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Muskelkater kann man nicht streicheln: Von Sportmuffeln, Fitness-Gurus und Beauty-Queens
Muskelkater kann man nicht streicheln: Von Sportmuffeln, Fitness-Gurus und Beauty-Queens
Muskelkater kann man nicht streicheln: Von Sportmuffeln, Fitness-Gurus und Beauty-Queens
eBook226 Seiten2 Stunden

Muskelkater kann man nicht streicheln: Von Sportmuffeln, Fitness-Gurus und Beauty-Queens

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Über dieses E-Book

»Entschuldigen Sie, aber mir steht ein Schweinehund im Weg« Gesundheit, Fitness und die Optimierung unseres Körpers haben längst kultische Ausmaße angenommen, für manche ist Sport gar an die Stelle von Religion getreten. Guido Eckert geht diesem Fitnesswahn auf den Grund, landauf, landab besucht er Fitnessstudios, die Edelclubs wie die Muckibuden. Dabei liefert er nicht nur eine schonungslose Bestandsaufnahme mit zahlreichen Hintergrunddetails, sondern wirft auch einen Blick auf die unterschiedlichsten Typen von Sporttreibenden. Ein unterhaltsamer, humorvoller Selbstversuch mit Augenzwinkern, der obendrein dazu animiert, an den eigenen guten Vorsätzen dranzubleiben. Guido Eckert ist kein Leistungssportler. Aber er hält seit 25 Jahren den inneren Schweinehund auf Abstand. In dieser langen Zeit hat er einige Trends kommen und gehen sehen, die kleinen familiären Buden wie die großen glitzernden Tempel kennengelernt. Und nach wie vor ist das Fitnessstudio für ihn einer der faszinierendsten Orte überhaupt, begegnen sich hier doch mehrere Generationen, unterschiedliche soziale Schichten und die verschiedensten Typen: vom Sportmuffel über die Beauty-Queen bis hin zum Fitness-Guru, vom Neuling über den Zyniker bis hin zum Besessenen. Guido Eckert schildert diesen Mikrokosmos auf unterhaltsame, selbstironische Weise – und ganz nebenbei bestärkt er einensimplen Vorsatz: Dranbleiben, mehr braucht es nicht.
SpracheDeutsch
HerausgeberBenevento
Erscheinungsdatum11. Okt. 2018
ISBN9783710950605
Muskelkater kann man nicht streicheln: Von Sportmuffeln, Fitness-Gurus und Beauty-Queens

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    Buchvorschau

    Muskelkater kann man nicht streicheln - Guido Eckert

    nicht)

    Aufwärmen

    Eine Einleitung

    Wieso eigentlich der Mai? Zumindest sagt das ein bekanntes Sprich wort, es sei der Mai, der alles neu macht – dabei ist es doch stets der Januar. Pünktlich zum Jahresbeginn wird es voll in den Fitnessstudios, und zwar in allen, ob sie sich nun eher klein und familiär präsentieren oder groß und mehrstöckig. Silvester ist zwar nicht mehr länger der einzige Startschuss zum Massentraining, weil der Sommerurlaub mehr und mehr das Jahr dominiert (und damit der faszinierende Ehrgeiz, »in der Fremde«, wie es manchmal noch heißt, für gänzlich unbekannte Menschen, die man danach nie wiedersehen wird, sportlich und drahtig zu wirken), aber in den ersten Januartagen schleichen immer noch die meisten neuen Gestalten zwischen den Laufbändern und Kursräumen herum.

    Auch in dem Fitnessstudio, das ich derzeit besuche, ändern sich dann die Gesprächsinhalte. Die Muffler (»Das ist mir hier zu voll«) zanken sich mit den Zynikern (»Wart doch einfach ein paar Tage«) über den Neujahrsansturm.

    Und wie so oft verbirgt sich im Genuschel der Zyniker ein wahrer Kern. Die Anmeldung in einem solchen Studio ist für viele Menschen ein großer Schritt. Und zwar ein derart gewaltiger, dass sie anschließend nie wieder auftauchen. Insofern sind die eindrucksvollen Prozentzahlen, die belegen sollen, dass nunmehr zehn Millionen Deutsche in einem Fitnessstudio trainieren – und auch die Österreicher und die Schweizer den Boom befeuern –, nicht ganz richtig. Die Zahlen an sich sind natürlich nicht falsch, aber sie belegen nur, dass eine Menge Menschen angemeldet sind.

    Über dem, was am Tag nach der Anmeldung geschieht, breitet sich der Mantel des Schweigens.

    Mir kommt es selbst abstrus vor, dass ich seit nunmehr 25 Jahren Gewichte hebe, mich auf Laufbändern bewege und Liegestütze mache. Mein vollstes Verständnis diesbezüglich für alle Verächter von Fitnesscentern: Es kommt mir lächerlich vor, wenn ich all die dort verbrachten Stunden addiere.

    Andererseits bin ich in meinem Umfeld einer der wenigen, die trotz Schreibtisch-Job keinerlei Rückenbeschwerden kennen. Und auch der Rest meines Körpers präsentiert sich in der »zweiten Lebenshälfte« robust und agil. Muskeln sind offensichtlich die Basis für Leistungsfähigkeit und Gesundheit.

    Zugegeben – und an dieser Stelle noch einmal vollstes Verständnis für alle Kritiker (gerade zu Jahresbeginn schaukeln sich die Pro- und Contra-Vertreter ja gerne gegenseitig hoch): Es ist schöner, durch einen Wald zu joggen oder Ski zu fahren. Aber in realitas regnet es meistens oder die Dämmerung setzt gerade ein. Und Schnee liegt in unseren Breiten doch sowieso nicht.

    Nein, ich kann es drehen und wenden, wie ich will: Diese verdammten Buden haben ihren Zweck. Weil es dort unkompliziert ist, loszulegen.

    Und weil sie sich überall anbieten.

    Und vor allem: weil sie eine Schule des Lebens sind.

    Es gibt Soziologen, die behaupten, Sport sei an die Stelle der Religion getreten. Und weil viele Menschen nicht mehr religiös seien, funktioniere der Glaube als Sinnstifter nicht länger. Bei der Optimierung des eigenen Körpers (eine hehre Vorgabe) gehe es daher nicht nur um Schönheit und Fitness, sondern auch darum, sich gut zu fühlen. Ich möchte einmal die Frage außen vor lassen, wieso das Bedürfnis, sich gut zu fühlen, a) unspirituell und b) unsportlich sein soll, aber es steckt ein wahrer Kern in der Behauptung, das Thema Gesundheit und Wohlbefinden hätte kultische Ausmaße angenommen. Im weiteren Verlauf des Buches werde ich auf diesen Aspekt noch einmal zurückkommen, zum Aufwärmen reicht es, anzudeuten, dass sich die wichtigsten Muskeln immer noch zwischen den Ohren befinden. Es sind die Augen und das Hirn.

    Ich schaue, ich beobachte. Für mich ist so ein Fitnessstudio näm lich einer der faszinierendsten Orte der Gegenwart. Dort begegnen sich nicht nur drei Generationen, sondern auch unterschiedliche soziale Schichten und Vorstellungen. Aus diesem schier unerschöpflichen Reservoir an Beobachtungen und Reflexionen speist sich vermutlich meine Ausdauer, wieder und wieder dort aufzukreuzen.

    Vor allem aber quatsche ich auch während der Trainingseinheiten. Davor, dazwischen, danach. Für die wahren Puristen ist das ein Unding, frei nach dem Motto: Wenn er noch reden kann, dann hat er wohl nicht hart genug trainiert.

    Richtig. Wirklich besessen (»bis die Muskeln schreien«) trainiere ich tatsächlich nicht. Dafür bin ich allerdings immer noch dabei. Und das unterscheidet mich maßgeblich von all den selbst ernannten Experten und Motivations-Gurus, die allesamt nach einigen Jahren, mitunter schon nach wenigen Monaten die Flinte ins Korn geworfen haben.

    »Mir fehlt die Lust …« – solche Momente kennt sicher jeder.

    Gibt es einen Königsweg, den inneren Schweinehund zu besiegen?

    Ich bewege mich gern. Das ist vielleicht eine Grundvoraussetzung. Trainieren – in Maßen – ist gesund, davon bin ich ebenfalls überzeugt. Zumindest gesünder, als über Stunden mit Chips vor dem Fernseher zu versumpfen.

    Mehr braucht es nicht an Voraussetzungen.

    Eines der Ziele dieses Buches besteht vielleicht darin, immer wieder einen simplen Vorsatz zu bestärken: dranzubleiben. Das ist das Einzige, was zählt. Entscheidender als das »große Ziel«, das Motivationstrainer mit pathetischen Gesten herbeihecheln wollen, entscheidender als gewaltige Pläne oder leuchtende Vorbilder. Große Erwartungen führen nämlich letztlich nur dazu, bereits nach einem Monat wieder mit dem Training aufzuhören.

    Dabei sind Vorsätze eine spannende Sache, kein Einspruch, Euer Ehren. Das lässt sich vor allem bei Neulingen gut beobachten, wenn sie mit roten Wangen (und oftmals neu gekauften Sport klamotten) zum ersten Mal auf ein Laufband steigen. Diese Freude in den ersten Tagen, die vermutlich eher ungläubiges Staunen über die tatsächliche Umsetzung ihres Vorhabens ist, steckt an, bis sich die Freude, genau wie die Frequenz der Studiobesuche, innerhalb weniger Wochen verringert und letztlich ganz abklingt.

    Männer haben diesbezüglich vielleicht einen kleinen Vorteil: Sie machen ohnehin vieles mit sich selbst aus. Frauen wiederum, zumindest ein nicht unbeträchtlicher Prozentsatz von ihnen, sträubt sich dagegen, alleine trainieren zu gehen. Sie mögen lieber mit einer Freundin oder wenigstens einer Nachbarin Neuland betreten. Dabei ist es ungleich schwieriger, den Terminkalender zweier Erwachsener zu koordinieren. Und somit fällt manch edler Vorsatz ins Wasser, nur weil die Freundin nicht mitzieht.

    Dabei liegt hier der (Schweine-) Hund begraben: Wer kommt, wer bleibt, braucht bald schon keine Vorsätze mehr. Das Ganze wird nämlich irgendwann zur Routine. Der Trick besteht darin, den Moment der Überwindung in eine Fülle von anderen relevanten Momenten – die Auto- oder Fahrradfahrt zum Studio, die Begrüßung liebenswerter Bekannter, das Plaudern am Tresen – zu verpacken, sodass es ihn – isoliert – gar nicht mehr gibt, es mich also keinerlei Überwindung mehr kostet.

    All diese anderen Momente sind mir zur angenehmen Routine geworden. Mein Studio und ich, wir sind mittlerweile zwei alte Freunde.

    Erstaunlicherweise sind mir in diesen 25 Jahren nicht so sehr die glitzernden Hightech-Fabriken ans Herz gewachsen, sondern eher die kleinen Buden. Es ist zwar beeindruckend, was mittlerweile alles machbar ist, wenn man eigentlich nur nicht weiter zunehmen möchte – es gibt unzählige Kurse, irrsinnig raffinierte Technologien –, aber für mich sind die Menschen, die um mich herum strampeln und schwitzen, das Entscheidende.

    Egal, ob teuer oder hochpreisig: Jedes Fitnessstudio ist innen nach dem gleichen Schema aufgebaut. Und zwar weltweit.

    Hinter dem Eingang steht irgendwo ein Tresen, ein Empfang, zumeist von einer Praktikantin besetzt, die mehr oder weniger freundlich hochschaut, wenn man sich vor sie stellt. Dahinter öffnet sich eine Halle mit Geräten, daneben meist ein zweiter, ein dritter Raum für diverse Kurse, in denen gerne gebrüllt wird. Manchmal gehört sogar noch ein Schwimmbecken dazu, meist eine Sauna.

    Welches Studio das beste ist, bleibt letzten Endes wohl Geschmackssache.

    Weil wir die Dinge aber gerne erforscht und analysiert sehen wollen, hat sich auch eine große Warentester-Stiftung einmal der Frage angenommen und sich dabei vor allem auf die sogenannten Discount-Anbieter konzentriert. Früher verband ich mit diesem Ausdruck eher Supermärkte, also Lebensmittel, aber mittlerweile wird er auch auf die Wackel-und-Wipp-Branche angewendet.

    Nicht ganz überraschend für mich, schneiden alle Studios im Test schlecht ab, lediglich die Leute vom Kieser Training dürfen aufatmen.

    Nicht ganz überraschend (für mich) insofern, dass die Tester bemängeln, bei den Discountern sei kaum persönliche Betreuung zu finden. Sie hätten geschulte Sportler in die Buden geschickt, die sich dort absichtlich blöd benommen und körperliche Beschwerden simuliert hätten. Kaum ein Trainer habe deren absichtliche Fehlhaltungen korrigiert oder auf die geschilderten Beschwerden reagiert. Und dabei benötigten vor allem Anfänger intensive Betreuer, und wer längere Zeit falsch trainiere, also vorgegebene Übungen falsch ausführe, schade seiner Gesundheit, bräbräbrä. Das ist ja alles richtig, aber es wirkt irgendwie auch ein wenig »von oben herab«, von Außenstehenden formuliert; zu theoretisch.

    Um es mal überspitzt zu formulieren: Wer sich in einem dieser Billigheimer anmeldet, erwartet gar nichts anderes. »Skandalös« wäre ein solches Verhalten der Trainer in einem der höherpreisigen Studios. Billig ist billig, und deshalb springt dort auch keine Armada an Fachkräften herum, sondern meist ein Allrounder, der gleichzeitig für Empfang, Getränke, Putzwedel, Überwachung und Probetraining zuständig ist.

    Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich unterstütze das nicht. Deshalb trainiere ich auch nicht in solchen Billigbuden. Aber es gibt sie, und es ist nicht ganz fair, sich aus finanziellen Gründen einen Trabbi statt einem Ferrari zu kaufen, um sich späterhin über die fehlende Spritzigkeit des Kleineren zu beklagen.

    In diesem Zusammenhang stand auch die obligatorische Kritik daran, dass es keine Einmonatsverträge gibt. Es sei unverantwortlich, dass Neukunden (ein Wort, das ich immer noch nicht benutzen möchte, weil es irgendwie eher nach Kaufhaus klingt) ein Jahr ausharren müssten, bis sie ihren Vertrag wieder kündigen könnten. Für mich klingt dieses Gejammer nach Bewertungen von Menschen, die ohnehin in kein Studio gehen würden, Sport generell nicht mögen oder einen handfesten Vorwand suchen, um gar nicht erst trainieren zu müssen.

    Ich wiederhole es lieber noch einmal: Inhaltlich ist die Kritik zutreffend, aber Gewichtung geben ihr nur Menschen, die keinen Bezug zu Bewegung haben.

    Etwas Gutes zeigte sich im Test:Nahezu alle Studios befanden sich in großen und hellen Räumen. Und ebenfalls nicht völlig überraschend, präsentierten sich auch die Geräte in einwandfreiem Zustand. (Mal ehrlich, liebe Tester: Habt ihr wirklich erwartet, ein Fitnessstudio zu finden, in dem Kraftsportler sich an Plastiklamellen reiben, die jeden Augenblick auseinanderzubrechen drohen?)

    Für mich stand übrigens immer ein anderes Kriterium an ers ter Stelle, das vermutlich etwas profan klingt. Mir war wichtig, dass die Bude nicht allzu weit von meiner Wohnung oder meiner Arbeitsstelle entfernt lag. Diese Bedingung zu stellen, hat sich meist als sehr sinnvoll erwiesen.

    Ansonsten zählte für mich nur eines: die dort vorherrschende Mentalität.

    Was das sein soll?

    Es gibt Sportler, die auf einem Freihantelbereich bestehen, es gibt Sportlerinnen, die intensive Bauch-Po-Oberschenkel-Kurse bevorzugen, für andere wiederum gehört eine Sauna zur Grundvoraussetzung, um in ein Studio zu gehen – alles legitim, aber ich möchte: Unterhaltung.

    Wenn Sie dieses Buch lesen und mit dem Gedanken spielen, sich in einem Fitnessstudio anzumelden, lege ich Ihnen diesen äußerst unsportlichen Rat ans Herz: Schauen Sie sich in einigen Studios um und fragen Sie sich, ob Sie sich wohlfühlen. Das ist mitunter wichtiger als eine eindrucksvolle Armada an Rennrädern. Der innere Schweinehund will ohnehin nicht strampeln.

    Letztlich bleibt trotzdem nur der Körper. Muskeln, Sehnen, Fasern.

    Und die Routine.

    Aufwärmen, strecken, dehnen.

    Für den aufgeklärten Kulturkritiker öffnen sich mit dem lapidaren Sprachgebrauch des Wortes Körper beachtliche Horizonte, denn in der Nachfolge des abendländischen Körper/Geist-Dualismus verfestigte sich die Vorstellung, dass der Geist gewissermaßen über dem Körper throne, um von dort aus Gesellschaft und Kultur zu dirigieren. Der Körper wiederum beherberge Formen der Naturbestimmtheit – in einer Ausprägung als Mann und Frau. Für unser Aufwärmprogramm führt es zu weit, tiefgründiger darüber nachzudenken, inwieweit unser Körper auch ein soziales Gebilde ist, in dem sich gesellschaftliche Vorgänge ausdrücken (später dann mehr dazu). Adorno und Horkheimer postulierten so etwas beispielsweise in der Dialektik der Aufklärung: »Der Körper ist nicht mehr zurückzuverwandeln in den Leib. Er bleibt die Leiche, auch wenn er noch so sehr ertüchtigt wird.«

    Selbst der Grundriss eines heutigen Fitnessstudios erinnert in dieser Gestimmtheit an die Fließbandchoreografie einer frühkapitalistischen Produktionsstätte, die immer gleiche Routine im Training an Inszenierungen einer Disziplinargesellschaft im Sinne des französischen Philosophen Michel Foucault. Unter diesem Gesichtspunkt mögen einem die Regelmäßigkeit und der meist identische Ablauf geradezu verdächtig erscheinen. Kulturkritisch betrachtet, drängt sich der Gedanke auf, dass wir »Arbeitssklaven« auch in unserer Freizeit zwanghaft Arbeitsroutinen wiederholen, weil sich diese Muster in unsere Synapsen festgeschrieben haben.

    Mit ein wenig Abstand – und etwas weniger philosophisch – betrachtet, denke ich: Na ja, es geht um Muskeln. Und die reagieren nun mal ausschließlich auf kontinuierliche Reize, nicht auf kreativ und sporadisch gesetzte Akzente.

    Zudem besteht die größte Kunst darin, in der Wiederholung keine Gleichförmigkeit, in der Routine keine Langeweile aufkommen zu lassen. Die meisten Experten sind ohnehin der Ansicht, es sei eher nachteilig, immer die gleichen Übungen auszuführen. Angeb lich stumpfe der Körper ab, er gewöhne sich an das Programm. Ich weiß das – und trainiere trotzdem nicht mit wöchentlich wechselndem Plan. Im weiteren Verlauf des Buches werde ich auf die Spezialisten (die ich sehr schätze) und ihre Freude an Trainings- und Ernährungsplänen noch eingehen. Aber für mich hat die Routine rund ums Fitnesstraining etwas Beruhigendes. Ich fahre meist um dieselbe Uhrzeit zum Sport, parke meist in derselben Ecke, spreche fast immer mit einigen Vertrauten und ziehe mich dann langsam um. Manchmal kommt es mir vor, als sei ich eben erst hier angekommen.

    Dann nehme ich meine Trinkflasche und setze mich auf ein Fahrrad.

    Vielleicht ist diese Freude an der Routine auch einer der Gründe, warum ich den inneren Schweinehund nicht erst umständlich bekämpfen muss. Er mag diese Gleichförmigkeit anscheinend genauso wie ich.

    Da ist dieses Gefühl der angenehmen Schwere nach dem Training, die eine Form des Einverständnisses nach sich zieht, die von Sorgen und Problemen befreit. Und ich weiß, dass ich mich besser fühle am nächsten Tag – womit ich vor allem meinen Rücken meine.

    Was dieses Buch Ihnen also nicht bieten kann, ist eine Garantie dafür, »zehn Kilo in zwei Tagen« abzunehmen oder »fitter und gesünder« auszusehen. Diese Kirmesklopper finden Sie in jeder Zeitschrift, meist sogar schon vorne, auf dem Titelbild. Und wenn die angepriesenen Methoden funktionieren würden, müsste man die Beiträge vermutlich nicht unentwegt wiederholen.

    Warum habe ich damals überhaupt mit dem Training angefangen?

    Wahrscheinlich aus demselben Grund, der inzwischen zehn Millionen Deutsche und vergleichsweise viele Österreicher und Schweizer antreibt: Ich war unzufrieden.

    Ich war nicht zu dick, sondern eher zu schmächtig. Bei durchschnittlicher Körpergröße. Und irgendwann hat mich der Spruch, das sei alles nicht so wichtig, nicht mehr überzeugt. Ich konnte mir noch so sehr vorbeten, es gäbe wichtigere Dinge im Leben – »Ja, du bist gesund« –, aber ich fühlte mich nicht wohl in meiner Haut. Bis ich zum ersten Mal eine Hantel in der Hand hielt.

    Und heute? Ist mir mein äußeres Erscheinungsbild egal.

    Im Grunde geht es mir gerade nicht um das sogenannte Optimieren, obwohl es ein willkommener Nebeneffekt ist. (Ich habe dennoch einen leichten Bauch, kümmere mich aber nicht darum.) Entscheidend ist,

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