 Stunden

Der Junge mit dem Feueramulett - Die Schule der Alchemisten

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Über dieses E-Book

Auf der Suche nach seiner Bestimmung!

Kard ist ein Drachenprinz. Doch der Waise versteht nicht, was dies bedeutet. Er bekommt einen Hinweis zu seiner Herkunft in Form eines seltsamen Rätsels. Dies führt ihn zu der Schule der Alchemisten, in der er lernen soll, seine magischen Fähigkeiten zu perfektionieren. Doch die mächtige Priesterin Tsarr beauftragt den unbarmherzigen Assassinen Laltan – denn Kard bedroht die Herrschaft in Haragor!
Band 3 der Fantasy-Saga

Einfach genial, Amazon-Rezension zu Bd. 1
Viel Humor und... actionreich, Amazon-Rezension zu Bd. 1
Humorvolle Fantasy für Jugendliche und Junggebliebene, LovelyBooks-Rezension zu Bd. 1
Sehr unterhaltsam und spannend, LovelyBooks-Rezension zu Bd. 2

Ein Abenteuer für Jungen und Mädchen!
Ein Buch voller Spannung, Action und Humor!
Ein Fantasy Universum mit unverwechselbaren Figuren - Halbriesen, Amazonen, Vampire, Fischwesen, Waldmenschen, Drachen und viele mehr!
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum8. Dez. 2021
ISBN9783754178515
Der Junge mit dem Feueramulett - Die Schule der Alchemisten
Autor

Frank Pfeifer

Frank Pfeifer, geb. 1966 in Bad Kreuznach, Studium Neuere Deutsche Literatur & Film-, TV- und Theaterwissenschaften an der FU Berlin, lebt & arbeitet in München als selbständiger TV-Trailer-Writer/Producer.

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    Buchvorschau

    Der Junge mit dem Feueramulett - Die Schule der Alchemisten - Frank Pfeifer

    Karte

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    Titel

    Frank Pfeifer

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    Was bisher geschah

    Kard, ein sechzehnjähriger Waise, lebt in dem mittelalterlichen Reich Haragor, das von dem Tyrannen Flanakan und der Priesterin Tsarr mit brutaler Rücksichtslosigkeit beherrscht wird. Er absolviert eine Lehre bei dem Schmiedemeister Wallas, einem Torak. Dieser Halbriese war einst der Waffenschmied von Flanakan, der vor hundert Jahren die verschiedenen Wesen Haragors vereint hat, um seinen Vater, den brutalen Drachenkönig Aidan, vom Thron zu stürzen. Der einstige Befreier Flanakan ist im Laufe der Jahrzehnte aber nun selbst zu einem grausamen Unterdrücker geworden. Wallas und einige Freunde haben daher eine Widerstandsgruppe gegründet, sie wollen sich zur Wehr setzen.

    Aus seiner Zeit als Waffenschmied kennt Wallas eine Schwäche des Herrschers - sein magischer Harnisch kann durch ein geweihtes Minas-Schwert zerstört werden. Und Kard, der eine besondere Beziehung zu dem Element Feuer hat, bekommt die Aufgabe, zum Abschluss seiner Lehre ein Minas-Schwert zu schmieden und es anschließend von einem heiligen Wesen, dem Onchu, weihen zu lassen.

    Doch Kard ist alles andere als ein Held, der bereit ist, sich gegen die Schergen und Wachen oder gar gegen den Herrscher selbst aufzulehnen. Er sucht Rat bei einem Priester von Branu, dem Schöpfergott, denn in Haragor geschieht nichts ohne den Segen der Götter. So gelangt letztendlich die Information, dass ein heiliges Minas-Schwert angefertigt wurde, an die Ohren von Flanakan und Tsarr. Sie schicken den Obersten Schergen Laoch los, das Schwert und den Jungen in Gewahrsam zu nehmen.

    Ohne wirklich um die Bedeutung des Minas-Schwertes zu wissen, macht sich Kard, zusammen mit seinem treuen Freund Madad, einem Cu, also einem sprechenden Hund, auf die Suche nach dem Onchu. Doch noch bevor es richtig losgeht, hat Laoch sie entdeckt. Nur durch die Hilfe von Freunden aus dem Widerstand - dem Torak Gsam mit seinen Söhnen Gsark und Gsaxt - können sie entkommen.

    Die nun beginnende Suche nach dem Onchu ist gleichzeitig eine ständige Flucht vor Laoch. Kard und Madad finden Freunde - die Amazone Rosie und den schlauen Odysseus - die sich aber bald nur noch für das wertvolle Schwert interessieren. Die Waffe wird gestohlen, Madad entführt und Kard muss viele Abenteuer bestehen, bevor er seine Suche fortsetzen kann. Er muss nun in die Alte Stadt, denn dort beginnt der Weg zum Onchu. Hier lernt er das Straßenmädchen Kyra kennen, das Kards Gefühlswelt durcheinander wirbelt. Sie kann ihm den entscheidenen Hinweis geben, damit er seine Suche fortsetzen kann - Kard und Madad müssen in den Dunklen Wald. Dort lernen sie den Baumwächter Kustos und das Volk der Wahter kennen, die ihnen helfen, den Onchu zu finden. Sie müssen viele Abenteuer bestehen, um ihr letztendliches Ziel, den heiligen Vulkan, zu erreichen. Mit dabei ist auch die Priesterin Nanda, die Kard mit einem Liebeszauber betören kann, doch in Wirklichkeit ist sie eine Spionin von Laoch.

    Dem Rat des Onchus folgend traut Kard sich, das Schwert mit bloßen Händen in die Lava des heiligen Vulkans Branubrabat zu tauchen - das Schwert ist nun eine mächtige magische Waffe. Aber Laoch ist bereits zur Stelle, sieht sich aber einer Gruppe von Widerständlern gegenüber, die Wallas zusammengetrommelt hat. Doch diese mutigen Wesen haben keine Chance gegen die gut ausgebildeten Wachen, die auch noch von einem mächtigen magischen Ogul unterstützt werden. Doch Nanda weiß inzwischen, dass nur Kard fähig ist, das geweihte Minas-Schwert zu führen. Sie hintergeht Laoch und tötet ihn.

    Kard aber, dessen Ziehvater Wallas bei dem Kampf ums Leben gekommen ist, möchte nun nichts mehr mit dieser todbringenden Waffe zu tun haben. Er zerstört das Schwert, indem er es in die Lava wirft. Sein Leben scheint keinen Sinn mehr zu haben, auch wenn er nun weiß, dass er ein Drachenprinz ist - denn nur Drachenprinzen sind fähig, ein Minas-Schwert zu weihen und ihre Arme unverletzt aus der Lava zu ziehen. Aber das alles hat für Kard in diesem Moment keine Bedeutung mehr.

    Der Vampyr

    Der Junge musste sterben! Dieser Kard hatte einen Ogul getötet, dieses mächtige magische Wesen. Vielleicht war er wirklich ein Günstling des Schöpfergottes Branu? Diese Gefahr musste beseitigt werden! Koste es, was es wolle.

    Die Oberste Priesterin Tsarr betete zu Goiba, Göttin von Tod und Kälte, und bat um ihren Beistand. Sie nahm nochmals die magische Mischung aus wilder Kirsche und Schönfrauenkraut zu sich und spürte, wie sich ihre Augen veränderten. Sie wusste, dass nun das Weiß der Augäpfel verschwand und sie mit vollkommen schwarzen Augen in die Dunkelheit blickte. Mit dem nächsten Blinzeln begannen sich Schemen abzuzeichnen. Alles war nun in dunkles Grün getaucht. Die schartige Felswand, in der Rinnen nach unten liefen, die den Eindruck erweckten, als ob sie mit schwarzem Blut gefüllt seien, wurde jetzt deutlicher. Langsam erkannte Tsarr wieder den Gang, der vor ihr lag, ihr letzter Besuch hier lag einige Zeit zurück. Sie spürte die Kälte in ihrem Nacken und begrüßte sie wie eine gute Freundin. Nach der nächsten Biegung würde sie den Goiba-Tempel der Vampyre betreten, eine gewaltige Grotte tief im Innern des Höhlengebirges von Schtalyr.

    Ns’frta, die Goiba-Priesterin der Vampyre, wartete wie abgesprochen bereits auf sie. Der unterirdische Tempel war nicht wesentlich kleiner als ihr eigener, allerdings erweckten die behauenen Felswände den Eindruck, als ob man sich im Inneren eines gewaltiges Tieres befand. Ihnen fehlte die kalte Eleganz, die den Haupttempel Goibas in Conchar, der Hauptstadt des Reiches Haragor, auszeichnete. Aber in dieser schroffen Wildheit passte er gut zum Volk der Vampyre, die einerseits für ihre Kaltherzigkeit und Grausamkeit bekannt waren, die aber auch treue Gefolgsleute von Flanakan, dem Herrscher, waren.

    Tsarr betrachtete die Vampyrin, die vor einem mit Blutrinnen durchsetzten Altar stand. Tsarr erschrak. Wie schön sie ist, dachte sie. Die Priesterin war jung. Hohe Wangenknochen und große, dunkle Augen unter geschwungenen Augenbrauen dominierten die ebenmäßigen Gesichtszüge. Nur ihre ledrigen Schwingen und ihre krallenförmigen Hände trübten für Menschenaugen diesen Anblick, der Tsarr verbittert an die eigene Vergänglichkeit denken ließ. Außerdem waren die Ns so wie Tsarrs Familie eine der großen, alten Goiba-Dynastien. Der Respekt, den sich die beiden Priesterinnen entgegenbrachten, war nicht nur reine Formsache, sondern entsprang alter und tiefer Überzeugung der eigenen Überlegenheit.

    »Goiba über alles.«

    Ihre Tradition und ihre Treue zur Göttin von Tod und Kälte hatte diese beiden Frauen zusammengeführt, hatte sie Konkurrenz und Eifersucht für diesen Moment vergessen lassen.

    »Goiba für immer, werte Tsarr.« Die Stimme der Vampyrin war durch und durch menschlich. Dunkel, warm und doch irgendwie bedrohlich. »Die Ratten bestätigen es.«

    Also stand es nicht nur in den Gedärmen der Katzen, die Tsarr opferte, um die Zukunft zu deuten, sondern auch im Gekröse der Ratten, die die Vampyre für die gleichen Zwecke schlachteten.

    Ich habe mich also nicht geirrt, dachte Tsarr. Leider.

    Aus der grünen Dunkelheit löste sich nun ein Schatten und trat an den Altar neben Ns’frta. Der Vampyr.

    »Ich habe Laltan bereis von dem Auftrag erzählt.«

    Tsarr spürte sofort, dass dieses Wesen genau das Richtige für die Aufgabe war, die sie ihm zugedacht hatte. Laltan, der im gesamten Reich nur als ›Der Vampyr‹ bekannt war, der Oberste Assassine des Reiches, strahlte eine Kälte aus, die selbst Tsarr beeindruckte. Dieses Wesen würde nicht versagen. Nicht wie dieser tölpelhafte Laoch.

    Auf den ersten Blick unterschied das Wesen sich nicht von seinen Artgenossen. Die Haut des menschenähnlichen Gesichtes war ledrig und durchfurcht von tiefen Falten, die fast schwarzen Lippen schmal und zusammengepresst, so dass man die scharfen, spitzen Zähne nicht sehen konnte. Vampyre waren etwas größer als Menschen, aber erst wenn sie ihre Schwingen ausbreiteten wurde man dessen gewahr. Hatten sie ihre Flügel angelegt, wirkten diese wie Arme, an dessen Ende sich scharfe, lange Klauen zeigten, die in Bruchteilen eines Wimpernschlages ihren Opfern die Kehle aufschlitzen konnten. Sie waren mit leichtem, eng anliegendem Stoff bekleidet, der sie fast wie Menschen aussehen ließ. Aber jeder, der einen Blick in ihre gelben, geschlitzten Augen geworfen hatte, die an die hungrige Miene eines Reptils erinnerten, ahnte, dass diese Wesen nichts Menschliches an sich hatten.

    Laltan war den anderen Wesen Haragors als der grausamste aller Vampyre bekannt, eine furchteinflössende Legende. Ein Wesen so schwarz und gnadenlos, so ganz ein Wesen Goibas, dass es von Natur aus eine abgrundtiefe Abscheu gegen alles hatte, was mit der Magie Branus daherkam. Der perfekte Killer, um den Jungen aufzuspüren und zu töten.

    Der Vampyr kniete nieder vor der Obersten Goiba-Priesterin von Haragor. Da spürte sie es. Dieses Ungleichgewicht, diesen Verrat an der Natur. Angewidert trat sie einen Schritt zurück.

    »Deine Mutter war ein Flughund?«

    Ein Bastard, unrein, ein Wesen wider die Gesetze der Götter. Ns'frta legte ihrer Priesterschwester beruhigend die Kralle auf die Schulter.

    »Daher kann er es auch lange unter den Strahlen der Sonne aushalten, ohne wie wir echten Vampyre davon nach einiger Zeit zu erblinden. Aber sonst ist er einer von uns, ein Vampyr und treuer Goiba-Diener, das verspreche ich dir.«

    Tsarr nickt. Ns'frta hatte recht. Die Götter wählten ihre Werkzeuge so, wie sie sie brauchen. Trotzdem durchlief eine Welle von Ekel und Abscheu ihren Körper. Dann näherte sie sich dem Vampyr erneut und legte ihm die Hände auf das Haupt. Sie begann, unverständliche Worte zu murmeln, unverständlich für alle, die der magischen Sprache Goibas nicht mächtig waren. Alles, was sie über den Jungen wusste, pflanzte sie nun in das Gedächtnis des Vampyrs. Er atmete tief, verkrampfte sich, schüttelte sich und grunzte unkontrolliert. Eine Abwehrreaktion auf so viel Branu-Vergiftung, die er in diesem Moment aufnehmen musste. Nach wenigen Sekunden war das Ritual vorbei und der Vampyr erhob sich wieder. Im grünen Licht ihres Nachtsichtzaubers konnte Tsarr nicht wirklich erkennen, ob es Hass oder Ekel war, welche die Miene des Vampyrs verzerrte. Und sie selbst hoffte, dass sie mit der Wahl des Vampyrs keinen Fehler gemacht hatte.

    »Hiermit kannst du immer Kontakt mit mir aufnehmen.«

    Aus den Tiefen ihrer Robe hatte Tsarr zwei Mini-Obsidiankugeln herausgezogen, eine Erfindung, die noch von Davischi, dem letzten Bauherren der Drachenkönige, stammte und magische Fernkommunikation ermöglichte.

    Die Oberste Goiba-Priesterin reichte eine der Kugeln dem Vampyr und berührte sanft ihre eigene, die bläulich zu leuchten begann. Im Dunkeln der Höhle zeigte das sanfte Licht eine ungeahnte Intensität. Geblendet wichen die beiden Vampyre zurück. Über der Kugel des Vampyrs erschien nun die blaue Aura von Tsarr, eine verkleinertes Abbild der Priesterin, das pulsierte, als ob es ein eigenes Herz hätte. Erstaunt hielt der Assassine die Kugel weit von sich.

    »Um mich zu erreichen, musst du diese magischen Worte sagen, merke sie dir gut.« Tsarr beugte sich vor und flüsterte dem Vampyr die geheime Formel ins Ohr. Demütig nickte das Höhlenwesen, während sich die Worte tief in sein Inneres fraßen. Die Oberste Priesterin von Goiba betete zu ihrer Göttin, dass der Vampyr seinen Auftrag erfüllen würde. Ein nochmaliges Scheitern konnte ungeahnte Folgen haben.

    *

    Mit aller Macht ließ Kard den Schmiedehammer auf den Latrinenauskratzer herunterkrachen. Er riss den schweren Hammer mit einem gewaltigen Ruck über seinen Kopf, bog dabei leicht das Rückgrat nach hinten, gerade so, dass er genug Schwung bekam, um den Hammer erneut mit aller Macht auf das Werkstück auf dem Amboss vor ihm zu schmettern. Kard war wütend. Der helle Schrei, der beim Kampf der Metalle entstand, stieß wie ein Messer durch seine Ohren direkt in seine Wut und stachelte ihn nur noch an. Erneut hob er den Hammer. Und diesmal kam aus seiner Kehle ein gepresster Schrei, der sich mit dem Klang des Metalls vermischte.

    »Yo, mach das Ding platt!«

    Madad stand in der Tür der kleinen Schmiede in Truk und sah seinen Freund grinsend an. Kard wandte nur kurz den Kopf beiseite, presste die Lippen zusammen, nahm den Latrinenauskratzer und hievte ihn hinüber ins Abkühlbecken. Schnell stieß er das Eisen in die dunkle Flüssigkeit, als ob erneut ein Ogul zu erledigen wäre. Das Wasser zischte, eine Dampfwolke bildete sich über dem Becken und hüllte Kard in weichen Nebel. Als er das Werkzeug wieder herausholte, fiel sein Blick auf sein Spiegelbild, wie es in den Wellen des Wassers sich verzerrte und hin und her geschleudert wurde.

    Kard betrachtete diese Erscheinung im Wasser, als ob etwas Fremdes, Unbekanntes ihm entgegenblicken würde. Tatsächlich erkannte er sich nicht selbst in diesem verzerrten Abbild auf der Wasseroberfläche. Ein wenig mehr Muskeln hatte er in den letzten Wochen hier in Truk bekommen. Ein schlaksiger Junge mit dunklen, lockigen Haaren, der ihn jetzt mit ausdrucksloser Miene und leerem Blick anstarrte.

    Wer ist das? Wer bin ich?

    Nach dem Tod von Wallas, seinem alten Lehrmeister und Ziehvater, hatte sich eine gewaltige Leere in ihm breitgemacht. Er schwamm in einem dunklen See tief in seinem Innern. Nirgendwo war ein Ufer zu sehen. Er war so müde, dass er immer wieder vergaß zu schwimmen und sich in den Abgrund saugen ließ. Hätte Madad ihn nicht ab und zu kräftig in die Waden gebissen, wer weiß, vielleicht würde er immer noch am Fuß des Branubrabat sitzen? Inzwischen wäre er nur noch ein Gerippe, umringt von unsichtbaren Chameliten, diesen Anpassungskünstlern des Dunklen Waldes.

    Irgendwie hatte ihn Madad nach der Schlacht am Branubrabat bis nach Truk getrieben, der kleinen Stadt ganz im Westen der Hochebene von Asch-by-lan. Ein Ort, an dem ihn niemand kannte. Ihn, Kard, den Verräter, der das magische Schwert zerstört hatte.

    Die Gefolgsleute hatten sich nach dem Sieg über Laoch und den Ogul in alle vier Winde zerstreut. Kustos, der gutmütige Magier und Baumwächter, war zu seinem gemütlichen Wohnbaum aufgebrochen. Die Credna-Priesterin Nanda, Tsarkoik, der Erzhändler, und die Reste des Widerstandes waren zurück in die Alte Stadt gegangen, um sich dort in der Unscheinbarkeit des Alltags zu verstecken. Auf Kard hatte keiner mehr geachtet. Und das war auch gut so. Alle waren so mit sich selbst beschäftigt gewesen, ihrer Angst, dass der Tee kalt wurde oder dass die Schergen umfangreiche Untersuchungen anstellen würden. Für niemand war der Jungen, den sie vor kurzem noch für einen Drachenprinzen gehalten hatten, noch ein Münze wert gewesen. Ein echter Drachenkrieger hätte sicherlich nie eine so gewaltige Waffe wie ein geweihtes Minas-Schwert weggeworfen, so wie es Kard getan hatte. Und gerade auch noch in dem Augenblick, als das Glück sich auf die Seite der Geächteten und Verfolgten zu neigen schien. Ein magisches Monster zur Strecke gebracht und den Obersten Schergen erledigt! Ein echter Drachenkrieger hätte sie nun mit der Macht des magischen Schwertes gegen Flanakan, den Unterdrücker, geführt. Dieser Junge konnte also auf keinen Fall ein echter Drachenkrieger oder gar ein Drachenprinz sein! Er war viel weniger! Ein Verräter vielleicht oder im besten Fall einfach nur ein Nichts.

    Ich bin ein Nichts.

    Genauso fühlte sich Kard. Eine wandelnde Leere. Ein Körper, der irgendwie atmete und aß und verdaute und schwitzte, aber im Grunde eine überflüssige Existenz.

    Ohne Madad wäre Kard einfach stehengeblieben und gestorben. Er hatte keinen Grund zu leben. Wozu denn? Wer war er denn? Ein Nichts.

    Der Cu an seiner Seite aber schien zu wissen, was Kard fehlte. Tagelang hatte er den strauchelnden, seelenlosen Körper seines Freundes durch den Dunklen Wald getrieben, bis sie schließlich in Truk gelandet waren. Dort kannte sie niemand. An dem Abend, als sie vor den Stadtmauern aufgetaucht waren, zu einem Zeitpunkt, als die Stadttore längst geschlossen waren, hatten sich bereits einige andere Reisende vor einem großen Feuer versammelt, das die Faols, Bestien, größer als jeder Hütehund und erbarmungslos wie der Tod selbst, von ihnen fernhalten sollte. Madad hatte seinen Freund vor die Flammen gezerrt und ihn den Blick in das Geflacker lenken lassen.

    Das Feuer. Kard erinnerte sich. Und fühlte nach langer Zeit wieder, das Amulett auf seiner Brust pulsieren. Der Drachenzahn ließ ihn sich selbst spüren.

    Feuer.

    Anfangs waren es nur tanzende Farbflecken gewesen, die er wahrgenommen hatte. Dann das Knistern. Dann der Rauch in seiner Nase. Aber es war, als ob nicht er selbst dies wahrnehmen würde, als sei er nur Gast in seinem eigenen Körper. Ein Zuschauer, der ohne irgendein Gefühl einer Zirkusvorstellung beiwohnte. Lange hatte er so vor dem Feuer gestanden. Den Blick starr in die Flammen gerichtet.

    Anfangs hatten die Reisenden ihn nach seiner Herkunft, seinem Namen, seinem Ziel gefragt. Nachdem aber der Ankömmling einfach nur schweigend und bewegungslos zwischen ihnen gestanden hatte, hatten sie begonnen, Witze über ihn zu machen. An seinen Kleidern hatten sie gezogen. Ihm in die Wange gezwickt. Nur das Knurren des gewaltigen Hütehundes an seiner Seite hatte sie schließlich dazu bewogen, von dieser seltsamen Gestalt abzulassen. So stand Kard da, die ganze Nacht, und starrte in die Flammen.

    Mein Name? Den kenne ich ja selbst nicht.

    Kard, so hatte man ihm im Waisenhaus genannt. Aber war das sein richtiger Name? Hatten ihn so seine Eltern genannt? Oder war das nicht einfach nur ein Maßnahme der Obersten Verwaltung, um das Waisenkind irgendwie in die Akten eintragen zu können. Waise Nummer fünfunffünfzigtausendzweihunderteins, kurz Kard.

    Meine Herkunft?

    Es gab schemenhafte Erinnerungen, die vielleicht nicht zum Waisenhaus gehörten, aber er konnte sie nicht zuordnen. Name, Herkunft, nach so etwas fragen die Menschen, wenn sie einen kennenlernten. Wieso eigentlich? Konnten sie einen so besser in ihre Weltsicht einordnen? Obwohl Name und Herkunft doch irgendwie gar nichts über den Menschen aussagten, oder? Aber es ist der Anfang, der Anfang des Menschseins. Und das fehlte Kard.

    Ich habe keinen Anfang. Wie soll ich da ein Ziel haben?

    Das einzige, was ihn verstand, war das Feuer. Kard, der schon immer eine besondere Beziehung zu diesem Element gehabt hatte, hatte an diesem ersten Abend in Truk das Gefühl, dass das Prasseln des Feuers sich direkt in seinem Kopf abspielte. Die Hitze seines Gesichts war nicht mehr zu unterscheiden von der Hitze des Feuers selbst.

    Feuer.

    Der Rauch stieg in seine Nase, hinab in seine Lunge und durchströmte seinen ganzen Körper.

    Ich bin Feuer.

    Irgendwann streckte er die Hand in die Flammen. Er verbrannte sich nicht. Ganz im Gegenteil, es war so, als ob er einen alten Freund umarmen wurde. Er zog die Hand wieder zurück und eine Flamme tanzte auf seiner Handfläche. Kard schloß die Hand zu einer Faust, öffnete sie wieder und begrüßte die Flamme, die weiterhin auf seiner Haut tanzte. Erneut schloß er die Faust, wechselte mit der Flamme einige silbenlose Worte, und öffnete erneut die Faust. Diesmal war die Handfläche leer, so wie es eigentlich sein sollte. Doch als Kard die Flamme rief, tanzte sie erneut auf seiner Haut. Zum Glück schliefen die anderen und außer Madad hatte niemand dieses Schauspiel verfolgt. Der Cu aber knurrte zufrieden, denn in die Augen seines Freundes war ein Glanz zurückgekehrt, den er dort lange vermisst hatte.

    Dann schliefen sie beide ein. Ein tiefer Schlaf voll wilder Träume, an die sich aber keiner am nächsten Morgen erinnern konnte. Aber in ihnen lag ein Versprechen, eine namenlose Hoffnung.

    *

    Wallas war also der ehemalige Waffenschmied von Flanakan gewesen? Diese Information schmeckte dem Vampyr überhaupt nicht. Nachdem sich das Wissen, das Tsarr ihm magisch übermittelt hatte, langsam in seinem Kopf zu ordnen begonnen hatte, war es Laltan klar geworden, dass es hier nicht um gemeinen Verrat ging. Niemand hatte Geld unterschlagen, keiner hatte den Herrscher beleidigt oder die Ehre Goibas beschmutzt. Hier ging es eindeutig um Magie. Ein direkter Angriff auf die magische Quelle der Macht des Herrschers. Und dass ein einstiger Weggefährte Flanakans hier mit im Spiel war, ließ vermuten, das Wallas Informationen hatte, die dem Reich gefährlich werden konnten. War es nur dieses Minas-Schwert gewesen? Nein! Dann hätte Tsarr ihn nicht auf den Jungen angesetzt. Es musste dieser Mensch selbst sein, der sie beunruhigte. Aber warum? Laltan war sich sicher, dass Tsarr ihm nur die Informationen zur Verfügung gestellt hatte, die sie für notwendig erachtet hatte. Um aber die Spur seines Opfers aufnehmen zu können, musste er mehr wissen. Sicherlich wollte die große Tsarr nur das Reich schützen, aber das Wissen, was sie vorenthielt, war wahrscheinlich genau jenes, was er benötigte, um den Jungen ausfindig zu machen. Er würde dort ansetzen, wo alles begonnen hatte: bei der Großen Schlacht, die das Ende der Drachenkönige eingeleitet hatte und den Beginn der Herrschaft Flanakan bedeutete.

    *

    Abends nahm der Wind zu. Abgerissene Winxgrashalme und totes Laub wirbelte über die Dachfirste von Conchar, der Hauptstadt des Reiches Haragor. Auf den Dächern bebten die Ziegel und in den Ställen zitterte das Vieh. Im Feuerturm stöhnten die Flughunde und die große Glocke brummte ein trauriges Lied, sodass der Feuerwächter befürchtete, durch diese Geräuschkulisse in den Wahnsinn getrieben zu werden.

    Der Wind schoss daraufhin in die engen Gassen, brach sich an den Kanten der brüchigen Häuser und zerrieb das Gestein langsam aber sicher zu feinem Staub. Die Bewohner der Hauptstadt versteckten ihre Gesichter und senkten ihren Kopf müde gegen die mitleidlosen Böen.

    Durch die geschlossenen Fensterläden des Audienzsaales der Schwarzen Burg hörte man den Wind nur noch als fernes Rauschen, das protestierend an den Riegeln riss, dessen Flehen aber nicht erhört wurde.

    Makral, Nachfolger von Laoch und jetzt gleichzeitig Oberster der Wachen und der Schergen, hatte sich zu den anderen Obersten des Reiches gesellt. Der Oberster Steuereintreiber, ein Vampyr und Adeliger aus dem Höhlengebirge von Schtalyr, stets griesgrämig, niemals zufrieden, einer der auch dann jammerte, wenn ein Bauer den Steuereintreibern noch das letzte Hemd gab. Der Oberste Verwalter, klein, dick, immer mit einer Notiztafel bewaffnet, auf der er ständig hin und her wischte. Auch der Oberste Stadtrat war diesmal anwesend, einer von Makrals Leuten, denn natürlich war der Oberste Stadtrat nur eine Marionette und ein Spitzel obendrein. Und seitdem Flanakan vor einigen Jahren die Sitzungen des Stadtrates in die Schwarze Burg verlegt hatte, war es auch dem letzten Bewohner Haragors klar geworden, dass die Mitbestimmung der Händler und Handwerker nur noch nettes Theater war. Aber der gute Mann, wohlgenährt und ganz eingenommen von seiner imaginären Bedeutung, hatte viele Kontakte zu den Reichen und Wichtigtuern und war, das konnte Makral bestätigen, ein hervorragender Denunziant.

    Sie alle hatten ihr Haupt vor Flanakan und Tsarr gesenkt. Dem Herrscher sah man kaum an, dass seine Mutter eine Vampyrin gewesen war. Aber auch wenn ihm die lederartigen Flügel fehlten, die normale Vampyre, wenn sie unter Menschen wandelten, gerne wie einen warmen Mantel um sich schloßen, verriet doch die dunkle, faltige Haut, dass Flanakan kein Mensch war. Seine gelben Augen waren nur zwei Schlitze, mit denen er die Anwesenden griesgrämig musterte. Selbst Tsarr, stellte Makral fest, wie immer gekleidet in ihrem schwarzen Priestergewand, auf dem auch diesmal ein paar getrocknete Blutspritzer zu sehen waren, blieb von der schlechten Laune des Herrschers nicht verschont.

    Makral berichtete von den zunehmenden Unruhen in Haragor. Mit diesem angeblichen Minas-Schwert hatte es angefangen. Die Schlacht am Branubrabat zwischen Laoch und einigen aufmüpfigen Gestalten war nicht gänzlich unbemerkt geblieben. Aber die Mär von einem Drachenprinzen wollte dann doch keiner wirklich glauben. Dieses unsinnige Gerücht war zur Zeit das geringste Problem. Es gab handfeste, reale Probleme! Störrische Toraks, unzufriedene Menschen und nicht zu vergessen dieses Scharmützel zwischen Amazonen und Ichtos am Rande des Reiches in den Weiten des Ozeans.

    Makral bemerkte, wie Tsarr immer nachdenklicher wurde, während sie seinen Worten lauschte. Als sie das Wort an ihn wandte, war die unterdrückte Wut der Gova deutlich zu spüren.

    »Vasallin Plr, Königin der Ichtos, scheint ihren Gehorsam gegenüber Flanakan vergessen zu haben sollte. Diese halben Fische dürfen nicht vergessen, welchem Herren und welchen Göttern sie dienen müssen.«

    Flanakan nickte. »Die Oberste Priesterin Goibas hat recht. Wenn Plr nach der Magie Branus trachtet, müssen die Ichtos lernen, was es heißt, sich gegen die Magie der göttlichen Schwestern zu stellen.«

    Makral wusste, dass Tsarr sehr darauf bedacht war, dass ihre Göttin, Goiba, nicht ins Hintertreffen kam. Die Waagschalen von Branu und Goiba mussten stets zu ihren Gunsten gefüllt sein.

    Flanakans gelbe Augen richtete sich auf den Obersten Stadtrat. »Wisst ihr noch, Oberster Stadtrat, wieso ich eure Ratsversammlung damals in die Schwarze Burg verlegt habe?«

    Der Angesprochene schluckte nervös und nickte langsam. »Ja, großer Herrscher. Es gab da einige von uns, die, äh, behaupteten, äh, ein Regent wäre… überflüssig.«

    Das letzte Wort war kaum zu hören, der Oberste Stadtrat griff sich an die Kehle, als ob er eine unsichtbare Hand lösen wolle, die ihn gerade würgte.

    »Und wie haben wir das natürliche Gleichgewicht wieder hergestellt?« Flanakan starrte den sich windenden Obersten Stadtrat unerbittlich an.

    »Bestimmt meinst du den Tag der hundert Hinrichtungen…« Der Obersten Stadtrat versuchte verzweifelt zu lächeln, aber seine nach oben gezogenen Mundwinkel standen im krassen Gegensatz zu seinen hin und her huschenden Augen, die nach einem Fluchtweg suchten.

    »Genau, Oberster Stadtrat. Hundert Hinrichtungen. Natürlich waren die meisten Toraks, aber im Endeffekt mussten viele verschiedene Wesen für ihren Frevel bezahlen, oder? Schließlich sollte ganz Haragor wissen, wer hier der Herrscher ist.«

    Seine nächsten Worte richtete Flanakan an Makral. »Oberster Makral. Ich glaube, auch in diesem Fall werden hundert Hinrichtungen genügen. Es sollten vorrangig Ichtos sein! Dann wird dieses achtlose Weib, die sich Königin schimpft, auch mitbekommen, dass wir in Conchar nicht schlafen. Und…«, Flanakan ließ seinen Blick zum Fenster schweifen, »es dürfen auch Toraks und Menschen dabei sein. Amazonen, wenn man ihrer habhaft werden kann, können auch am Galgen baumeln. Schließlich sollen wirklich alle daran erinnert werden, wer der Herrscher Haragors ist.«

    Flanakan schaute in die Runde, aber niemand hatte dem etwas zu entgegnen. Makral hatte ebenfalls keine Einwände. Sein Aufgabe war es, die Worte des Herrschers in Taten umzusetzen. Es stand ihm nicht zu, eigene Gedanken zu haben. Und Gefühle hatte er ja sowieso keine.

    *

    Der Bauer, der es sich im ›Knochenbruch‹, einer beliebten Kneipe in Conchar, gemütlich gemacht hatte, sah Gsaxt, den Wirt dieser Gastwirtschaft, mißtrauisch an. Für einen Menschen war der Mann recht groß und muskulös, was den riesigen Torak, der den Hünen immer noch um zwei Köpfe überragte, nicht im mindesten schreckte. Wenn es darauf ankommen würde, würde er es mit drei dieser Sorte aufnehmen. Gsaxt nahm den Krug, den ihm der Mensch zugeschoben hatte und nippte daran. Er ließ das Gebräu in seiner Mundhöhle kreisen, legte sogar sein mächtiges Haupt in den Nacken und gurgelte verhalten. Dann stellte er den Krug wieder vor seinen Gast.

    »So wie immer, finde ich!«

    »Wie immer, wie immer?« Der Bauer sah Gsaxt entgeistert an. Er war jung und offensichtlich einer, der Streitigkeiten unter Seinesgleichen eher mit der Faust als mit der Zunge regelte. Schon begann er, sich von dem Stuhl zu erheben, aber angesichts der Muskelmasse des Toraks, der mindestens das Doppelte auf die Waage brachte, besann er sich offensichtlich eines Besseren. Gsaxt sah ihn gutmütig an, lächelnd.

    Der Bauer nahm den Krug und nippte nun seinerseits daran. Aber sofort spuckte er das Schoff wieder heraus. »Das ist kein Schoff, das ist Gift!«

    Das Lächeln im Gesicht von Gsaxt hatte nun etwas Erstarrtes. Aber er war in erster Linie hier Gastwirt. Und der Kunde war König. »Wir machen dir einen neuen Krug, wie wäre es damit?«

    »Einen neuen Krug, einen neuen Krug? Was will ich mit einem neuen Krug? Das Schoff ist einfach zu dünn, das ist ja mehr Wasser als sonst etwas.«

    Der Mann sah ihn herausfordernd an. Gsaxt kannte diese Streithähne, die einen Anlass suchten, um sich ein wenig zu prügeln. Aber dieser Bauer schien noch etwas anderes im Schilde zu führen, was der Torak nicht so richtig einschätzen konnte.

    »Dabei ist es das Schoff, das ihr uns selbst geliefert habt.«

    »Kann gar nicht sein. Das Schoff, das ich euch geliefert habe, war süß und vollmundig und würzig und schwer. Ein Schoff, das einem nach dem ersten Schluck schon fröhlich macht. Nicht so ein dünnes Gesöff, wie ihr es hier anbietet.«

    Es gab eben immer diese Wesen, die an allem etwas auszusetzen hatten. Gsaxt holte den Lieferzettel aus seiner Gesäßtasche.

    »Und ist das nicht eure Unterschrift?«

    »Ja, sicherlich. Aber das ist nicht das Schoff, das ich euch geliefert habe.«

    »Wenn der werte Herr einen Blick hinter die Theke werfen möchte, wird er sogar das Fass sehen, welches wir heute morgen von seinem Wagen gehoben haben. Und mit Verlaub, Euer Schoff ist nicht besser oder schlechter als all die anderen Lieferungen, die wir bekommen.«

    Gsaxt blickte weiterhin freundlich auf den Menschen, der unter ihm kurz vor der Explosion stand, und legte schon einmal beruhigend eine mächtige Faust auf die Tischplatte. Tatsächlich war dieser Bauer nicht der erste Gast, der sich wegen des Schoffs beschwerte, sodass der Torak inzwischen einige Übung darin hatte, mit diesem unbegründeten Verhalten umzugehen. Er hatte vor einiger Zeit sogar zusammen mit seinem Bruder einige Freunde eingeladen und ein Spiel gespielt. Sie hatten sich die Augen verbunden und dann blind die gefüllten Krüge geleert, um herauszufinden, ob das Schoff der unterschiedlichen Lieferanten tatsächlich verschieden schmeckte. Aber das Ergebnis war ernüchternd gewesen. Das Schoff waren immer gleich gewesen. Gleich dünn, gleich wässrig, gleich schlecht, gleich gut. Schoff eben.

    »Also mein Schoff ist das bestimmt nicht!«

    »Nun ja, hier in Conchar schmeckt es vielleicht anders als auf eurem Hof, auf der Fahrt werden die Fässer ja auch ganz schön durchgeschüttelt. Wieviel Tage ward ihr unterwegs?«

    »Vier Tage. Aber davon wird das Schoff auch nicht dünner.«

    »Dünner?« Gsaxt sah den Bauer jetzt tief in die Augen.

    »Genau, dünner. Ihr panscht da doch herum, kann mir doch keiner erzählen.«

    »Neue Lieferung!«

    Die Stimme von Gsark dröhnte wie die Glocke des Feuerturms durch den Schankraum. Der ältere Bruder von Gsaxt stand an der Tür, die in den Keller des ›Knochenbruchs‹ führte, und hatte ein Schofffass geschultert.

    »Neue Lieferung!«, wiederholte Gsaxt und schaute dem Bauer vielsagend ins Gesicht. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und verschwand hinter der Theke. Man hörte das Hämmern, als das neue Fass angeschlagen wurde, dann das Gurgeln und Zischen, mit dem sich ein neuer Krug füllte. Kurz darauf stand Gsaxt wieder vor dem Bauern und stellte ihm den neuen Krug genau vor die Nase. Der Mann nahm einen tiefen Schluck und man konnte sehen, wie er versucht war, dieses Schoff genauso herauszuspucken wie das Schoff zuvor. Aber diesmal besann er sich und schluckte die Flüssigkeit herunter.

    »Viel besser«, rief er dann laut und vernehmlich, sodass es alle Gäste im Knochenbruch hören konnten. Gsaxt nahm nun seinerseits den Krug und einen Schluck des Schoffs. Dann reichte er das Gefäß seinem Bruder weiter, der sich inzwischen zu ihnen gesellt hatte. Die Toraks schauten sich an und schüttelten den Kopf.

    »Genauso gut wie das letzte Fass!« Der Tonfall von Gsark war wesentlich schärfer als der seines jüngeren Bruders.

    »Über Geschmack lässt sich nicht streiten.« Gsaxt hatte sich vor den älteren Gsark geschoben und

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