Bankenaufsicht im Dialog 2019
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Über dieses E-Book
aufsichtlichen Lehren aus der Finanzkrise, sind diese Maßnahmen mit dem europäischen Bankenpaket – und darunter insbesondere der CRR II – nun weitgehend rechtlich umgesetzt worden. Besonders wichtig war der Bundesbank dabei das Thema der Proportionalität. Daher begrüßen wir die im Bankenpaket enthaltene Definition für "kleine, nicht komplexe Institute" und die damit verbundenen administrativen und operativen Erleichterungen.
Eine weitere Zäsur erlebt die EU, wenn 2019 – so die aktuelle Beschlusslage – das Vereinigte Königreich aus der EU austreten wird. Damit werden
sich Markt und Wettbewerb an den deutschen Finanzplätzen noch einmal strukturell verändern. Umso mehr gilt es, die Möglichkeiten einer europäischen Kapitalmarktunion auszuloten und zur Realität werden zu lassen.
Doch auch nach 2019 bleiben Herausforderungen für Banken und Bankenaufsicht. Der harte Wettbewerb im deutschen Bankensektor und die geringen Margen sind ein Dauerbrenner und werden es auch weiterhin bleiben: In der Folge wird die Konsolidierung im Bankensektor weitergehen. Gleichzeitig eröffnen sich viele Möglichkeiten, vor allem unter Nutzung neuer Technologien. Gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung müssen Geschäftsmodelle – aber auch die Arbeitsweise der Aufsicht – nicht nur überprüft und angepasst, sondern teilweise neu entworfen werden. Der Dialog von Aufsicht und Industrie über anstehende Themen und Herausforderungen hat sich seit jeher als fruchtbar und konstruktiv erwiesen. An dieser Stelle setzt das Bundesbank-Symposium an: Zum 21. Mal bot es in diesem Jahr Gelegenheit zum Dialog zwischen Aufsicht und Instituten.
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Buchvorschau
Bankenaufsicht im Dialog 2019 - Fritz Knapp Verlag
Schriftenreihe zum Bundesbank-Symposium
Herausgegeben von Joachim Wuermeling
Bankenaufsicht im Dialog 2019
Band 5
Schriftenreihe zum Bundesbank-Symposium
begründet von Andreas Dombret
Band 5
herausgegeben von Joachim Wuermeling
ISBN 978-3-8314-0902-0
eISBN 978-3-8314-0903-7
© 2019 by Fritz Knapp Verlag GmbH, Frankfurt am Main
Gesamtherstellung: Fritz Knapp Verlag
Bildquelle: Frank Rumpenhorst (freier Fotograf)
Grußwort
Zwischen Brexit und Bankenpaket – Bankenaufsicht und Bankenregulierung im Jahr 2019
2019 ist ein Jahr der Zäsur für die Bankenaufsicht und -regulierung. Lag im vergangenen Jahrzehnt der Fokus vor allem auf den regulatorischen und aufsichtlichen Lehren aus der Finanzkrise, kommen mit dem europäischen Bankenpaket und der Umsetzung des letzten Teils von Basel III diese Reformen nun weitgehend zum Abschluss. Mit dem Bankenpaket, das am 7. Juni 2019 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde, werden die letzten Bausteine des Basel-III-Pakets aus dem Jahr 2010 umgesetzt. Besonders wichtig war der Bundesbank dabei das Thema der Proportionalität. Daher begrüßen wir die im Bankenpaket enthaltene Definition für „kleine, nicht komplexe Institute" und die damit verbundenen administrativen und operativen Erleichterungen.
In der EU haben nun die Vorbereitungen für die Umsetzung des Basel-III-Finalisierungspakets begonnen. Ein Ende des Basel-Marathons ist also in Sicht. Die Bundesbank wird auch bei diesem letzten Streckenabschnitt für eine lückenlose und vollständige Umsetzung der Baseler Vorgaben eintreten.
Eine weitere Zäsur erlebt die EU, wenn 2019 – so die aktuelle Beschlusslage – das Vereinigte Königreich aus der EU austreten wird. Damit werden sich Markt und Wettbewerb an den deutschen Finanzplätzen noch einmal strukturell verändern. Umso mehr gilt es, die Möglichkeiten einer europäischen Kapitalmarktunion auszuloten und zur Realität werden zu lassen.
Doch auch nach 2019 bleiben Herausforderungen für Banken und Bankenaufsicht – dies wird nicht zuletzt im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungsprozesses, dem sich die Kreditinstitute unterwerfen müssen, deutlich. Der harte Wettbewerb im deutschen Bankensektor und die geringen Margen sind schon seit vielen Jahren ein Dauerbrenner und werden es auch weiterhin bleiben: In der Folge wird die Konsolidierung im Bankensektor weitergehen. Gleichzeitig eröffnen sich viele Möglichkeiten, vor allem unter Nutzung neuer Technologien. Gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung müssen Geschäftsmodelle – aber auch die Arbeitsweise der Aufsicht – nicht nur überprüft und angepasst, sie müssen teilweise neu entworfen werden.
Bei allen verschiedenen Interpretationen der Herausforderungen, vor denen wir stehen, und den unterschiedlichen Ansätzen, sie zu meistern, geht es uns immer um das übergeordnete Ziel der Stabilität des Banken- und Finanzsystems. Der Dialog von Aufsicht und Industrie über anstehende Themen und Herausforderungen hat sich seit jeher als fruchtbar und konstruktiv erwiesen. An dieser Stelle setzt das Bundesbank-Symposium an: Zum 21. Mal bot es in diesem Jahr Gelegenheit zum Dialog zwischen Aufsicht und Instituten. Die Ergebnisse der Veranstaltung, die gemeinsam mit der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen ausgerichtet wurde, sind in diesem fünften Band der Schriftenreihe zur Dokumentation der Bundesbank-Symposien „Bankenaufsicht im Dialog" zusammengetragen.
Das nächste Bundesbank-Symposium wird am 5. Mai 2020 stattfinden. Ich freue mich, Sie dann wieder in Frankfurt am Main begrüßen zu dürfen.
Frankfurt am Main, August 2019
Prof. Dr. Joachim Wuermeling
Inhaltsverzeichnis
Grußwort
Kapitel 1: Perspektiven für den deutschen Bankensektor
Den Blick auf die Zukunft richten
von Joachim Wuermeling
Kapitel 2: Brexit
Perspektiven für Europa
von Eva Wimmer
Brexit – strategische Antworten der Finanzindustrie auf den bevorstehenden UK-Austritt aus der EU
Podiumsdiskussion mit:
Karin Dohm, Erik Tim Müller, Christian Ricken, Eva Wimmer, Stefan Wintels und Philipp Otto (Moderator)
Kapitel 3: Stand und Entwicklungstendenzen der europäischen Aufsicht und Regulierung
Aktueller Stand der Regulierung in Europa
von Erich Loeper
Entwicklungstendenzen der europäischen Finanzmarktregulierung
von Jan Ceyssens
Perspektiven der europäischen Aufsicht und der Regulierung
Podiumsdiskussion mit:
Markus Ferber, Gerhard Hofmann, Bettina Orlopp, Peter Simon, Tobias Tröger und Philipp Otto (Moderator)
Kapitel 4: Der aufsichtliche Überprüfungsprozess für die weniger bedeutenden Institute in Deutschland
Der harmonisierte SSM-SREP für LSIs – Funktionsweise und Herausforderungen
von Christian Otto
Blick einer Sparkasse auf den harmonisierten SSM-SREP
von Stephan Scholl
Anhang
Programm Bundesbank-Symposium
Teilnehmerverzeichnis
Die Veranstaltung wurde moderiert von
Annette Weisbach
Moderatorin
Kronberg
Philipp Otto
Zeitschrift für das
gesamte Kreditwesen (ZfgK)
Frankfurt am Main
Kapitel 1
Perspektiven für den deutschen Bankensektor
Prof. Dr. Joachim Wuermeling
Mitglied des Vorstands
Deutsche Bundesbank
Joachim Wuermeling
Den Blick auf die Zukunft richten
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch von mir ein herzliches Willkommen zum diesjährigen Bankensymposium. Ich freue mich, dass ich heute zum ersten Mal Ihr Gastgeber sein darf.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Sie zu informieren, was ich als Bankenaufseher und was wir als Bundesbank aktuell und mittelfristig für die zentralen Herausforderungen im deutschen Bankensektor halten. Obwohl wir uns im Tagesalltag eher mit akuten Problemen befassen, möchte ich Ihnen heute in erster Linie Perspektiven aufzeigen. Lassen Sie mich die Frage einmal so stellen: Wenn wir uns in fünf Jahren hier wiedertreffen, welche der heutigen Herausforderungen beschäftigen uns auch dann noch?
Dieser stärker in die Zukunft gerichtete Blick liegt im Jahr 2019 besonders nahe, denn wir erleben gerade eine Zäsur. Im vergangenen Jahrzehnt lag der Fokus vor allem darauf, die regulatorischen und aufsichtlichen Lehren aus der Finanzkrise zu ziehen. Nun kommen mit dem europäischen Bankenpaket und der Umsetzung des letzten Teils von Basel III diese ehrgeizigen Reformen weitgehend zum Abschluss. Bis alles umgesetzt ist, wird es zwar noch einige Jahre dauern. Aber es ist einstweilen nicht mehr viel in der Pipeline. Das Jahr 2019 ist für mich deshalb auch ein Jahr für das Setzen neuer Themen, ein Jahr des – neudeutsch gesprochen – Agenda-settings.
Deshalb muss es nach meiner Überzeugung jetzt stärker um Zukunftsfragen gehen, etwa die strukturellen Veränderungen auf den Finanzmärkten, die digitale Transformation und die Veränderung des ökonomischen und politischen Umfelds für Sie und für uns.
So möchte ich meine Einführung in die folgenden drei Abschnitte gliedern:
•Erstens: Was geht vorüber? Das sind die Themen, die heute noch sehr wichtig sind, die wir in fünf Jahren aber hinter uns gelassen haben sollten.
•Zweitens: Was bleibt? Das sind die Probleme, deren Ursachen wir noch lange nicht überwunden haben.
•Und drittens: Was kommt? Das sind die Themen, von denen ich erwarte, dass sie an Relevanz gewinnen und uns noch stärker beschäftigen werden als heute.
Was geht vorüber?
Beginnen wir mit dem, was vorübergehen wird; also mit den Themen, die unseren Alltag im Hier und Jetzt prägen, die aber auf dem Bundesbank-Symposium 2024 hoffentlich passé sein werden. Ich sehe hier drei Bereiche.
Erstens: Werden wir in fünf Jahren noch über die Regulierungsreformen nach der Finanzkrise sprechen? Ich denke nicht. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die meisten Regulierungsvorhaben abgeschlossen und umgesetzt haben und ganz selbstverständlich in dem neuen Rahmen agieren werden.
Die letzten Stücke des Regulierungspuzzles werden gerade eingefügt: Das Bankenpaket der EU wird nach heutigem Stand noch vor den Mai-Wahlen zum Europäischen Parlament verabschiedet werden. Damit werden die Bausteine des Basel-III-Pakets aus dem Jahr 2010 umgesetzt. Die Leverage Ratio und die strukturelle Liquiditätsquote NSFR werden künftig zu verbindlichen Mindestanforderungen. Auch die Umsetzung der neuen Baseler Marktrisikoregeln (FRTB) wird eingeleitet.
Die im Bankenpaket enthaltenen Regeln zum Thema Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit werden den Risikoabbau in der Bankenunion vorantreiben. Damit ist die Risikoreduktion gewiss noch nicht abgeschlossen. Aber es macht mich zuversichtlich, dass in Europas Bankenunion auch die verbleibenden Risiken mit der nötigen Entschlossenheit adressiert werden.
Dabei verbleibt für die Bundesbank noch eine größere Baustelle, die wir ebenfalls in den kommenden Jahren hinter uns lassen sollten: Das ist das wichtige Thema Proportionalität, also die Senkung unverhältnismäßig großer, operativer Lasten für kleine, nicht komplexe Institute.
Hier ist es uns in den vergangenen zwei Jahren gelungen, auf europäischer Ebene ein gemeinsames Verständnis zu erzeugen. So enthält das Bankenpaket nun eine Definition für „kleine, nicht komplexe Institute" – maßgeblich sind eine Bilanzsumme von maximal fünf Milliarden Euro sowie qualitative Kriterien.
Die Grundsatzfrage, wie wichtig Proportionalität in der Regulierung ist und wie sie umgesetzt werden kann, haben wir damit geklärt. Der Grundstein ist gelegt, dass den Instituten künftig gezielte Erleichterungen dort eingeräumt werden, wo der Verwaltungsaufwand nicht im Verhältnis zum aufsichtlichen Nutzen steht.
Der zweite Bereich auf der Zielgeraden ist die Umsetzung des Basel-III-Finalisierungspakets in Europa, die bis Anfang des Jahres 2022 vereinbart worden ist. Ein Ende des Basel-Marathons ist also in Sicht.
Eine umfassende Auswirkungsstudie ist in Arbeit. Ich danke den vielen teilnehmenden Banken für ihre Mitwirkung an der mühevollen Übung. Die Investition wird sich lohnen. Denn auf Basis der gewonnen Erkenntnisse wird die nach den Europawahlen neu zusammengesetzte Kommission einen Gesetzesvorschlag vorlegen.
Damit wir diese Reformagenda dann wirklich abschließen können, müssen wir die internationalen Vereinbarungen aber auch lückenlos umsetzen. Wir sollten zum einen diese Chance zur Stärkung der Widerstandskraft im Bankensektor nicht verspielen. Zum anderen müssen wir durch die uneingeschränkte Umsetzung der – de jure – ja unverbindlichen Baseler Standards bei uns jeglichen Vorwand für andere ausschließen, von den Regeln abzuweichen. Sonst steht das mühsam erreichte, in der internationalen Wirtschaftsregulierung einzigartige Projekt auf dem Spiel. Gerade angesichts der Gefährdungen für den Multilateralismus müssen wir – in unserem und im gemeinsamen Interesse – entschlossen für die globale Standardisierung eintreten – auch durch unser eigenes Umsetzungsverhalten.
Ich weiß: Für manche Institute bedeuten die Reformen zusätzliche Anstrengungen. So ist der Output Floor für einige größere Banken mit riskanteren Geschäftsmodellen deutlich spürbar. Andererseits: Die notwendigen Anpassungen sind machbar – und vor dem Hintergrund der Risikoprofile gerechtfertigt.
Und für viele Institute sind die zusätzlichen Eigenkapitalanforderungen durch die Reformen ohnehin eher gering – für mittlere und kleinere Banken liegen sie im Durchschnitt bei 5,7 Prozent. Für einzelne Institute sinken sie sogar.
Kommen wir zum dritten Thema, das vorübergehen wird. Das Vereinigte Königreich wird zumindest in fünf Jahren aller Voraussicht nach nicht mehr zur EU gehören und London wird – davon bin ich im Gegensatz zu anderen fest überzeugt – nicht mehr die Rolle für den EU-Finanzplatz spielen, die es heute spielt.
Auf dem Kontinent werden Kreditinstitute und andere Finanzmarktakteure ihre Präsenz