Arbeitsbuch 1969 - 1972: Gedanken und Erfahrungen aus meiner Lehrzeit
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Über dieses E-Book
Dabei sind viele Aufsätze entstanden, die nach so vielen Jahren nicht nur viel Amüsantes beschreiben, sondern auch Arbeitstechniken und Bürogeräte, die den nachfolgenden Generationen unbekannt sind und die sie höchstens noch vom Hörensagen kennen.
Nicht zuletzt auch die zeitkritischen Kommentare, die ich als junger Mensch, mitten in der von den sogenannten 68er-Jahren ausgelösten Umbruchstimmung, über Vorgesetzte, Schule und auch ganz allgemein geschrieben habe.
Jean-Claude Hügli
Aufgewachsen ist Jean-Claude Hügli in Kilchberg/ZH wo er in den 1960er Jahren die Primar- und Sekundarschule besuchte. Im April 1969 startete er mit Beginn einer 3-jährigen kaufmännischen Lehre in Zürich-Wollishofen ins Berufsleben, welches ihn über diverse Stationen im Jahre 1987 in die Selbständigkeit führte. Mit einem international tätigen Handelsunternehmen war der Autor über 30 Jahre lang als Unternehmer tätig, bis er Ende 2017 etwas kürzer trat um sich vermehrt seinen Hobbies zu widmen. Seit 1974 ist Jean-Claude Hügli mit Judith Birgelen verheiratet, sie haben 3 erwachsene Kinder und mittlerweile 7 Enkelkinder. Seit 12 Jahren leben sie in Adliswil/ZH. Die Idee, einen Roman zu schreiben, trug er schon lange mit sich herum, fand jedoch während seiner aktiven Zeit als Unternehmer und Familienvater nie die Ruhe und die Zeit, ein solches Projekt ernsthaft in Angriff zu nehmen. Erst mit dem teilweisen Rückzug aus dem Geschäftsleben Ende 2017 überkam ihn die Musse, mit der Niederschrift einer Geschichte zu beginnen, die in seinen Gedanken schon lange Zeit Form angenommen hatte. Sie wurde im Juni 2020 unter dem Buchtitel "Das Babylon-Syndrom" veröffentlicht. Nach dem für ihn zufriedenstellenden Erfolg seines ersten Romans, setzte er die Geschichte um Urs Stierli und seinen Freunden fort und so entstand sein neues Buch "Tiwanaku". Sein Erstlingswerk ist aber ein Tagebuch, das er im April 1969, mit Antritt seiner kaufmännischen Lehre begann und drei Jahre später, nach erfolgtem Lehrabschluss, beendete. Das ursprünglich handgeschriebene Arbeitsbuch mit zahlreichen Eindrücken aus seiner Lehrzeit, ergänzt durch Arbeitsvorgänge und Beschreibungen von damaligen Technologien, die heute bei manchen jungen Leuten nur Staunen auslösen dürften, erschien 2018 in der von ihm geschriebenen Originalfassung.
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Buchvorschau
Arbeitsbuch 1969 - 1972 - Jean-Claude Hügli
Das Geheimnis des Erfolges liegt darin,
dass man ganz gewöhnliche Dinge
ungewöhnlich gut macht.
Inhaltsverzeichnis
Meine Gedanken zum Lehrbeginn
Das Ablegen
Das Frankieren
Ein Besuch in der Hamolfabrik Wald
Das Aufgeben eines Telegramms
Meine Aufgaben
Die Fabrikationsrapporte
Die Umänderung des Ablege Kabinetts
Das Vervielfältigen
Das Beschriften einer Matrize
Der Postausgang
Ein Vergleich zwischen dem alten und dem neuen Inter-Hamol-Briefpapier
Mein erster Arbeitstag nach den Ferien
Ein Vergleich zwischen dem alten und dem neuen Kaffeekocher
Die Säuberung des Archivs
Der Standard-Brief
Das neue „alte" Archiv
Der Geschäftsbrief
Die Führung des Kassenbuches
Die Führung des Kassenbuches (Fortsetzung)
Lehrlingsaustauschaktion Waadt – Zürich
Lehrlingsaustauschaktion Waadt – Zürich (2. Tag)
Meine Erfahrungen als Telefonist
Der rote Bezugsschein
Reklamematerial für Japan
Fussballspiel hamol Spanien – hamol Schweiz
Vergleich zwischen dem alten und dem neuen Bezugsschein
Mein Morgenrundgang
Die Schule ist das unentbehrliche Halsband der Jugend
Chancen des Exports und der Lizenzfabrikation im Ostblock
Der Fotokopierapparat
Meine neusten Kenntnisse über die Führung der Korrespondenz
Die Zusammenarbeit hamol – inter-hamol
Besuch der Herren Tarazi und Baracat
Kleine Weihnachtsfeier in der hamol
Jahreswende
Die kaufmännische Berufsschule = KV
Kontoauszüge
Die Stenografie
Ein Besuch an der Börse
Eine Flugbestellung
Ein Tag am Telefon
Besuch bei Nussbaum + Guhl
Inkasso
Vergleich zwischen 3 i.-h.-Briefumschlägen
Rückblick auf das 1. Lehrjahr
Meine Gedanken zur Kleinschreibung
Lizenzen
Gleitende Arbeitszeit
Vorbereitungen für eine Planungskonferenz
inter-hamol ag – eine Aktiengesellschaft
Erster Mai
Der Zentralterminator
Wer führt was?
Fussballmatch in Wald
Individuelle Arbeitszeit – auch in der inter-hamol
Ein Besuch in der hamol s.p.a., Venegono
Einige Gedanken zum Thema: Musik im Büro
Einiges über den Briefversand
Meine Entwicklungshilfereise nach Nürtingen
Meine Entwicklungshilfearbeit in Nürtingen (2)
Meine Entwicklungshilfearbeit in Nürtingen (3)
Die Spedition
Wie schreibt man eine Auftragsannahme?
Kleiner Versuch als Packer
Schnupperlehrling Peter Berger
1. (2.) Schultag nach den Sommerferien
Schnupperlehrling Stefan Maeder
Wurscht-Bröötlete auf dem Albis
Halbzeit
Schnupperlehrling Jürg Burkhard
Vergleich zwischen dem hamol- und dem inter-hamol-Briefpapier
Vergleich zwischen der hamol- und inter-hamol-Klebeetikette
Wie soll ein kaufmännischer Lehrling aussehen
Fussballmatch hamol : Schulthess
Meine Arbeiten an einem Arbeitstag
Am neuen Telefon
Es ist eine Gefahr, wenn ein Lehrer fantasielos unterrichtet
Die Rena-Adressette
Artikelverzeichnis
Das Arbeitsbuch
JCK
Ultra-blättli
Zwischen Arbeit und Schule
Telex
Herr Moser, der vorbildliche Direktor!?!
Meine Verlegung ins Elba-Werk
Regenerieren des Jonaustauschers
Ende der „Wald-Woche"
Der Fondue-Abend
Wie entsteht ein ultra-blättli
(U)umschaltung von der (G)grossschreibung auf die (K)kleinschreibung
Ultra-blättli nr. 3
Interviews mit botschaftssekretären
3 – 2 - = 1!!
Was hat sinn und was hat keinen sinn?
Peter a. berger, der neue lehrling
Ultra-blättli nr. 4
„züglete" der inter-hamol ag in das studio
Im studio
Arbeitsbuch
Schulreise 1. tag
Schulreise 2. Tag
Im neuen büro
Meine zukunft
Ultra-blättli
Ferien
Fussball im kreise der hamol
Italienisch
Branchenkunde
Pressekonferenz
Fussballmatch hamol schweiz : hamol italien
Meine arbeit in der letzten phase meiner lehre: 6. und letztes semester
So weit möchte ich es auch bringen
Warum der kaufmännische angestellte sprachgewandt sein muss
Meine versuche in england eine stelle zu finden
Ultra-blättli nr. 8
Das ende meiner lehrzeit
Meine Gedanken zum Lehrbeginn
Am ersten Tag meiner Lehrzeit, am 15. April 1969, betrat ich meinen künftigen Arbeitsplatz mit gemischten Gefühlen. Ich wusste gar nicht, was überhaupt machen. Sollte ich nun einfach eintreten und mich vorstellen, oder sollte ich lieber draussen warten, bis man mich hereinholt? Meine Zweifel verflogen aber rasch, als hinter mir ein Herr eintrat und sich als Herr Model vorstellte. Er bat mich einzutreten und führte mich auch gleich in meine erste Arbeit ein. Nämlich den Morgenrundgang. Zuerst führte er mich in das Büro von Herrn Moser und erklärte mir, was ich dort jeden Morgen zu tun hätte. Zuerst einmal musste ich beim Kalender ein Blatt abreissen, damit das Datum immer stimme. Dann war der Stempel Herrn Mosers auf das richtige Datum zu stellen. Ferner musste ich nachschauen, ob die Pflanzen genügend Wasser hätten. Weiter erklärte man mir, ich solle jeden Morgen schauen, ob Herr Moser genügend Makulaturpapier auf seinem Pult habe und dass er gespitzte Bleistifte in seiner Schublade vorfinde. Im anderen Büro habe ich jeden Morgen auch dasselbe zu tun.
Danach führte mich Herr Model durch das ganze Haus und stellte mich allen Leuten vor. Im ersten Stock zeigte er mir dabei, wo ich jeden Morgen die Post zu holen hätte. Wieder unten im Büro, waren noch zwei weitere Herren da, die mir Herr Model als Herr Sturzenegger und Herr Zagoda vorstellte.
Nun nahm Herr Sturzenegger die weitere Einführung an die Hand. Er erklärte mir, wie ich die kleine Kasse zu führen hatte und wie ich die Belege ausstellen solle. Als eine Zwischenarbeit gab mir Herr Sturzenegger Bücher zum Einbinden.
Am nächsten Tag lernte ich das Ablegen der Geschäftsbriefe. Das mache ich nun jeden Morgen. Und am Abend zeigte mir Herr Zagoda, wie ich die Briefe zu frankieren habe. Er übergab mir dazu auch das gesamte „Postwesen". Das Frankieren von Briefen ist interessant, denn man lernt somit auch auf irgendeine Art Länder kennen, mit denen die Firma verkehrt.
Mir hat mein Lehrbeginn sehr gut gefallen. Am Anfang hatte ich noch immer die Schulordnung im Kopf und es war nicht leicht, sich umzugewöhnen. Denn der Übergang von Schule zu Beruf ist doch ein wichtiger Abschnitt im Leben eines Menschen.
Nun noch einige kurze Worte zu den Erwartungen, die ich von meiner Lehre habe. Ich möchte während dieser drei Jahre alle Stadien des kaufmännischen Berufs vollständig durchgehen. Angefangen von der Buchhaltung, bis zur Korrespondenz.
22.04.69
Das Ablegen
Jeden Morgen muss ich die Korrespondenz ablegen. Wenn man nun jemandem das Wort ablegen erklären soll, findet er die Arbeit, die damit zusammenhängt bestimmt leicht. Natürlich, ich will nicht sagen, dass das Ablegen schwer ist. Aber für einen Anfänger wie mich war das, und ist es jetzt noch, eine komplizierte Angelegenheit. Erstens einmal die verschiedenen Schubladen, in die die Korrespondenz versorgt werden muss. Sie sind natürlich angeschrieben, aber wenn man z.B. einen Brief von irgendeiner Firma in den Händen hat und ihn in der entsprechenden Mappe ablegen will, stellt sich dann heraus, dass er eigentlich in die Schublade mit der Aufschrift Pharma gehört. Obwohl diese beiden Schubladen sich nicht gross unterscheiden, ist es doch so. Wenn ich könnte, so würde ich diese beiden Abteilungen zusammentun. Es würde auch gleichzeitig das Ablegen und das Suchen nach bestimmten Schriftstücken sehr vereinfachen. Ich würde auch noch etwas anderes ändern. Natürlich weiss ich nicht, ob das gescheit ist, was ich hier schreibe, aber ich würde es dennoch so versuchen. Es hat in den Schubladen verschiedenfarbige Mäppchen. Grüne, die bedeuten allgemein. Damit ist ein Land gemeint, in dem mehrerer Vertreter und Firmen mit der Suter-Hamol korrespondieren. Gelbe, das sind die Mäppchen, in welchen die Leute sind, welche dauernd mit der Suter-Hamol im Briefwechsel stehen. Demzufolge hat jeder sein eigenes Mäppchen. Ich würde nun alle Länder, die ein Mäppchen „allgemein" besitzen, zusammenlegen, d.h. in eine Schublade Europa A – K, dann L – U und V – Z, Asien, Amerika usw. ungefähr drei – vier Schubladen würden damit gefüllt. Die gelben Mäppchen würde ich nun ebenfalls chronologisch in die restlichen Schubladen versorgen. So wüsste man beim Suchen genau, wo der bestimmte Korrespondent sich befindet und müsste nicht zuerst fragen, in welchem Erdteil oder in welchem Land er zu suchen sei. Von mir aus gesehen wäre das einfacher. Wenn man nun z.B. die Korrespondenz von Raylan haben müsste, wäre es leichter, wenn man in der Schublade, in der die gelben Mäppchen sind, unter R nachschaute, als wenn man zuerst das Land suchen müsste und dann erst das Mäppchen Raylan’s.
30.04.69
Kommentar Herr Sturzenegger:
Die Auflösung der Abteilung Pharma ist mit dem Rundschreiben vom 30.04.69 in die Wege geleitet worden. Die Aufteilung der Länder in zwei Gruppen hätte nicht unwesentliche Nachteile. Zudem sind die Firmen in den einzelnen Ländern nicht so zahlreich, wie es auf den ersten Blick scheinen könnte. JJS
Das Frankieren
Am Abend jedes Tages habe ich die ausgehende Post zum Versand fertigzustellen. D.h. ich muss sie zukleben und dann noch frankieren. Nun sind die Beförderungstaxen aber sehr verschieden. Um nun die Gestaltung übersichtlicher zu machen, unterteile ich in zwei Teile:
Inland: alle Briefe, die weniger als 250 g wiegen und mehr als 10 km weit geschickt werden, erhalten als Grundtaxe 30 Rappen. Briefe, die im Umkreis von 10 km ihren Bestimmungsort haben kosten 20 Rappen. Nun hat es auch Briefe, die gar nicht schnell genug ankommen können. Das sind Eil- oder Express-Sendungen, für welche ein Zuschlag (zum ordentlichen Taxwert) von 1.50 Franken bezahlt werden muss. Und schliesslich gibt es auch noch wertvolle Briefe. Wenn man will, d.h. wenn man zahlt, haftet die Post im Falle, dass die Sendung verlorenginge. Der Zuschlag für diese Art von Briefen ist 50 Rappen.
Drucksachen differieren schon etwas mehr. Bis zu 50 g zahlt man 10 Rappen. Über 50 g – 250 g 15 Rappen, bis 500 g 20 Rappen und von da bis 1 kg sind es 30 Rappen. Ungenügend frankierte: das Doppelte der fehlenden Frankatur. Unfrankierte werden nicht befördert.
Das sind nur einige Beispiele der Briefbeförderung, von welchen die Taxen für die Schweiz und das Fürstentum Lichtenstein gelten. Nun kommen wir zum Ausland. Das Teilen wir wieder auf, in Europa und Nichteuropa.
Europa: Briefe kosten bis zu 20 g 50 Rappen. Für je weitere 20 g zahlt man nochmals 30 Rappen darauf. Im Grenzkreis (Deutschland, Frankreich und Österreich) zahlt man für Briefe die innerhalb 30 km bleiben für je 20 g 30 Rappen. Es wird hierbei mit Luftlinie gemessen. Expressbriefe kosten 1.20 Franken Zuschlagspreis. Eingeschriebene Briefe haben einen Zuschlag von 70 Rappen auf die ordentliche Beförderungstaxe. Drucksachen kosten bis 50 g 20 Rappen. Für je weitere 50 g gibt es 10 Rappen Zuschlag.
Aussereuropäische Länder: Luftpostbriefe kosten je nach Land verschieden viel. Darum hat die Post eine Tabelle herausgegeben, auf welcher alle Länder angegeben sind. Jedes Land hat hinten einen Preis. Entweder 10-, 20-, 25-, 30-, 40- oder 60 Rappen. Rechts auf der Tabelle hat jeder dieser Preise eine Kolonne. Darin sind das mögliche Gewicht eines Briefes und daneben die Taxen angegeben. Hat man z.B. einen Brief nach China, so schaut man was China hinten für eine Taxe hat, schaut nach dem man den Brief gewogen hat, hinten in der Tabelle nach und schon weiss man, mit wieviel (Marken) man den Brief frankieren muss. Diese Tabelle gilt aber nur, wenn der Brief per Luftpost versandt wird. Dies muss auf dem Briefumschlag angegeben sein.
Für Expresssendungen, eingeschriebene Briefe und Drucksachen, gilt das gleiche, wie für Europa. Europa ist übrigens ohne Luftpostzuschlag.
Mir kommen beim Frankieren täglich Probleme auf. Doch mit der Zeit kommt die Übung. Da sind z.B. eingeschriebene Briefe, die per Express in ein fernes Land gesendet werden müssen. Bei denen ist das Frankieren nicht sehr leicht. Aber wie schon gesagt: wenn man Übung hat, geht alles schneller und besser.
Fast hätte ich noch etwas vergessen. Wenn man einen Geschäftsbrief hat der ins Ausland geht, und der vom Briefpartner beantwortet wird, kann man ihm noch das Rückporto beilegen. Aber nicht etwa in Briefmarken, denn damit könnte der Briefpartner im Ausland nichts anfangen. Sondern man legt ihm einen Internationalen Antwortschein bei. Wenn er nun zurückschreibt, kann er auf die Post gehen und den IA gegen das Rückporto in seiner Briefmarkenwährung, bez. In die seines Landes, umtauschen und muss somit kein Porto bezahlen. Dieser Schein ist für alle Länder der Welt gültig. Er ist in sieben Sprachen abgefasst.
08.05.69
Ein Besuch in der Hamolfabrik Wald
Am Montag, dem 28. April, fuhren Herr Stüssi, Herr Sturzenegger und ich nach Wald. Dort angekommen, zeigte uns Herr Stüssi den Betrieb. Zuerst führte er Herrn Sturzenegger und mich in ein Untergeschoss, wo die noch nicht verarbeiteten Produkte gelagert werden. Von den Parfüms bis zum Talg ist dort alles zu finden. In