Japans Banken in der Krise: Folgen von 30 Jahren Niedrigzinspolitik
Von Gunther Schnabl
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Über dieses E-Book
Seit dem Platzen der japanischen Blasenökonomie im Dezember 1989 befindet sich Japan in einer langanhaltenden Rezession. Die geldpolitische Krisentherapie wurde durch Zinssenkungen auf zuletzt unter null sowie groß angelegte Ankäufe von Vermögenswerten, insbesondere von Staatsanleihen durch die Zentralbank bestimmt. Schnabl analysiert die vielfachen Auswirkungen auf die japanischen Banken mit Fokus auf die kleinen und mittleren Regionalbanken. Nicht nur der Verfall der Vermögenspreise nach Platzen der japanischen Blasenökonomie, sondern auch die geldpolitische Krisentherapie selbst haben den Banken geschadet. Schrumpfende Zinsüberschüsse, der Rückgang der Kreditnachfrage sowie die geringe Verzinsung von Staatsanleihen haben die Gewinnmöglichkeiten der Banken erodiert. Das Buch zeigt, wie sich die japanischen Banken durch Kostensenkungen, Fusionen, veränderte Geschäftsmodelle und nachsichtige Kreditvergabe an die ultra-lockere Geldpolitik der Bank von Japan angepasst haben und sich auch weiter werden anpassen müssen.
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Buchvorschau
Japans Banken in der Krise - Gunther Schnabl
Gunther Schnabl
Japans Banken in der Krise
Folgen von 30 Jahren Niedrigzinspolitik
1. Aufl. 2020
../images/497270_1_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.pngGunther Schnabl
Institut für Wirtschaftspolitik, Universität Leipzig, Leipzig, Sachsen, Deutschland
ISBN 978-3-658-30705-9e-ISBN 978-3-658-30706-6
https://doi.org/10.1007/978-3-658-30706-6
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Planung/Lektorat: Isabella Hanser
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Vorwort
Das Buch zeichnet ein Bild des Anpassungsprozesses der japanischen Regionalbanken, der überregionalen City-Banken und der kleineren Shinkin-Banken nach dem Platzen der japanischen Blasenökonomie im Dezember 1989. Die japanischen Banken nahmen in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre eine zentrale Rolle in der Transmission starker Zinssenkungen der Bank von Japan in Reaktion auf das sogenannte Plaza-Abkommen hin zu einer Spekulationsblase auf den japanischen Aktien- und Immobilienmärkten ein. Die japanische Blasenökonomie war die erste große Finanzmarktblase in einem Industrieland, der später ähnliche Entwicklungen im südlichen Euroraum (2003–2008), den USA (2003–2008) und Deutschland (2010–2020) folgten.
Mit dem Platzen der japanischen Blase häuften die japanischen Banken nicht nur einen großen Berg notleidender Kredite an, die Bank von Japan versuchte auch mit erneuten und anhaltenden Zinssenkungen den notwendigen Restrukturierungsprozess von Unternehmen und Banken zu erleichtern. Es zeigte sich jedoch, dass das anhaltende Niedrig-, Null- und später sogar Negativzinsumfeld zur wachsenden Bürde für die japanischen Banken wurde. Die Banken wurden in einen anhaltenden Restrukturierungsprozess gedrängt, der mit einem starken Konzentrationsprozess im japanischen Bankensektor einhergegangen ist. Gleichzeitig blieb die Krise aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ungelöst.
Das vorliegende Buch untersucht den Anpassungsprozess der japanischen Banken, indem es einen genauen Blick auf die Veränderung der Bilanzstrukturen wirft. Es wird dem Wandel der Ertrags- und Kostenstrukturen sowie der Veränderung der Geschäftsmodelle nachgegangen. Es zeigt sich, dass der Staat eine zentrale Rolle in der Entwicklung der japanischen Banken seit Platzen der Blasenökonomie gespielt hat. Immer wieder waren in Krisen neue Rettungsaktionen notwendig, die zur Veränderung des Rechtsrahmens und zur Zombifizierung von Unternehmen geführt haben.
Das Verständnis für die Entwicklung des japanischen Bankensektors ist für Europa von Interesse, weil auch Europa platzende Finanzmarktblasen erlebt hat und die Geldpolitik gegen das japanische Niedrig-, Null- und Negativzinsumfeld konvergiert. Da Japan der Entwicklung in Europa ca. 15 Jahre vorausläuft, können mögliche Entwicklungen in Europa mit Kenntnis Japans besser verstanden werden. Das kann zu einer besseren Entscheidungsfindung auf betriebs- und volkswirtschaftlicher Ebene beitragen.
Ich danke Taiki Murai, Tim Sepp, Anja Schwarz und Ortwin Guhl für die sehr hilfreiche Unterstützung. Zudem danke ich der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e. V. für die Unterstützung bei der Publikation.
Alle Umrechnungen von Yen in Euro erfolgten zu einem Wechselkurs von 118 Yen pro Euro.
Gunther Schnabl
Leipzig
im Juni 2020
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
Literatur 3
2 Veränderungen im makroökonomischen Umfeld 5
2.1 Das Entstehen der japanischen Blase und deren Platzen 5
2.2 Wachstum, Inflation und Wechselkurs 7
2.3 Verschiebung internationaler und regionaler Wirtschaftskraft seit 1990 11
2.4 Wirtschaftspolitische Reaktionen 14
2.5 Kreditgarantien und staatliche Kredite für Klein und Mittelunternehmen 17
Literatur 21
3 Die japanische Kreditwirtschaft in der Krise 23
3.1 Struktur der japanischen Kreditwirtschaft 23
3.2 Entwicklung der Kredite und Einlagen seit 1990 28
3.3 Entwicklung der Margen für den gesamten Kreditsektor 31
Literatur 35
4 Rolle der Klein- und Mittelunternehmen für die japanische Kreditwirtschaft 37
4.1 Die Bedeutung der Klein- und Mittelunternehmen für die japanische Wirtschaft 37
4.2 Die Entwicklung der KMUs seit 1990 39
4.3 Bilanzstrukturen von Klein- und Mittelunternehmen sowie regionale Veränderungen 46
4.4 Zombifizierung 49
4.5 Herausforderungen für die Klein- und Mittelunternehmen für die Zukunft 51
Literatur 52
5 Entwicklung der Ertrags- und Kostenstrukturen der Regionalbanken im Vergleich 55
5.1 Profitabilität des japanischen Bankensektors 56
5.2 Entwicklung der Bilanzstruktur auf der Aktivseite 59
5.3 Entwicklung der Ertragslage 67
5.4 Entwicklung der Kosten: Fusionen, Filialschließungen und Personalkosten 71
5.5 Die Beseitigung notleidender Immobilienkredite und Rekapitalisierungen 84
Literatur 91
6 Neue Ertragsquellen 93
6.1 Verteilungseffekte der Geldpolitik definieren neue Geschäftsfelder 93
6.2 Gebühren und Kommissionen 97
6.3 Konkurrenz durch neue Wettbewerber 99
6.4 Auslandsgeschäft 100
Literatur 103
7 Perspektiven für die japanischen Regionalbanken und Shinkin-Banken 105
7.1 Fallstudie der Financial Services Agency 106
7.2 Fusionen 107
7.3 Neue Geschäftsfelder 108
7.4 Beratung von Klein- und Mittelunternehmen 110
7.5 Relationship Banking und Risikogeschäft bei Klein- und Mittelunternehmen 111
7.6 Gemeinsames Asset Management und Bildung von Marktmacht 113
Literatur 114
8 Ausblick 115
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH , ein Teil von Springer Nature 2020
G. SchnablJapans Banken in der Krisehttps://doi.org/10.1007/978-3-658-30706-6_1
1. Einleitung
Gunther Schnabl¹
(1)
Institut für Wirtschaftspolitik, Universität Leipzig, Leipzig, Sachsen, Deutschland
Gunther Schnabl
Email: schnabl@wifa.uni-leipzig.de
Die wirtschaftliche Entwicklung in Japan seit Anfang der 1990er Jahre wird durch das Platzen der Blasen auf den japanischen Aktien- und Immobilienmärkten bestimmt. Seit Mitte der 1980er Jahre hatten starke Leitzinssenkungen in Reaktion auf die starke Aufwertung des Yen nach dem Plaza-Abkommen (Sept. 1985) ein übermäßiges Kreditwachstum und damit Blasen auf den japanischen Aktien- und Immobilienmärkten befeuert. Diese fanden im Dezember 1989 (Aktienmarkt) bzw. im Jahr 1991 (Immobilienmarkt) ihr Ende. Seitdem war lange Zeit die wirtschaftliche Entwicklung in Japan durch den Verfall der Vermögenspreise (insbesondere Aktien- und Immobilienpreise) und die damit verbundene Bilanzrezession (Koo 2003) charakterisiert: die fallenden Aktien- und Immobilienpreise sowie die weitgehend konstanten Konsumentenpreise trugen zu hohen realen Schulden im Unternehmenssektor sowie zu einem hohen Bestand (potenziell) notleidender Kredite im Bankensektor bei, die mit stockendem Konsum und Investitionen einhergingen. Man spricht inzwischen von drei verlorenen Dekaden.
Die anhaltende Stagnation seit Beginn der 1990er Jahre hat zunächst in einer zögerlich restriktiven Geldpolitik, aber dann in immer expansiveren Makropolitiken ihren Widerhall gefunden (Schnabl 2015). Trotz strukturell sinkender Steuereinnahmen haben sich japanische Regierungen immer wieder dazu entschlossen, keynesianische Konjunkturprogramme auf den Weg zu bringen und dringend nötige Steuererhöhungen zu verschieben. (Insbesondere die Mehrwertsteuer ist mit derzeit 10 % im Vergleich zu Europa immer noch gering). Dies hat bei strukturell sinkenden Steuereinnahmen dazu geführt, dass die japanische Staatsverschuldung auf rund 240 % des Bruttoinlandsprodukts angestiegen ist.
Die Bank von Japan hat gleichzeitig die Leitzinsen schrittweise gesenkt. Im März 1999 hat im Verlauf der japanischen Finanzmarktkrise (1997/1998) der Leitzins die Nullgrenze erreicht, wo er im Wesentlichen bis heute verblieben ist. Seit dem Jahr 2001 hat die Bank von Japan mit sehr unterschiedlichen unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen ihre Bilanz immer weiter ausgeweitet. Zu dieser quantitativen Lockerung (d. h. dem Ankauf von Vermögenswerten) gesellte sich die qualitative Lockerung (Umschichtung von Vermögenswerten), die seit September 2016 in eine quantitative und qualitative Lockerung mit Steuerung der Zinsstrukturkurve übergegangen ist (Schnabl und Yoshino 2016).
Eine nachhaltige Wiederbelebung der japanischen Volkswirtschaft ist hingegen ausgeblieben, was nicht ohne Folgen für die Kreditwirtschaft geblieben ist. Seit Platzen der japanischen Blasenökonomie befindet sich der japanische Bankensektor in einem kontinuierlichen Anpassungs- und Restrukturierungsprozess. Dieser war zunächst auf eine Konsolidierung durch neues Kreditgeschäft in Südostasien ausgerichtet. In Folge der Asienkrise und der japanischen Finanzmarktkrise (1997/1998), in der viele Finanzinstitute kollabierten (z. B. Yamaichi Shoken, Hokkaido Takushoku Bank, Long-term Credit Bank of Japan, Nippon Credit Bank, etc.) kam es zum konsequenteren Abbau der notleidenden Kredite. Im Sinne eines „Konvoi-Ansatzes" (Shimizu 2000) kam es zu immer mehr Übernahmen und Fusionen, die vor allem die Zahl der großen City-Banken, der Shinkin-Banken und der Regionalbanken zweiten Ranges maßgeblich reduzierte.
Spätestens seit der Jahrtausendwende wird immer deutlicher, dass die von der Bank von Japan