Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Im Nebel
Im Nebel
Im Nebel
eBook110 Seiten1 Stunde

Im Nebel

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Als fünf Herren im legendären Grill-Club in London ins Gespräch kommen, sorgt in London ein Nebel für Aufregung, wie es ihn lange nicht mehr gegeben hat. Einer der Herren, ein junger Amerikaner berichtet von einem Verbrechen, in das er gestern verwickelt worden sei und das geheimnisvoller nicht sein könnte. Im tiefsten Neben sei er gestern Abend durch die Stadt geirrt und mehr zufällig in ein Haus geraten, aus dem ein Mann gestürzt sei und dabei die Haustür offen gelassen habe. Er habe das Haus betreten, um dann zu seinem Schrecken in einem der Nebenräume auf zwei Leichen gestoßen zu sein. Zudem stellte sich bald heraus, dass es sich bei beiden Leichen – einer Frau und einem Mann – um Menschen gehandelt habe, die der Öffentlichkeit durchaus nicht unbekannt seien. Voller Spannung lauschen die anderen Herren dieser Geschichte. Und genauso geht es dem Leser!-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum15. Jan. 2016
ISBN9788711462164
Im Nebel

Mehr von Richard Harding Davis lesen

Ähnlich wie Im Nebel

Ähnliche E-Books

Fiktion für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Im Nebel

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Im Nebel - Richard Harding Davis

    www.egmont.com.

    Im Nebel

    I.

    Es hat die grösste Schwierigkeit von der Welt, im Grill-Klub Aufnahme zu finden. Für ein neues Mitglied, dessen Name in die Liste eingetragen wird, ist dies keine geringere Auszeichnung, als wenn es den Hosenbandorden erhalten hätte, oder in Thackerays »Vanityfair« karikiert worden wäre.

    Wer zum Grill-Klub gehört, redet nie davon. Fragt man ein Mitglied, welche Klubs es zu besuchen pflegt, so wird es alle andern aufzählen, nur diesen nicht, aus Furcht, dass man denken könnte, es wolle mit seiner Mitgliedschaft prahlen.

    Der Grill-Klub stammt aus der Zeit, da noch Shakespeares Theater auf dem Platz stand, wo sich jetzt die Expedition der »Times« befindet. Ein goldener Bratrost, den Karl II. dem Klub zum Geschenk gemacht hat, und das echte Manuskript von »Tom und Jerry in London« sind Eigentum des Klubs, und wenn die Mitglieder in ihrem Lokal Briefe schreiben, gebrauchen sie noch Streusand, um die Tinte zu trocknen.

    Die Gesellschaft ist stolz darauf, dass sie mit politischer Unparteilichkeit beim Ballotieren einen liberalen und einen konservativen Premierminister hat durchfallen lassen, während in der letzten dieser beiden Sitzungen der Irländer Quiller, Q. C., der damals ein Advokat ohne Geld und Praxis war, um seiner witzigen Einfälle willen gewählt wurde.

    Als der französische Maler Paul Préval, der auf Befehl des Königs nach London kam, um den Prinzen von Wales zu malen, zum Ehrenmitglied des Grill-Klubs ernannt wurde — nur Ausländer können Ehrenmitglieder sein — sagte er, als er seine erste Weinkarte unterschrieb: Es ist mir lieber, meinen Namen auf dieser Karte zu lesen, als auf einem Gemälde im Louvre.

    Darauf erwiderte ihm Quiller: Das ist nicht gerade eine Schmeichelei. Die einzigen Menschen, die heutzutage ihren Namen im Louvre lesen können, sind schon seit fünfzig Jahren tot.

    Am Abend nach dem grossen Nebel des Jahres 1897 waren fünf Herren im Klub anwesend. Vier davon waren eifrig mit ihrem Nachtessen beschäftigt, der fünfte sass lesend am Kaminfeuer. Es gibt nur ein Gesellschaftszimmer im Klub und einen langen Tisch. Am einen Ende des Zimmers sieht man das Feuer unter dem Bratrost rot glühen und jedesmal aufflammen, wenn das Fett herabträufelt; am andern Ende befindet sich ein grosses Erkerfenster mit Butzenscheiben, das nach der Strasse hinausgeht. Die vier Männer, die am Tisch sassen, kannten einander nicht, aber während sie ihren Rostbraten verzehrten und Sodawasser mit Kognak dazu tranken, führten sie eine so reizend angeregte Unterhaltung, dass ein Gast des Klubs — Fremde haben übrigens keinen Eintritt — sie für langjährige Freunde hätte halten können; sicherlich nicht für Engländer, die einander zum erstenmal trafen, ohne vorgestellt zu sein. Im Grill-Klub ist es nämlich Sitte und Herkommen, dass wer eintritt, mit jedem ein Gespräch anknüpfen muss, den er dort findet. Damit diese Regel streng befolgt wird, ist eben nur ein langer Tisch da, und ob nur zwei Leute anwesend sind oder vielleicht zwanzig, so werden die Kellner, dieser Regel getreu, nie verfehlen einen neben den andern zu setzen.

    Aus diesem Grunde sassen also auch die vier Unbekannten zusammen beim Abendessen, und während eine Gruppe Lichter vor ihren Plätzen stand, lag der übrige Raum im Dunkel; nur der gedeckte Tisch zog sich in seiner ganzen Länge wie eine weisse Strasse durch das Zimmer.

    Wie gesagt, äusserte der Herr, der eine schwarze Perle als Hemdknopf trug, die Zeiten der romantischen Abenteuer, der tollkühnen Wagestücke, sind vorüber, und zwar aus sehr naheliegenden Gründen. Wenn einer nach dem Nordpol reist, so nenne ich das noch kein Abenteuer. Jener Afrikaforscher, der junge Chetney, der gestern wieder aufgetaucht ist, während man glaubte, er sei in Uganda gestorben, hat nichts Wagehalsiges getan. Er hat Karten gezeichnet und die Quelle verschiedener Flüsse erforscht; zwar war er fortwährend in Gefahr, aber das Gefährliche an sich ist noch kein Abenteuer. Sonst würde der Chemiker, der Explosionsstoffe ausprobiert oder mit tödlichen Giften umgeht, täglich Abenteuer erleben. Ein richtiges Abenteuer muss ein Wagestück sein. Aber wer wagt denn heutzutage noch etwas? Wir sind zu gleichgültig geworden oder vielleicht zu praktisch, zu gerecht und vor allem zu verständig. Hier in dem Zimmer, wo wir sitzen, haben sich ehemals Mitglieder des Klubs mit gezogenen Schwertern darum gestritten, wie man einen von Popes Versen richtig skandieren müsse. Als einem Mitglied zufällig ein paar Tropfen Burgunder auf die Manschette gegossen wurden, war das eine so wichtige Angelegenheit, dass zehn Männer deswegen quer über diesen Tisch in Kampf gerieten. In einer Hand das Rapier, in der andern ein Licht, fochten sie miteinander und wurden alle zehn verwundet. Bei dem vergossenen Burgunder waren nur zwei beteiligt, aber die andern acht nahmen Partei, weil sich die Gemüter erhitzten. Es waren tatsächlich die angesehensten Männer ihrer Zeit. — Wenn mir heute einer der Herren Burgunder auf die Manschette gösse, ja wenn er mich selbst gröblich beleidigte, so würden sich die übrigen nicht verpflichtet fühlen, einander umzubringen. Sie würden uns einfach trennen und morgen früh als Zeugen gegen uns vor dem Polizeigericht erscheinen. Den besten Beweis dafür, wie sich die Zeiten verändert haben, liefern wir beide, Sir Andrew und ich, Ihnen heute abend in eigener Person.

    Die andern drehten sich um und sahen nach dem Herrn hin, der am Kamin sass. Er war ältlich und etwas wohlbeleibt; auf seinem freundlichen Gesicht voller Fältchen lag ein beständiges, gutmütiges Lächeln und der Ausdruck eines beinah kindlichen Vertrauens. Jedermann kannte diesen Kopf zur Genüge aus den illustrierten Blättern. Der Herr hielt sein Buch auf Armeslänge wie um besser sehen zu können und zog vor gespanntem Interesse die Augenbrauen zusammen.

    Lebten wir noch im achtzehnten Jahrhundert, fuhr der Mann mit der schwarzen Perle fort, so würde ich Sir Andrew heute abend, wenn er den Klub verlässt, binden, knebeln und in eine Sänfte werfen lassen. Die Wache würde ein Auge zudrücken, die Vorübergehenden das Hasenpanier ergreifen, und meine gedungenen Schergen brauchten ihn nur bis zum Morgen an einem abgelegenen Ort in Sicherheit zu bringen. Mir würde das nichts schaden, sondern nur meinen Ruf als kühner Abenteurer erhöhen; höchstens brächte der »Tattler« vielleicht einen Artikel mit der Ueberschrift: »Der Baronet und das Budget«, in dem Sternchen statt der Namen stünden.

    Aber zu welchem Zweck? fragte das jüngste Mitglied. Und warum in aller Welt gerade Sir Andrew? Weshalb wählen Sie seine Person für Ihr Abenteuer?

    Der Herr mit der schwarzen Perle zuckte die Achseln.

    Ich möchte verhindern, dass er heute abend im Parlament das Wort ergreift. Es handelt sich nämlich um die Marinevorlage, fuhr er mit düsterm Blick fort, und Sir Andrew will für den Antrag der Regierung sprechen. Kommt es dazu, dann bringt er auch die Vorlage durch, so gross ist sein Einfluss und so zahlreich sein Anhang. Wenn nun der Wagemut unserer Vorfahren noch in mir lebte, so würde ich mir aus der nächsten Apotheke Chloroform holen, ihn dort auf dem Stuhl betäuben, den Bewusstlosen dann in eine Droschke schaffen und ihn bis zum Tagesgrauen gefangen halten. Täte ich das, so ersparte ich den britischen Steuerzahlern die Kosten von fünf neuen Kriegsschiffen, das heisst, viele tausend Pfund Sterling.

    Der Sprecher wandte sich abermals um und betrachtete den Baronet mit lebhaftem Interesse, während der dritte Herr, ein Ehrenmitglied des Grill-Klubs, der sich schon durch seinen Akzent als Amerikaner gekennzeichnet hatte, leise lachend sagte:

    Wenn man ihn so dasitzen sieht, sollte man nicht glauben, dass er sich viel um Staatsgeschäfte kümmert.

    Die andern nickten schweigend.

    Seit wir das Zimmer betreten haben, hat er kein Auge von dem Buch verwandt, bemerkte der jüngste der Anwesenden. Er beabsichtigt doch gewiss nicht, noch heute im Hause zu sprechen.

    Jawohl, ohne Zweifel, versicherte der Mann mit der schwarzen Perle trübselig. Nun die Sitzungsperiode zu Ende geht, dauern die Verhandlungen oft bis tief in die Nacht. Aber bei der dritten Lesung der Marinevorlage wird er zur Stelle sein und sie durchbringen.

    Das vierte Mitglied, ein starker, rotwangiger Herr in kurzer Juppe und schwarzer Krawatte, der wie ein Sportliebhaber aussah, stiess einen neidischen Seufzer aus.

    Ob wohl einer von uns so kaltblütig sein könnte bei dem Gedanken, dass er, ehe noch eine Stunde vergeht, im Parlament auftreten und eine Rede halten müsste! Ich selbst würde schauderhaftes Lampenfieber kriegen. Er dagegen ist so erpicht auf das Buch, das er liest,

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1