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NICHTS: Kurzgeschichten
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eBook93 Seiten1 Stunde

NICHTS: Kurzgeschichten

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Über dieses E-Book

Düstere Geschichten


Wir alle kennen Menschen, die selbst dann gelassen bleiben, wenn ihnen der Arm abgerissen wurde. Den Tod eines sehr nahen Menschen still hinnehmen, der allerschlimmsten Gewalterfahrung wie einem gewöhnlichen Ereignis begegnen ... Vielmehr, von denen wir denken, dass sie so sind, weil wir uns

SpracheDeutsch
HerausgeberTexianer Verlag
Erscheinungsdatum21. Nov. 2020
ISBN9783949197338
NICHTS: Kurzgeschichten
Autor

Merih Gunay

Merih Günay geboren 1969 in Istanbul, lebt in seiner Geburtsstadt. Seit 2001, dem Beginn seines aktiven literarischen Lebens, wurden seine Erzählungen in verschiedenen Zeitschriften und Auswahlbänden veröffentlicht. Für seine Erzählungen und Bücher erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Bücher:Möchtegern-Dichter, Hochzeit der Möwen, NICHTS, Süße Schokolade und Streifzüge.

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    Buchvorschau

    NICHTS - Merih Gunay

    NICHTS

    Kurzgeschichten

    von

    © 2020 MERİH GÜNAY

    Aus dem Türkischen

    von Hülya Engin

    ISBN: 978-3-949197-26-0

    Texianer Verlag

    Johannesstraße 12

    D-78609 Tuningen

    Deutschland

    Umschlagbild © Joel Engelking

    weil ich große angst habe zu verhungern –

    drum esse ich ständig

    LEON

    Die vom Eigentümer gewährte Frist von einem Monat zur Übergabe des Ladenlokals samt Inventar und unter Wahrung der Konditionen für Anzahlung und Miete, das wir zehn Jahre lang geführt und um dessen Willen wir uns, Gott im Himmel sei dafür gedankt, lebenslang verschuldet hatten, lief morgen früh ab.

    Es waren die späten Stunden eines trostlosen Winterabends und ich wartete auf einen der Kaufinteressierten und darauf, mich mit ihm in einer einigermaßen akzeptablen Höhe zu einigen und den Handel mit Handschlag zu besiegeln.

    Die Vorstellung, den Laden zu räumen und auszuziehen, war ziemlich unangenehm. Die Gerichtsvollzieher waren mürrisch, die Nachbarn neugierig. Das Schlimmste aber war, dass meine Frau beide Seiten außerordentlich ernst nahm.

    Sie war ein wenig verärgert darüber, dass Decken und Wände unserer Dachgeschosswohnung bei den heftigen Schneefällen der letzten Woche reichlich mit Wasser in Berührung gekommen waren und die Rechnungen und Ratenzahlungen überhand genommen hatten. Und die Ischias-schmerzen, von denen wir dank Kälte und Feuchtigkeit gleich familienweise betroffen waren, waren fast chronisch geworden. Andererseits schmiedete meine Frau auch schöne Pläne, wie etwa die Wohnung zu verlassen und gemeinsam mit meinem Sohn zu ihrer Mutter zu ziehen. Mit anderen Worten, die Stimmung bei uns war prächtig.

    Die Tatsache, dass mein unentschlossener Gesichtsausdruck sich, wie bei dem Jungen in der Coca Cola-Werbung in ein erstauntes Lächeln verwandelte, rief zwar angenehme Gefühle in mir hervor, bewirkte im Gegensatz zum Werbespot jedoch nicht, dass mein Gegenüber ebenfalls lächelte, denn der Mann war gekommen, um zu sagen, dass er es sich anders überlegt hatte.

    Als ich gerade dabei war, zu meinen wohligen Gedanken zurückzukehren, klingelte das Telefon allerliebst. Die Stimme am anderen Ende des Hörers sagte, dass sie es auch tagsüber versucht und dabei mit einer Frau gesprochen habe, dass sie sich in der angegebenen Straße befinde und nun wissen möchte, welches Ladenlokal denn das sei, das laut Anzeige zur Übergabe bereit stehe.

    Gottes Ratschluss ist unerforschlich!

    Fünfundvierzig Sekunden später saß er mir gegenüber und erzählte: Er heiße Leon, seine Familie sei seit drei Generationen Istanbuler, er habe mit dem Silberhandwerk zu tun, er habe drei Töchter, die in Amerika studiert hätten, zwei verheiratet, eine ledig, ob ich verheiratet sei? Er habe Geschäfte in Istanbul, Antalya und Izmir, warum ich denn rauche, ob mir mein Leben nichts wert sei? Jede seiner Töchter führe eines der Geschäfte, und spreche fließend Englisch, Armenisch und Russisch, wo ich denn wohne, wie ich denn zur Arbeit komme. Auch sein Sohn habe das Studium abgeschlossen und sei nun zurückgekehrt, jetzt suchten sie für ihn ebenfalls einen Laden, danach würde er heiraten, warum ich denn keinen Akbil benutze? Sie seien alle sehr versiert im Kaufmännischen, was ich denn für eine Packung Zigaretten zahle? Das sei zuviel, beim Zoll seien sie billiger. Der Laden gefalle ihm, seine Töchter müssten ihn sich allerdings auch noch anschauen, sie seien zurzeit in irgendeiner Kirche in Beyoğlu bei irgendeiner Zeremonie, er werde sich in ein Taxi setzen und sie abholen und mir auf dem Rückweg eine Stange Zigaretten mitbringen, wenn ich das wolle. Sollte der Laden auch den Töchtern zusagen, würden wir schon morgen früh die Übergabe besiegeln können. Ich sei ihm sehr sympathisch, ob ich denn nicht mit seinen Töchtern zusammenarbeiten wolle. Eine Stange Zigaretten koste beim Zoll sechsunddreißig Lira, er könne mir zwei mitbringen, aber weil er noch andere Besorgungen zu machen habe, solle ich ihm das Geld für eine Stange im Voraus geben, die zweite könne ich bezahlen, wenn er wieder da sei. Ob es ihm denn keine Umstände mache? Nein, das mache es keineswegs.

    Ob ich sicher sei, dass ich nicht zwei Stangen wolle? Ich sei sicher. Um zehn, spätestens Viertel nach zehn, seien sie wieder hier.

    Der Morgen dämmert.

    Leon ist nicht gekommen.

    Ich bin 36 Lira im Gewinn.

    Die Tauben

    Er öffnete, wie er es Tag für Tag zur selben Uhrzeit tat, die kleine Drahttür der Holzhütte und beobachtete schweigend, wie die Tauben nacheinander, ein wenig ängstlich und hastig, hinaustraten und nacheinander in die Lüfte stiegen und im Schwarm ihre Kreise am Himmel zogen.

    Dann verließ er die Baracke am Ufer, in der er lebte und machte sich auf den Weg zu seinem Freund, der, etwa Hundert Schritt von ihm entfernt, ebenfalls in einer Baracke lebte, allein wie er selbst.

    Während er auf seinen Freund zuging, der mit dem Schlauch in der Hand den Garten goss, sagte er: Wieder eine. Wieder eine weg.

    Er nahm auf einem der Stühle vor dem Haus Platz und fuhr fort, vor sich hin zu murren:

    Auf dieser Insel bin ich der einzige, der Tauben züchtet, ich meine, sie können sich also nicht in einen anderen Schwarm gemischt haben, dass sie jemand geklaut hat, ist auch unwahrscheinlich, und es gibt nicht den geringsten Grund dafür, dass sie davon geflogen sein sollten! Das schon gar nicht. In dieser Woche ist es schon die dritte. Ich begreife nicht, was ihnen zustößt.

    Könnte da nicht ein Raubvogel am Werk sein?

    Ich hab noch keinen gesehen. Du etwa?

    Nein.

    Was dann?

    Ich hab nicht die geringste Ahnung.

    Er legte den Schlauch ab und setzte sich zu seinem Freund. Sie hoben die Köpfe ein wenig und verfolgten den

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