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Atlantis - Das Juwel der Macht
Atlantis - Das Juwel der Macht
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eBook389 Seiten5 Stunden

Atlantis - Das Juwel der Macht

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Über dieses E-Book

Agent Grayson James hat einen Auftrag: das Juwel von Atlantis finden und dafür sorgen, dass es nicht in die falschen Hände gerät - selbst wenn das bedeutet, es zu zerstören. Doch nachdem er die schöne Jewel vor einer Horde Dämonen gerettet hat, scheint seine Mission auf einmal unmöglich. Denn sie ist das Juwel, das jeder in Atlantis beherrschen will. Und er ist der Halbgöttin längst verfallen. Statt sie zu töten, nimmt er es mit Dämonen, Drachen und Vampiren auf - und mit einer Prophezeiung, die sie beide zerstören könnte.

Praises

"Das Buch ist ein wahres Juwel.”

—A Romance Review

"Sexy, lustig und einfach magisch!"

— USA TODAY-Bestsellerautorin Katie McAllister

SpracheDeutsch
HerausgeberMIRA Taschenbuch
Erscheinungsdatum10. März 2016
ISBN9783956495366
Atlantis - Das Juwel der Macht
Autor

Gena Showalter

Gena Showalter is the New York Times and USA TODAY bestselling author of over seventy books, including the acclaimed Lords of the Underworld series, the Gods of War series, the White Rabbit Chronicles, and the Forest of Good and Evil series. She writes sizzling paranormal romance, heartwarming contemporary romance, and unputdownable young adult novels, and lives in Oklahoma City with her family and menagerie of dogs. Visit her at GenaShowalter.com.

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    Buchvorschau

    Atlantis - Das Juwel der Macht - Gena Showalter

    1. KAPITEL

    Es hatte ein einfacher Auftrag sein sollen. Unkompliziert. Ruck, zuck erledigt.

    Sein Boss hatte ihm diesen Mist erzählt, und Grayson James war so dumm gewesen, ihm zu glauben. Als Gray allerdings zum ersten Mal dieses saftig grüne, vom Meer umspülte Land namens Atlantis betrat, wurde ihm klar, dass es leichter gewesen wäre, einem Eskimo einen Kühlschrank zu verkaufen. Einen verdammt teuren noch dazu.

    Atlantis.

    Kein Mythos. Verflucht. Er hatte gehofft, es wäre einer.

    Er verzog missmutig das Gesicht. In einer Hand hielt er ein winziges, piependes GPS-Gerät, das mit den Koordinaten programmiert war, die man auf einer Landkarte gefunden hatte. Einer waschechten Karte von Atlantis, die sein Boss im Geheimversteck eines verschwundenen Millionärs gefunden hatte. Das GPS-Signal wurde gerade vom magnetischen Erdkern reflektiert, was Gray half, sich hier in diesem Dschungel zu orientieren. In der anderen Hand hatte er ein Buschmesser, mit dessen scharfer Silberklinge er sich den Weg durch das dichte Gestrüpp schlug.

    Nein, Atlantis war kein Mythos. Es war zufällig die Heimat der abscheulichsten Kreaturen, die er je gesehen hatte. Und als Mitarbeiter des OBI – des Otherworld Bureau of Investigations – hatte er schon eine Menge abscheuliche Kreaturen gesehen.

    Langsam fragte er sich, warum er der Behörde überhaupt je beigetreten war.

    Allerdings kannte er die Antwort, und die war nicht, dass er als Teenager viele Jahre (heimlich) Star Trek geguckt hatte und Klingonisch sprechen konnte. „Heghlu’meH QaQ jajvam", seufzte er. Heute ist ein guter Tag zum Sterben.

    Als er (zu seinem Entsetzen) erfahren hatte, dass es in den unendlichen Weiten des Weltraums tatsächlich noch Leben auf anderen Planeten gab, hatte er seinen Job als Kripobeamter beim Dallas Police Department aufgegeben und begonnen, sich nach einem Auftrag la Men in Black umzusehen. Als das OBI ihn schließlich kontaktierte, hatte er das Angebot sofort angenommen. Er war überzeugt, dass es notwendig war, die Bewohner dieser anderen Welten zu erforschen und seinen eigenen Planeten vor ihnen zu schützen.

    Woher hätte er wissen sollen, dass die furchterregendsten aller Wesen hier lebten, auf seinem eigenen Planeten? Einfach nur begraben unter dem Ozean, geschützt durch eine Art Kristallkuppel?

    Er wich einem Ast aus. „Atlantis, brummte er zähneknirschend. „Codename: Hölle.

    Nachdem er durch ein gallertartig waberndes Portal geschritten war, das das OBI in Florida unter Wasser entdeckt hatte, fand er sich in einem gigantischen Kristallpalast wieder, der von riesigen, Schwerter tragenden Männern bewacht wurde. Zum Glück war es ihm gelungen, sich unbemerkt an ihnen vorbeizuschleichen und in diesen Dschungel vorzudringen.

    Dann hatte sich das Glück, dieser launische Geselle, abrupt verabschiedet.

    In den letzten beiden Nächten war er von einem Begrüßungskomitee aus einem blutsaugenden Vampir, einem feuerspeienden Drachen und einem geifernden, geflügelten Dämon gejagt worden, die in Gedanken vermutlich schon die Messer für das Festmahl gewetzt hatten.

    Eine wundervolle Erinnerung …

    Mittlerweile kannte er sich aus. In weniger als einer Stunde würde es Nacht werden und diese … Dinger würden wieder auftauchen. Würden ihn jagen. Würden ihn am liebsten mit Haut und Haaren verschlingen. Aber nicht aus Liebe.

    Diese Vorstellung ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren, und nicht einmal die heiße feuchte Luft konnte ihn wärmen. Seit 58 Stunden saß er nun schon in diesem nicht enden wollenden Labyrinth fest, und vierzehn davon waren nach immer gleichem Muster verlaufen: die Monster spüren ihn auf, Gray versucht ihnen zu entkommen.

    In der ersten Nacht hatte er versucht, sie mit seiner Beretta zu erschießen. Es war ihm gelungen, dem Drachen eine Kugel zwischen die Augen zu verpassen, aber seine anderen Verfolger waren den Schüssen schnell und mühelos ausgewichen und hatten sich verzogen.

    Als in der zweiten Nacht die beiden übrig gebliebenen Kreaturen wiederaufgetaucht waren, hatte Gray sich seine Kampffertigkeiten zunutze gemacht und dem Vampir die Kehle aufgeschlitzt. Ein wahres Vergnügen, wie er zugeben musste. Ganz unversehrt hatte er es allerdings nicht überstanden. Seinen Hals und einen Oberschenkel zierten jetzt fünf tiefe Kratzund Beißspuren, die ständig schmerzhaft pochten. Sie eiterten zwar nicht, verheilten aber auch nicht richtig.

    Wie er danach dem Dämon entkommen war, wusste er nicht. Verwundet und schwach wie er war, wäre er leichte Beute gewesen. Mann, sein blutender Körper hätte doch ein leckeres Abendessen abgegeben. Gray hatte sich viele Male gefragt, ob der Dämon ihn absichtlich hatte entwischen lassen, weil er den Kick, den ihm die Jagd bescherte, noch länger auskosten wollte.

    Tja, der Dämon war nicht der Einzige, der heute Abend Spaß haben würde. Über Grays Gesicht huschte ein Grinsen voller Vorfreude. Jetzt, da er schlauer war, würde er sich nicht mehr überrumpeln lassen. Außerdem hatte er sich schon einen Plan zurechtgelegt. Operation Kill die Bestie. Wenn sich KDB erfolgreich umsetzen ließ, würde der Dämon schon bald seinen blutsaugenden Freunden in der Hölle Gesellschaft leisten. Wenn nicht, tja, dann würde Gray auf Plan B zurückgreifen: Operation Oh Shit. Er würde davonlaufen, so schnell er konnte, und sich verstecken, bis die scheinbar lebendige Kuppel über ihm wieder Licht ausstrahlte.

    Er schaute zur Kuppel hinauf. Hier gab es keinen Himmel, sondern meilenweit nur glitzernde Kristallwände. Über die Außenseite der Kuppel spülten ständig Wellen, und jenseits von ihr sah er Meerestiere aller Farben und Formen schwimmen. Die nackten Meerjungfrauen gefielen Gray am besten.

    Er wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als ihm ein Zweig scharf über eine Wange streifte, seine Haut aufriss und so seine ohnehin immer länger werdende Liste der Grässlichkeiten noch umfangreicher machte. Grays Stimmung war endgültig auf dem Tiefpunkt angelangt. Wenigstens hatten die Insekten aufgehört, um ihn herumzuschwirren. Ein echter Lichtblick, dachte er verbittert. Er hätte diesen Job nie übernehmen sollen.

    Er wandte sich gerade nach links, als seine Armbanduhr zu vibrieren anfing. Abrupt blieb er stehen. „Das hat mir gerade noch gefehlt", murmelte er. Es war Zeit, sich in der Heimat zu melden.

    Er ließ seinen Rucksack fallen, kramte darin herum, nahm schließlich ein kleines schwarzes Funkgerät heraus und schaltete es ein. Wenn er sich nicht wenigstens ein Mal am Tag meldete, würde die Kavallerie hier einfallen und seinen Auftrag zu Ende bringen. Er hatte noch nie bei einem Einsatz versagt und würde auch diesmal nicht scheitern.

    „Santa an Mutter, sagte er. Seinen Codenamen auszusprechen war ihm peinlich. Seine Abteilung hatte den Namen wahnsinnig witzig gefunden und erklärt, Gray würde genau wie der Weihnachtsmann anderen Welten einen Kurzbesuch abstatten und dort ein paar Geschenke hinterlassen (wie etwa Bomben und Leichen), und so war ihm der Spitzname geblieben. „Kannst du mich hören?

    Es rauschte ein paar Sekunden, dann hörte er: „Auf Empfang, Santa." Gray erkannte die Stimme seines Bosses, Jude Quinlin.

    „Ich habe das Paket immer noch nicht, aber es läuft alles gut."

    „Verstanden."

    „Over." Er beendete das Funkgespräch, steckte das Gerät in seinen Rucksack und marschierte weiter. Um Operation KDB lebend zu überstehen, musste er eine kleine Lichtung finden, auf der genug Platz war, um geschickt auszuweichen oder in Deckung zu gehen. Bis jetzt hatte er noch kein Glück gehabt. Und langsam wurde die Zeit knapp. Seine Uhr tickte gnadenlos.

    An einem Dickicht, das ihm den Weg versperrte, schwenkte er nach rechts ab, doch das GPS begann schrill und hektisch zu piepsen – ein Zeichen, dass er die falsche Richtung eingeschlagen hatte. Knurrend drehte Gray sich um und ging zurück, bis das kleine Gerät sich wieder beruhigt hatte. Schweißtropfen liefen ihm über die Schläfen und tropften auf seinen Tarnanzug.

    Sein Urlaub war fällig gewesen, verdammt. Endlich Gelegenheit, seine Brüder und seine Schwester wiederzusehen, die er seit über zwei Jahren nicht besucht hatte. Klar, er rief sie regelmäßig an, aber das war nicht das Gleiche, wie sie zu umarmen oder mit ihnen zu lachen. Mit ihnen zusammen zu sein. Er wollte mit Katies Kindern spielen. Wollte sich davon überzeugen, dass ihr Mann Jorlan wusste, was für ein Hauptgewinn sie war, und sie entsprechend behandelte.

    Die Arbeit für das OBI – die im Prinzip darin bestand, ständig durch galaktische Schlupflöcher von Planet zu Planet zu springen – erlaubte einem keine häufigen Fahrten nach Hause. Scheiße, für das OBI zu arbeiten, erlaubte überhaupt keine Reisen irgendwohin – außer zu fremden Planeten. Und jetzt in ein Reich unter dem Meer. Wofür man ganz bestimmt keine Gelegenheit hatte, waren Dates und Sex. Es sei denn, man hatte Lust auf einen One-Night-Stand mit einer dreiäugigen, blauhäutigen, schleimigen Alien-Frau.

    Hatte er aber nicht.

    1. Er hatte One-Night-Stands nie gemocht, bevorzugte mehrere Nächte mit mehreren Orgasmen.

    2. Drei Augen? Schleimige Haut? Ekelhaft.

    3. Hatte er schon erwähnt, dass er sich mit einer Frau gern Zeit ließ? Dass er es auskostete, jede Stelle ihres Körpers zu streicheln, in ihrem Duft zu schwelgen und genießerisch mit seinen Lippen über ihre Haut zu streifen? Dass er gern hörte, wenn sie in seiner Muttersprache stöhnte, wie unglaublich seine erotischen Künste waren?

    Bei dem Gedanken an die „unglaublichen erotischen Künste" musste er grinsen.

    Erneut streifte ein Zweig seine Wange, und Gray verging das Grinsen. Selber schuld. Du hättest dich eben nicht von deiner schmutzigen Fantasie ablenken lassen dürfen. Wie wahr. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, an Sex und Frauen zu denken. Oder Sex mit Frauen zu haben. Er gab der Hitze die Schuld an seinem kleinen Gedankenausflug. Der Hitze und dem Umstand, dass er schon seit langer, langer Zeit nicht mehr mit einer Frau geschlafen hatte.

    Viel zu lange nicht.

    Warum sonst konnte er sich denn nicht auf das Wesentliche konzentrieren – sein Überleben –, sondern stellte sich lieber eine nackte Frau vor. Eine nackte Frau mit langen, zarten Beinen, die sich um seine Hüften schlangen und …

    Und schon wieder streifte ihn ein Zweig. Diesmal erwischte es sein Auge. Wie oft denn noch? „Konzentrier dich, Junge." Schließlich litt er ja nicht an ADHS. Du bist aus einem bestimmten Grund hier, James. Nur daran darfst du denken.

    Ein einziger unachtsamer Moment konnte eine Mission zum Scheitern bringen. Er wusste das, und es überraschte ihn, wie leicht er derzeit abzulenken war. Vielleicht war es ihm ja nicht aufregend genug, von einem menschenfressenden Dämon gejagt zu werden. Wenn dem so war, würde er sich körperlich und psychologisch gründlich durchchecken lassen müssen. Und zwar möglichst bald.

    „Der Auftrag. Denk nur an den Auftrag." Ihm fielen zum tausendsten Mal die Worte ein, die ihm sein Boss zum Abschied mit auf den Weg gegeben hatte. Wir haben ein Buch gefunden, Gray. Das Buch schlechthin sogar. Es heißt Ra-Dracus. Darin geht es um Drachen, Vampire und ähnlichen Blödsinn, aber die wahre Botschaft ist zwischen den Zeilen versteckt. In Geheimsprache.

    „Das mit den Drachen und Vampiren ist Blödsinn", äffte er seinen Boss nach. Im Nachhinein war man immer klüger, aber was half ihm das jetzt?

    „Als wir den Code dieser Sprache geknackt haben, hatte sein Boss hinzugefügt, „konnten wir alles über das sogenannte Juwel von Dunamis lesen, einen Edelstein, der über derartige Kräfte verfügt, dass man mit ihm einen Blick in die Zukunft werfen kann oder erkennt, wer lügt und wer die Wahrheit sagt. Wer ihn in der Hand hält, kann jeden Feind vernichten, jede Armee besiegen.

    Kein Wunder, dass seine Regierung so versessen darauf war, den Stein zu besitzen.

    Gray sollte das kostbare Juwel finden, es stehlen und dann nach Hause bringen. Falls seine Mission in irgendeiner Form gefährdet war, musste er den Stein zerstören, damit ihn kein anderer in die Finger bekam.

    So einfach war das.

    Einfach? Ja, ungefähr so einfach wie eine Operation am offenen Gehirn. Gray blieb kurz stehen und nahm einen Schluck aus seiner Feldflasche, in der das mit Vitaminen angereicherte Wasser zusehends weniger wurde. Die kühle Flüssigkeit glitt seine ausgedörrte Kehle hinunter und gab ihm den dringend nötigen Energieschub, den er brauchte.

    Eine gefühlte Ewigkeit lang kämpfte er sich unermüdlich weiter durch den Dschungel, denn ihm war klar, was ihn erwartete, wenn er keine gute Stelle fand, um Operation KDB durchzuführen. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, deren digitales rotes Licht unter dem verdreckten Glas kaum zu erkennen war. Zwanzig Minuten noch, dann war wieder Showtime. Er musste also sofort einen geeigneten Platz finden. Seine Miene verfinsterte sich, und …

    Pass auf den Treibsand auf.

    Gray sah sich hastig nach der Frau um, die er gerade sprechen gehört hatte. Er ging weder in Deckung, noch hielt er an. Besser, er blieb in Bewegung. Außerdem wollte er sie nicht durch irgendeine unerwartete Handlung erschrecken. So etwas konnte einen Finger am Abzug schnell zum Zucken bringen.

    Seine Hand schloss sich fester um den Griff seines Buschmessers. Die Chancen standen 50 zu 50, dass die Frau eine Waffe hatte, und sogar noch höher, dass sie davon Gebrauch machte. Man konnte nicht vorsichtig genug sein.

    Hörst du mir nicht zu? Ich sagte, du sollst auf den Treibsand aufpassen.

    Wieder drang die rauchige Frauenstimme mit dem starken Akzent in seine Gedanken ein, und sie klang so ungeheuer sinnlich, dass Gray unwillkürlich eine Erektion bekam – ehe er plötzlich in einer großen Senke voller Treibsand stecken blieb.

    „Was zum Teufel …?" Instinktiv versuchte er, seine Füße zu heben, was nur dazu führte, dass er noch schneller und tiefer einsank. Er hörte auf, sich zu bewegen, starrte nach unten und sah, wie der Treibsand langsam über seine Füße stieg … seine Knöchel bedeckte.

    Na toll. Ihre Stimme klang genervt. Möglich, dass sie sogar Vollidiot gemurmelt hatte, aber er war sich nicht sicher. Ich habe versucht, dich zu warnen.

    „Wo bist du?", fragte er so sanft und freundlich wie möglich, während er den Blick suchend über die saftig grünen Büsche und Sträucher schweifen ließ. Die Blätter hier waren dicker als alle, die er jemals gesehen hatte, und bewegten sich trotz des leichten Windes kaum.

    Nichts deutete darauf hin, dass sich jemand im Gebüsch versteckte. Man hörte weder Rascheln noch Zweige knacken. Sie hatte versucht, ihn vor dem Treibsand zu warnen, also wollte sie ihm hoffentlich nichts Böses. Und, bei Gott, er konnte im Moment jede Hilfe brauchen.

    „Du kannst rauskommen, sagte er. „Ich tu dir nichts. Versprochen.

    Denk mal kurz nach, Gray. Du hörst mich nicht mit deinen Ohren, sondern in deinem Kopf.

    „Woher weißt du, wie ich heiße?", fragte er scharf. Dann blinzelte er, schüttelte den Kopf und blinzelte wieder. Die Stimme war noch immer da. Ihr Echo hallte durch die Windungen seines Gehirns. Sie hatte recht. Ihre Worte waren tatsächlich in seinem Kopf.

    Wie war das möglich?

    Wie zum Teufel war das möglich?

    „Ich bin schizophren, sagte er laut. Die Erkenntnis war zu schockierend und surreal, um sie für sich zu behalten. „Jetzt bin ich endgültig übergeschnappt. Er hatte in seinem Leben ziemlich viel verrücktes Zeug zu sehen bekommen, aber diese Stimme in seinem Kopf war der Tropfen, der das Fass gerade zum Überlaufen gebracht hatte.

    Er hätte es wissen müssen, dass sich der Wahnsinn bei ihm in Form einer gespaltenen Persönlichkeit zeigen würde. Mit einer verdammt erotischen weiblichen Persönlichkeit noch dazu. Ihre rauchige, sinnliche Stimme … Er hatte noch nie etwas dermaßen Erregendes gehört.

    Er sank immer tiefer. Jetzt steckte er bereits bis zu den Unterschenkeln im feuchten, zähflüssigen Sand. Es roch nach abgestandenem Wasser und nach Fäulnis. Er rümpfte angeekelt die Nase. Was da vor sich hinfaulte, wollte er lieber nicht so genau wissen.

    Selbst wenn er verrückt geworden war, er hatte nicht zwei qualvolle Tage überlebt, um jetzt im stinkenden Sand zu sterben. Was immer er dafür tun musste, er würde sein Leben – oder besser, seine Leben – retten und aus diesem Schlamassel wieder herauskommen.

    Verdammt.

    Da er kein einziges Teil seiner Ausrüstung verlieren wollte, warf er sein GPS und das Buschmesser auf den trockenen Boden. Vorsichtig und bemüht, sich bloß nicht zu viel oder zu schnell zu bewegen, nahm er seinen Rucksack herunter und warf ihn zu dem Messer. Er wünschte, er hätte beim Kampf mit dem Begrüßungskomitee nicht sein Seil verloren.

    Seine Miene verfinsterte sich zum wahrscheinlich tausendsten Mal in gefühlt ebenso vielen Stunden. Der Gesichtsausdruck spiegelte seine Meinung über Atlantis wider. Unterdessen sank er immer weiter ein, ganz langsam, und der nasse Sand arbeitete sich über seine Knie bis zu den Oberschenkeln hoch. Die groben, feuchten Sandkörner waren kalt, und seine Körpertemperatur sank rapide. Das Einzige, was stieg, war sein Blutdruck.

    Während der blubbernde, gurgelnde Sog ihn weiter hinunterzog, schaute Gray sich erneut um. Diesmal nach einem Rettungsanker. Kein Ast, kein Zweig in der Nähe. Nur ein große, weißer Felsbrocken, doch der war zu weit weg, um ihn zu fassen zu kriegen.

    Zieh dein Hemd aus, sagte die sinnliche Ich-will-dich-nacktin-meinem-Bett-Stimme.

    Er schnaubte verächtlich. Der Tod hatte ihn praktisch schon auf der Schippe, und seine neue weibliche Persönlichkeit wollte, dass er sich auszog. Warum überraschte ihn das nicht?

    „Soll ich die Hose auch ausziehen?", fragte er trocken. Wenigstens hatte er ein scharfes Nympho-Girl als Gefährtin im Geist gewählt und keinen näselnden alten Mann.

    Idiot, schnaubte sie, mit einem Hauch Verlegenheit in der Stimme. Zieh dein Hemd aus, nimm in jede Hand einen Ärmel und wirf den Stoff über den Felsbrocken.

    Er riss erstaunt die Augen auf, während er die Entfernung zu dem Stein erneut abschätzte. Das konnte tatsächlich klappen. Zum ersten Mal seit Tagen lachte er wirklich. Er mochte schizophren sein und kurz davor, völlig durchzudrehen, aber er war auch ein verdammtes Genie.

    Die Frau – es war auf Dauer schwer, eine so deutliche, echt wirkende Stimme nur als Erweiterung seiner selbst zu betrachten – seufzte. Warum mussten die Götter ausgerechnet dich aussuchen?

    Ihre Verzweiflung ließ sein Lächeln breiter werden. „Das Gleiche könnte ich mich auch fragen, Schätzchen."

    Er zog den Kragen seines Hemds über den Kopf. Dann nahm er einen Ärmel in die rechte Hand, den anderen in die linke, beugte sich vor und warf das Hemd wie ein Lasso über den Felsbrocken. Daneben.

    Er versuchte es noch einmal. Wieder daneben.

    Okay, er musste sich eindeutig mehr Zeit für sein Geschicklichkeitstraining nehmen.

    Der Sand stand ihm jetzt bis zum Bauch. Gray versuchte weiter, das Hemd über den Felsbrocken zu werfen, und schließlich schaffte er es. Er hielt sich fest und hörte auf zu sinken.

    Jetzt zieh.

    „Ich weiß, was zu tun ist." Er zog, so fest er konnte. Seine Armmuskeln brannten, so sehr strengte er sich an. Der Sand hielt ihn fest im Griff und gab keinen Millimeter nach.

    Unter Aufbietung all seiner Kräfte zog er weiter. Die Wunde an seinem Bein schmerzte, und die Bissspuren an seinem Hals pochten. Möglich, dass die Haut dort sogar aufgeplatzt war, denn er spürte etwas Warmes, Nasses seinen Hals hinunterrinnen.

    Nur noch ein paar Zentimeter, dann hatte er es geschafft. In dem Moment, als er bereits den Stoff seines Hemds reißen hörte, gelang es ihm, seinen Körper mit letzter Kraft auf den trockenen, festen Boden zu hieven. Er schnaufte erleichtert.

    Und jetzt lauf weg. Schnell. Der Dämon ist schon in der Nähe.

    Gray ignorierte sie, drehte sich auf den Rücken und setzte sich dann auf. Während er einen Blick auf seine Armbanduhr warf, spürte er eine sanfte, salzige Brise an sich vorbeistreifen, die ihn an den Urlaub erinnerte, den er so dringend nötig hatte. Dieser Ort hier war vermutlich so gut wie jeder andere, überlegte er. Wenn er weiter nach der idealen Stelle suchte, lief ihm die Zeit davon.

    „Dann lassen wir Operation KDB mal beginnen." Er zog sein Hemd an, machte seinen Rucksack auf und kramte darin herum.

    Was soll das? Lauf weg, du Dummkopf.

    „Du brauchst einen Namen", sagte er, ohne ihre Aufforderung zu beachten, und wühlte weiter in seinem Rucksack. Hatten die Stimmen, die Schizophrene im Kopf hörten, nicht immer einen Namen? Wenn er schon wahnsinnig wurde, dann auch richtig. Fürs Erste zumindest. Sobald er wieder zu Hause war und dem Captain von seiner neuen Freundin erzählte, würde er mit so vielen Nadeln gestochen werden, dass die wissenschaftliche Untersuchung eines Alien-Körpers eine zarte Massage dagegen war.

    Vielleicht würde er sie Bunny nennen. Oder Bambi.

    Bitte, rief sie. Du musst dich verstecken. Sonst wird man dir wieder wehtun und …

    „Ich werde nirgendwohin laufen. Ich werde ihn töten."

    Sie schwieg und schien darüber nachzudenken, was er gesagt hatte. Hör zu, Gray, du bist nicht verrückt. Ich bin kein Produkt deiner Fantasie oder eine Stimme in deinem Kopf. Ich bin echt, und ich kann dir helfen. Ich kenne Atlantis und die Geschöpfe, die hier leben. Hör auf mich, dann überlebst du vielleicht noch einen Tag.

    Jetzt war er es, der schwieg und nachdachte. Das, was sie gesagt hatte, ergab auf eine merkwürdige Art und Weise Sinn. Im Laufe der Jahre hatte er alle möglichen seltsamen Dinge erlebt. Fast hätte er „Kannst du das beweisen?" gefragt, doch er verkniff es sich.

    Obwohl er es nicht laut ausgesprochen hatte, stöhnte sie genervt. Typisch Mensch. Beweis dies, beweis das. Tss! Ich rede doch mit dir, oder nicht?

    Mehrere Alien-Spezies kommunizierten auf mentaler Ebene miteinander. Gray wusste also, dass es funktionierte, er hatte nur nicht gewusst, dass Telepathie auch bei ihm funktionierte. Er war ziemlich erleichtert, dass er nicht völlig den Verstand verloren hatte.

    „Wo bist du?"

    Im Hades, wie es aussieht.

    Er grinste. „Ach ja? Ich auch. Magst du mir sagen, woher du weißt, wie ich heiße? Er fing wieder an, in seinem Rucksack zu kramen. „Und wie kommst du in meinen Kopf? Das beunruhigte ihn nämlich, sehr sogar, aber im Moment gab es zu viele andere Dinge, über die er sich Sorgen machen musste.

    Willst du darüber wirklich jetzt diskutieren? Die Zeit arbeitet gegen dich.

    Wieder einmal hatte sie recht. Er hatte wirklich nicht mehr viel Zeit, vielleicht fünf oder zehn Minuten, und jede Sekunde zählte. „Dann will ich mal nicht so sein und ziehe die Fragen zurück. Aber da gibt es etwas, was ich einfach wissen muss: Warum hilfst du mir?"

    Schweigen. Es wäre eine Schande, wenn dein hübsches Gesicht verunstaltet würde.

    Gute Antwort. Dem war nichts entgegenzusetzen.

    „Weißt du, wie man einen Dämon außer Gefecht setzt?" In Sagen wurde immer behauptet, es ginge mit Knoblauch, einem Pfahl durchs Herz oder Weihwasser. Moment. Damit brachte man Vampire um. Was zum Teufel funktionierte bei Dämonen? Im Buch des Ra-Dracus hatte höchstwahrscheinlich eine genaue Anleitung gestanden, doch auf solche Dinge hatte er nicht geachtet. Er hatte die Texte bloß als Tarnung für den Geheimcode mit den Infos über das magische Juwel aufgefasst. Dumm gelaufen.

    Es gibt keinen Grund zu kämpfen. Ich kann dich in Sicherheit bringen.

    „Gift? Dynamit?" Er zog besagte Dinge aus seinem Rucksack.

    In seinem Kopf herrschte Schweigen.

    „Ich gehe nirgendwohin, Süße. Also kannst du es mir genauso gut verraten."

    Sein Hals, sagte sie schließlich mit bebender Stimme. Du musst … tja, du weißt schon.

    „Ja, ich fürchte, ich weiß, worauf es hinausläuft." Er ließ die Handgranaten im Rucksack. Die würde er vielleicht später noch brauchen. Stattdessen nahm er vier Stangen Dynamit und seine Nachtsichtbrille heraus.

    Das Dynamit wird dir nichts nützen. Dämonen werden durch Feuer nur noch stärker.

    „Ich hoffe darauf, dass der Typ durch den Druck der Explosion langsamer wird, sodass ich nahe genug an ihn rankomme, um … du weißt schon." Er schob ein Magazin in seine Pistole und lud durch. Das hier war seine letzte Munition, also musste er sie bestmöglich nützen.

    Sei vorsichtig. Bitte sei vorsichtig.

    In ihren Worten schwangen so viele Gefühle mit. Angst, Bedauern, Hoffnung. Sorge. Gefühle, die er nicht verstand, und ihm fehlte die Zeit, darüber nachzudenken.

    Versprich es mir.

    „Ich gebe dir mein Wort", sagte er, dann blendete er sie komplett aus. Er wollte sich bei seinem Vorhaben nicht von ihr ablenken lassen. Wenn er gewinnen wollte, musste er voll konzentriert sein – und bleiben.

    Ich rede erst wieder mit dir, wenn das Ganze vorbei ist, sagte sie, als würde sie spüren, was er im Moment brauchte.

    Gray steckte die Dynamitstangen im Kreis neben die riesigen Baumstämme. Der Wind wurde stärker, und die einbrechende Dunkelheit legte sich über das Dickicht. Während Gray seine Nachtsichtbrille aufsetzte, die die Welt in schwaches Rot und Grau tauchte, spürte er Adrenalin durch seinen Körper schießen.

    Dynamit an Ort und Stelle. Check.

    Pistole in der Hand. Check.

    Patronen geladen. Check.

    Das Messer. Er hob das Buschmesser auf und befestigte es an seinem Hosengürtel. Check.

    Jetzt musste er sich nur noch mit Blättern tarnen, damit ihn der Dämon nicht sah. Doch als er sich bückte, um das erste Blatt aufzuheben, hörte er dicht an seinem Ohr ein Zischen, gefolgt von einem nach Schwefel stinkenden Windstoß und höhnischem Gelächter.

    Zu spät.

    Der Dämon war da.

    Gray warf sich leise fluchend auf den Boden und umklammerte seine Waffe. Der Schweiß tropfte ihm von der Stirn auf die Brille, sodass er für einen Moment nur verschwommen sehen konnte. Er bewegte den Kopf langsam hin und her, sah nach links und rechts und hielt Ausschau nach verräterischen Bewegungen. Wo zum Teufel war der Dämon? Komm schon, zeig dich.

    Da weit und breit nichts auf das Monster hindeutete, schaute Gray kurz nach oben … und sah, wie ein Wesen im Sturzflug auf ihn zukam. Näher und immer näher. Er geriet nicht in Panik. Im Gegenteil, er war gespannt. Konnte es kaum erwarten.

    Gleich war es da. Einen Sekundenbruchteil, bevor es ihn traf, rollte Gray sich zur Seite. Der Dämon krachte auf den Boden, und ein böses Zischen ertönte in der Dunkelheit. Unglücklicherweise war die Kreatur schon wieder auf den Beinen und im Wald verschwunden, ehe er einen Schuss abfeuern konnte.

    „Du willst Verstecken spielen?, rief er. „Nur zu! Komm und fang mich, du hässlicher Mistkerl. Die Pistole geradeaus gerichtet sprang Gray auf und lief los. Er rannte auf die erste Sprengladung zu und betete, dass der Dämon ihm folgte. Als er das Rascheln eines Umhangs hörte und den warmen Atem im Nacken spürte, lächelte er triumphierend.

    Oh ja, der kleine Scheißer lief ihm hinterher.

    Als Gray an dem Baum vorbei war, drehte er sich blitzschnell um und zielte. Bumm! Die Patrone traf das Dynamit und der Baum explodierte. Die Druckwelle schleuderte Gray auf den Boden und sog ihm förmlich die Luft aus den Lungen. Dem Dämon ging es nicht anders, und während er vor Schmerz und Zorn aufheulte, prasselten Holzsplitter und verkohlte Blätter auf ihn nieder.

    Dem habe ich einen Denkzettel verpasst, dachte Gray und rang nach Luft. Aber war der Dämon auch langsamer geworden?

    Eine Wolke aus schwarzem Rauch und beißendem Gestank umgab Gray, als er aufstand. Er sprintete los, auf die zweite Dynamitstange zu. Wieder nahm der Dämon die Verfolgung auf, jetzt nicht mehr ausgelassen und spöttisch, sondern voller Wut. Speichel tropfte von seinen zu weißen, zu scharfen Zähnen auf Grays Nacken herab.

    Gray fuhr herum und schoss. Bumm! Die zweite Ladung explodierte und erleuchtete das Dunkel mit orange-goldenen Flammen. Eine Welle reiner Hitze fegte über ihn hinweg, und Gray wurde wieder in die Luft geschleudert. Diesmal war er allerdings darauf gefasst und rollte sich beim Aufprall geschickt ab. Der Dämon taumelte gegen einen anderen Baum, brüllte wieder vor Zorn und Schmerz und stieß wilde Flüche in einer Sprache aus, die Gray nicht verstand.

    Gray sprang auf und begann zu laufen.

    Jetzt! rief die Frauenstimme in seinem Kopf. Jetzt schieß!

    Er war noch nicht an der dritten Sprengladung vorbei, sondern befand sich direkt davor. Wenn er jetzt schoss, würde er sich möglicherweise selbst grillen. Er zielte trotzdem, drückte ab und warf sich auf den Boden.

    Bumm!

    Die Explosion schleuderte ihn nach hinten, und er legte die Hände schützend auf seinen Kopf. Wellen brennend heißer Luft fegten über ihn hinweg, noch heißer als zuvor, und versengten seine Kleider und seine Haut. Ein lautes, dumpfes Krachen, gefolgt von einem Röcheln dröhnte ihm in den Ohren.

    Gray sprang auf, griff nach seinem Buschmesser und stürmte auf den Dämon zu. Die hässliche Bestie war in einen anderen Baum geknallt und konnte sich kaum noch aufrecht halten. Ihre Augen glühten rot und unheimlich. Aus ihrem schuppigen Körper ragten überall Hörner hervor. Ohne zu zögern, hob

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