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Die geprellten Verschwörer
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eBook163 Seiten2 Stunden

Die geprellten Verschwörer

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Über dieses E-Book

Ein Diner auf Einladung von Lord Guise in seinem Londoner Club bringt die Wende! Alle vier Teilnehmer des Essens, alle übrigens unverheiratet, gelangen zu der Aussage: "So ein verdammter Esel ist doch wohl kein Mann, dass er glauben kann, er werde sein ganzes Leben lang in ein und dieselbe Frau verliebt sein und bleiben." Und dennoch erleben sie es täglich, dass die Liebe die Menschen zur Ehe schreiten lässt. Lord Guise hat die Gegenantwort: Die vier gründen ein Schutz- und Trutzbündnis, bei dem die anderen drei im Falle der Verliebtheit des anderen über die Eheschließung entscheiden. Was so sinnvoll erscheint, entwickelt sich für alle zu einer großen Last. Denn schon bald sieht sich jeder von ihnen genötigt, seinen Antrag an das Bündnis zu stellen: Alle – bis auf Lord Guise?-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum1. Jan. 2017
ISBN9788711462263
Die geprellten Verschwörer

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    Buchvorschau

    Die geprellten Verschwörer - W. E. Norris

    Saga

    Erstes Kapitel.

    An einem gewissen Frühlingsabend eines gewissen Jahres (die Möglichkeit, das Datum genauer anzugeben, wäre vorhanden, aber aus verschiedenen Gründen erscheint es wünschenswert, die Zeit minder deutlich zu bezeichnen) gab Lord Guise in seinem Klub ein kleines Diner. Es machte ihm besonderes Vergnügen, derartige Einladungen zu erlassen, ja, er war überhaupt nur in diesen Klub eingetreten, weil dieser wegen der Trefflichkeit der Küche, womit die Mitglieder Fremde bewirten konnten, berühmt war. Ob er es nun nicht der Mühe wert fand, sich um die Zusammensetzung der Gesellschaft viel zu bekümmern, oder ob er ihre Buntscheckigkeit ergötzlicher fand, kurz, Lord Guise suchte sich seine Gäste aus, ohne im geringsten Rücksicht darauf zu nehmen, ob sie sich untereinander verstehen würden oder nicht. Dass die drei, die er bei dem heutigen Anlass zusammengebeten hatte, ausser dem Sinn für gute Küche und gute Weine keinerlei Berührungspunkte hatten, dessen musste er sich auf alle Fälle bewusst gewesen sein.

    Einer davon war sein alter Freund und einstiger Schulkamerad, Percy Thorold, ein hübscher, ziemlich ernsthaft dreinschauender Mann von über dreissig Jahren, mit dunklem Haar und breiter Stirn, der früh Parlamentsmitglied geworden war, sich rasch als Redner hervorgethan hatte und jetzt die Stellung eines jüngeren Lordschatzmeisters einnahm. Der zweite war Eustace Moreton, ein auffallend hübscher und nach Ansicht der meisten Leute auffallend nichtsnutziger junger Mensch; er war eine Zeitlang Gardeoffizier gewesen, hatte diesen Beruf aber aufgegeben, weil er gefunden hatte, dass seine Mittel ihm diesen Luxus nicht gestatteten. Ob er oder sein Vater es weniger kostspielig fanden, wenn er ganz ohne Beschäftigung in London lebte, bleibt eine offene Frage, jedenfalls hatte er weder Lust noch Aussicht, auf irgend eine Weise sein Brot zu verdienen. Als treuer Unterthan des neuesten Modegesetzes war er ganz glatt rasiert; sein blondes, lockiges Haar wuchs weit in die breite Stirn hinein, seine schläfrigen blauen Augen drückten der Welt, die im Ganzen genommen so gnädig mit ihm verfahren war, als er irgend erwarten konnte, ein gewisses lässiges Wohlwollen aus. In der Gesellschaft war er ein begehrter Mann, denn er tanzte gut, hatte kein Vorurteil gegen Londoner Bälle und wusste sich angenehm zu machen. Der dritte Gast endlich war der kleine Herr Schneider, von dem weder sein Wirt, noch sonst jemand viel wusste, als dass er viel Geld besass, dass er im Park und an andern Orten vierspännig fuhr, dass sein verstorbener Vater ein deutscher Bankier gewesen war und dass ihm ausserordentlich viel daran lag, in der Gesellschaft festen Fuss zu fassen. Von den vier Tischgenossen war Lord Guise selbst der älteste und der wenigst elegante; sein Haar, das er länger trug, als es heutzutage bräuchlich ist, war nicht forgfältig genug gepflegt, seine Kleider sassen schlecht und seine Züge waren plump und unregelmässig. Alles zusammengenommen, sah er sehr gewöhnlich aus, wenn es auch Leute gab, die ihn in seiner Eigenschaft als ältester Sohn eines Herzogs eine vornehme Erscheinung zu nennen beliebten. Er galt für excentrisch, was aber nicht viel mehr heissen wollte, als dass seine Umgangsformen weniger fein waren, als zu erwarten gewesen wäre, und dass er noch unverheiratet war.

    Wenn Lord Guise, trotzdem verlockende und ziemlich deutliche Aufforderungen, seinen Stand zu verändern, nicht ausblieben, noch immer Junggeselle war, so rührte das nicht von phantastischen Launen her, sondern beruhte auf der tiefen Ueberzeugung, dass ein Mann, der sich lebenslang an ein Weib bindet, zehn gegen eins eine unwiderrufliche Thorheit zu bereuen haben werde. Es war dies ein Lieblingssatz von ihm, und er trug ihn jetzt eben seinen drei Gästen vor, die ihm mit Interesse und Spannung zuhörten.

    „Selbstverständlich ist die Ehe als gesellschaftliche Einrichtung eine Notwendigkeit, bemerkte er in seiner langsamen, etwas schleppenden Sprechweise, „und das zu bestreiten, wird wohl niemand einfallen. Wogegen ich mich auflehne, ist nur die englische Art, Heiraten zu schliessen. Was zum Henker hat denn die Liebe mit der Geschichte zu thun? So ein verrannter Esel ist doch wohl kein Mann, dass er glauben könnte, er werde sein ganzes Leben lang in eine und dieselbe Frau verliebt sein und bleiben.

    „Ich kann mir doch vorstellen, dass ein Mann ein solcher Esel wäre," sagte Thorold mit einem leisen Lächeln.

    „Bei Licht besehen, ich auch, eigentlich bildet man sich das ja ein, so oft man verliebt ist. Ich habe meinen Gedanken nicht richtig ausgedrückt, ich hätte sagen sollen, so dumm ist keiner von uns, an die Möglichkeit einer unwandelbaren Liebe bei einem andern Mann zu glauben."

    „Oder an die dauernde Liebe bei einem Weib," setzte Moreton mit einem Seufzer hinzu und heftete einen wehmütigen Blick auf sein leeres Sektglas.

    Lord Guise gab dem Kellner einen Wink und nahm seine Vorlesung wieder auf.

    „Der Grund, aus dem so viele Eheleute sich gegenseitig hassen, liegt nur darin, dass sie mit dem abgeschmackten Gelöbnis, Unmögliches zu vollbringen, vom Stapel gelaufen sind. Man sollte anfangen, wie man fortzumachen gesonnen ist, und wenn man mit einem guten, ruhigen Gefühl gegenseitiger Rücksicht und Achtung beginnen wollte, so liesse sich die Sache wahrscheinlich ohne viel Unbehagen durchführen. Ich sage nicht, dass die Ehe in irgend welcher Weise erfreulich sein könnte, aber erträglich könnte sie gemacht werden!"

    Der kleine Herr Schneider, mit seinem runden, rosigen Gesicht und den hervorstehenden Augen, nickte beistimmend und klopfte auf den Tisch.

    „Vollkommen richtig! rief er lebhaft. „Ich stimme Ihnen ganz und gar bei!

    „Das habe ich von Ihnen erwartet, bemerkte Lord Guise trocken. „Sie thun das in der Regel. Aber was halten Sie davon, Thorold? Geben Sie mir recht?

    In Wahrheit hatte diese ganze Standrede, so allgemein sie der Form nach auch gehalten war, nur auf einen einzelnen Fall Bezug, und Herr Thorold war sich dessen vollkommen bewusst.

    „Sie mögen recht haben, versetzte er. „Ich persönlich hätte kein grosses Verlangen, nach französischem Rezept zu heiraten, aber vermutlich bewährt es sich in den meisten Fällen besser, als das unsrige. Uebrigens hat es nicht viel zu sagen, ob Sie recht oder unrecht haben, denn Sie werden schwerlich eine Umwälzung unsrer angebornen Vorstellungen hervorbringen.

    „Das weiss ich denn doch nicht, erwiderte Lord Guise. „Jede Bewegung entsteht durch einen einzelnen, und so sehr ich von meines Nichts durchbohrendem Gefühle durchdrungen bin, könnte es doch sein, dass ich der erste wäre, der die Kugel in der rechten Richtung ins Rollen brächte. Nicht, dass ich dem französischen Rezepte unbedingte Geltung verschaffen möchte — für meinen Geschmack nimmt in Frankreich die Schwiegermutter eine zu hervorragende Stellung im Haushalt ein. Ich möchte es nur dahin bringen, dass die Männer einsehen, dass in eine Frau verliebt zu sein, gar kein Grund ist, sie zu heiraten — im Gegenteil. So viel werden Sie mir doch zugeben müssen, Thorold?

    Die Blicke der beiden andern Tischgenossen waren erwartungsvoll und mit einer versteckten Heiterkeit auf den jungen Politiker gerichtet, dessen Verlobung mit einer sehr bekannten Dame kürzlich abgebrochen worden war, und von dem man annahm, er sei noch etwas herzwund über die Geschichte.

    „O gewiss gebe ich das zu, erwiderte er achselzuckend. „Schliesslich handelt es sich ja nur um verschiedene Abstufungen unsrer Unkenntnis, denn was wissen wir überhaupt von den Frauen, auch wenn wir nicht verliebt sind? Das beste ist, ihnen freien Spielraum zu geben.

    „Was nur nicht ausführbar ist, versetzte Lord Guise. „Wollen wir jetzt hinaufgehen und rauchen?

    Der Gegenstand wurde für den Augenblick fallen gelassen, aber später im Rauchzimmer von Eustace Moreton, der in Beziehung auf das andre Geschlecht einen haarsträubenden Cynismus zur Schau trug, wieder aufs Tapet gebracht. So kurz sein Lebensgang war, so ereignisreich war er in Dingen der Liebe gewesen, und was die Beständigkeit anging, so hatte er sich dadurch nicht eben ausgezeichnet, teilte aber jetzt seinen Zuhörern mit, dass er in keinem einzigen Fall der zuerst Erkaltende gewesen sei.

    „Meine Ueberzeugung ist, erklärte er feierlich, „dass es den Frauen niemals um den Mann selbst zu thun ist. Ihr einziges Streben ist, ihn zum Heiraten zu verlocken, und sobald sie sehen, dass er keine Lust hat, so furchtbar weit zu gehen, wird er beiseite geworfen, wie ein alter Handschuh.

    Diese Lehre von der gänzlichen Unvernunft weiblicher Natur wurde von Herrn Schneider bestätigt, der, mit dem Kopf nickend, salbungsvoll bemerkte: „Ganz Ihrer Meinung, Moreton."

    Herr Schneider war einer von den liebenswürdigen, leider allzu seltnen Menschen, die nie widersprechen.

    „Suchen wir, gerecht zu sein selbst gegen die Frauen, obwohl sie es beinahe nie gegen uns sind, sagte Lord Guise. „Es ist nur billig, wenn wir anerkennen, dass sie in mancher Hinsicht lange nicht so thöricht sind, wie wir, und ihr Wunsch, geheiratet zu werden, ist ihnen in Anbetracht ihrer Lage nicht zu verargen. Natürlich wollen sie unter die Haube kommen und natürlich geben sie sich alle Mühe, uns zu angeln, aber weshalb beissen wir immer Hals über Kopf an? Das möchte ich nur wissen?

    „Manche lassen es wohl bleiben," bemerkte Thorold.

    „Hm! Manche haben das Glück, wieder ins Wasser geworfen zu werden, weil sie sich gar zu leicht fangen liessen."

    Thorold hatte eine Entgegnung auf der Zunge, besann sich aber eines Besseren, drehte seinen Schnurrbart und schwieg.

    „Was wir brauchen, fuhr Lord Guise fort, „ist ein Junggesellenbund zu gegenseitigem Schutz und Beistand. Wie ich vorhin schon sagte, ist es abgeschmackt, die Frauen zu tadeln, weil sie ihren angebornen Trieben gehorchen. Das thun auch die besten; aber der Himmel weiss, dass es schlechte genug gibt, und wie soll ein harmloses Geschöpf von einem Mann ihnen ausweichen? Sobald sie nur ein bisschen hübsch sind, müssten sie entsetzlich ungeschickt sein, wenn sie es nicht fertig brächten, uns um den Verstand zu bringen, und dann ist es um uns geschehen. Es vergeht kein Jahr, dass ich nicht von einem halben Dutzend Verlobungen höre, die geradezu herzbrechend sind.

    „Sie sind übrigens bis jetzt noch immer ungefährdet davongekommen," bemerkte Thorold.

    „Nur weil ich mit einer ausnahmsweise ruhigen Gemütsart begnadet bin; hätte ich meinen ersten Regungen gehorcht, so wäre ich längst ein elender Sklave. Sie sind ein reicher Mann und werden ein Lied zu singen wissen von den Fussangeln, die uns auf Schritt und Tritt gelegt werden."

    „Ohne ein reicher Mann zu sein, schaltete Moreton ein, „kann ich davon auch mitreden. Niemand hängt mehr am Weibe als ich und niemand weiss besser, dass sie alle, die eine wie die andre, Lug und Trug üben.

    Herr Schneider gab zu verstehen, dass seine persönlichen Erfahrungen ihn auch zu diesem traurigen Ergebnis geführt hätten.

    „Aber auf welche Weise gedenken Sie denn, diesem betrüblichen Zustand abzuhelfen?" fragte Thorold.

    „Wie ich Ihnen sage, durch Gründung eines Schutz- und Trutzbündnisses, gab Lord Guise zur Antwort. „Von dem Augenblick an, wo der Mann sich verliebt, ist er nicht mehr zurechnungsfähig. Zu seinem eignen Besten hätten die Freunde die Pflicht, jede Verantwortung für ihn zu übernehmen; das können sie aber natürlich nur dann thun, wenn er ihnen, solange er noch seine fünf Sinne beisammen hatte, Vollmacht dazu erteilt hat. Man hört häufig von armen Teufeln, die einen ererbten Hang zum Trunk haben, es aber vorher fühlen, wenn der Anfall kommt, und freiwillig in Anstalten gehen, wo keine geistigen Getränke verabreicht werden. Derselbe Grundsatz sollte auch auf das Heiraten Anwendung finden. Wenn einer auf dem Punkt steht, eine Dummheit zu machen, sollte er zu seinen Freunden gehen und ihnen sagen: ‚Hört, wenn ihr mich nicht festhaltet, so werbe ich heute oder morgen um Fräulein A. oder Lady B. Meiner Ansicht nach ist sie ein Engel, aber ich bin mir bewusst, dass meine Urteilsfähigkeit gegenwärtig gleich Null ist — sorgt also für mich, so gut ihr könnt!‘ Das ist mein voller Ernst, setzte er hinzu, als er bemerkte, dass seine Zuhörer behaglich lächelten.

    „Und was würden Sie mit dem Unglücklichen beginnen, der sich in so rührender Weise unter Ihren Schutz flüchten wollte? fragte Thorold. „Einsperren? In Ketten legen?

    „Nein, solche Mühsal könnte er mir doch wohl nicht zumuten, überdies zweifle ich, ob das gesetzlich wäre. Meine Idee ist, dass jedes Mitglied der Gesellschaft sich verpflichten sollte, eine gewisse Zeitlang — sagen wir sechs Monate — vollständig dem Rat der Freunde zu gehorchen. Selbstverständlich könnte es auch der Fall sein, dass sie seine Heirat auf der Stelle gut hiessen, wären sie aber überzeugt, dass er im

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