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Im Dörfle: Erzählungen und Geschichten aus der Karlsruher Altstadt
Im Dörfle: Erzählungen und Geschichten aus der Karlsruher Altstadt
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eBook192 Seiten2 Stunden

Im Dörfle: Erzählungen und Geschichten aus der Karlsruher Altstadt

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Über dieses E-Book

"Dieses Nest dient zu nichts, als den Plan der Stadt Karlsruhe ganz zu verderben und zu verunstalten", lautete Ende des 18. Jahrhunderts das vernichtende Urteil in einem geografischen Lexikon über die Siedlung "Klein-Karlsruhe". Ursprünglich lebten hier die Handwerker und Lohnarbeiter, die nach 1715 die neue Residenz des Markgrafen aufgebaut hatten. Ohne Plan und stattdessen nach Bedarf entstand eine Ansiedlung mit eher dörflichem Charakter aus einfachen eingeschossigen Häusern, Steinbaracken und Bretterhütten, die erst 1812 eingemeindet wurde. Später prägten die zahlreichen Gaststätten, Amüsierbetriebe und das Rotlichtviertel das Bild des Stadtteils, das der Volksmund "Dörfle" taufte.

"Ich bin dort groß geworden, in diesem unhygienisch lebendigen, tariflosen badischen Sodom, habe die Schwabenliesl gekannt, als meine Nase eben zu deren Bauchnabel reichte. Schuster und Sattler hat es gegeben für die Absätze und Handtaschen der Frauen, eine Seilerei für den letzten Strick oder die Wäscheleine quer durch die Küche, gutgelaunte Briefträger und Taxifahrer, Pfandhäuser, massenhaft Wirtschaften mit dicken Frauen zum Anfassen, Männergejohle, Geschrei von pfälzer Französinnen, Geldscheinblättern in dusteren Ecken, deutsche und amerikanische Polizei, und im Polizeifunk hilflose männliche Personen vor Roederers Korallengrotte oder der Roten Laterne." HARALD HURST

Mit Texten von Anselm M. Schmidt, Emil Frommel, Rudolf Schlichter, Kurt Kranich, Roland Lang, Regine Kress-Fricke, Rudolf Stähle, Kuno Bärenbold, Harald Hurst, Wolfgang ­Burger und Doris Lott.
SpracheDeutsch
HerausgeberLindemanns
Erscheinungsdatum3. Dez. 2015
ISBN9783881909037
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    Buchvorschau

    Im Dörfle - Lindemanns

    Doerfle_Titel.jpg

    Im „Dörfle"

    Erzählungen und Gedichte

    aus der Karlsruher Altstadt

    Ausgewählt und

    mit einem Nachwort versehen

    von Jürgen Oppermann

    GeisseI_Inhalt_ebook.jpg

    Kleine Karlsruher Bibliothek

    Wir danken der Stadt Karlsruhe

    für die Unterstützung des Bandes.

    Kleine Karlsruher Bibliothek

    Band 6

    Herausgegeben von Hansgeorg Schmidt-Bergmann & Thomas Lindemann

    Titelbild (Ausschnitt):

    Rudolf Schlichter „Thannhäuser" um 1913,

    Radierung , 15 x 20 cm, Privatbesitz

    Rudolf Schlichter: Auf abschüssiger Bahn

    Copyright: Viola Roehr von Alvensleben, München

    Abbildungsnachweis: Stadtarchiv Karlsruhe: 10, 18, 72;

    Museum für Literatur am Oberrhein, Karlsruhe: 145, 154, 155;

    Viola Roehr von Alvensleben: 148; Privatbesitz: 6, 16, 21, 27, 35, 41,

    46, 51, 56, 67, 77, 80, 86, 90, 96, 98, 100, 104, 108, 111, 115, 122,

    125, 126, 131, 132, 134, 149, 150, 151, 152, 156, 157; Emil Frommel:

    Aus der Chronik eines geistlichen Herrn. Stuttgart 1914: 146

    Alle Rechte vorbehalten © 2016

    Literarische Gesellschaft, Karlsruhe

    PrinzMaxPalais · Karlstraße 10 · 76133 Karlsruhe

    www.literaturmuseum.de

    und Info Verlag GmbH

    Karlsruhe · Bretten

    www.infoverlag.de

    ISBN 978-3-88190-903-7

    HannaNagelImDoerfle.jpg

    Hanna Nagel „Im Dörfle", Lithographie 1906

    Anselm M. Schmitt

    Die bösen Buben von Karlsruhe vor 75 Jahren (1933)

    Noch vor 75 Jahren wußte wohl jedermann in Karlsruhe, wo und was der „Pfannenstiel in Karlsruhe ist und welche Bewandtnis es mit seinen „bösen Buben und Mädchen habe. Der „Pfannenstiel war jedoch nichts anderes als ein Übername für einen Teil unserer Stadt. Wie uns ein waschechtes „Pfannenstieler Kind aus Karlsruhe, das in dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts das Licht der Welt erblickte, im Jahre 1858 aufschrieb, so glich die fächerförmige Figur der damaligen Altstadt einer Pfanne und ein Teil der anhängenden Straßen einem Stiel. Es war dies der Teil „vom Durlacher Tor bis zur Sonne einerseits, und bis zum sogenannten scharfen Ecke anderseits und von da bis an das Heckengäßchen gegen den Friedhof, und andererseits von der Sonne bis zu des Baudirektors Müller Haus. Bald nach Herstellung der Fasanenstraße wurde dieser „Stiel entzweigebrochen und bauliche Veränderungen ließen ihn nicht mehr erkennen.

    Nach anderer Auslegung soll jedoch diese Gegend Alt-Karlsruhes und damit auch die „Pfannenstieler bösen Buben von einem Schwank her ihren Namen erhalten haben, den sich die „Schamauken – so nannte man damals die Durlacher, – gerne erzählten. Danach gab es im „scharfen Eck einmal einen Knecht, der abends in die „Wette (d. i. Schwemme) zu reiten pflegte, um seine Pferde zu kühlen und zu tränken. Als man diesen fragte, wo hinaus er wolle, so war seine Antwort stets: „In die Pfanne. Sein Herr bedeutete ihm, er solle sich tummeln und mit seinen Gäulen früher als gewohnt nach Hause kommen, kurz, er solle sich beim Tränken nicht so lange aufhalten, „sonst mache er der Pfanne noch einen „Stiel! Da dies den guten Knecht verdroß, begann er seinen Herrn nur noch den „Herrn Pfannenstiel zu nennen. Und so oft jemand nach der Wohnung eines Karlsruher Bürgers dieser Gegend fragte, hieß es: „Geh in den Pfannenstiel".

    1Altstadthaus_Brunnenstrasse2StadtarchivKarlsruhe.jpg

    Modellhaus in der Brunnenstraße 2

    Von diesem alten Karlsruher Stadtviertel sei hier einiges erzählt, und wie es zur „ersten festlichen Besprechung der ehemaligen bösen Buben aus dem Pfannenstiel am 16. Oktober 1857 bei Hofgärtners Louis" kam, welcher der Gasthofbesitzer zum roten Haus in der Waldstraße war.

    In der Gesellschaft Eintracht, die damals schon seit 22 Jahren bestand, trafen sich im Jahre 1857 und natürlich schon vorher täglich zwischen 1 und 2 Uhr der „Herr Direktor, der Herr Professor, der Herr Doktor, alles „Spielkompagnone und Landsmänner aus dem Pfannenstiel. Da begann einmal einer von ihnen: „Es müßte doch schön sein, wenn wir alte Pfannenstieler einmal irgendwo zusammenkämen und uns unsere Jugendstreiche, die wir als böse Buben verübten, wieder mitteilen könnten." Gesagt, getan. Man verfaßte die nachstehende Einladung, die tags darauf im Tagblatt der Residenz erschien:

    „Alle bösen Buben und Mädchen aus dem Pfannenstiel, die auf der Reutere ihrer großen Staffel, unter den Kastanienbäumen, aufs Forstverwalters und aufs Hofgärtners Staffel und im Rüdenhof – Reiten-Baalis, Ellmeßles, Marbelis und Fangerlis gespielt, in der Wette gebadet, Schuh und Strümpf versteckt, dann baarfuß geloffen, auf dem Kammergut Mirabellen, im Fasanengarten Bieren, Aepfel, Zwetschgen und Nüsse gebengelt haben, werden zu einer freundlichen Besprechung ins Rothe Haus zu’s Hofgärtners Louis auf den St.-Gallen-Abend, zwischen 6 und 7 Uhr, recht herzlich eingeladen." Der St.-Gallus-Abend wurde deshalb gewählt, weil dieser Heilige die Gänse hielt und der Patron der Schäfer und Pfannenflicker sein soll.

    Von überall her, auch von auswärts, kamen am 16. Oktober dieses Jahres die ehemaligen bösen Buben, um sich ihre Jugendstreiche zu erzählen und alles, „was vor 60, 50, 40 und 30 Jahren geschah der Vergessenheit zu entreißen. Reden wurden gehalten und ein Hoch nach dem anderen auf die Prinzen, Prinzessinnen, das Großherzogliche Haus und alle ehrenwerten Karlsruher Bürger aus dem Pfannenstiel ausgebracht. 42 Personen zählte die Gesellschaft. Viele erfuhren erst später von der eiligen Zusammenkunft. Besonders ungehalten waren die „ehemaligen bösen Mädchen, welche den Aufruf im Tagblatt übersehen hatten und mangels besonderer Einladung fehlten.

    Anfang September 1858 rief sodann der im Vorjahr gewählte Alterspräsident die Mitglieder der ersten Karlsruher Pfannenstielgesellschaft wiederum zusammen, um „die Details eines solennen Festarrangements zu besprechen. Denn das Fest der ehemaligen bösen Buben war nahe und sollte auf den 16. Oktober festgesetzt werden. Die Bedeutsamkeit dieses Ereignisses wollte man dadurch betonen, daß man einen Zeremonienmeister und Staatssekretär, einen Intendanten der schönen Künste, einen Haus- und Hofmarschall, zwei Kammerherrn und einen Ordenskanzler bestimmte, um alles Nötige zeitig anzuordnen und so das Pfannenstielstadtviertel „würdig zu repräsentieren.

    Zierliche Einladungskarten, die einige bekannten Gebäude der Pfannenstiel-Gegend zeigten, wie polytechnische Schule, Durlacher Tor, Forstverwaltung und Hofgärtnereigebäude, sandte man an sämtliche ehemaligen bösen Buben und Mädchen, an die jetzigen Bewohner und an die früheren langjährigen Bewohner und Freunde des Pfannenstiels. Der Saal im weißen Löwen in der Langestraße 21 war mit Blumen und allen Spielzeugen ausgeschmückt, die den bösen Buben einst zum Zeitvertreib dienten. An einem großen weißen Drachen brachte man sinnreich die Kinderspiele an, wie papierne Kappe, Tanzknopf, Ballen, verschiedene Knöpfe, Kastanien, Ellmeß, Kornickel, Gerte und Peitsche, alles Dinge, welche die späteren „Briganten" auch liebten.

    „Die Erinnerung unserer Jugend wollen heiter heut wir feiern. Mit diesen Worten begann einer der zahlreichen, oft sehr humorvollen Festreden an die Pfannenstieler Bürger, die wohl alle mit dem Orden „zur Pfannenstiels-Treue geschmückt waren. Besondere Ehrungen wurden den ältesten Pfannenstielern zuteil, den 60er der ehemaligen bösen Buben und Mädchen. Eine Luisen-Polka-Mazurka wurde aufgeführt, Telegramme aus Heidelberg, Baden, Blankenloch und Bruchsal brachten Grüße von Alt-Karlsruhern, und ein reiches und vortreffliches Konzertprogramm sorgte dafür, daß die festesfrohe Gesellschaft erst am frühen Morgen Abschied nahm.

    Aus einer Reihe von witzigen Gedichten fand das folgende, da es von der Entstehung des Pfannenstiels handelt, besonderen Beifall:

    Der Pfannenstiel

    Als Karlsruhe gebaut ward, da holt’ man die Steine,

    Denn hier war es Wald, da hatte man keine,

    In Durlachs Gebirge, da steckten sie tief

    Man fuhr sie von dorten herauf zu Schiff.

    Ein großer Kanal wurde dazu erbaut,

    Die leben nicht mehr, die damit vertraut,

    Für Karlsruhe war dies ein großer Schatz,

    Hier lagerte man sie auf dem Steinplatz.

    Mit Pferd’ wurden sie in die Stadt hereingeführt,

    Die Maurer hatten den Speiß schon gerührt,

    Zimmerleute und Steinhauer zeigten sich groß,

    Denn hier stand in kurzem ein prächtiges Schloß.

    Die Knechte hielten es öfters für gut,

    Des Sommers bei großer Hitze und Gluth,Die Pferde zu baden in der großen Wette,

    Sie thaten’s ehe sie gingen zu Bette.

    Sie schwenkten die Pferde im Ringe herum,

    Da bildete sich in der Mitte ein Strom,

    Der wirbelt und schlug an die Pferde hinan,

    Daß es gerade aussah wie eine Pfann.

    Das brachte die Knechte manchmal zum Lachen,

    Sie dachten denn nicht mehr an andere Sachen,

    Ja, wurde es Abend, so ging’s in der Eil,

    In die Pfann noch zu reiten, zu ihrer Kurzweil.

    Doch einer kam immer nach Haus zu spät,

    Weil’s Baumwirths Mädle den Kopf ihm verdreht.

    Drum sprach der Herr öfters: Hans das ist zuviel,

    Gib acht, ich mach Dir an die Pfanne einen Stiel.

    Der Knecht verstand nicht der Rede Sinn,

    Doch legt er sein Rendezvous anderswohin,

    Und dachte gar oft bei sich in der Still,

    Herr, Du bist von nun an der Pfannenstiel.

    Und weil der Herr hatte die Wirtschaft zum Strauß,

    So kamen die Knechte des Abends heraus,

    Und tranken und saßen beim lustigen Spiel,

    Und riefen dem Herrn nur: Herr Pfannenstiel.

    So war denn dieser Exnamen erdacht,

    Gespöttelt wurd’ immer und auch dazu g’lacht,

    Der Löwenwirth Nägele im Pfannenstiel

    Erzählt es vor Alters den Gästen gar viel.

    Auch am St.-Gallus-Abend des Jahres 1859 erschienen die Mitglieder mit ihrem Hausorden „zur Pfannenstieltreue pünktlich im Gasthaus zum weißen Löwen, wo der Vorsitzende der kleinen Gemeinde, der Tragweite seiner Worte bewußt, seinen Spielkameraden eine pathetische Rede hielt, die unsere biederen Karlsruher Vorfahren sicherlich zu Tränen rührte. Er begann: „Innig klopfet mir das Herz, wie ich Sie so vor mir sehe, blickend ins vergangene Jahr, als wir hier zum erstenmal unserer Jugend Jahr gedachten, unserer Spiele, unserer Freuden, die wir harmlos durchgelebt – bis wir in den Kreis gelangten, den zu wandeln, wenigen unserer lieben Spiel-Kameraden von dem Schicksal ward vergönnet.

    Nach einem Zeitungsbericht nahmen „auch höherstehende Persönlichkeiten an dem Feste teil und hochgeehrte Männer mischten sich unter schlichte Bürger und ärmste Arbeiter". –

    Leider war es das letzte Mal, daß sich Alt-Karlsruhe am St.-Gallus-Tag im Oktober in solch geselliger Runde zusammenfand. Vielleicht haben die politischen Ereignisse der folgenden Jahre diesen echten bürgerlichen Frohsinn nicht mehr aufkommen lassen und einem Pfannenstieler Kinde die Erfüllung seiner frommen Wünsche versagt, welche lauteten: „Möge uns der Allmächtige ruhige Zeiten auch künftig vergönnen, damit die Feier des St.-Gallus-Festes noch oft wiederholt werden könne. Dieses wünschen den Nachkommen die alten Pfannenstieler aus dem vorigen und dem Anfange des jetzigen Jahrhunderts, und schließen mit dem Wunsch Glück auf und Gott zum Gruß!"

    RudolfSchlichterDerVerfuehreLithographie.jpg

    Rudolf Schlichter „Der Verführer",

    Lithographie um 1920

    Emil Frommel

    Aus dem untersten Stockwerk

    Erstes Kapitel (Auszug)

    O du Heimatflur, o du Heimatflur,

    Laß zu deinem heil’gen Raum

    Mich noch einmal nur, mich noch einmal nur

    Entfliehn im Traum!

    Als ich Abschied nahm, als ich Abschied nahm,

    War die Welt mir voll so sehr;

    Als ich wiederkam, als ich wiederkam,

    War alles leer.

    So singt’s freilich jetzt im Verfasser, wenn er wieder einmal in die alte Heimat kommt und in seine Geburtsstadt Karlsruhe. Wohl steht sie noch auf demselben Fleck, aber sie ist größer und schöner geworden;

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