Ihre geheimnisvolle Tochter: Dr. Brinkmeier Classic 9 – Arztroman
Von Sissi Merz
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Über dieses E-Book
Max war damals nicht ganz im Frieden von zu Hause geschieden, und jetzt überlagern sich bei ihm verschiedene existentielle Gefühle.
In Afrika hat er eine wirkliche Lebensaufgabe gefunden. In der Heimat wird er dringend benötigt.
Die Ärztin, der seine große Liebe gilt, wirkt mit ihm gemeinsam auf der Missionsstation und ist inzwischen fest verwurzelt auf dem afrikanischen Kontinent.
Dr. Max Brinkmeier muß sich entscheiden – und Sie erwartet die spannendste, gefühlvollste Arztromanserie! Die beliebte Schriftstellerin Sissi Merz erreicht in diesen eindrucksvollen Romanen den Höhepunkt ihres Schaffens.
Schwere, graue Regenwolken zogen übers Tal von Wildenberg. Ganz dunkel wurde es, als die ersten dicken Tropfen fielen. Doch es dauerte nicht lang, dann frischte der Wind auf und blies die Wolkenlast nach Westen fort, Richtung Berchtesgaden. Der Himmel atmete wie befreit auf, um gleich darauf im schönsten Frühlingsblau zu leuchten. »Ist das heut wechselhaft«, beschwerte Milli Reiter sich, die Hauserin von Dominik Hirtner, dem Dorfgeistlichen. »Da spür' ich jeden Knochen einzeln. Und der Frühling hat noch net einmal anfangen.« Sie servierte Hochwürden noch einen frischen Kaffee und fügte griesgrämig hinzu: »Ich muß nachher zum Doktor.« »Ist schon recht, Milli«, erwiderte der Hirtner freundlich. »Aber nimm bitt' schön einen Regenschirm mit.« Er deutete zum Fenster. »Im Norden braut sich schon was Neues zusammen.« »Sagen Sie, Hochwürden, was hab' ich gehört? Der Burgmüller, der alte Wichtigtuer, sammelt für die Renovierung vom Gotteshaus? Was verspricht er sich denn davon?« Dominik Hirtner legte die Morgenzeitung beiseite und musterte das alte Weibel nachsichtig. »Er tut ein gottgefälliges Werk. Das ist doch recht lobenswert.«
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Buchvorschau
Ihre geheimnisvolle Tochter - Sissi Merz
Dr. Brinkmeier Classic
– 9 –
Ihre geheimnisvolle Tochter
… denn die Vergangenheit ließ Theresia nicht los
Sissi Merz
Schwere, graue Regenwolken zogen übers Tal von Wildenberg. Ganz dunkel wurde es, als die ersten dicken Tropfen fielen. Doch es dauerte nicht lang, dann frischte der Wind auf und blies die Wolkenlast nach Westen fort, Richtung Berchtesgaden. Der Himmel atmete wie befreit auf, um gleich darauf im schönsten Frühlingsblau zu leuchten.
»Ist das heut wechselhaft«, beschwerte Milli Reiter sich, die Hauserin von Dominik Hirtner, dem Dorfgeistlichen. »Da spür’ ich jeden Knochen einzeln. Und der Frühling hat noch net einmal anfangen.« Sie servierte Hochwürden noch einen frischen Kaffee und fügte griesgrämig hinzu: »Ich muß nachher zum Doktor.«
»Ist schon recht, Milli«, erwiderte der Hirtner freundlich. »Aber nimm bitt’ schön einen Regenschirm mit.« Er deutete zum Fenster. »Im Norden braut sich schon was Neues zusammen.«
»Sagen Sie, Hochwürden, was hab’ ich gehört? Der Burgmüller, der alte Wichtigtuer, sammelt für die Renovierung vom Gotteshaus? Was verspricht er sich denn davon?«
Dominik Hirtner legte die Morgenzeitung beiseite und musterte das alte Weibel nachsichtig. »Er tut ein gottgefälliges Werk. Das ist doch recht lobenswert.«
Die Hauserin verzog abfällig den Mund. »Der Bürgermeister ist so gottgefällig wie sein Vieh im Stall. Er will nur glänzen. Sie wissen es doch besser, kennen ihn ein Leben lang. Daß Sie ihm die Gelegenheit geben, sich aufzuspielen, find ich falsch.«
Der Hirtner machte ein nachdenkliches Gesicht. Er konnte Milli nicht aus ehrlichem Herzen widersprechen. Natürlich wußte er, daß Alois Burgmüller alles, was er tat, aus drei Gründen tat: Um sich als Ortsvorstand unentbehrlich zu machen, seine Mitmenschen zu beeindrucken und sich ein wenig von der Masse abzuheben. Kam es zu arg, bremste der Pastor seinen alten Duzfreund. Doch in diesem Fall hatte er bislang Nachsicht geübt. »Schau, Milli, der Dachstuhl in unserem Gotteshaus hat eine Renovierung dringend nötig. Und die Zuschüsse der Mutter Kirche sind karg. Du weißt ja selbst, daß heutzutage überall gespart werden muß. Allein deshalb bin ich dem Alois dankbar für sein Engagement. Denn letztlich ist es mir lieber, wir sitzen bei Regen im Trocknen und der Burgmüller dabei mit leicht geschwellter Brust...«
Die Hauserin sagte dazu nichts, doch sie war offenbar anderer Meinung, denn sie verließ kopfschüttelnd die Stube.
Wenig später machte Milli Reiter sich dann auf den Weg zum Doktorhaus. Das Wetter hatte sich schon wieder verschlechtert, und sie tat gut daran, dem Rat Hochwürdens folgend einen Schirm mitzunehmen. Die kurze Strecke vom Pfarrhaus zur Praxis von Dr. Max Brinkmeier, dem Landarzt von Wildenberg, war rasch zurückgelegt. An der Anmeldung saß Christel Brunner, wie Milli erfreut feststellte. »Bist also wieder auf den Beinen, das freut mich!«
Christel, die langjährige Sprechstundenhilfe, die bereits bei Max’ Vater angestellt gewesen war, deutete auf ihren rechten Fuß, der in einem Gehgips steckte.
»Ganz so mobil wie ich gern wäre, bin ich fei noch net. Aber heut ist der Doktor nicht da, sein Vater hat die Sprechstunde übernommen. Und da werde ich halt gebraucht.«
Milli machte runde Augen. Das Tratschen gehörte zu ihren Lieblingsbeschäftigungen, sie hörte in Wildenberg sozusagen das Gras wachsen. »Der Junge ist net da? Wieso denn das? Wird es ihm am End’ schon wieder zu langweilig bei uns und er macht sich auf die Suche nach neuen Abenteuern?«
Daß Max Brinkmeier fast zehn Jahre in Afrika in der Entwicklungshilfe tätig gewesen war, bevor er die Landarztpraxis übernommen hatte, vergaß in Wildenberg so schnell keiner.
»Schmarrn. Er mußte nach München, was Persönliches.« Christel hütete sich davor, Milli zuviel zu erzählen. »Und er wird auch gewiß bald wieder zurückkommen. Setz dich nur ins Wartezimmer, Milli, bist gleich dran.«
»Kann denn der alte Doktor die Sprechstunde allein abhalten? Ich dachte, das schafft er nimmer mit seinem kranken Herzen.«
»Dein Rheumasalberl auf ein Rezept zu schreiben, wird ihm schon net zu schwer werden«, erwiderte Christel spitz und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. »Ich ruf dich dann.«
Die Hauserin vom Pastor verzog leicht den Mund, fügte sich dann aber doch. Als eine Patientin das Sprechzimmer verließ, griff Christel nach ihren Krücken und humpelte hinein. Dr. Josef Brinkmeier lächelte ein wenig bei ihrem Anblick.
»Ja, ja, wer den Schaden hat...« Sie reichte ihm zwei Karten mit Patientendaten und stellte fest: »Die Milli ist noch gekommen, der Bichler und der Taschner warten. Das ist alles.«
»Die Sprechstunde läßt sich ruhig an. Eigentlich schade.«
»Du bist mir schon wieder viel zu unternehmungslustig, Doktor«, mahnte Christel den Brinkmeier senior. »Hast wohl vergessen, daß du dich schonen mußt, was?«
»Freilich net. Aber so ein bisserl Arbeit, das bringt mich nicht gleich um. Im Gegenteil. Ich genieße es, meinen Lehnstuhl mal verlassen zu können und mich net wie hundert zu fühlen.«
»Das wird langsam zur Gewohnheit. Als die Grippe grassiert ist, hast auch feste mit angepackt. Dabei sagt der Max immer, du darfst es nicht übertreiben. Mit so einem Herzkasperl ist nicht zu spaßen.«
»Geh, Christel, jetzt halt mir keine Vorträge«, bat er unwillig. »Schick lieber den nächsten Patienten rein. Je eher ich ihn behandeln kann, desto schneller komm ich wieder in meinen Lehnstuhl. In diesem Haus da sind doch alle nur zufrieden, wenn sie mich zum Mummelgreis stempeln können.«
»Schmarrn. Würde das stimmen, hätte der Max dich bestimmt net gebeten, die Sprechstunde zu übernehmen.«
»Na ja, stimmt auch wieder. Ich hoff’, der Bub kann in München was erfahren. Daß er jetzt schon so lange nix mehr von der Julia gehört hat, muß ja schließlich einen Grund haben.«
Christel machte ein besorgtes Gesicht. »Ich hoffe wirklich sehr, daß sich alles aufklärt. Wenn da was passiert ist, das wäre ja auch für uns eine Katastrophe, net wahr?«
»Wie meinst jetzt das? Der Max wird bestimmt nicht gleich in den nächsten Flieger nach Ruanda springen, um seiner Freundin zur Hilfe zu eilen. Er weiß, daß er hier eine Verpflichtung hat«, hielt Josef ihr entgegen. Doch ein leiser Zweifel klang auch aus seinen Worten heraus. Zu genau erinnerte er sich noch daran, wie schwer es seinem Sohn gefallen war, Afrika wieder zu verlassen. Eine Weile hatte es sogar so ausgesehen, als müsse die Landarztpraxis von Wildenberg auf einen Nachfolger verzichten. Denn immerhin hatte Max auf der Missionsstation Holy Spirit nicht nur seine berufliche Lebensaufgabe gefunden. Er hatte bei seiner Heimkehr dort auch die Frau zurückgelassen, die er liebte. Und er vermißte Dr. Julia Bruckner noch immer sehr.
»Hoffen wir das Beste«, murmelte Christel. »Ich hole jetzt den nächsten Patienten.«
Während in Wildenberg alles seinen gewohnten Gang tat, hatte Dr. Max Brinkmeier zwei Stunden im Münchner Büro der »Ärzte für Afrika« verbracht und war nun bereits auf dem Rückweg ins Berchtesgadener Land. Viel erreicht hatte der hochgewachsene, gutaussehende Mediziner mit dem sandblonden Haar allerdings nicht. Die Kollegen in München, über die er und Julia einst nach Ruanda vermittelt worden waren, hatten über die deutsche Botschaft in Kigali Nachforschungen anstellen lassen. Max hatte bereits telefonisch darum gebeten und war nun in die Stadt gefahren, um Näheres zu erfahren.
Seit er die Missionsstation fünfzig Kilometer südlich der ruandischen Hauptstadt verlassen hatte, um die Landarztpraxis in Wildenberg zu übernehmen, hatte er regelmäßig Kontakt mit Julia gehalten. Alle paar Tage hatten sie telefoniert und sich auch beständig geschrieben.
Nun waren einige Wochen vergangen, in denen er nichts von Julia gehört, sie auch telefonisch nicht erreicht hatte. Zutiefst besorgt hatte er versucht, jemand anders in Holy Spirit zu kontaktieren, was allerdings auch mißlungen war. So hatte Max bereits schlaflose Nächte in der