Gefühle@work - Wie emotionale Kompetenz Unternehmen transformieren kann
Von Vivian Dittmar
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Über dieses E-Book
Gefühle und Emotionen sind in vielen Unternehmen immer noch ein Tabu. Der Arbeitsalltag zeigt jedoch, dass diese sich nicht ausklammern lassen: Überall wo Menschen gefordert sind, zusammenzuarbeiten, kommen früher oder später Gefühle ins Spiel, ob es uns gefällt oder nicht. Doch das muss kein Problem sein. Im Gegenteil: Gefühle sind wichtige Beziehungskompetenzen, die wir auch in Arbeitssituationen dringend benötigen. Doch wie schaffen wir es, dass diese in Teams und Besprechungen, in Führungskräften und Mitarbeitern auch als solche zum Tragen kommen?
Der Schlüssel hierzu ist die Entwicklung emotionaler Kompetenz. In Gefühle @work führt Vivian Dittmar Schritt für Schritt durch ihr konsequent praxisorientiertes Kompetenzmodell. Anhand des Gefühlskompasses wird die Rolle der fünf Grundgefühle im Arbeitskontext durchleuchtet. Konkrete Übungsvorschläge für Einzelne und Teams helfen dabei, die Erkenntnisse für sich erfahrbar zu machen.
Hierbei wird deutlich: emotionale Kom-petenz ist mehr als nur Teil eines modernen Skillprofils. Sie ist die Grundlage einer Unternehmenskultur, in der die innere Führung von Mitarbeitern, Teams und Führungskräften eine neue Dimension von Menschlichkeit, Intelligenz und Zukunfts-fähigkeit entstehen lässt. Anhand von typischen Situationen wird gezeigt, wie Wut, Angst, Trauer, Freude oder Scham im Arbeitsalltag Schlüssel zu erfolgreicher Kooperation und damit Erfolg sein können.
Vivian Dittmar
Vivian Dittmar is an author, founder of the Be the Change Foundation and a driving force for cultural change. Her childhood and youth on three continents sensitized her early on to the global challenges of our time and are still her drive to find holistic solutions today. Through her books, lectures, seminars, online offerings and implementation-oriented projects, she has been committed to a holistic development of people, society, economy and consciousness for two decades. Her book successes include 'The Power of Feelings', 'The Emotional Backpack' and 'The Inner GPS'.
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Rezensionen für Gefühle@work - Wie emotionale Kompetenz Unternehmen transformieren kann
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Buchvorschau
Gefühle@work - Wie emotionale Kompetenz Unternehmen transformieren kann - Vivian Dittmar
Teil I
Emotionale Intelligenz verstehen
1 | Was ist emotionale Intelligenz?
Der Begriff emotionale Intelligenz ist heute in aller Munde, was jedoch nicht bedeutet, dass wir genau wissen, was damit gemeint ist. Zuweilen scheint mir, dass wir zwar inzwischen eine Art Konsens über die Relevanz emotionaler Intelligenz haben, ohne jedoch genau zu wissen, worum es sich handelt. „Irgendwas mit Gefühlen halt und dass die auch wichtig sind" – so und ähnlich lauten die wenig präzisen Antworten, die ich von meinen Trainingsteilnehmern erhalte, wenn ich sie danach frage. Unsere Vorstellung von emotionaler Intelligenz ist also ähnlich diffus wie jene von Gefühlen und Emotionen.
Diese Verwirrung liegt nicht zuletzt in der Geschichte des Begriffs begründet. Dieser wurde Mitte der Neunzigerjahre durch den gleichnamigen Bestseller von Wissenschaftsjournalist Daniel Goleman international bekannt. Das TIME Magazin widmete dem Thema gleich eine Titelseite und hinterfragte grundlegend, was es bedeutet, klug zu sein. Und genau das war auch Golemans größtes Verdienst: Ihm gelang es, unsere Vorstellung dessen, was Intelligenz ist, grundlegend zu erschüttern. Vor seinem Buch hielten die meisten Menschen Intelligenz für eine strikt rationale Angelegenheit. Dem Erfolg seines Buches haben wir es zu verdanken, dass die Assoziation von Intelligenz mit so etwas Irrationalem und schwer Greifbarem wie Emotionalität überhaupt salonfähig ist.
Doch der durchschlagende Erfolg des Buches brachte auch Probleme mit sich. Goleman definierte emotionale Intelligenz als eine Kombination aus Selbstbewusstsein, Selbstregulierung, innerer Motivation, Empathie und sozialen Fertigkeiten.² Was die wenigsten wissen: Goleman selbst hatte das Konzept der emotionalen Intelligenz von zwei anderen Wissenschaftlern geliehen – mit deren Erlaubnis, versteht sich. Peter Salovey von der University of Massachusetts und John Mayer, Präsident der Yale University, hatten den Begriff zwei Jahre zuvor geprägt und eine erste Definition vorgelegt.
Das Problem an der Sache war: Die Definition von Mayer und Salovey unterschied sich maßgeblich von jener, die Goleman in seinem Buch vorstellte. Die beiden Wissenschaftler hatten sich im Gegensatz zu Goleman in ihrer Definition auf einige wenige, klar eingrenzbare Eigenschaften beschränkt. Goleman wurde im Nachhinein von wissenschaftlicher Seite scharf kritisiert. Er habe den Begriff der emotionalen Intelligenz bis zur Unkenntlichkeit verwässert, hieß es, indem er ihm nahezu alle wichtigen Kompetenzen zugeschrieben habe, die nicht klar der Ratio zuzuordnen seien.³
Und tatsächlich: Wenn emotionale Intelligenz alles von Selbstbewusstsein über Motivation bis hin zu sozialen Fertigkeiten beinhalten soll, wirft dies die Frage auf, was darunter genau zu verstehen ist. Der Begriff wird schwammig – und genau das ist er bis heute in den Köpfen vieler Menschen geblieben. Auch ich möchte mich an dieser Stelle von Golemans Definition distanzieren und einen frischen, differenzierteren Blick auf das Thema werfen.
Gehen wir doch noch einmal einen Moment zurück zu Salovey und Mayer – was war ihre Definition? Sie beschrieben vier Grundfertigkeiten, die sie der emotionalen Intelligenz zuordnen⁴:
Vier Grundfertigkeiten emotionaler Intelligenz laut Salovey & Mayer:
Emotionen identifizieren
Emotionen einsetzen
Emotionen verstehen
Emotionen steuern
Bei ihnen steht eindeutig das Zusammenspiel zwischen Ratio und Emotionalität, zwischen Kopf und Bauch, im Vordergrund. Ihr Anliegen war es, vor allem den alten Mythos eines Widerspruchs zwischen Ratio und Emotionalität zu hinterfragen und stattdessen aufzuzeigen, dass beides einander beeinflusst und idealerweise befruchtet. Wenn Letzteres der Fall ist, können wir von emotionaler Intelligenz sprechen – um es ganz vereinfacht auszudrücken.
In streng wissenschaftlicher Manier waren die beiden auch sehr vorsichtig in der Formulierung ihrer These. Die ursprüngliche Idee kam ihnen im Sommer 1987 bei einer denkwürdig unakademischen Tätigkeit: Mayer half Salovey, sein neues Wohnzimmer zu streichen. Mayer witzelte später, dass die Idee womöglich auf die Dämpfe in den Farben zurückzuführen sei.⁵ Sie stellten noch Jahr später die Existenz emotionaler Intelligenz infrage.
Viele Wissenschaftler tun das bis heute, eben weil sie so schwer messbar ist und weil dies die grundlegende Frage aufwirft, was Intelligenz überhaupt ist, wenn wir sie von der Ratio ablösen. Eine Frage, die bislang genauso wenig geklärt ist, wie jene nach einer allgemeingültigen Definition emotionaler Intelligenz. Viele Akademiker und auch Praktiker sprechen daher lieber von emotionaler Kompetenz, womit sie klarstellen, dass es hier vordergründig um Fähigkeiten geht. Die Frage, ob diese Fähigkeiten einer eigenen zugrundeliegenden Intelligenz zuzuordnen sind oder nicht, umgehen sie damit geschickt.
Ich bin keine Wissenschaftlerin und verfolge in meiner Arbeit auch explizit keine akademischen, sondern rein praktische Ziele. In Anlehnung an das Motto „Wer heilt, hat recht" fühle ich mich den Praktikern in Unternehmen sehr verbunden: Was in der Praxis funktioniert, wird übernommen. Ich kann den akademischen Streit, der sich um den Begriff Intelligenz einerseits und um die empirische Beweisbarkeit emotionaler Intelligenz andererseits entfacht hat, gut bei den Akademikern belassen. Mir war es lediglich ein Anliegen, ihn hier kurz aufzufächern, um den Mythos einer allgemeingültigen Definition von emotionaler Intelligenz zu entkräften, bevor ich meine eigene Definition vorstelle. Diese ist an die Definition von Salovey und Mayer anschlussfähig, trifft jedoch einige zusätzliche Unterscheidungen – wie etwa jene zwischen Gefühl, Emotion und biologischer Programmierung –, die sich für mich in der Praxis als unerlässlich erwiesen haben. Erst diese Differenzierungen geben uns ein wirklichkeitsnahes Bild davon, wie Gedanken Gefühle beeinflussen und umgekehrt.
Ausgehend von dem Modell von Salovey und Mayer, werde ich hier mein eigenes, präzisiertes Modell vorstellen. Dieses entwickelte sich zwar in völliger Unkenntnis des Salovey-Mayer-Modells, kann jedoch gut in dessen Kontext dargestellt werden. Im Folgenden gehe ich die vier emotionalen Fertigkeiten des Salovey-Mayer-Modells durch, erkläre, was die beiden darunter verstanden haben, und ergänze dies durch meine Erkenntnisse.
1. Emotionen identifizieren
Hierunter wird bei Salovey und Mayer die Fähigkeit verstanden, sowohl die eigenen Emotionen als auch die anderer Menschen wahrzunehmen und richtig zu deuten. Die beiden Wissenschaftler betonen hier neben der präzisen Selbstwahrnehmung vor allem den Aspekt der „Emotional Literacy" – also die Fähigkeit, Gesichtsausdruck, Gestik und Körpersprache anderer Menschen richtig zu deuten.
Ich möchte dem die Empathiefähigkeit hinzufügen, die in meinem Verständnis über die reine Auslegung von Gestik und Mimik hinausgeht und ein echtes Mitfühlen des Erlebens anderer Menschen beinhaltet. Echtes Mitfühlen bedeutet Anteilnahme, ist also ein emotionaler Vorgang und kein intellektueller. Außerdem möchte ich die Unterscheidung von Emotion und Gefühl bei uns selbst und anderen als Schlüsselkompetenz ergänzen, wobei ich Emotion als ein nicht gefühltes Gefühl aus der Vergangenheit bezeichne, während ein Gefühl direkt aus der Gegenwart entsteht. Wie ich zu dieser Unterscheidung komme und warum sie wichtig ist, werde ich später noch genauer