"Ronaldo stirbt": Verschwörungstheorien im Sport
Von Frieder Pfeiffer
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Über dieses E-Book
Bis heute gibt das WM-Finale von 1998 Fans und Experten Rätsel auf. Was war los mit Ronaldo? Lag seine Verfassung an Schmerzmitteln, Drogen oder gar Doping? Drängte ihn der Sponsor auf den Platz oder hatte es geheime Absprachen gegeben?
Von Ronaldo bis Muhammad Ali: Wie viel Wahrheit steckt in den Legenden?
Autor und Sportjournalist Frieder Pfeiffer geht in "Ronaldo stirbt" dieser und anderen Verschwörungstheorien des Spitzensports auf den Grund. Mit seinen kurzweilig erzählten Geschichten lässt er kaum eine Sportart aus: Von Muhammad Alis mysteriösem Siegtreffer gegen Box-Champion Sonny Liston 1965 bis zur Verschwörung gegen Radprofi Marco Pantani wird alles durchleuchtet.
- 30 Verschwörungstheorien aus Fußball, Boxen, Radsport, Leichtathletik, Basketball und vielen anderen Sportarten
- Geschichten über prominente Sportler wie Ronaldo, Muhammad Ali, Dieter Baumann, Michael Phelps und Michael Jordan
- Verschwörungsskala – wie viel Wahrheit steckt in der Geschichte?
- untermalt mit 30 Farbfotos und berühmten Sportbildern
Welche Theorie liegt im Bereich des Möglichen und welche gehören ins Reich der Mythen? In "Ronaldo stirbt" – Verschwörungstheorien im Sport finden Sie es heraus.
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Buchvorschau
"Ronaldo stirbt" - Frieder Pfeiffer
FINALER KOLLAPS
Wer hat Schuld am Horror-Finaltag des Stürmers Ronaldo bei der WM 1998? Der Sponsor, eine Krankheit, Doping?
Als der brasilianische Stürmer Ronaldo in der letzten Stunde eines langen Tages vom Rasen des Stade de France in Paris schlich, fand vieles ein Ende: das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 1998. Das Warten der Franzosen auf ihren ersten WM-Titel. Die Hoffnungen der Brasilianer auf die Titelverteidigung und Sieg Nummer fünf.
Weil dieser 12. Juli jedoch weit mehr war als der Tag eines WM-Finales, ging in diesen Pariser Stunden eine Geschichte auf Reisen, die bis heute mehr bewegt als es ein Fußballspiel allein vermag.
Der Ursprung der Erzählung liegt in den frühen Nachmittagsstunden, und sie beginnt mit einem vermeintlichen Ende. Das brasilianische Team hatte sich im Hotel Chateau de Grande Romaine in Lesigny vor den Toren der Hauptstadt zu einem Mittagsschlaf auf die Zimmer zurückgezogen, als ein Hilferuf von Roberto Carlos die Stille durchbrach: »Ronaldo stirbt!« Der Verteidiger teilte sich ein Zimmer mit dem hoffnungsvollen Stürmertalent – und plötzlich kollabierte dieser 21-Jährige auf seinem Bett, hatte Schaum vor dem Mund, sein Körper krampfte. Ronaldo hatte bei dieser WM schon vier Tore erzielt, im Finale sollte die junge Karriere ihren ersten großen Höhepunkt finden. Nun war das Finale Nebensache.
Nachbar Edmundo hörte Carlos’ Schrei, kam dazu und sah, wie sich Ronaldo im Anfall selbst schlug. »Es war schockierend«, sollte er später sagen. Cesar Sampaio, ein weiterer Verteidiger, fand als Erster zu sich und stellte sicher, dass Ronaldo die Zunge nicht verschluckte. Relativ schnell entspannte sich nun Ronaldos Körper, er schlief ein. »Wie ein Baby«, erzählte Edmundo. Alle anderen waren hellwach.
Erstmals seit Jahrzehnten lief im Mannschaftsbus keine Samba-Musik als die Brasilianer unruhig und aufgekratzt am Abend ins Stade de France fuhren. Ronaldos Platz blieb leer. Er war auf dem Weg ins Krankenhaus, wo die Untersuchungen jedoch ergebnislos blieben. Trotzdem rieten ihm die Ärzte vom Start im Finale ab. Ronaldo unterschrieb eine Erklärung, auf eigene Verantwortung entlassen zu werden. Und während im Stadion die Sensation die Runde machte, dass Ronaldo nicht spielen könnte, da er im Aufstellungsbogen mit »n. a.«, not available, aufgeführt wurde, war der Angreifer selbst schon in den Katakomben des Stadions angekommen. »Ronaldo war weiß wie ein Stück Papier, trug Shorts, Tennisschuhe ohne Socken und eine kleine Tasche unterm Arm. Er sagte: ›Ich werde spielen‹«, erinnerte sich Brasiliens Pressechef Ricardo Setyon im Fußballmagazin Rund. Als Ronaldo in die Kabine kam, verstummten alle Gespräche. Und Ronaldo zog sich um. »Natürlich habe ich Ronaldo spielen lassen«, erklärte Trainer Mário Zagallo 2001. »Hätte ich Ronaldo draußen gelassen und wir hätten 3:0 verloren, hätten die Leute gesagt: ›Zagallo ist stur, das ist doch der beste Spieler der Welt.‹ Ich hätte zum Nordpol ziehen müssen.«
Kurz vor Spielbeginn zirkulierten plötzlich neue Aufstellungsbögen – diesmal war der Name Ronaldo mit aufgeführt. Doch wo war er? Der Stürmer blieb in den Katakomben, wärmte sich nicht auf. Doch was machte das? Ob warm oder nicht – kein Spieler der Seleção war an diesem Tag bereit für ein WM-Finale. Ronaldo schlich über den Platz, war maximal körperlich anwesend, kein Vergleich zu seiner Galavorstellung im Halbfinale gegen die Niederlande. Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. Frankreich gewann 3:0. Brasilien war ohne Chance.
Das sind die Fakten. Es gibt weitere, auch dank eines Untersuchungsausschusses im brasilianischen Parlament. Doch vor allem gibt es seit diesem Sommertag, an dem erst ein Spieler sein Bewusstsein und dann ein Land den WM-Titel verlor, unzählige Verschwörungstheorien.
Es sind nicht nur die üblichen Legenden der Verlierer, die Rechtfertigungsmythen der Unterlegenen. Emmanuel Petit, der Torschütze des dritten französischen Tores, sollte 2014 in einer Online-Dokumentation des Bayerischen Rundfunks und Arte die Frage stellen, die seit diesem Finale das Getuschel um vermeintliche Verschwörungen im Sport verstärkt: »Haben wir wirklich die WM gewonnen? Oder hat es Absprachen