Mein Mann: Tatsachenroman
Von Günter Tolar
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Über dieses E-Book
"Mein Mann" ist die Chronik eines "Schicksals unserer Tage" (1991), exemplarisch für viele Leidenswege, die aus unbarmherzigen Tabuzwängen geheim und mit Scham gegangen werden mussten.
"Mein Mann" handelt von einem Menschen, der mitten unter uns gelebt hat, der mitten unter uns gestorben ist, allein, bewusst allein, willentlich allein, weil er genau wusste, dass er mit Hilfe nicht rechnen konnte, weil es keine Hilfe gab.
Wo aber keine helfenden Taten gesetzt werden können, dort müssen zumindest die Gedanken helfend eingreifen.
Der "Held" dieses Buches ist längst tot. Dieser Tod, der in unserer so fortschrittlichen Zeit nicht verhindert werden konnte, soll nicht sinnlos gewesen sein. Er soll bewirken, dass der Leser in sich selbst das einzige entwickelt, das wir Menschen stigmatisierten Kranken gegenüber zur Verfügung haben: Helfende und verstehende Gedanken.
Das Buch handelt, darauf muss hingewiesen werden, in den Jahren 1991 und 1992. Es wurde damals schon veröffentlicht unter dem Titel "Sein Mann". Die Er-Form wurde deshalb gewählt, weil es damals für einen aktiven Fersehmoderator gefährlich war, als Schwuler, am Ende einer 15 Jahre dauernden Beziehung, einem Ende, das noch dazu durch AIDS markiert war, sich öffentlich zu machen.
"Sein Mann" war in den 1990er-Jahren ein Bestseller.
Die vorliegende "Originalfassung" ist die unveröffentlichte Erstfassung, bevor sie in die Er-Form umgearbeitet werden musste.
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Buchvorschau
Mein Mann - Günter Tolar
VORWORT
„AIDS IST NICHT WIRKLICH EINE KRANKHEIT,
es vereinfacht die Dinge, sie als eine solche zu bezeichnen, es ist ein Zustand von Schwäche und Ergebung, welcher dem Tier, das man in sich trug, den Käfig öffnet, dem Tier, dem ich gezwungenermaßen unumschränkte Vollmacht gebe, damit es mich verschlingt, dass ich mir lebendigen Leibes antun lassen muss, was an meinem Leichnam zu tun es sich anschickte, um ihn zu zersetzen. Die Pneumozystis-Pilze, würgende Boas für Lunge und Atem, und die Toxoplasmose-Erreger, die das Hirn zerrütten, leben im Inneren jedes Menschen, nur verweigert ihnen das Gleichgewicht seines Immunsystems schlicht und einfach das Bürgerrecht, während Aids ihnen grünes Licht gibt und die Schleusen der Zerstörung öffnet."
Herve Guibert - Dem Freund, der mir das Leben nicht gerettet hat.
Kapitel 1
„MACH’ ORDNUNG IN DEINEM SCHMERZ",
sagte Roswitha, meine riegelsame Nachbarin, die immer jemand brauchte, um sich um ihn kümmern zu können.
„Ich finde es gut, wenn du darüber nachdenkst, darüber schreibst, darüber sprichst, fügte sie hinzu, „mit jedem mal verdaust du es ein Stückchen mehr.
Roswitha wohnte die ganzen fünfzehn Jahre, die ich und Norbert in diesem Haus lebten, ein Stockwerk tiefer. Wir grüßten einander, nicht mehr, sprachen kaum miteinander. Norbert hatte mehr Kontakt zu Roswitha, ich sträubte mich aus Gründen, die ich selbst nicht nennen kann. Ich sträubte mich, damit genug. Erst nach der Geschichte mit Norbert lernte ich sie wirklich kennen, sehr schätzen und sogar ein wenig lieben.
Norbert soll also verdaut werden und Nachdenken, Schreiben oder Reden soll diese Verdauung anregen. Wie unappetitlich ein Vokabular doch sein kann.
Alles das sagte Roswitha mit der ihr eigenen, kindlichen Nachdenklichkeit, kraus gezogener Stirn und intensivem Blick vor sich hin.
Ich begann also, Ordnung zu schreiben, zu denken, zu reden. Damit folgte ich aber nicht nur dem Ansinnen Roswithas. Auch Herbert, mein Regisseur, hatte, als ich ihm die Geschichte erzählte, sofort gesagt, dass das niedergeschrieben gehörte.
So fand ich mich in den nächsten Wochen immer wieder vor der Schreibmaschine. Mehr nachdenkend als schreibend. Mehr weinend, als klar denkend. Ordnung machend auf dem Weg, auf dem ich mich befand, befinden wollte, unnachgiebig. Dennoch Gedanken fassend. Zumindest versuchend, hie und da einen zu fassen zu kriegen. Besonders fündig wurde ich immer wieder im Haus in St. Oswald, wohin ich mich mit meinem Denkzeug gerne zurückzog. Hier war ich mit Norbert besonders allein.
Vor mir die Bücherregale, deren Vergrößerung wir noch miteinander ausmaßen, zwei Tage, nachdem Norbert sein Testament geschrieben hatte. Er zeichnete noch eine ordentliche Skizze, wissend, dass er sie nicht mehr realisieren würde. Wenn ich meinen Kopf sehr weit nach rechts drehe, sehe ich die Bücher, die Norbert nicht in unserer Wiener Wohnung aufbewahrt sehen wollte, schwule, schwüle Lektüre, Männergeschichten, literarische oder einfach spekulative, immer ästhetisch und immer ätherisch. Noch weiter rechts steht auf einem Regal sein Malzeug. Norbert betrieb Hinterglasmalerei. Kreativ und kopierend, beides mit Hingabe, Können und Selbstkritik. Ich musste einige Glasplatten, nachdem Norbert sie stundenlang bemalt hatte, zerbrechen hören und auch zusehen, wie er sie die lange Treppe hinunter in die Mülltonne trug, sie sorgsam verbergend, dass ich sie nicht sehen konnte. Totale Vernichtung. Eine einzige Glasplatte hat er vergessen, ich rahmte sie. Freunde sagten mir, ich hätte sie besser wegschmeißen sollen, weil Norbert sie sicher auch weggeschmissen hätte. Einige seiner vielen Schallplatten waren auch noch da. Er brachte immer aus Wien welche mit, hörte sie sich an und transportierte sie dann wieder auf einen der vielen Stapel, die wie Spalierobst in unserer Wiener Wohnung herumstanden.
Ich vermeide es zumeist, den Blick so schweifen zu lassen, weil ich die ohnedies permanente Präsenz meines Freundes nicht noch weiter rufen will. Weil ich „mit all dem fertig werden soll, wie mir meine Freunde rieten. Weil ich „darüber hinwegkommen
muss, wie sie meinen immerwährend vorhandenen Schmerz kopfschüttelnd kritisierten. Weil ich doch „an das viele Elend in der Welt denken" soll.
„Zeigefinger, die mich umgeben", erklärte ich Norbert, mit dem ich, wie so oft nach seinem Tod, gerade wieder plauderte.
Sie blieb dennoch unfassbar, die Tatsache, dass Norbert am 14. März 1991 Selbstmord beging. Sein Tod war im Polizeiprotokoll sachlich und drastisch vermerkt:
„14.3.1991, 23 Uhr 37, U4 - Station Meidling - Gleis 1 - Todesursache: Kopf-Rumpf – Trennung".
Es ist gerade fünf Monate her, dass das geschah.
Norbert und ich waren Freunde seit fünfzehn Jahren. Fünfzehn Jahre lang lebten wir zusammen und teilten buchstäblich alles miteinander. Ich sträube mich gegen das Klischee „teilten alles miteinander" - und doch, ich vermag es nicht anders auszudrücken. Wir teilten alles miteinander. Es gab nichts, was einer allein hatte. Nichts. Bei unseren Freunden und Bekannten waren wir als ein ideales Paar angesehen, scheinbar überhaupt nicht zusammenpassend, und doch in einem wunderbaren Maß harmonisierend, dass es viele einfach nicht glauben wollten. Norbert war in einer sozialistisch-macho-dominierten Saubermann-Atmosphäre beruflich tätig, ich in christlicher Betschwestern-Umgebung bigotten Anstrichs voll gefährlicher Tücke und Falschheit. Aber selbst dort waren wir zwei angesehen und angenommen. Unsere spezielle Situation war für uns beide kein Problem, nicht nach innen und nicht nach außen, nicht zwischen uns und nicht den anderen gegenüber.
Seit fünf Monaten bin ich nun allein.
Ich behaupte, mein Leben ohne Norbert ist nicht denkbar. Ich behaupte das, weil ich weiß, dass es so ist. Ich weiß es, die anderen glauben es nicht. Ihnen ist mein Schmerz so leicht.
Das anbefohlene Ordnen meiner Gedanken soll mir und den anderen einen Beweis erbringen. Nur unter diesem Aspekt habe ich mich bereit erklärt, den anderen den Gefallen zu tun. Lächelnd und es besser wissend. Das Ordnen würde nichts anderes erbringen, als was ich schon weiß. Aber sie wollen es ja.
„Die Folgen mögen sich jene zuschreiben, die mich überredet haben!", erklärte ich Norbert achselzuckend.
Norbert schweigt. Norbert schweigt so viel in letzter Zeit.
Kapitel 2
„JEDER SELBSTMÖRDER KÜNDIGT SEINEN SELBSTMORD AN",
erklärte Prof. Ringel, den ich zwei Wochen nach dem Abgang von Norbert aufsuchte. Wir seien nur nicht in der Lage, die Zeichen zu deuten. Hinterher füge sich das Bild beklemmend lückenlos zusammen. Ich möge doch nachdenken, befahl Ringel mit seiner schnarrenden Stimme. Ich würde ein Indiz nach dem anderen finden, aber keines sei in seiner Einzelaussage so beschaffen, dass dadurch der Gedanke an einen bevorstehenden Selbstmord ausgelöst werden könne. Alle Hinweise, die der künftige Selbstmörder abgebe, seien verschlüsselt.
„Wie aber hat er diese letzte Woche überstanden?", fragte ich, und das Grauen vor der schrecklichen Verzweiflung, die in Norbert geherrscht haben musste, kündigt sich in mir an. Dieses Grauen vor dem Unbekannten, der Norbert, wenn ich auf diese letzte Woche zurückblicke, für mich war, als er seinen eigenen Weg ging, den man nur allein geht. Einsam. Ich denke an meine Mutter. Alle waren wir dabei, als sie starb. Und dennoch, sie war allein im Sterben. Lebte aber dennoch. Wie Norbert. Er sah mich, und wusste, er würde mich zum selbst festgesetzten Zeitpunkt verlassen. Verlassen in eine Dimension, von der nur weniges gesichert ist: Dass er nicht mehr da ist und dass er für immer nicht mehr da ist, zumindest nicht in der Gestalt, Form oder Ausprägung, die ihm die auslösenden Probleme schuf.
Also erstens, replizierte Ringel mit akribischer Munterkeit, hätte er diese Woche ja nicht überstanden. ‚Zweitens’ ließ ich keines folgen, weil ich gleich weiterfragte: „Wieso aber eine ganze Woche?"
Am 7. März erfuhr Norbert, wie es um ihn stand. An diesem Tag begannen auch seine Vorbereitungen.
Da Ringel noch, vor sich hin nickend, nachdachte, fragte ich weiter: „Diese Kraft, diese wahnsinnige Stärke in dieser letzten Woche...", meine Stimme wollte mir nicht mehr gehorchen, weil ich von meiner Unfähigkeit, diese Tage zu begreifen, voll überfallen wurde. Ohnmacht, die mein Blut rasen macht, die mir heiß werden lässt.
Konsequent, nickte Ringel sehr intensiv mit Präsenz und Munterkeit, das sei er wohl in höchstem Maße gewesen. Ein vorbildlicher Beamter halt.
Norbert war daran gewöhnt, die Bezeichnung ‚Beamter’, wenn sie ein anderer gebrauchte, als mit Traditionen beladenes Schimpfwort hinzunehmen. Aber er, für sich selber, war, da hatte Ringel Recht, mit Leib und Seele, mit Überzeugung und Charisma, Beamter.
Ich möge mir vorstellen, stach Ringel mit gestrecktem, gichtig verbogenem Zeigefinger in die Luft, dass Norbert seit dem Empfang des Todesurteils mit jedem Tag seiner peniblen Vorbereitung mehr Erleichterung erfuhr. Er habe sich folgerichtig und wohl überlegt Schritt für Schritt der Lösung seines Problems genähert und vom Leben entfernt. Alles mit haargenau den gleichen Mitteln, mit denen er sein Leben bestritt.
Ich war zutiefst erstaunt, denn Ringel vermochte, allein aus meiner Schilderung der letzten Woche, Norbert so exakt zu beschreiben, dass das Bild, das er entwarf, vollkommen mit dem übereinstimmte, das ich aus der nachträglichen Aufarbeitung dieser letzten Tage gewonnen habe.
Bei der folgenden Frage erfasste mich wieder diese Welle des Entsetzens, das mich auch jetzt noch überfällt, wenn ich an Norbert und den Augenblick seiner Tat denke: „Aber vor dem Sprung? Vor die U-Bahn?"
Ringel nickte eifrig. Wir bewegten uns auf einem Gebiet, in dem er sich auskannte. Fast schien es ihm Vergnügen zu bereiten, zu antworten. Da sei diese Tunnel-Theorie. Norbert sei die ganze Woche über, seit Empfang des Todesurteils, in einem finsteren Tunnel unterwegs gewesen. Sekunden vor der Tat sah er dann ein Licht am anderen Ende und wollte nichts anderes, als dort hin. Er sah Licht und war glücklich, weil die Lösung seines Problems, das ihn zu Tode belastete, in Sicht war.
„Aber knapp vorher! Da kommt die U-Bahn, und dann der Sprung, das kann doch nicht mit einem Glücksgefühl verbunden sein...", ich geriet in ein hysterisch lautes Reden vor Ekel, Angst und Entsetzen.
Ringel nickte, wackelte abwechselnd mit dem Kopf und gab zu, dass unsere Phantasie da aushake. Unsereiner könne das nicht nachvollziehen. Was fühlt einer, der das Todesurteil eines Tages aus heiterem Himmel auf den Kopf zugesagt bekommt? Bei Aids durfte nichts verheimlicht werden. Was also fühlt einer, der DAS Todesurteil in der Tasche hat? Und der von seiner Gesellschaft so eingeengt ist? „Der DURCH MICH, seinen besten und einzigen Freund, so eingeengt war?", bezichtigte ich mich selbst, der mir eigenen Neigung zum Selbstmitleid, das alles andere zu übertönen imstande ist, eifrig frönend.
Als ich mit dem Bruder von Norbert etwa fünf Monate später einen Notariatstermin hatte, um die Erbschaftsangelegenheiten zu erledigen, mussten wir auf die Abfassung eines Dokumentes warten. Der Notar hatte das Zimmer verlassen, wir waren allein. Da sagte Peter so nebenbei: „Übrigens, er ist gar nicht gesprungen. Er ist auf dem Rücken gelegen, mit dem Hals genau auf einer Schiene."
Ich schloss die Augen und tat das, was ich, wenn ich einen Gedanken nicht fassen kann, automatisch tue, ich frage meine Phantasie. Sie beschied mir, dass das Liegen auf den Schienen und Warten wohl nicht ganz so schlimm wäre, als das Sehen des herankommenden Zuges und das rechtzeitige Springen. Norbert würde doch beim Liegen sicher die Augen zugemacht haben. Sicher. Er hatte sie fest geschlossen, und immer fester, je näher er den Zug kommen hörte. Ich fühle es wie einen kleinen Trost. Der Sprung, die Vorstellung des Sprunges ist so ziemlich das Schlimmste, an das ich zurückdenke. Das Liegen auf den Schienen bringt mir Norbert aus der Unbegreiflichkeit heraus und etwas näher, begreifbarer. Das bin ich imstande, annähernd zu verstehen.
Aber was ist ‚annäherndes Verstehen’? Eine Redewendung. Eine verbale Kurve, die nach kurzem Nachdenken sich um 180 Grad dreht und mich dorthin zurückwirft, von wo ich mich soeben loszulösen geglaubt habe. Annäherndes Verstehen ist genauso Wenig-Verstehen wie Nicht-Verstehen.
Reue, Hilflosigkeit, Ratlosigkeit breiten sich in mir aus, wie immer, wenn ich stehen geblieben bin. Wie immer, wenn ich bei einem der vielen Punkte angelangt bin, an denen mein Denken nicht mehr weitergeht.
Es ist ja Trost, den ich suche. Und es ist Beruhigung, die ich suche. Beruhigung vor dem Grauen, das ich fühle, wenn ich daran denke, dass ich eine Woche lang mit einem Todeskandidaten lebte, der Sterben nach Fahrplan betrieb. Mit einem Menschen, der mir so nahe stand, dass ich es nicht fasse, was dem alles durch den Kopf gegangen sein mochte in dieser Woche. Was in ihm alles vorgegangen sein mochte an diesem Tag als er es erfuhr, an diesem Tag, an dem er es tat, an den Tagen dazwischen.
Ringels Trost war aber keine leere Hülse. Ich wusste, dass der Psychologe Recht hat, ich selbst empfand es in der Woche nach dem Tod von Norbert, als ich meinen eigenen Selbstmord plante, genauso, wie Ringel es von Norbert erklärt hat.
Kapitel 3
„SIE GLAUBEN WOHL AUCH, SIE SIND WAS BESSERES?",
waren die allerersten Worte, die ich an Norbert richtete.
Es geschah bei dem einzigen Kostümfest, das ich jedes Jahr mit Norbert besuchte. Das erste Mal war ich dort am 20. Jänner 1976, noch allein. Norbert schenkte mir alljährlich Blumen zu diesem Gedenktag, den ich so selbstverständlich jedes Jahr vergaß, wie Norbert selbstverständlich jedes Jahr daran dachte.
Ich war damals eben auf den ersten Höhepunkt meiner Berühmtheit und Beliebtheit aufgestiegen und wurde gerne zu Partys als Aufputz eingeladen. Die Veranstalter dieses Kostümfestes, ein Paar namens Toni und Peter, hatte ich kurz vorher kennengelernt. Peter arbeitete in einer renommierten Wiener Klavierfabrik als Chef-Disponent, Toni war gefeierter Solotänzer im Staatsopern-Ballett. Wenn man ihn privat sah, mochte man das nicht glauben, erst wenn man ihn auf der Bühne erlebte, erfuhr man, welch großer Künstler in diesem kleinen, unscheinbaren Kerl steckte. Die beiden hatten sich bei einer Kaffeejause anlässlich der Housewarming-Party eines eben emporgekommenen Designers, der mich ebenfalls als Aufputz geladen hatte, sehr devot an mich herangemacht. Spitze Zungen in meiner Umgebung flüsterten mir zu, dass die beiden Prominente sammelten, aber selten längere Zeit behielten. Diesmal aber war es anders. Sie luden mich zum Kaffee ein, wir freundeten uns an - und sie baten mich auch zu dem Kostümfest.
In welcher Verkleidung ich dort hin ging, weiß ich nicht mehr. Der Kleidung nach waren mehr Damen als Herren dort anwesend, die sich mit männlichen Stimmen kreischend unterhielten und die Freiheit genossen, unter sich zu sein und sich so geben zu dürfen, wie es unsere Art ist. Unsere Veranlagung. Keine Verstellung. Alle lagen sie mir gleichsam zu Füßen. Enervierend, so mokierte es sich in mir. Ich genoss es aber gleichzeitig huldvoll leutselig, hofiert zu werden. Jedermann ließ es sich zur Ehre gereichen, ein wenig mit mir