Der Wutdrache
Von Thomas Ziebula
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Der Wutdrache
von Thomas Ziebula
Der Umfang dieses Buchs entspricht 101 Taschenbuchseiten.
Eine einfühlsame Geschichte über eine Scheidung und den Schmerz des verlassenen Kindes. Thomas Ziebula erzählt sie bildhaft und humorvoll, so dass es trotz des ernsten Themas viel zu lachen gibt.
Zum Vorlesen für Kinder ab sechs und zum Selberlesen für junge Leseratten ab acht Jahren.
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Buchvorschau
Der Wutdrache - Thomas Ziebula
Der Wutdrache
von Thomas Ziebula
Der Umfang dieses Buchs entspricht 101 Taschenbuchseiten.
Eine einfühlsame Geschichte über eine Scheidung und den Schmerz des verlassenen Kindes. Thomas Ziebula erzählt sie bildhaft und humorvoll, so dass es trotz des ernsten Themas viel zu lachen gibt.
Zum Vorlesen für Kinder ab sechs und zum Selberlesen für junge Leseratten ab acht Jahren.
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author
© Cover: Mara Kreimeier
© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
Www.AlfredBekker.de
postmaster@alfredbekker.de
Der Wutdrache
Herr Zwiebel sitzt in der Kneipe. Einen Milchkaffee hat er getrunken. Jetzt will er zahlen. Er öffnet sein Portemonnaie und beugt sich darüber. Drei Euro kostet ein Kaffee. Das weiß Herr Zwiebel schon. Seit zwei Wochen kommt er in diese Kneipe, um Kaffee zu trinken. Seitdem er kein Zuhause mehr hat, wo es Kaffee umsonst gab. Seitdem er nicht mehr bei seiner Frau und bei Jule lebt. In dem Hotelzimmer, in dem er jetzt wohnt, darf er keinen Kaffee kochen.
Gleich wird etwas geschehen. Was? Warten wir's ab.
Drei Euro also. Noch tiefer beugt sich Herr Zwiebel über sein Portemonnaie. Ein Eurostück und ein Zweieurostück, macht drei Euro. Er richtet sich auf und will >Zahlen bitte!< rufen. Es geht aber nicht.
Es geht nicht? Das ist doch ganz einfach, Zwiebelchen, du guckst die Kellnerin an, machst den Mund auf und rufst: >Zahlen bitte!< Warum soll das nicht gehen?
Es geht eben nicht! Herr Zwiebel ist zu erschrocken.
Erschrocken?
Ja, erschrocken.
Zum Fungifurzum,
denkt Herr Zwiebel, "da sitzt ja einer!
So ist das in einer Kneipe, Zwiebelchen, die einen kommen und setzen sich und dann sitzen sie. Die anderen stehen auf und gehen, dann sitzen sie nicht mehr dort, wo sie gesessen haben. Und einige sitzen die ganze Zeit, sitzen einfach da.
Sicher, so ist das in einer Kneipe – aber der hat eben noch nicht an Herrn Zwiebels Tisch gesessen. Bevor Herr Zwiebel sich über sein Portemonnaie gebeugt hat, um drei Euro herauszufischen, hat der noch nicht da gesessen. Niemand hat da an Herrn Zwiebels Tisch gesessen, ehrlich nicht! Jetzt aber, nachdem Herr Zwiebel drei Euro aus seinem Portemonnaie geholt hat, jetzt aber, als er sich wieder aufgerichtet hat, jetzt aber, als er der Kellnerin >Zahlen bitte!< zurufen will, jetzt sitzt da einer. Oder eine oder etwas oder ein Tier. Man weiß nicht genau, was es ist.
Es ist größer als Herr Zwiebel. Es ist nicht direkt ein Krokodil. Obwohl es ziemlich grün aussieht. Ein Gorilla ist es auch nicht. Obwohl es eine ziemlich breite Brust hat. Auch kein Schäferhund, obwohl sehr spitze Zähne aus seinem langen, breiten Maul ragen. Auch kein Ofen, obwohl ihm kleine Rauchwölkchen aus den Nasenlöchern steigen.
Vielleicht ist es ein Känguru, Zwiebelchen? Das hat auch so einen langen Schwanz.
Blödsinn! Hast du schon mal ein grünes Känguru gesehen?
Vielleicht ein Känguru, dem es schlecht geworden ist, weil es Kaffee getrunken hat?
Blödsinn! Hast du schon mal ein Känguru gesehen, dem es schlecht geworden ist, das gelbe Gummistiefel, gelbe Kopfhörer und eine rote Lederhose trägt? Gelbe Kopfhörer, die sehr groß sind und rote Lederhosen, die bis zu den Knien reichen? Nein? Und hast du schon mal ein Känguru gesehen, dem es schlecht geworden ist, weil es Kaffee getrunken hat, und das eine knallrote Lederhose mit einem knallroten Brustlatz trägt, auf dem ein grellgelber Blitz prangt? Nein? Na also!
Es ist kein Känguru. Es ist auch kein Ofen. Es ist kein Schäferhund, und es ist kein Krokodil. Und es ist erst recht kein Mensch.
Ich bin der Wutdrache
, sagt das Ding, das Wesen, das Vieh, oder wie soll man es nennen? Und es sagt das eigentlich nicht, sondern es krächzt das: Ich bin der Wutdrache.
Ach so
, stammelt Herr Zwiebel, der Wutdrache, natürlich.
Verwirrt schaut er sich in der Kneipe um. An dem Tisch vor dem Fenster schwebt eine Zeitung, von zwei Händen gehalten. Jetzt senkt sich die Zeitung, und ein Herr mit Krawatte und Schnurrbart taucht hinter ihr auf. Beim Umblättern lässt er seinen Blick über die Kneipe schweifen. Er schaut auch das Ding an Herrn Zwiebels Tisch an. Er scheint es jedoch nicht besonders aufregend zu finden, denn schnell verschwindet er wieder hinter seiner Zeitung.
Am Nachbartisch sitzen zwei ältere Damen. Sie essen Eis und erzählen sich etwas. Freundlich nicken sie Herrn Zwiebel zu und erzählen weiter.
Ja, zum Fungifurzum, sehen die denn nicht, was an meinem Tisch sitzt?, denkt Herr Zwiebel. Sehen die denn nicht dieses fürchterliche Vieh in den roten Lederhosen? Herr Zwiebel ist ratlos.
Die drei Männer an der Theke reden nicht miteinander. Sie reden mit überhaupt niemandem. Sie trinken Bier. Müde schauen sie in der Kneipe herum. Auch sie scheinen das Vieh an Herrn Zwiebels Tisch nicht zu sehen. Herr Zwiebel ist ganz durcheinander.
Und die beiden dort hinten in der Ecke sehen das Vieh auch nicht. Gar nichts sehen die. Die küssen sich nur. Mit geschlossenen Augen.
Und die Kellnerin? Herr Zwiebel will wieder >Zahlen bitte!< rufen, doch nur ein heiseres Gurgeln kommt aus seinem Hals. Immerhin schafft er es, ihr ein Handzeichen zu geben. Doch auch ihr Gesicht bleibt unbewegt, als sie ihm zunickt. Sieht denn auch sie nicht das gefährliche Vieh an seinem Tisch? Das Vieh mit den gelben Kopfhörern und dem grellen Blitz auf dem Brustlatz?
Gut, denkt Herr Zwiebel, ich allein sehe es also. Bilder, die man sieht, muss man aufschreiben, dann verschwinden sie aus dem Kopf. Das weiß Herr Zwiebel. Er holt ein Notizheft aus seinem Rucksack und beginnt zu schreiben. Dabei gibt er sich große Mühe, nicht mehr auf das Ding zu gucken, das gesagt hat: Ich bin der Wutdrache.
Herr Zwiebel schreibt auf, was er sieht: Ich sehe etwas, was du nicht siehst, schreibt er, das ist größer und viel dicker als ich. Es hat einen langen, fetten Schwanz, der zum Ende hin immer dünner und schließlich ganz spitz wird. Auf der oberen Seite des Schwanzes stehen zwei Reihen breiter Stacheln ab, die zur Schwanzspitze hin kleiner und kleiner werden. Und der Schwanz ist grün. Und das Gesicht von dem Etwas, das ich sehe, ist auch grün. Es hat ein langes, breites Maul. Spitze Zähne ragen über das, was man Lippen nennen könnte, wenn es nicht so schwärzlich und hart aussehen würde. Zähne wie bei einem Schäferhund. Vorne auf dem langen, breiten Maul sitzen zwei Beulen. In jeder Beule ist ein Loch und aus beiden Löchern quillt manchmal ein bisschen Rauch. Und hinten, wo das lange, breite Maul anfängt, ein Stück weiter oben in dem Gesicht von dem Etwas, sehe ich zwei Augen. Die Augen passen nicht zu dem Etwas. Sie sind groß und braun. Sie gucken unschuldig und fast lieb. So wie die Augen eines Kindes gucken. Das Etwas hat auch Arme. Lang, kräftig und faltig sehen die aus. Und an den Armen sehe ich Hände. Oder eigentlich keine Hände, sondern Pranken mit Krallen an dem, was man Finger nennen könnte. Das Etwas hat auch Beine. Beine mit besonders fetten Schenkeln. Und die Enden