Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Neuer Anfang auf Wienhagen
Neuer Anfang auf Wienhagen
Neuer Anfang auf Wienhagen
eBook208 Seiten3 Stunden

Neuer Anfang auf Wienhagen

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Elisabeth ist siebzehn. Seit einiger Zeit ist sie von Träumen geplagt. Sie macht sich Sorgen um ihre Zukunft. Aber nicht nur um ihre eigene Zukunft, sondern auch um die ihrer Familie – ihrer Mutter und ihren Geschwistern - und um ihr geliebtes Wienhagen – ihre Heimat. Ihr scheint, dass gerade irgendwie alles, was ihr lieb ist, auseinanderzufallen droht. Damit das nicht geschieht muss man kämpfen! Und zwar gemeinsam! 'Neuer Anfang auf Wienhagen' erzählt die heitere und zuweilen auch ernste Geschichte von einer Familie, die mit vereinten Kräften einen Neuanfang schaffen. -
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum1. Jan. 2017
ISBN9788711509814
Neuer Anfang auf Wienhagen

Mehr von Lise Gast lesen

Ähnlich wie Neuer Anfang auf Wienhagen

Ähnliche E-Books

Kinder für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Neuer Anfang auf Wienhagen

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Neuer Anfang auf Wienhagen - Lise Gast

    www.egmont.com

    Der Blitz schlägt ein

    Ein krachender Donnerschlag. Elisabeth fuhr hoch, schlafbetäubt und benommen. Sie saß noch einen Augenblick still, dann taumelte sie aus dem Bett. Ingrid und Barbara rührten sich nicht.

    Krach — schon wieder. Elisabeth tastete sich mit den Armen in den Bademantel-Ärmel hinein und trat in die Turnschuhe. Sie hatte Angst vor Gewitter, wie die meisten Leute auf dem Lande. Aber gleichzeitig fühlte sie, daß es gut war, geweckt worden zu sein. Sie hatte so entsetzlich geträumt.

    Seit einiger Zeit hatte sie häufiger solche Träume: Immer zerbrach etwas, fiel in sich zusammen, etwas, das man heiß und besinnungslos liebte. Diesmal war es die alte Linde im Hof gewesen. Elisabeth sah noch vor sich, wie der Riesenbaum im Traum zusammenstürzte, krachend und wie um Hilfe schreiend — natürlich kam das vom Gewitter. Man träumt ja oft etwas, was man eigentlich schon halbwach miterlebt; beispielsweise, daß die Schulklingel tönt, wenn der Wecker geht. Elisabeth sagte sich das, aber das Entsetzen des Traumes saß noch tief in ihr. Sie tappte durch den Flur der Haustür zu, um sich zu überzeugen, daß es nur ein Traum gewesen war und daß der geliebte Baum noch stand.

    Sie hatte kein Licht gemacht. Durch die Flurfenster blendeten die Blitze fast pausenlos herein, schwefelgelb und fast taghell. Man fand sich mühelos zurecht, ohne anzustoßen.

    Dann sah Elisabeth, daß die Haustür offenstand. „Nanu?" Aber vielleicht geisterte hier schon jemand anderes herum, um wie sie zu sehen, ob auch alles in Ordnung war. Richtig, Detlev. Er stand in der Trainingshose über dem Nachthemd unter dem kleinen Vordach und sah in die Blitze.

    Elisabeth fühlte eine kleine, wärmende Beruhigung, während sie neben den Bruder trat. Er schien ihren Schritt gehört zu haben.

    „Toll, was? sagte er, ohne sie anzusehen. „Guck mal den — der war rosa, und er hatte sicher fünfzig Verästelungen, wenn nicht mehr.

    „Schrecklich. Hört denn das nicht auf?" fragte sie und zog den Mantel am Hals zusammen. Detlev lachte durch die Nase.

    „Glaube ich nicht. Das setzt sich über Wienhagen fest und findet nicht weg. Wir haben das ja oft erlebt —" Seine Stimme ging im Krachen des Donners unter. Elisabeth zog ihn rückwärts.

    „Komm rein! — Sonst erwischt es dich womöglich."

    „Mich? Dann schon eher die Linde."

    „Du sollst so was nicht sagen. Ich hab’ sowieso geträumt —" Sie hielt inne. Träume soll man nicht erzählen!

    „Was denn?"

    „Ach, laß doch. — Ich habe Angst!" Es war ihr herausgerutscht. Mit sieben Geschwistern aufgewachsen, vier Brüdern und drei Schwestern, noch dazu als Nummer zwei, als Älteste nach Detlev, hatte sie das wohl noch nie gesagt. Man sagt so etwas nicht, man blamiert sich nicht gern vor den spottlustigen anderen. Beim Reiten und Schilaufen, beim Schwimmen und Klettern — nie durfte man merken lassen, wenn man Angst hatte. Jetzt sagte sie es. Es war ihr entfahren, und sie hielt erschrocken inne. Nun würde Detlev sie verhöhnen.

    „Du auch? fragte er leise. Es klang so, wie sie es von ihm noch nie gehört hatte: erwachsen, ernst. Elisabeth glaubte, sich doch vielleicht geirrt zu haben. Hatte er wahrhaftig gesagt: „Auch?

    „Komm’ rein, sagte sie und nahm sich zusammen. Die Linde stand noch, sie hatte es im Licht der Blitze genau gesehen. „Komm, es fängt an zu regnen. So ein Quatsch, hier naß zu werden.

    Er folgte, wenn auch zögernd. Sie tappten den Flur entlang. Die Tür zum Jungenzimmer stand halb offen. Heiner saß aufrecht im Bett.

    „Brennt’s?" fragte er hellwach und mit der bebenden Sensationslust, die Jungen bei Autounfällen, Gewittern und Explosionen empfinden, einem Gefühl, gemischt aus Furcht und Freude, das der Erwachsene einzugestehen nicht mehr den Mut hat.

    „Zum Glück nicht, sagte Detlev barsch und warf die Tür zu. „Du verdienst eine Tracht Prügel, wahrhaftig. Brennt’s, brennt’s! Sowas zu fragen!

    „Vielleicht wollte er wirklich nur wissen, ob es auch nicht eingeschlagen hat? sagte Elisabeth begütigend. „Das ist doch noch kein Grund, ihn zu prügeln.

    Detlev blieb an einem der Flurfenster stehen. Er sah Elisabeth nicht an.

    „Doch, es ist einer. Überhaupt — Heiner verdient mehr Schläge, als wir alle zusammen je bekommen haben."

    „Was hat er denn verbrochen?" fragte Elisabeth nach einer ziemlich langen Weile, in der sie beide geschwiegen hatten. Ihre Stimme klang klein und zerdrückt.

    „Ich habe es Mutter noch gar nicht gesagt. Detlev nahm sich zusammen und versuchte, sachlich und ruhig zu sprechen. Aber die Empörung machte seine Stimme tief und rauh. „Heiner, unser süßer Kleiner! Weißt du, was er auf dem Kerbholz hat? Schule geschwänzt hat er, zwei Wochen lang. Hast du Worte?

    „Aber er ist doch jeden Tag —"

    „Irrtum! Hinter die Schule ist er gegangen; wer weiß, wo er sich herumgetrieben hat. Und von Fräulein Honigmann hat er sich entschuldigen lassen. Stell dir das vor!"

    Fräulein Honigmann, die frühere Hausdame von Wienhagen, wohnte seit einiger Zeit in der Kreisstadt, wo sich auch die Schulen der Kinder befanden. Sie hatte Heiner immer besonders geliebt und als damals Jüngsten entsprechend verwöhnt. Er bekam jeden Willen bei ihr erfüllt.

    Daß er sie öfter besucht, das wußte ich, fuhr Detlev fort, „und das fand ich immer anerkennenswert, treu, verstehst du. Denn wir haben ihr damals das Leben wahrhaftig nicht leicht gemacht. Er machte übrigens alle Dummheiten mit, auch wenn er nach außen hin unschuldig tat. Jetzt aber dachte ich, er gehe sie aus wirklicher Anhänglichkeit besuchen. So sieht er aus! Er hat sie beschwatzt, ihn telefonisch zu entschuldigen. Halsschmerzen! Na ja, ihm hat sie von jeher alles geglaubt. Freilich meinte sie, es handle sich um einen oder zwei Tage. Wer denkt denn auch an sowas?

    „Und? fragte Elisabeth fast lautlos. „Und nun?

    „Nun soll er von der Schule fliegen. Die Geschwister zuckten bei einem grellen Blitz zusammen, dem unmittelbar ein fürchterlicher Donnerschlag folgte. Nach einer Weile fuhr Detlev fort: „Mutter bekommt noch einen Brief. Consilium abeundi, das heißt zwar nur, der gute Rat, abzugehen. Aber meines Wissens ist noch niemand, der ihn bekam, länger auf der Schule geblieben. Man fliegt dann eben früher oder später bei der nächsten, winzig kleinen Gelegenheit. Meist früher.

    Detlev schwieg. Elisabeth preßte die Hände zusammen.

    „Und du willst es Mutter sagen, ehe der Brief kommt?"

    „Ich halte das für richtig. Man kann dann doch — sie erschrickt dann vielleicht nicht gar so sehr." Detlev schwieg. Elisabeth wagte nichts zu sagen. Sie standen schweigend und sahen aus dem Fenster.

    „Du sagtest vorhin, du hättest Angst — du auch, begann Elisabeth dann wieder zögernd, schüchtern. Sie stockte immer wieder; aber irgend etwas trieb sie, zu reden. „Hast du nur Angst um Heiner? — weil du denkst, er kommt auf eine schiefe Bahn? — oder?

    „Nicht nur um Heiner, Rüdi ist in der Schule auch ziemlich schlecht angeschrieben. Dauernd hat er Arrest. Und er ist in einer wenig netten Klasse. Keine Raufbolde, verstehst du, sondern — nun, eben Jünglinge, wie man sie sich nicht als Umgang für seinen jüngeren Bruder wünscht. Das ist es aber nicht allein."

    „Sondern?" flüsterte Elisabeth. Es klang wie ein Hauch.

    „Ach, überhaupt. Es ist alles so anders geworden, seit der Vater tot ist. So — so schwierig. Früher war der Vater da, und wenn man was ausfraß, bekam man eins gewinkt. Das war manchmal nicht angenehm, aber einfach in Ordnung. Jetzt erwartet Mutter, daß man spurt. Sie sagt es nicht, aber man fühlt es doch. Die anderen fühlen es, wie man sieht, leider nicht; denn sie benehmen sich, milde gesprochen, schauderhaft. Dafür fühle ich mich eben verantwortlich." Detlev ging zum Fenster und blickte in die Dunkelheit hinaus, die immer wieder von Blitzen erleuchtet wurde.

    „Und auch sonst, fuhr er nach kurzem Schweigen fort. „Wienhagen war mal ein richtiges Rittergut, groß, mit einem Herrn, der vierspännig fuhr. Das ist es schon lange nicht mehr. Es ist ein Hof, ein ordentlicher Bauernhof, groß genug, um etwas zu bringen — gerade unser feldmäßiger Gemüsebau rentiert sich, weil wir in die Kreisstadt liefern, die mit ihrer Industriebevölkerung sehr viel Gemüse braucht. Schön und gut, das macht Bumke richtig, er hat erfaßt, worauf es heute und hier ankommt. Überhaupt habe ich manchmal das Gefühl, wir tun ihm Unrecht. Aber ich mag es nun einmal nicht, wenn jemand allzu freundlich ist. Ich traue ihm nicht. Bumkes Art, mich zu duzen, mir Zigaretten anzubieten, du kennst es ja — ich denke immer, da muß was dahinter stecken. Lieber grob, aber ehrlich.

    „Vielleicht kann man auch ehrlich sein und trotzdem höflich, sagte Elisabeth zögernd. Man hörte ihrer Stimme an, daß sie dies selbst nicht glaubte. „Immerhin hat er damals, als Vater starb, den Hof übernommen und bis heute ganz leidlich geführt.

    „Ganz leidlich." Detlev schwieg. Wieder krachte der Donner.

    „Freundlich oder nicht — ich weiß nicht, ob er richtig wirtschaftet, sagte Detlev dann. „Neulich hat er Heu verkauft, jetzt, im Frühjahr, wo man es doch selbst nötig braucht. Freilich bringt das Bargeld. Aber glaubst du, man holt das mit zeitigem Weideauftrieb wieder ein beim Vieh? Ich glaube das jedenfalls nicht.

    Elisabeth antwortete nicht. Nach einer Weile fuhr Detlev fort:

    „Siehst du, ich habe mir das oft überlegt. Ob solche Höfe noch ihre Berechtigung haben? Nein, sei mal still, hör mal ruhig zu. Ob man das Land nicht doch lieber aufteilen sollte? Aber man hat es ja erlebt, daß das schief geht, gerade bei solchem Boden, wie wir ihn haben. Siedle du einmal jemanden auf dem Strohberg an, wo nichts ist als Sand und Geröll! Na siehst du. Dort kann sich keiner halten, das ist doch klar. Nur wenn solch unterschiedlicher Boden in einer Hand ist, zusammengefaßt, ist es möglich, etwas herauszuwirtschaften. Gerade unsere Lieferungen an die Stadt bestätigen das. — Gut. Bumke bemüht sich. Er ist streng mit den Arbeitern und verbietet neuerdings das Reiten. Barbara ist wütend! Vielleicht tut er das aber nur, um uns zu helfen?"

    „Hast du mit Mutter schon darüber gesprochen?" fragte Elisabeth nach einer Weile des Schweigens. Etwas in ihr wehrte sich, diesen Sorgenpacken, den Detlev da zu tragen schien, mit auf ihre Schultern zu nehmen. Mutter war doch auch noch da und schließlich hier zuständig. Sie selbst war erst siebzehn und hatte mit der Schule Sorgen genug, wahrhaftig.

    Detlev schüttelte den Kopf. Er wußte, Mutter bemühte sich auf ihre Weise. Ehe sie zu ihnen gekommen war und Vater heiratete, verdiente sie ganz gut. Und nun hatte sie, als er starb, ihre damalige Tätigkeit wieder aufgenommen. Sie übersetzte für ihren alten Verlag, machte Register für ihn und mühte sich ab, nachts, die Kinder wußten das. Sie schaffte Bargeld damit heran, sie konnte damit diesen oder jenen kleinen Wunsch erfüllen, darauf war sie stolz. Ob sie aber übersah, was mit Wienhagen los war? Sie stammte aus der Stadt.

    „Vielleicht nimmst du das alles jetzt zu tragisch", sagte Elisabeth.

    „Die Leute sind unzufrieden, ich weiß. Neulich war das Essen wirklich verunglückt, Marie hat es zugegeben. Die Nudeln schmeckten muffig. Bumke bezieht alles, Teigwaren, Reis, Zukker und solche Dinge, die wir kaufen müssen, von einer Firma, die wir vorher nicht kannten. Er sagt, es sei vorteilhaft, im Großen einzukaufen, und das ist es auch bestimmt. Aber ob er nicht gar zu billig einkauft? Und trotzdem ist nie Geld da, und es fehlt an allen Ecken und Enden."

    „Fräulein Honigmann bezog auch alles im Großen, sagte Detlev nachdenklich. „Aber schlechtes Essen gab es bei ihr nie. Vielleicht wäre es besser, wenn Mutter —

    „Wenn Mutter was?" fragte Elisabeth streitbar. Detlev schüttelte den Kopf.

    „Ach, laß. Es hat keinen Zweck, daß wir hier stehen und unken, sagte er. „Geh schlafen, das Gewitter scheint sieh zu verziehen.

    „Und du?" fragte Elisabeth, beschämt durch seine Friedlichkeit. Sonst gingen sie meist recht geschwisterlich-streitbar miteinander um. Sein Ton war so nachsichtig gewesen. Sie zögerte, zu gehen.

    „Willst du nicht auch schlafen?" fragte sie deshalb. Detlev seufzte und stieß sich von seinem Platz am Fensterbrett ab. In diesem Augenblick zischte draußen etwas Helles herunter, und fast gleichzeitig krachte es infernalisch und so nahe, daß beide Geschwister zurücktaumelten.

    „Das hat eingeschlagen!" flüsterte Elisabeth. Sie wagte es nicht mit normaler Stimme zu sprechen. Trotzdem schien es Detlev gehört zu haben. Er rannte los und riß sie im Schwung mit sich.

    Merkwürdigerweise wußten sie beide, wo es passiert war. Dem Herrenhaus gegenüber stand das Wirtschaftsgebäude, eins der ältesten des Hofes, das den kleinen Turm mit der Uhr trug. Dort! Detlev stemmte sich gegen die Haustür, die er vorhin geschlossen hatte. Der Sturm drückte dagegen. Detlev bekam sie erst auf, als Rüdi und Heiner, plötzlich neben ihm, mit anfaßten. Dann freilich flog sie auf und haute, herumschlagend, an die Wand, daß es krachte. Im nächsten Augenblick rannten sie alle vier, Elisabeth und die drei Jungen, quer über den Hof.

    Elisabeth hatte das Gefühl, durch einen Wirbelsturm zu laufen. Staubböen, Wolkenfetzen und trommelnder Regen — jetzt stürzte etwas vor ihr herunter, dem sie noch gerade ausweichen konnte. Dabei schrie, ja, kreischte es: ein dicker Ast der Linde war gebrochen. Elisabeth sah sich nicht um, sondern hastete den Jungen nach über den Hof und dann die enge Treppe im Wirtschaftsgebäude hinauf. Im obersten Stock, in der Nähe des Giebels, züngelte eine kleine Flamme, lief am First dahin, Qualm beengte das Atmen. Es ging alles sehr rasch. Rüdi hatte den Schaumlöscher aus dem Halter gerissen, als er durch die Halle lief. Merkwürdig, daß er daran gedacht hatte und nicht Detlev. Am Brandort freilich war Detlev der Besonnenere. Die Brüder wechselten kaum drei Worte miteinander.

    „Von unten! Immer von unten das Feuer angehen!" hörte Elisabeth.

    Gleich darauf zischte der Schaumlöscher.

    „So, das hätten wir", sagte Heiner zehn Minuten später aufatmend. Bis dahin hatten alle vier nichts gesprochen. Jetzt bestand kein Zweifel mehr, daß der Brandherd erstickt war. Draußen prasselte der Regen. Das Gewitter schien mit diesem letzten Schlag alle Kraft ausgegeben zu haben.

    „Und die Linde?" fragte Elisabeth, als sie sich durch den Hof zurücktasteten. Sie waren alle vier naß, so daß es gleichgültig war, ob sie rannten oder langsam gingen. Elisabeth fühlte, daß ihre Knie lahm und kraftlos waren. Vielleicht ging das den Jungen genauso.

    „Die steht. Das vorhin war nur ein Ast, sagte Detlev. Es klang barsch. „Und der Regen ist gut.

    „Ja." Natürlich war der Regen gut und beruhigend. Vielleicht hätte sonst doch da oder dort noch ein Funke glimmen und zünden können. Sie dachten alle vier das gleiche.

    „Aber die Erbsenfelder!" sagte Heiner. Auch daran hatten sie alle gleichzeitig gedacht. Detlev knurrte.

    „Besser, die sind hin als das Haus." Er wußte nicht einmal, ob die Brandversicherung ordnungsgemäß lief. Er mußte morgen mit Humke sprechen.

    In einigen Zimmern des Wohnhauses waren jetzt die Fenster erleuchtet. Die Wirtschafterin und die Mädchen waren wohl auch aus dem Schlaf aufgeschreckt. Das Zimmer der Mutter ging nach der anderen Seite. Auch im nahen Dorf brannten die Lichter. Hunde bellten. Vom Tor her kam eilig ein Mann über den Hof auf die Geschwister zu, der Verwalter Humke.

    Detlev unterrichtete ihn kurz, und beide gingen nochmal zu der Einschlagstelle zurück. Auch Humke hatte nichts von dem kleinen Brand bemerkt und war nicht wenig erschreckt. Aber nun war ja alles in Ordnung. Ein warmer, sommerlicher Gewitterregen prasselte herunter. Humke sparte nicht mit Worten der Anerkennung. Ja, man müßte morgen gleich die verschiedenen Stellen benachrichtigen, die Polizei, die Versicherung. Jetzt wollte er noch schnell mal durch die Ställe gehen, ob alles in Ordnung war. Na, und dann gute Nacht auch!

    Die Geschwister hatten unter dem Vordach des Hauseingangs auf Detlev gewartet.

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1