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Pflaumengestirn und Hasenpfeffer: Gedichte
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Pflaumengestirn und Hasenpfeffer: Gedichte
eBook139 Seiten38 Minuten

Pflaumengestirn und Hasenpfeffer: Gedichte

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Über dieses E-Book

Überzeugt, dass Gedichte nicht nur in Schulen und an Universitäten, sondern auch im Alltag ihren Platz haben, nimmt Kurt Hutterli in seinem neuen Gedichtband die Leserinnen und Leser mit auf Reisen, führt sie an seinen Schreibtisch und in Landschaften, die für ihn besonders wichtig wurden: in die Schweiz, und dort besonders ins Tessin, nach Finnland und ins Okanagan Valley im Südwesten von Kanada.
SpracheDeutsch
HerausgeberMünster Verlag
Erscheinungsdatum30. Mai 2020
ISBN9783907301104
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    Buchvorschau

    Pflaumengestirn und Hasenpfeffer - Kurt Hutterli

    Unterwegs

    Zum Buchtitel

    Centovalli, 1971

    Blau

    Fünf mattblaue Pflaumen

    hat mir der Siebenschläfer übrig gelassen.

    Zwei hängen vor dürrem Gras,

    zwei vor Birkenlaub,

    eine hängt vor dem Himmel.

    Vier esse ich,

    eine schaue ich an.

    Zuerst hängt sie vor dem Himmel,

    dann daran,

    dann darin:

    Pflaumengestirn,

    pflaumenblau im Himmelblau.

    Ich werde dem Siebenschläfer

    eine mattblaue Pflaume übrig lassen.

    K.H.

    Okanagan Valley, 2011

    Blau

    Einen Baum voll mattblauer Pflaumen

    haben Marianne und Kurt übrig gelassen.

    Von ferne hängen die Früchte

    vor dürrem Gras, glänzenden Kiefernnadeln

    und schroffem Fels.

    Ich stelle mich unter den Baum,

    fresse die unteren Äste leer.

    Die Pflaumen über mir

    hängen zuerst vor dem Himmel,

    dann daran,

    dann darin:

    Pflaumengestirne,

    pflaumenblau im Himmelblau.

    Weil Marianne und Kurt dieses Jahr

    siebenundsechzig wurden,

    lasse ich ihnen genau

    siebenundsechzig

    mattblaue Pflaumen übrig.

    U.A.

    (Der Schwarzbär Ursus Americanus verschweigt, dass er beim Hinaufklettern den Stamm zerkratzte und einen Hauptast brach.)

    Vassor, Finnland, 1980

    Hasenpfeffer

    Die Kinder

    füllen den rötlichen Sand

    in dürre Kerbelstengel,

    streuen ihn

    auf dem Heimweg

    als Pfeffer aufs Moos und

    in die Beerenstauden:

    damit die Hasen

    dann niesen müssten.

    Tessin

    Abschiedsbaum

    Zwischen den wichtigen

    Bäumen meiner Kindheit

    – dem Trauerweidenblätterzelt etwa,

    der Baumhauskastanie

    oder den Seilbrückenerlen –

    liegt vor Bruchsteingemäuer

    ein umgesägter Baum

    voll roter Kirschen.

    «Wie ich mich freue,

    dass ihr mich hier oben

    noch einmal besucht!»,

    begrüsst uns Cristoforo, den ich

    zu meinem Wahlgrossvater

    erklärt habe.

    «Es ist mein letzter Bergsommer,

    ich spüre es,

    und wir wollen den Tag

    zusammen so recht geniessen.

    Diesen Baum habe ich

    für euch gefällt,

    damit ihr ihn bequem

    leerpflücken könnt.

    Der andere gehört

    in Zukunft den Vögeln.

    Und den Engeln,

    falls sie Kirschen mögen.»

    Barockherbst

    Heute Morgen,

    beim Einkochen

    von Traubengelee,

    fiel uns ein Putto

    in den süsslauen Mansch.

    Wir zogen

    das plärrende Himmelskind

    an seinen verklebten Flügelchen

    aus dem bordeauxroten Saft,

    wuschen es

    mit handwarmem Wasser

    und milder Seife

    behutsam

    von den goldenen Locken

    über die rosa Pausbacken,

    das feine Gefieder,

    all die zarten Wülstchen,

    das porzellanige Zipfelchen

    bis hinunter

    zu den Marzipanzehen.

    Zum Trocknen

    hielten wir es

    in die sanfte Sonne.

    Kichernd flog es auf

    und spritzte uns,

    die wir ihm nachblickten,

    – war es Erleichterung,

    Übermut, Boshaftigkeit? –

    einen honiggelben Strahl

    ins Gesicht.

    Antiquiert

    Während die Katze

    einmal mehr mit mässigem Erfolg

    Angelinas Laden

    gegen Mäuse und Ratten verteidigt

    und dabei

    eine Packung Satan-Schneckentöter

    vom Regal in die Tomaten fällt,

    während der Bach

    Giovannis Honigschleuder spült

    und Maria aus Strohbändern

    Sonnenhüte näht,

    die nach Bienenwachs duften,

    während Pino und Luigi

    das Kirchlein mit dem Badetuch beflaggen,

    das sie einem Mädchen aus der Deutschschweiz

    mit einer Bohnenstange

    vom Balkon geangelt haben,

    blättere ich am Kaminfeuer

    in Guido Calgaris

    «Storia delle quattro letterature della Svizzera»,

    wo Frischs und Dürrenmatts Erfolge

    erst Fussnoten sind.

    Melezza

    Im ausgetrockneten Flussbett

    geschliffene Granitblöcke:

    Sonnenbehälter noch lange

    in den Schatten hinein,

    in Gewittern

    vom sandigen Wasser

    nachgeschmirgelt;

    Steine, über die

    kein Gras wächst.

    Lehrmeister

    Ich fing als Kind

    von Hand Forellen

    im Val di Remo,

    Kartenblatt Locarno

    1: 25 000

    unten links.

    Beigebracht hatte mir

    diese verbotene Kunst

    der Maurer, Mineur, Steindachdecker

    und Bildhauer Ettore Jelmorini,

    der später ehrenamtlich

    auch Fischereiaufseher wurde.

    Ballast

    Auf dem Rücken liegen

    auf dem Sand,

    die Augen schliessen

    und fliegen.

    Immer noch Sand am Rücken.

    Auf dem Bauch

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