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Die Kunst gut zu sterben: Praktische Sterbebegleitung und Vorbereitung auf den eigenen Tod
Die Kunst gut zu sterben: Praktische Sterbebegleitung und Vorbereitung auf den eigenen Tod
Die Kunst gut zu sterben: Praktische Sterbebegleitung und Vorbereitung auf den eigenen Tod
eBook395 Seiten4 Stunden

Die Kunst gut zu sterben: Praktische Sterbebegleitung und Vorbereitung auf den eigenen Tod

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Über dieses E-Book

Die Roadmap für ein erfülltes Altern bis zum Ende — gefüllt mit tiefgründigen Einsichten und bewegenden, wahren Geschichten.

Die preisgekrönte Journalistin Katy Butler führt ihre Leser in Die Kunst gut zu sterben Schritt für Schritt durch die verschiedenen Phasen des Alterns. Für jede Herausforderung, sei sie emotional, medizinisch, gemeinschaftsbezogen oder alltagspraktisch, gibt sie konkrete Anleitungen.

Beantwortet werden von Butler die zentralen Fragen:

• Wie findet man Erfüllung gerade in den späten Lebensjahren?
• Warum sollte ein jüngerer Hausarzt gewählt werden und wie lässt sich offen mit ihm sprechen?
• Wann ist es keine gute Idee, den Notruf zu alarmieren?
• Wie lässt sich das Sterben zu einem selbstbestimmten Übergangsritus machen und nicht zu einem medizinischen Großereignis?

Die Autorin berichtet auch über eigene Erfahrungen mit der Pflege ihrer Eltern und lässt Menschen, die ihre Angehörigen erfolgreich beim Sterben begleitet haben, sowie zahlreiche Spezialisten aus dem Gesundheitswesen zu Wort kommen. Butlers Leitfaden inspiriert dazu, die letzte Reise frei von Angst, friedlich und geborgen bewältigen zu können.

„Unkompliziert, gut aufgebaut, nicht deprimierend ... Butlers Sprache ist frei von Plattitüden und macht den beängstigendsten Lebensabschnitt – den des Sterbens – zugänglich. Ihre geradlinige, bodenständige Art macht diesen Ratgeber umso bedeutungsvoller.“
— PUBLISHERS WEEKLY
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum8. Sept. 2020
ISBN9783962571610
Die Kunst gut zu sterben: Praktische Sterbebegleitung und Vorbereitung auf den eigenen Tod
Autor

Katy Butler

Angaben zur Person: Katy Butler, geboren in Südafrika, ist eine Journalistin, Essayistin und Autorin aus San Francisco. Sie lehrt am Esalen Institute und war Rednerin an unterschiedlichsten LiteraturKonferenzen, unter anderem in Harvard. Sie spricht in Krankenhäusern, Medizin-Fakultäten und sozialen Einrichtungen über die Verbesserung der Medizin am Lebensende und die Beziehung zwischen Arzt und Patient. Butlers Essays und Artikel wurden im New York Times Magazine, im Wall Street Journal, im Sunday Magazine der Los Angeles Times und in der Vogue veröffentlicht.

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    Buchvorschau

    Die Kunst gut zu sterben - Katy Butler

    Plans.

    KAPITEL 1

    Vorbereitung auf ein gutes Lebensende

    Fürsorge für die Seele

    DER FLUSS WIRD BREITER.

    Einige alte Menschen werden von der Angst vor dem Tod erdrückt … Der beste Weg, dies zu überwinden, ist es, wenn wir nach und nach unseren Interessenhorizont erweitern und allgemeiner fassen, bis allmählich die Wände unseres Egos zurückweichen und unser Leben immer mehr im universellen Leben aufgeht. Die individuelle menschliche Existenz sollte wie ein Fluss sein: zunächst klein, eingeengt innerhalb der Böschungen und dann leidenschaftlich an Felsen vorbei und über Wasserfälle hinweg drängend. Allmählich wird der Fluss breiter, die Ufer ziehen sich zurück, das Wasser fließt ruhiger und am Ende, ohne erkennbaren Bruch, ergießt er sich ins Meer und verliert ohne Schmerzen sein individuelles Wesen. [Diejenigen,] die das Leben auf diese Weise betrachten können, werden nicht unter der Angst vor dem Tod leiden, da die Dinge [die ihnen wichtig sind] weiter bestehen werden.

    – Bertrand Russell

    Sie werden dieses Kapitel nützlich finden, wenn Sie sich in einigen der folgenden Aussagen wiederfinden:

    •Sie haben an Ihrem fünfzigsten oder sechzigsten Geburtstag alle Kerzen auf dem Geburtstagskuchen mit Leichtigkeit ausgeblasen.

    •Gesundheitsprobleme sind ärgerlich, aber nicht einschränkend. Sie bezahlen Ihre Rechnungen selbst, fällen eigene Entscheidungen, fahren noch selbst Auto und genießen allgemein das Leben.

    •Sie fragen sich, warum die Zahlen auf Kreditkarten so klein und unleserlich sind.

    •Ihr Haar wird an vertrauten Stellen dünner und sprießt an seltsamen Stellen.

    •Sie verlegen Schlüssel – und vergessen Namen.

    •Sie sind nicht verrückt nach technischen Updates.

    •Sie haben Nickerchen für sich entdeckt.

    •Sie verletzen sich leichter und erholen sich langsamer.

    •Sie finden Nachrufe interessant.

    •Manchmal spüren Sie, dass Ihre Zeit auf Erden begrenzt und kostbar ist.

    Eine Vision für das spätere Leben

    Doug von Koss wurde zur Zeit der Depression geboren und wuchs an den Ufern des Mississippi in einem Hausboot auf, das sein Vater aus Holzabfällen gebaut hatte.

    In den 1960er-Jahren ließ er sich in San Francisco nieder, wo er mit seiner Frau Clydene ihren Sohn und ihre Tochter aufzog. Er arbeitete als Bühnenarbeiter, Theaterschreiner, Lichttechniker und Set-Dekorateur für Filme wie Die Rückkehr der Jedi-Ritter von George Lucas. Er ist jetzt fünfundachtzig, groß, elegant und gebieterisch. Seit 10 Jahren ist er Witwer und lebte bis vor Kurzem in einem gepflegten, gemieteten Bungalow in einer der hügeligen Straßen San Franciscos.

    Seitdem er nach seinem letzten bezahlten Job als Requisiteur an der San Francisco Opera in Rente gegangen war, leitete Doug Gesangsgruppen für Männer, gab im Selbstverlag ein Buch mit eigenen Gedichten heraus und lernte Hunderte von Gedichten von Mary Oliver, Rumi und anderen bedeutenden Dichtern auswendig. Außerdem fliegt er mehrmals im Jahr quer durchs Land, um Gruppen bei Konferenzen zu helfen, ein Gemeinschaftsgefühl aufzubauen, indem er ihre Teilnehmer an traditionelle Lieder und Gesänge heranführt, die er bei verschiedenen Kulturen überall auf der Welt gesammelt hat. Er lebt ein Leben, das zu ihm passt, reich an Freundschaften und kreativem und leidenschaftlichem Engagement.

    Nicht lange nach seinem neunundsiebzigsten Geburtstag hatte Doug das Gefühl, dass die Stufen zu seiner Haustür von Tag zu Tag steiler wurden. Zuerst tat er seine Müdigkeit und Atemnot als normales Altersphänomen ab. An einem Nachmittag im Hochsommer dann, als er seinen Einkaufswagen durch den Supermarkt schob, fühlte er sich benommen, schwindelig und kurzatmig. Er zockelte zu der einzigen Stelle, an der er sich hinsetzen konnte: in der Nähe der Apotheke, wo man selbst seinen Blutdruck messen konnte. Er erinnert sich nicht mehr daran, ob die Messwerte zu hoch oder zu niedrig waren, nur daran, dass sie nicht gut waren.

    Als er am nächsten Morgen beim Arzt war, unterbrach dieser mittendrin die Durchführung des EKGs und rief einen Krankenwagen. Die Rettungssanitäter legten ihn auf eine Trage und fuhren mit ihm im Aufzug hinunter. 24 Stunden später setzten Ärzte in einem nahegelegenen Krankenhaus ihm ein kleines metallenes Röhrchen, einen sogenannten Stent, in eine Arterie ein, die zum größten Blutgefäß des Herzens führt. »Sie war verstopft«, sagte Doug. »Ich hätte draufgehen können.« Er war Millimeter von einem Herzinfarkt entfernt.

    Der Stent drückte verklumpte Fettablagerungen beiseite, weitete die Arterienwände und erhöhte den Zufluss von sauerstoffreichem Blut zu Dougs Herz, Körper und Gehirn. Es fiel ihm sofort leichter, die Treppe vor seinem Haus hinaufzusteigen. »Das Leben wurde unglaublich schön«, erinnerte er sich.

    »Ich hielt inne, schaute einen Baum an, eine Blume und konnte sie wirklich sehen. Ich fühlte mich wirklich lebendig und gleichzeitig sehr zerbrechlich.«

    Der Stent, so spürte er, war eine vorübergehende Atempause. Er fragte sich, warum Fett, Cholesterin und Kalzium sich in seinen Arterien verklumpt hatten?

    Er rauchte und trank nicht, aß nie Speck und fuhr dreimal in der Woche mit seinem Fahrrad im Golden Gate Park. »Aber ich habe die Warnung verstanden«, sagte er. »Gib mehr acht, Doug. Es gibt eine Grenze zwischen Krankheit und optimalem Wohlbefinden und du bewegst dich in Richtung Krankheit.«

    Sein Krankenhaus bot ihm ein intensives viermonatiges kardiologisches Reha-Programm an, das von der US-Krankenversicherung Medicare bezahlt wurde. Dreimal pro Woche schnallte er sich einen Herzmonitor um und trat in die Pedale eines Hometrainers, wobei ein Physiotherapeut ihm half, seine Herzfrequenz nach und nach zu erhöhen. Ein Diätassistent brachte ihn zur mediterranen Ernährung – weniger Fleisch, Milchprodukte, Zucker und verarbeitete Lebensmittel; mehr Gemüse, Vollkornprodukte, Olivenöl, Fisch und Obst. Er halbierte sein Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden oder innerhalb der nächsten fünf Jahre zu sterben – und was ebenso wichtig ist, sein Risiko, an Demenz zu erkranken. Er verlängerte die Zeit, in der es ihm wahrscheinlich gut gehen wird.

    Nach Ende des Programms meldete er sich in einem Fitnesscenter an und begann, dreimal in der Woche auf dem Laufband zu laufen. Mit 82 begann er Gewichte zu heben. »Ich schaute mich im Fitnesscenter um und sah Männer und Frauen meines Alters, die sich sehr kraftvoll bewegten«, sagte er, »das wollte ich auch.« Er baute Muskeln auf und verbesserte sein Gleichgewicht – entscheidende Fähigkeiten, da es ganz natürlich ist, dass die Muskelkraft und Gelenkigkeit im Alter nachlassen. Die Knochen werden brüchig und die Unabhängigkeit kann leicht durch einen Sturz zerstört werden.

    »Ich begann mit einer wunderbaren Wellness-Routine«, sagte Doug. »Mehr Bewegung, gesündere Ernährung, besserer Schlaf und ein besseres Wohlbefinden.« Bei der letzten Untersuchung sagte sein Arzt: »Ändern Sie nichts!«

    Doug folgt dem, was viele von uns für einen idealen Lebensweg halten: ein hoch funktionelles Alter, dem hoffentlich ein kurzer Verfall und ein friedlicher Tod zur richtigen Zeit folgen.

    Aber nur 7 Prozent von uns werden einen plötzlichen Tod haben. Und nur ein Viertel wird in den letzten Lebensmonaten wenig Kontakt zu Ärzten haben. Glücklicherweise zeigen viele Untersuchungen, dass man selbst viel dazu beitragen kann, um hoch funktionell zu bleiben. Mit Ihren eigenen Anstrengungen und der Unterstützung einer liebevollen Gemeinschaft können Sie Ihre Chancen mehr als verdoppeln, sich den glücklichen 25 Prozent anzuschließen, die bis kurz vor ihrem Lebensende nicht viel Hilfe benötigen. Dieses Kapitel, das sich mit den Vorbereitungen beschäftigt, ist ein erster Schritt dorthin. Es wird Sie mit einigen Leitprinzipien bekannt machen, die sich durch jedes Kapitel dieses Buches ziehen:

    •Entwickeln Sie eine Vision und arbeiten Sie von dort aus rückwärts. Was bedeutet eine »hohe Lebensqualität« für Sie zum jetzigen Zeitpunkt? Welche Schritte müssen Sie unternehmen, um sie heute zu erleben?

    •Fangen Sie mit dem an, was am meisten von Ihnen und am wenigsten von der Medizin verlangt.

    •Eine Palette kleinerer Lösungen wird in der Regel mehr für Ihr Wohlbefinden tun als eine einzige »Wunderwaffe«, wie z. B. ein bahnbrechendes Medikament oder eine innovative Operation. Die Wundermittel des späteren Lebens sind Wasser, Bewegung und Gemeinschaft.

    •Vorsicht ist die Mutter der Weisheit.

    •Konzentrieren Sie sich darauf, so funktionstüchtig wie möglich zu bleiben, und überlassen Sie die Langlebigkeit sich selbst.

    Jetzt ist es an der Zeit, eine Bestandsaufnahme zu machen, Reserven zu bilden und festzustellen, was gestärkt werden muss. Die größten Bedrohungen für Ihre anhaltende Unabhängigkeit werden sein: kognitive Beeinträchtigungen, ein einfacher Sturz oder ein degenerativer, aber vermeidbarer Gesundheitszustand. Dieses Kapitel zeigt Ihnen bewährte Wege, um stark und stabil auf den Beinen zu bleiben und den Verstand scharf zu halten. So können sie Krankheiten, die in den Industriegesellschaften Menschen mittleren und hohen Alters plagen, verzögern oder sogar verhindern.

    Lebensgewohnheiten – insbesondere Rauchen, Bewegungsarmut, Einsamkeit, schlechte Ernährung und zu viel Alkohol – sind für etwa 70 Prozent dieser lebensbedrohlichen Zustände verantwortlich. Dazu gehören Diabetes, Herzkrankheiten, Schlaganfall und sogar einige Krebsarten und Demenzerkrankungen. Wenn Sie Ihre Lebensweise ändern, selbst nach dem fünfundfünfzigsten Lebensjahr noch, können Sie Ihr Risiko bis um das Siebenfache reduzieren – eine bessere Rendite als bei fast allen Medikamenten.

    Ich will damit nicht sagen, dass Lebensmittelverzicht und schweißtreibende Übungen den Tod oder Verfall für immer verhindern. Es wird Sie auch nicht wirklich jünger machen, aber vielleicht glücklicher, stärker und funktionstüchtiger. Wenn wir davon ausgehen, dass unsere Körper auf mehr als fünftausend zelluläre Arten altern, macht es wenig Sinn, den Körper zu trainieren, ohne die spirituelle und soziale Seite zu stärken, um mit dem unvermeidlichen Verlust der Kraft und dem Tod selbst fertigzuwerden. Doch bevor Sie die Dinge annehmen müssen, die nicht zu ändern sind, nutzen Sie die Zeit, um sich auf das vorzubereiten, was vor Ihnen liegt, und das zu ändern, was möglich ist.

    Aufbau von Reserven

    Ich schlage Ihnen vor, mit dem zu beginnen, was am meisten von Ihnen verlangt und am wenigsten Medizin erfordert. Der effektivste erste Schritt (mit Ausnahme davon, mit dem Rauchen aufzuhören) ist es, jeden Tag einen halbstündigen Spaziergang zu machen. Sie erhöhen Ihre Lungenkapazität, erhalten mehr Sauerstoff fürs Gehirn und erweitern die Größe des Hippocampus, des Teils des Gehirns, das für das Gedächtnis entscheidend ist. Als Nebeneffekt kann man durch das Laufen durch Einkaufszentren, über Wochenmärkte und zu Cafés in der Innenstadt Leute kennenlernen – eine weitere wunderbare Möglichkeit, Ihre Gesundheit, Hirnleistung und Ihr Wohlbefinden zu erhöhen. Das meiste davon ist nichts Neues. Aber wenn Sie vergessen haben, welch tiefe Freude und großes Selbstvertrauen man nach einer halben Stunde oder mehr regelmäßigem körperlichem Training empfindet, insbesondere in der Natur oder mit einem Freund, überlegen Sie, sich wieder damit vertraut zu machen. Auch wenn Sie spät damit anfangen, hat aktive Bewegung enorme gesundheitliche Vorteile – und verbessert sofort die Qualität Ihres täglichen Lebens.

    Machen Sie es so, dass es Ihnen Spaß macht. Ich möchte Sie animieren, jegliche Art von Bewegung in Erwägung zu ziehen, die Sie ins Schwitzen bringt und Ihnen Freude bereitet. Viele Menschen finden Freude am Gesellschaftstanz, am Radfahren oder am Schwimmen. Anderen fällt der Einstieg – und das Dranbleiben – leichter, wenn sie sich regelmäßig mit einem Freund verabreden und gemeinsam trainieren. Wenn Ihre Füße oder Knie wehtun, überlegen Sie sich, bessere Schuhe zu kaufen, Wanderstöcke zu benutzen oder einen Podologen, Physiotherapeuten oder einen Therapeuten, der die Feldenkrais-Methode oder Alexander-Technik praktiziert, aufzusuchen. Machen Sie es nach dem Tauschprinzip: Wenn Sie nicht mehr joggen können, machen Sie Aquajogging. Wenn Sie keinen Tanzpartner haben, probieren Sie griechische oder andere Formen des Gruppentanzes. Wenn Sie nicht in Form sind, beginnen Sie langsam mit einem Spaziergang um den Block und steigern Sie sich nach und nach. Egal was passiert, suchen Sie immer wieder nach Alternativen und machen Sie weiter.

    Sobald Sie mehr trainieren, könnten Sie einen Blick auf Ihre Ernährung werfen. Manche Menschen ändern ihre Essgewohnheiten, nachdem sie ein gescheites Buch wie The Blue Zones Solution oder Food Rules gelesen haben. Alle werden Ihnen empfehlen, Salatportionen zu essen, die groß genug sind, um einen Essteller zu füllen und einige der roten Fleischsorten, Zucker und verarbeitete Lebensmittel durch Gemüse und Bohnen zu ersetzen. Aber viele Menschen brauchen Unterstützung von außen, um ihre ein Leben lang eingefahrenen Gewohnheiten zu ändern. Freunde von mir, die sich dem Zwölf-Schritte-Programm »Food Addicts in Recovery Anonymous« angeschlossen haben, konnten mithilfe ihrer Gruppe Typ-2-Diabetes zurückdrängen, indem sie Mehl und Zucker vollständig aus ihrer Ernährung gestrichen haben. Andere machen von sich aus weniger radikale Veränderungen.

    Die Heilkraft des Körpers ist selbst zu diesem relativ späten Zeitpunkt im Leben erstaunlich. Tom Murphy, ein ehemaliger Journalist von Associated Press und Ex-Marathonläufer, war 62, als bei ihm Diabetes diagnostiziert wurde. Er hatte einen stressigen und unbefriedigenden Job und, wie er erzählte, »hatte die Gewohnheit (seiner) Mutter angenommen, hauptsächlich Kekse und Eiscreme, Pizzen, Gebäck und viel Brot zu essen.«

    Er nahm einen neuen Job an und zog vom Stadtrand in eine ländliche Gegend. Als er seinen neuen Hausarzt aufsuchte, wog er 100 kg und hatte Alters-Warnsignale in Dreierkombination: hoher Cholesterinspiegel, hoher Blutdruck und hohe Blutzuckerwerte. Sein alarmierter Arzt empfahl ihm, umgehend einen Kardiologen aufzusuchen sowie ein cholesterinsenkendes Statin, Blutdrucksenkende Pillen und das Diabetes-Medikament Metformin einzunehmen.

    Tom dachte an seine Freunde und seine Familie, von denen viele bereits diese Medikamente nahmen, und sah seine eigene Zukunft vor sich. »Ich habe einen Freund, der aufgrund seiner Diabetes erblindete, einen anderen, der nicht mehr laufen kann, und einen weiteren, der an einem Herzinfarkt gestorben ist«, erzählte er. »Alle hätten ihre Ernährung ändern können, als sie sich in ihren Fünfzigern befanden, aber haben zu lange gewartet. Ich wollte nicht den gleichen Fehler machen.«

    Er nahm Blutdruckmedikamente, um das Schlaganfallrisiko zu senken, aber er bat um eine Gnadenfrist, bevor er weitere Medikamente hinzufügte. Was danach kam, sagte er, waren »drei sehr emotionale Monate. Die Umstellung meiner Lebens- und Essgewohnheiten wurde wichtiger als meine Arbeit, Freunde, das Lesen und sogar meine Ehe.« Er joggte jeden Morgen 2 km, anfangs im Schneckentempo, und erhöhte nach und nach die Geschwindigkeit und Distanz. Er gewöhnte sich alle Lebensmittel mit Zuckerzusatz ab und andere »Dinge, die mein Leben ›reichhaltiger‹ gemacht hatten.«

    Er bemühte sich, seinen Schlafrhythmus zu ändern. Er erlebte das Hochgefühl körperlicher Bewegung und die Tiefen von Muskelschmerzen. Er rang mit den Entzugserscheinungen, die durch den Verzicht auf Zucker entstanden, und, wie er es ausdrückte, »mit dem Stress, mit mehreren lebensbedrohlichen Krankheiten konfrontiert zu sein.« Um weiterzumachen, führte er ein Tagebuch darüber, was er aß und wann er trainierte, und er holte sich Unterstützung bei seiner Frau und einer Freundin, die ihre Diabetes erfolgreich ohne Medikamente bewältigte.

    Drei Monate später war sein Cholesterinspiegel das erste Mal in seinem Leben normal, das Gleiche galt für seinen Blutdruck. Sein Blutzuckerspiegel reduzierte sich um mehr als ein Drittel und ist jetzt nur noch ein Haar vom Normalwert entfernt. Er nimmt keine Medikamente. Seine Ernährung besteht vorwiegend aus frischem Gemüse aus dem Garten seiner Frau und kleineren Mengen von magerem Putenfleisch, Käse, Vollkornreis, Vollkorn-Weizenbrot und zuckerfreier Konfitüre. Jeden Tag joggt er gut drei Kilometer und fährt Fahrrad. Er wiegt 77 kg und nimmt keine Medikamente. »Ja, es war hart«, sagte er. »Es ist immer noch hart. Aber mein Arzt ist sehr zufrieden und ich werde nicht mehr zu meinem alten Leben zurückkehren.«

    Verbündete in der Präventivmedizin finden

    Suchen Sie sich erst einmal einen guten Hausarzt, der Sie anleitet, den Alterungsprozess zu verzögern. Es reicht nicht, wenn Sie sich jedes Jahr einen Vortrag übers Rauchen, Trinken oder Ihr Gewicht anhören. Sie brauchen jemanden, der Sie mit Nachdruck an einen Physiotherapeuten überweist oder an eine Selbsthilfegruppe wie z. B. die Anonymen Alkoholiker oder eine Gruppe, die mit dem Rauchen aufhören will. Er sollte Sie zu Präventionskursen oder Herz-Reha animieren, die in vielen Fitnessstudios angeboten und von der Krankenkasse finanziert werden. Wenn Ihr Blutdruck, Cholesterin oder Blutzucker hoch bleiben, obwohl Sie Ihren Lebensstil geändert haben, sprechen Sie mit Ihrem Arzt über eine medikamentöse Behandlung: Es lohnt sich auf jeden Fall erheblich für Menschen, die noch ein Jahrzehnt oder mehr Lebenszeit vor sich haben.

    Die Notwendigkeit, mit einem Geriater – einem Arzt, der sich auf die Belange älterer Menschen spezialisiert hat – Kontakt aufzunehmen, mag noch nicht dringend erscheinen. Aber so oder so ist es wichtig, einen Arzt zu finden, der sich ganzheitlich um Sie kümmert, lange bevor es zu einer Gesundheitskrise kommt. Viele gute Ärzte, die sich weigern, neue Kassenpatienten aufzunehmen, werden sich weiter um die älteren Menschen kümmern, mit denen sie bereits eine Beziehung aufgebaut haben. Schauen Sie nach jemandem, der sich wirklich um seinen Patienten kümmert – und wenn Sie nicht zufrieden sind, wechseln Sie. Jetzt ist es an der Zeit, jemanden zu finden, der auf lange Sicht an Ihrer Seite ist.

    Wenn Ihr Hausarzt älter ist als Sie, sollten Sie in Betracht ziehen, sich nach einem jüngeren umzuschauen, der nicht in Rente geht, bevor Sie sterben und der seine Praxis in der Nähe hat. (Das Gleiche gilt übrigens für Zahnärzte, Friseure und Automechaniker: Eine 30-km-Fahrt, die Ihnen jetzt einfach erscheint, könnte morgen schwieriger oder unmöglich sein.)

    Nutzen Sie jede Gelegenheit, um eine Beziehung zu einem einzelnen Arzt aufzubauen, der für Sie zum Ansprechpartner in der Welt der fragmentierten Medizin wird, mit der die meisten von uns konfrontiert sein werden. Bitten Sie Ihren Arzt, vom Computer aufzusehen und eine vollständige körperliche Untersuchung durchzuführen. Die Krankenkassen erstatten mittlerweile die Kosten für verschiedene »Wohlfühl«-Termine, z. B. einen Erstbesuch, jährliche kognitive Einschätzungen und Vorsorgeuntersuchungen. Nutzen Sie diese Termine, damit Ihr Arzt Sie gut kennenlernt und um sicherzugehen, dass Sie die gleichen Ziele verfolgen.

    Sein Urteilsvermögen bilden

    Doug von Koss hatte eine Katarakt-Operation und ließ sich beide Knie ersetzen. Es waren große Schritte für ihn, denn sie schoben Behinderungen hinaus, reduzierten Schmerzen und ihn ließen ihn weiter glücklich mit dem Auto fahren und trainieren.

    Aber mit zunehmendem Alter steigen die Risiken vieler Verfahren. »Die Physiologie des alternden Körpers unterscheidet sich: Er ist anfälliger und empfindlicher bzgl. unerwünschter Wirkungen von Medikamenten, Tests und Operationen«, warnt die Ärztin Dr. Iona Heath, eine ehemalige Präsidentin des Royal College of General Practitioners im Vereinigten Königreich. »Das ist keine Altersdiskriminierung, es ist eine auf den Menschen ausgerichtete Versorgung.«

    Ich rate Ihnen, ein eigenes Urteilsvermögen zu entwickeln. Bei jedem vorgeschlagenen Medikament, einer Operation oder einem anderen Eingriff sollten Sie überlegen, Ihrem Arzt folgende Fragen zu stellen: Was erhoffen wir uns davon? Was sind die Vor- und Nachteile und Alternativen zu dieser Behandlung? Stellt sie ein Risiko für den gegenwärtigen Status meiner Funktionen dar? Was wird passieren, wenn wir nur zuschauen und abwarten?

    Vielleicht finden Sie es hilfreich, das zu übernehmen, was Ökologen »das Vorsorgeprinzip« nennen: Wenn eine Maßnahme für Ihre derzeitige physische und kognitive Funktion nicht erwiesenermaßen harmlos ist, denken Sie lange und gründlich nach, bevor Sie zustimmen.

    Schützen Sie vor allem ihr Gehirn. Es ist der Schlüssel für ihre weitere Unabhängigkeit und Freiheit. Menschen über sechzig sind nach einer Operation anfälliger für vorübergehende kognitive Beeinträchtigungen und haben auch drei Monate später noch mit Verwirrung und Gedächtnisproblemen zu kämpfen. Bei einer Operation am offenen Herzen, bei der ein Patient über Stunden an eine Herz-Lungen-Pumpe angeschlossen ist, wird manchmal eine Herzklappe repariert und gleichzeitig das Gehirn geschädigt. Seien Sie vorsichtig, besonders wenn Sie eine familiäre Vorgeschichte von Demenz haben oder sich bereits Sorgen wegen einer schleichenden Vergesslichkeit machen.

    Um ein anderes Beispiel zu nennen: Stärkere Schmerzen nach einer Rückenoperation, besonders nach einer Versteifung, sind so häufig, dass sie sich den Namen »Postoperatives Schmerz-Syndrom« verdient haben. Viele Rückenschmerzen resultieren nicht aus Skelettproblemen, sondern aus Bewegungsmangel, schwachen Muskeln und allgemeiner Steifheit. Menschen reduzieren ihre Schmerzen oft auch besser, indem sie sich einem rigorosen, spezialisierten Rücken-Programm oder einem Jahr intensiver Physiotherapie unterziehen, um die Kernmuskulatur zu stärken und sie beweglicher zu machen. (Die hoch motivierende Unterstützung eines guten Physiotherapeuten kann von unschätzbarem Wert sein.) Andere, und ich gehöre dazu, halten ihre Rückenschmerzen durch tägliches Schwimmen oder mit Pilates, Feldenkrais oder sanftem, angepasstem Yoga in Schach. Ich empfehle Ihnen, sich einem dieser Ansätze zu verschreiben und zumindest eine zweite Meinung von einem guten Physiotherapeuten oder einem Facharzt für Physikalische Medizin einzuholen.

    Seien Sie ebenso anspruchsvoll bei Innovationen im Gesundheitswesen. Genauso, wie es ein Glücksspiel ist, ein Auto im ersten Jahr zu kaufen, wenn es frisch auf den Markt gekommen ist, ist es riskant, sich frühzeitig für ein medizinisches Implantat zu entscheiden.

    Zahlreiche neue Medizinprodukte, die sich an alternde Menschen richten, kommen in den USA dank einer Lücke bei der Food and Drug Administration (FDA) unzureichend geprüft auf den Markt. Einige dieser Produkte mit Bestandsschutz, wie Metall-auf-Metall-Hüftimplantate, die Patienten zu Krüppeln gemacht haben, weil sie Metallspäne in das Gewebe abgeben, stellen »ein großes Sicherheitsrisiko« dar, wie drei renommierte Ärzte im New England Journal of Medicine warnten. Sie machten klar, dass »implantierte Körperteile nicht so einfach zurückgerufen werden können wie defekte Autoteile.«

    Die Nachbarn kennenlernen

    Einsamkeit ist ein Gesundheitsrisiko. Sie ist verbreitet bei älteren Menschen, wenn ihre engen Freunde und Ehepartner sterben, Ehen und Beziehungen zerbrechen oder erwachsene Kinder weit wegziehen. Wenn sich Ihre Liebe zum Alleinsein in Einsamkeit verwandelt hat oder Sie sich innerhalb einer Paarbeziehung zurückziehen, könnten Sie überlegen, sich bewusst mit jüngeren Menschen anzufreunden, vor allem mit den Nachbarn. Im Notfall könnten sie von größerem Nutzen sein als ein Familienmitglied, das einen halben Kontinent entfernt lebt.

    Mein Nachbar Paul Reck, ein 90-jähriger pensionierter Unternehmer, hat immer ein paar Hundeleckereien in seiner offenen Garage, in der er maßstabsgetreue Nachbildungen von Yachten für Bootsbesitzer herstellt. So hat er alle Hunde kennengelernt, die auf dem Bürgersteig vorbeilaufen – und ihre Herrchen und Frauchen. Ich weiß, dass ich auf Paul zählen kann, wenn es darum geht, einen Bücherschrank zusammenzubauen oder einen kaputten Teekocher zu reparieren. Paul weiß, dass er sich bei Computerproblemen auf einen anderen Nachbarn namens Barry verlassen kann. Pauls Kinder leben Hunderte von Kilometer entfernt. Wenn er oder seine Frau Nancy Hilfe brauchen, sind die Nachbarn zur Stelle.

    Überlegen Sie sich Ihren eigenen Weg, wie Sie Ihre nachbarschaftlichen Beziehungen erweitern und vertiefen können und wie daraus Quellen gegenseitiger Unterstützung werden können. Können Sie Ihre Nachbarn zu Ihren Freunden machen und können Freunde ehrenhalber zu Geschwister werden? Wenn Sie Single oder verwitwet sind, wäre es dann für Sie eine Möglichkeit, ein Zimmer an einen ausländischen Studenten zu vermieten, mit einem Bekannten eine Wohngemeinschaft zu gründen, mit einem Freund einen Pakt zu schließen, um sich gegenseitig in guten wie in schlechten Tagen zu unterstützen, so wie Ehepaare es tun?

    Lassen Sie auch lockere Kontakte nicht außer Acht, die entstehen, wenn Sie z. B. bei einer jüngeren Familie in der Nachbarschaft auf das Kind aufpassen, für einen kranken Freund Erledigungen machen oder für den Nachbarn die Post annehmen und die Hunde füttern, wenn er im Urlaub ist. Wenn Sie in Zukunft jemanden brauchen, der für Sie ein Rezept abholt oder der Sie zum Arzt fährt, dann zögern Sie vielleicht nicht, um Hilfe zu bitten. Höflichkeit, eine gute nachbarschaftliche Beziehung und der Austausch von Gefälligkeiten sind schöne Annehmlichkeiten, wenn man jung ist. Für ältere Menschen, die weiter in ihrem eigenen Haus bleiben wollen, sind sie

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