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Myrtle Clover und der Tote im Garten: Myrtle Clover
Myrtle Clover und der Tote im Garten: Myrtle Clover
Myrtle Clover und der Tote im Garten: Myrtle Clover
eBook250 Seiten3 Stunden

Myrtle Clover und der Tote im Garten: Myrtle Clover

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Über dieses E-Book

Es war der Gärtner… der die Leiche fand.

Für die rüstige Amateurdetektivin Myrtle Clover ist es ein ganz gewöhnlicher Tag ‒ bis ihr Gärtner hinter dem Haus eine Leiche entdeckt. Eine schändliche Tat, wurde das Opfer doch mit einem von Myrtles Gartenzwergen erschlagen!

Myrtles Freund und Nachbar Miles identifiziert die Leiche als Charles Clayborne… und gibt sich nur widerwillig als dessen Cousin zu erkennen. Charles war niemand, mit dessen Verwandtschaft man gerne angab: ein windiger Typ, zudem Herzensbrecher und Schwerenöter. Als Myrtle den Fall in die Hand nimmt, um Licht in das Dunkel zu bringen, setzt der Mörder alles daran, sie davon abzuhalten. Doch Myrtle ist fest entschlossen, den Mörder zu stellen – bevor sie selbst unter der Erde landet.

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Nov. 2019
ISBN9781071517727
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    Buchvorschau

    Myrtle Clover und der Tote im Garten - Elizabeth Spann Craig

    Kapitel 1

    Myrtles altersschwacher Gärtner öffnete die Hintertür, bemüßigte sich nicht, seine Stiefel an der Fußmatte abzustreifen und trampelte durch die Küche und das Wohnzimmer den ganzen Weg hinüber zu Myrtles Vordertür.

    Dusty war schon als Gärtner inkompetent, aber seine Schlamperei setzte dem Ganzen noch die Krone auf. Seine Frau Puddin war ebenso entsetzt. Verärgert warf sie ihren Staubwedel auf Myrtles Couchtisch und blickte den Schlammspuren ihres Ehemanns hinterher. „Hey!, schrie sie. „Ich mach das nicht weg, Dusty! Komm sofort zurück. Du kannst deinen Dreck selbst wegmachen.

    Dusty griff gerade nach der Türklinke, als auch Myrtle ihm hinterherrief: „Ihre Schuhe, Dusty! Und mit dem Garten sind Sie auch noch nicht fertig! Dort draußen sieht es immer noch aus wie in einem Urwald."

    Dusty murmelte als Antwort lediglich etwas Unverständliches vor sich hin.

    „Ich wünschte wirklich, Sie würden während der Arbeit keinen Tabak konsumieren. Zum einen, weil Sie noch daran sterben werden und ich mir dann einen anderen Gärtner suchen muss. Zum anderen verstehe ich kein Wort, von dem was Sie sagen. Es klang doch gerade wirklich nach ‚Toter‘. Herrgott nochmal."

    Dusty funkelte sie an, bevor er vorsichtig seinen Kautabak mit der Zunge zur Seite schob. „Da ist ein Toter! In Ihrem Garten. Ich hole Red."

    Mit diesen Worten riss der Gärtner Myrtles Vordertür auf und bahnte sich seinen Weg durch den vorderen Garten, der zur Straße und somit zu Reds Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite führte und den Myrtle mit Gartenzwergen vollgestellt hatte. Red war Myrtles Sohn, Nachbar und Polizeichef der Kleinstadt Bradley in North Carolina. Er war unerträglich, wenn es um Myrtles Privatangelegenheiten ging und ganz und gar nicht begeistert davon, dass Myrtle sich mit Vorliebe der Verbrechensbekämpfung widmete.

    Angesichts der Tatsache, dass Dusty das Verbrechen innerhalb weniger Sekunden melden würde, musste sie schnell handeln, wenn sie den Mord in ihrem Garten untersuchen wollte, bevor sie von den Ermittlungen ausgeschlossen werden würde.

    Puddin bekreuzigte sich, auch wenn Myrtle wusste, dass sie schon ihr Leben lang Baptistin war. Aus ihrem sonst schon bleichen Gesicht war nach dem Schock über die Leiche im Garten jegliche Farbe gewichen. Sie schien außerdem etwas vor sich hin zu murmeln ‒ vermutlich irgendeine Abwandlung des Vaterunsers. Als Myrtle sich auf den Weg zur Leiche machte, rief sie ihr hinterher: „Schließen Sie ihm die Augen, Mrs. Clover!"

    „Warum sollte ich das tun? Ich kann mich doch nicht an der Leiche zu schaffen machen. Red würde mich lynchen, wenn ich das täte", entgegnete Myrtle.

    „Wenn Sie ihm nicht die Augen schließen, wird er jemanden finden, den er auf seine Reise in das Leben nach dem Tod mitnimmt!"

    „Puddin, für heute habe ich genug von Ihrem Unsinn. Also wirklich, bei Ihnen weiß man nie, welche Dummheit Sie als nächstes von sich geben. Ich sage Ihnen mal etwas. Heute, nur heute, dürfen Sie sich einen Drink einschenken. Das sollte Sie bei Sinnen halten, damit Sie zu Ende putzen können. Ich habe jetzt etwas zu erledigen." Dann eilte Myrtle hinaus in den Garten hinter ihrem Haus.

    Der Tote lag direkt vor den Azaleenbüschen in der Nähe ihres Vogelhäuschens. Er sah jung aus, sie schätzte ihn auf fünfunddreißig oder sechsunddreißig. Galt das noch als jung? Auf jeden Fall wirkte es für die über achtzigjährige Myrtle so. Er war ein gutaussehender Kerl, abgesehen davon, dass ein Teil seines Schädels eingeschlagen war, was ganz eindeutig für seine Zwangslage verantwortlich war, tot in Myrtles Büschen zu liegen.

    Äußerst ärgerlich war zudem, dass nur einen guten Meter von dem jungen oder junggebliebenen ‒ wie immer man es bezeichnen wollte ‒ Mann entfernt einer ihrer Lieblingszwerge mit beschädigtem Boden lag. Es war der Wikingerzwerg mit dem ernsten Gesichtsausdruck und dem Schwert, der mit geheimnisvollem Blick eine Pfeife in der Hand hielt. Myrtle war sich sicher, dass Wikinger nicht rauchten. Aber der Zwerg hatte Charakter. Natürlich war er nun eine Mordwaffe und würde vermutlich mitgenommen und untersucht werden. Ein schlechter Tag für den Wikingerzwerg. Myrtle runzelte die Stirn. Bei genauerer Betrachtung sah es so aus, als hätte die Seite, mit der der Zwerg aufgekommen war, einen Riss und wäre gebrochen. Sie seufzte.

    Gab es irgendwelche Hinweise? Sie konnte neben denen von Dusty keine weiteren Fußspuren erkennen. Es sah aber so aus, als wäre jemand durch ihre Büsche getrampelt. Hatte sich der Mörder in den Büschen versteckt und war dann herausgesprungen, um auf das Opfer einzudreschen?

    Wer in aller Welt war dieser Mann?

    Immerhin schien er die Eichhörnchen abzuschrecken, die sich sonst immer an Myrtles Vogelhäuschen zu schaffen machten.

    Sie erschrak, als eine laute Stimme rief: „Was hast du jetzt schon wieder angestellt, Mama?"

    Red! Myrtle schnaubte. „Gar nichts. Auch wenn man annehmen könnte, ich müsste keine Toten in meinem Garten finden, wenn der Polizeichef auf der anderen Straßenseite wohnt. Was ist nur aus dieser Welt geworden?"

    Red musterte die Leiche. „Der Typ kommt mir irgendwie bekannt vor. Aber ich weiß nicht woher. Er seufzte. „Was hattest du also mit ihm zu tun, Mama? Hat er dich beim Bingo geschlagen? Hat er dich Schätzchen genannt? Ich weiß doch, dass du das nicht ausstehen kannst.

    „Es ist auch unangemessen und respektlos... skandalös, wirklich... ältere Menschen einfach so mit Kosenamen anzusprechen. Und nein, ich weiß nicht, wer der Kerl ist", entrüstete sich Myrtle.

    „Sieht so aus, als hätte ihn dein Zwerg umgebracht, sagte Red und nickte in Richtung des Wikingers. „Sicher, dass du keinen Groll gegen den Kerl gehegt hast?

    „Wäre es so gewesen, hätte ich gewiss nicht meinen Wikinger dafür verwendet, ihn zu töten. Oder ihn zerbrochen. Er ist einer meiner Lieblingszwerge, erwiderte Myrtle. „Deiner denn nicht?

    „Ich versuche deine Zwerge zu ignorieren, Mama", entgegnete Red.

    Die Gartenzwerge tauchten immer dann vor und hinter dem Haus auf, wenn Red irgendetwas getan hatte, was Myrtle die Wände hochgehen ließ. Das war mittlerweile in ganz Bradley bekannt. Da er die Zwerge verabscheute und so nah an Myrtle wohnte, war es die Mühe stets wert, sie zu hunderten hervorzuholen und so ihren Standpunkt klarzumachen. Dieses Mal belagerten die Zwerge ihren Garten, weil Red darauf beharrte, sie solle sich eine Gehhilfe zulegen. Es gab absolut keinen Grund für eine Gehhilfe. Myrtles Gehstock war vollkommen ausreichend.

    „Hast du eine Ahnung, wie lange er hier schon liegen könnte?", fragte Red, während er sich niederkniete und die Leiche genauer ansah.

    Es schmerzte Myrtle wirklich, dass sie nichts von dem Drama in ihrem Garten mitbekommen hatte. „Ich habe ihn nicht bemerkt. Dusty hat ihn gefunden." Was sie noch mehr ärgerte.

    „Denkst du, er könnte schon seit gestern Nacht hier draußen liegen?", fragte Red.

    Myrtle ging den gestrigen Abend durch. „Nun, ich war gestern hier draußen und habe Schara gefüttert, gleich nachdem es dunkel geworden war. Es war vielleicht neun Uhr abends. Da habe ich keinen Toten gesehen. Aber Schara verhielt sich merkwürdig. Sie fauchte Schatten an, stellte die Nackenhaare auf, all so ein Zeugs."

    „Nachdem Schara ein freilebendes Tier ist, nehme ich mal an, du hast dem nicht viel Bedeutung beigemessen", sagte Red trocken.

    „Sie ist wirklich eine liebe Katze, aber manchmal benimmt sie sich etwas seltsam. Ich denke ja, es hat mit den Mondzyklen zu tun."

    „Wenn du das sagst, Mama. Hat die Katze eigentlich alle Impfungen? Sie scheint Menschen gegenüber recht aggressiv zu sein."

    „Ihre Impfungen sind alle in Ordnung, sagte Myrtle. Sie runzelte die Stirn. „Können wir wieder zum Toten hier kommen? Hast du die State Police schon benachrichtigt?

    „Ich habe sie auf dem Weg hierher angerufen. Allerdings habe ich ihnen nicht erzählt, dass die Leiche im Garten meiner Mutter liegt. Red fuhr sich mit der Hand durch das rote Haar, das ihm seinen Spitznamen verliehen hatte. Es schien zunehmend grauer zu werden, dachte Myrtle. Red versuchte indes, sie weiter zu befragen. „Du hast ihn also nicht hier am Boden liegen gesehen, als du Schara gefüttert hast.

    „Aber die Katze verhielt sich merkwürdig", wiederholte Myrtle.

    Red ignorierte ihren Einwurf. „Und du hast ihn auch nicht heute Morgen durch das Fenster gesehen? Wie steht's mit mitten in der Nacht? Hast du letzte Nacht wieder unter deiner üblichen Schlaflosigkeit gelitten?"

    Das hatte sie. Es hatte sich mitten in der Nacht so angefühlt, als wäre es bereits Zeit aufzustehen, weshalb sie für einen Spaziergang nach draußen gegangen war. Nicht, dass sie Red davon erzählen würde. Ein Spaziergang um zwei Uhr morgens würde nur wieder eine Werbekampagne für eine Gehhilfe lostreten.

    „Ich war letzte Nacht wach, daher hätte ich etwas hören müssen. Allerdings gab es da ein langes Zeitfenster, in dem ich eine heiße Dusche genommen habe. Das tue ich manchmal, um meine Muskeln zu lockern und meine Nebenhöhlen mit Dampf zu öffnen. Danach war ich noch bis drei Uhr wach, ohne dass ich etwas gesehen hätte", erklärte Myrtle.

    Ein höfliches, diskretes Husten ertönte hinter ihnen und als Red und Myrtle sich umdrehten, erblickten sie Miles, Myrtles Nachbarn. Er blickte von der Leiche auf dem Boden zu Red und Myrtle, dann lächelte er verlegen. „Gibt es ein Problem?"

    Red seufzte. „Ich versuche mich gerade zu vergewissern, dass meine Mutter nicht doch ausgeflippt ist und jemanden umgebracht hat, nur damit sie einen Mordfall lösen kann. Ich bin mir nicht sicher, wie weit sie gehen würde, um der Langeweile zu entkommen."

    Myrtle warf ihm einen scheltenden Blick zu. „So etwas würde ich nie tun! Sie wandte sich an Miles. „Dusty hat eine Leiche in meinem Garten gefunden. Wir versuchen herauszufinden, wer er ist, wann er gestorben ist und wer dafür verantwortlich ist.

    „Das erklärt vielleicht, warum Puddin in deinem Vorgarten zu Schara spricht und ein Kruzifix vor sich in die Höhe hält, sagte Miles trocken. „Während sie ein Glas Sherry trinkt, sollte ich vielleicht noch ergänzen.

    „Ach, Puddin denkt, Schara sei eine Hexe. Typisch Puddin, du weißt schon, sagte Myrtle. „Ich werde Schara von Puddin erlösen, auch wenn sie gut auf sich selbst aufpassen kann. Schara konnte grausam sein, wenn sie einen nicht mochte.

    Miles erschauderte. Schara mochte ihn nicht besonders.

    „Du hast nicht zufällig eine Ahnung, wer der Kerl ist, Miles? Und hast du letzte Nacht etwas Merkwürdiges bemerkt?"

    Miles trat vorsichtig näher heran, um keine Beweise zu zerstören. Er beugte sich nach vorne und richtete sich dann umgehend wieder auf. „Das, sagte er, nahm seine Drahtgestellbrille ab und reinigte die Gläser mit einem Hemdzipfel, „ist mein Cousin Charles.

    Kapitel 2

    Die beiden starrten ihn ungläubig an.

    „Dein Cousin Charles liegt tot in meinem Garten?, fragte Myrtle. „Wie... Wie unachtsam von dir, Miles!

    „Ich bin nicht für ihn verantwortlich, protestierte Miles. „Genau genommen habe ich ihn seit Jahren nicht mehr gesehen. Außerdem ist er ein erwachsener Mann. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, warum er tot in deinem Garten liegt. Ich habe letzte Nacht auch nichts gehört oder gesehen. Ich bin ziemlich früh ins Bett gegangen und habe sogar Ohrenstöpsel verwendet, weil Schara irgendwann furchtbar gefaucht und sich eigenartig verhalten hat. Wobei das nicht wirklich unüblich bei ihr ist.

    Sie alle blickten einen Moment lang schweigend auf die Szene vor ihnen. Myrtles Garten voller Gartenzwerge, Vogelhäuschen und bunten Azaleen ‒ und eine Leiche, die den Weg den bewaldeten Hügel hinunter zu ihrem kleinen Steg am See blockierte.

    „Ich wusste nicht einmal, dass du einen Cousin Charles hast", sagte Myrtle.

    Miles setzte seine Brille wieder auf und blickte nachdenklich auf die Leiche. „Er war nicht die Art von Cousin, mit der man angab."

    „Hast du irgendeine Idee, warum er tot in Mamas Garten liegen könnte?, fragte Red. „Ich hätte gerne ein paar Theorien zur Hand, wenn die State Police eintrifft. Insbesondere da meine Mutter involviert ist.

    „Ich bin nicht mehr involviert als Dusty", sagte Myrtle. „Ich beherberge die Leiche ja nur. Dusty hat sie gefunden. Viel Glück dabei, irgendetwas Gescheites aus ihm herauszubekommen."

    Miles räusperte sich. „Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, er wollte Geld von mir erbetteln. Das ist aber nur eine wilde Vermutung."

    Myrtle war beeindruckt, dass Miles sich in die Königsdisziplin der Fantasie vorgewagt hatte, um mit einer möglichen Erklärung aufzuwarten. „Das ist ja fantastisch, Miles."

    Red machte sich Notizen. „Dieser Charles... hatte also Schulden?"

    „Ich weiß nichts von Schulden, aber er gehörte mit Sicherheit zu den Menschen, die permanent in der Klemme stecken. Er wuchs hier in Bradley auf, aber ich glaube, er verließ die Stadt nach der High School. Ich bin mir nicht sicher, ob er jemals einen Job länger als einen Monat durchgezogen hat, aber seine Mutter gab ihm immer wieder Geld und meinte dabei, dass ihr Charles einfach keinen Job fände, in dem er seine Talente zeigen könne. Falls Charles irgendwelche Talente hatte, dann hatten sie mit Faulheit und Hinterhältigkeit zu tun", sagte Miles.

    „Seine Mutter?, fragte Myrtle. „Du hast auch noch eine Tante hier in der Nähe? Also wirklich, Miles. Gibt es da noch mehr Verwandte, von denen ich wissen sollte? Sie blickte sich um, so als ob Miles’ Familie jeden Moment hinter den Gartenzwergen heraushüpfen oder vom Himmel fallen könnte. „Vielleicht eine verrückte Großmutter mit einem Spinnrad auf dem Speicher?"

    Red verdrehte die Augen. „Ich würde mich nicht über verrückte Großmütter lustig machen, wenn ich du wäre, Mama. Außerdem bist doch du diejenige mit der Großfamilie und mit der halben Stadt verwandt. Vermutlich auch noch mit Cousin Charles hier."

    „Nun, das ist halt einmal so in einer Kleinstadt. Die Leute bleiben unter sich", sagte Myrtle.

    „Ich habe tatsächlich eine Tante, aber sie wohnt nicht in Bradley. Sie lebt drüben in Simonton", sagte Miles.

    „Ach, dann lebt sie ja ewig weit weg. Ganze zehn Minuten von hier, keifte Myrtle. „Und bist du nicht ein bisschen alt dafür, noch Tanten zu haben, die herumgeistern? Die muss doch hundert Jahre alt sein.

    „Sie ist genau genommen jünger als ich", entgegnete Miles.

    „Wie schaurig", bemerkte Myrtle.

    „Mama, hör auf. Also, Miles, hast du viel Kontakt zu ihr?", fragte Red.

    „Nicht wirklich. Sie ist eher eine unangenehme Person. Ich habe sie mal besucht, kurz nachdem ich nach Bradley gezogen bin, aber ansonsten habe ich nur ein paar Mal mit ihr telefoniert. Miles seufzte. „Ich vermute, ich werde sie wegen dem hier anrufen müssen. Es klang nicht so, als würde er sich besonders darauf freuen.

    Myrtle war noch immer schockiert über die Tatsache, dass es geheime Facetten in Miles’ Leben gab. „Ich dachte, du wärst aus Atlanta hierhergezogen, weil Bradley dank dem See ein wahrer Rentnermagnet ist." Bradley mit seinen fünfzehntausend Einwohnern war nicht wirklich ein Magnet für irgendetwas, aber es gab einen netten, kleinen See, der die überschaubare Gruppe Rentner der Stadt regelmäßig anlockte.

    „Das war einer der Gründe. Aber ich kannte die Gegend vor allem deshalb, weil ich Familie hier hatte, erklärte Miles. „Mein Onkel und meine Tante lebten hier, bis mein Onkel starb und meine Tante nach Creighton zog.

    Myrtles Hintertür wurde zugeknallt und Dusty kam in seiner gewohnt trägen Art auf sie zugeschlendert. Er musterte Charles. „Ist eindeutig eine Leiche", sagte er und suchte offenbar jemanden, der ihm zustimmte.

    „Haben Sie den Mann schon mal hier in der Stadt gesehen, Dusty?", fragte Red.

    Dusty kniff die Augen zusammen und sah auf den Mann hinunter. „Jep, der hat beim Pokerspiel Stunk gemacht. Er nickte Red zu. „Sie haben ihn auch gesehen.

    Red runzelte die Stirn und trat näher an die Leiche heran. „Verdammt, das ist der Kerl von der Prügelei, die ich letztes Wochenende auflösen musste."

    „Wie ich schon sagte, er war kein Cousin, mit dem man angibt", sagte Miles.

    Red versuchte sich an den Vorfall zu erinnern. „Er prügelte sich mit Lee Woosley. Ich habe keine Namen aufgenommen, aber ich habe ihnen geraten zu verschwinden, wenn sie nicht die Nacht auf der Wache verbringen wollen. Dann sind sie davon, soweit ich mich erinnere. Ich kannte Charles nicht, er meinte, er wäre nur zu Besuch in der Stadt. Er blickte noch einmal auf den Toten. „Na, wer hätte das gedacht?

    „Ich bringe Puddin jetzt nach Hause, verkündete Dusty. „Sie fragt, ob Sie die Augen des Mannes geschlossen haben.

    „Sie werden Puddin jetzt nicht nach Hause bringen! Sie haben weder den Rasen gemäht, noch das Unkraut gejätet, Dusty. Und ich bin mir sicher, dass Puddin keinen Finger gerührt hat, seit Sie diese Leiche gefunden haben", erboste sich Myrtle.

    „Glauben Sie mir, Sie wollen, dass ich sie heimbringe, sagte Dusty. „Sie redet irgendwas von Asche verteilen, zum Schutz vor den Geistern.

    „Wie bitte? Das ist nicht einmal Aberglaube... das hat Puddin sich doch gerade ausgedacht." Puddin und Dusty würden alles tun, um nicht arbeiten zu müssen. Wenn sie erst einmal Myrtles Haus verlassen hatten, würde sie ewig

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