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Bestseller: Roman
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eBook148 Seiten2 Stunden

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Über dieses E-Book

Die Ich-Erzählerin träumt davon, einen Bestseller zu schreiben, muss fürs Erste aber noch einem Job im Kulturbetrieb nachgehen. Während ihr Freund als angehender Lehrer gerade in seinem Idealismus von der harten Realität ausgebremst wird. Zusammen warten sie darauf, dass das richtige Leben beginnt - und ahnen doch, dass sie sich anpassen und fortpflanzen werden, wie alle anderen auch.
Bis Gabriel vom Himmel fällt, sprich ein reizender kleiner Hund eines Morgens in ihrem Garten sitzt. Mit seiner schier ansteckenden Lebensfreude stellt er nicht nur ihr mittelmäßiges Leben infrage, sondern scheint fortan auch ihr Schicksal zu beeinflussen. Jedenfalls überstürzen sich die Ereignisse, und was mit großen treuen Hundeaugen begann, läuft auf eine erste veritable Lebenskrise hinaus, die dem jungen Paar nicht nur ganz neue Perspektiven beschert - sondern auch ihr eigenes Leben zum Bestseller macht.

Isabelle Flükiger erweist sich in ihrem ironisch-verzweifelten Roman als Seismografin unserer Zeit. In ihrer hinreißend komischen Sprache beschreibt sie die Lebenswelt der Dreißigjährigen, die sich nichts erkämpfen mussten. Dort herrscht Panik vor dem langweiligen Dasein in einem Land, in dem nichts passiert. Aber wenn die seichte Ruhe erst einmal gestört ist, tritt ihr ungeheures Potenzial zutage.
SpracheDeutsch
HerausgeberRotpunktverlag
Erscheinungsdatum12. Feb. 2013
ISBN9783858695512
Bestseller: Roman

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    Buchvorschau

    Bestseller - Isabelle Flükiger

    16

    1.

    Ich war dabei, meinen Bestseller zu schreiben, als Simona kam und mich unterbrach. Es ging darum, irgendwo essen zu gehen. Ich sagte Nein. Es ist einfach, irgendwo essen zu gehen. Man geht irgendwo essen, und man redet und redet und redet, nur am Ende schreibt man nicht.

    Ein paar Stunden später war ich dabei, im Regen eine zu rauchen. Um mich herum rauchten die Raucher, und die Nichtraucher nicht. Wir hatten alle ein Glas in der Hand. Ich dachte nicht an meinen Bestseller, denn ich war damit beschäftigt zu reden reden und reden. Simona war schon nach Hause gegangen, und die ganze Zeit sagte ich mir, dass es Zeit wäre. Aber ich blieb, wie festgewachsen, das Glas in meiner Hand. Woanders schlief mein geliebter Liebling seinen kostbaren Schlaf, Spiralen aus Rauch stiegen in grauen Schwaden hinauf in den Himmel. Der Himmel war weder schwarz noch grau, noch sternenklar; der Himmel war nichts. Und zwischen ihm und uns gab es nur diese grauen Schwaden und Worte Worte Worte.

    Es war an eben diesem Abend, im Regen, als die Raucher rauchten und die Nichtraucher nicht, dass alles angefangen hat. Ein Typ rempelt mich an. Er ist besoffen. Er ruft: »Gabriel!« Er rennt, und schon ist er weg. Ich rede weiter mit den Rauchern und den anderen, wir werden ein bisschen betrunken. Irgendwann stelle ich schließlich mein Glas auf einen Tisch und gehe, im dünnen Regen.

    Ich bin schon fast zu Hause, als ich ihn an einem Laternenpfahl hocken sehe. Er ist ganz durchnässt, gelbe Perlen laufen die Strähnen seines Ponys herunter. Er sieht mich an. Auch die Stille ist ganz durchnässt, so weich und plätschernd, und die Laterne lässt das Gelb aus seinem Haar fallen … Das alles ist so friedlich, dass ich stehen bleibe.

    Ich sage: »Geht es Ihnen gut?« Es schadet ja nie, sich nach dem Wohlbefinden anderer zu erkundigen, nicht wahr. Er sagt: »Ich kann Gabriel nicht finden. Ich weiß nicht, er ist verschwunden …« Er deutet vage in die Dunkelheit jenseits der Gasse und der Laterne. Ich sage: »Er wird schon wiederkommen.« Der Typ zuckt mit den Schultern. Ich sage: »Ist Ihnen nicht kalt?«

    »Ein bisschen. Aber ich warte lieber. Man weiß ja nie, vielleicht kommt er doch wieder …«

    »Haben Sie sich gestritten?«, frage ich aus Höflichkeit, aber ich fange schon an mir einen abzufrieren und gehe langsam weiter.

    »Ach nein, nein …« Er seufzt, ganz glänzend vom Regen, wie eingeölt. »Es ist nur so, dass meine Freundin mich rausgeschmissen hat, und da bin ich mit Gabriel etwas trinken gegangen. Und als ich ihm gesagt habe, dass wir bestimmt draußen schlafen müssen, ist er abgehauen.«

    Über der Laterne wird der Regen wieder stärker. Ich sage mir: »Noch so ein armes Schwein.« Genau das denke ich. »Gehen Sie doch fürs Erste ein, zwei Nächte in ein Hotel«, schlage ich vor. Der Typ antwortet nicht. Er sucht mit den Augen die Dunkelheit ab. Jetzt schüttet es richtig, der Regen trommelt auf Blätter und Rinnen. Ich bedränge ihn nicht weiter, sage schon im Gehen: »Viel Glück jedenfalls …« Er sieht mich immer noch nicht an, die Augen in die Dunkelheit gerichtet und alles in das Prasseln des Regens, das Glucksen der Erde, das Knacken der Äste getaucht.

    Egal, ich wohne gleich hier oben, und anderthalb Minuten später bin ich zu Hause.

    Ich ziehe meine nassen Schuhe aus. Ich gehe ins Bad. Ich nehme ein Handtuch und trockne meine Haare ab. Schließlich gehe ich mit dem Handtuch um den Kopf ins Schlafzimmer, wo sich der Schlaf des Teuersten fortsetzt. Ich stelle mich ans Fenster und sehe raus. Da unten, an den Laternenpfahl gelehnt, wartet der Typ immer noch. »Er muss seinen Gabriel lieben«, denke ich. Ich ziehe mich aus, schlüpfe in ein T-Shirt, gehe zurück ins Bad, wo ich das Handtuch wieder an seinen Platz hänge. Ich putze mir die Zähne und denke an nichts, ich spüle mir den Mund aus, ich gehe zurück ins Schlafzimmer … Und stelle mich wieder ans Fenster.

    Tatsächlich, er wartet immer noch. Es regnet den dichten Regen eines Sommeranfangs, der schön klingt, aber kühl ist. Er steht da im Regen, in der Kälte. Von Weitem sieht man nicht, dass die Laterne ihm gelbe Perlen ins Haar macht. Von Weitem sieht man nur dieses verfrorene Warten im Regen. Ich würde ihm gern sagen, dass sein Gabriel ein Riesenarsch ist und dass er besser schlafen gehen sollte. Aber das würde den Teuersten wecken. Also setze ich mich auf einen Stuhl und sehe ihm eine ganze Weile dabei zu, wie er im Regen auf seinen Gabriel wartet.

    »Vielleicht sind sie schwul, und die Freundin hat es rausgekriegt? Sie hat sie rausgeschmissen, aber Gabriel, der nur wegen der Wohnung mit ihm geschlafen hatte, hat sich aus dem Staub gemacht, als er gesehen hat, dass es da nichts mehr für ihn zu holen gibt … Es gibt wirklich Scheißkerle.«

    Viel später, als ich von dem schönen Prasseln und dem unbeweglichen Körper da unten genug habe, gehe ich ins Bett. Er wird sich sicher nicht mehr vom Fleck rühren.

    Am Morgen: Bernsteinfarbene Sonne dringt durch die Vorhänge. Ich springe aus dem Bett und gehe zum Fenster. Er ist nicht mehr da. Der teuerste Liebling ist auch aufgestanden (das heißt, sobald die Sonne aufgegangen, ist mein Liebling aufgestanden). Ich gehe in die Küche. Ich sage: »Hi.«

    »Hi.« Er sitzt am Küchentisch, einen Stapel A4-Blätter vor sich.

    Ich frage: »Gehts voran?«

    »Es geht …« Er sieht mich an. »Du bist so hübsch!«, ruft er und lächelt. »Und deine kleinen rosa Füßchen, wie gehts denen?« Ich zeige ihm die fraglichen Objekte, wir machen ein paar Kommentare, wir reden über etwas anderes. Es geht ja nur darum zu sagen, dass wir uns lieben. Er kehrt zu seinen Korrekturen zurück, ich zu meinem Wochenende.

    Er ist Französisch- und Lateinlehrer, ich bin Sekretärin in einer staatlichen Kultureinrichtung. Na ja, was soll man machen. Wir haben Geisteswissenschaften studiert wie alle Welt, jetzt arbeiten wir wie alle Welt. Wir lieben uns, wie junge Paare in dem Alter das tun; später werden wir Kinder haben. Der Weg ist abgesteckt.

    Und aus diesem Grund kehre ich, während er seine Korrekturen erledigt, zu meinem Bestseller zurück. Ja, weil alles weniger abgesteckt wäre, wenn der Ruhm sich einstellen würde. Wir würden die Maschine weniger fetten, aber sie würde uns fett machen – sehen Sie die Umkehrung? Und man muss doch schließlich daran glauben, oder nicht? Denn Sekretärin sein nimmt nicht meinen ganzen Kopf in Anspruch, und da ich es im Leben wahrscheinlich nicht sehr viel weiter bringen werde und da ich mit ihm, was auch geschieht, immer zu diesen kleinen Lichtern gehören werde, die das tun, was man von ihnen erwartet … Erst mal hoffe ich, und die Hoffnung macht groß.

    Deswegen schreibe ich jeden Tag ein paar Zeilen, ein paar Absätze an meiner großen Idee: an dem Roman, den alle gern lesen werden, Sie werden sehen. Spitzenverkäufe im Zukunftsjahr X, an der Spitze der Weltliteratur … Ich arbeite leidenschaftlich daran, uns zu entkleinfischisieren. Das ist die große Sache, das nährt Träumereien und heizt den Alltag auf. Das befreit, das hebt empor, trägt im Vogelflug über den tödlichen Determinismus und die unendlich verschiedenen Formen der Machtlosigkeit hinweg, die wir von der Wiege an mitschleppen.

    Nach dem Duschen setze ich mich also an meinen Schreibtisch und widme mich wieder der Idee.

    Während ich im Inneren meines dichten, tiefen Geistes nach dem vollkommenen Satz suche, sehe ich durch das Fenster dem Nichts dabei zu, wie es sich entfaltet. Ich denke.

    Da taucht plötzlich ein wedelndes schwarz-weißes Etwas in meinem Sichtfeld auf. Ich stehe auf. Das wedelnde Etwas ist verschwunden. Ich öffne das Fenster, Neugier vernebelt meinen eben noch dichten, tiefen Geist. Ich lehne mich übers Fensterbrett. Da, unter mir, sieht mich (während sein Schwanz mit überschäumender Energie auf den Rasen schlägt) ein kleiner weißer, ganz aufgeregter Hund an, die Ohren als Verlängerung seines Kopfes nach oben aufgestellt und um das rechte Auge ein Fleck so schwarz wie seine Schnauze. Er sieht zum Anbeißen aus und es scheint, als würde er sich freuen, mich zu sehen. Ich sage: »Na, hallo!«

    Der Hund sieht mich an, mit heraushängender Zunge, der Schwanz schlägt jetzt mit doppeltem Eifer von links nach rechts, und er legt fragend den Kopf schief. Ich wiederhole: »Naa hallooo!«

    Er, in der Küche, sagt: »Was?« Ich sage: »Da ist ein Hund im Garten!« Keine Reaktion. Der Hund und ich sehen uns weiter an; sein Kopf ganz schief gelegt, als würde er abwarten, wie es weitergeht. Ich sage noch: »Hallo, Hund!« Er legt den Kopf mit einem Anflug von Ratlosigkeit in seinem Ohrenspiel zur anderen Seite. Er dreht den Kopf und sieht hinter sich. Ich habe Angst, dass er verschwindet, wenn ich ihn zu lange warten lasse, sage: »Warte, Hund! Ich komme!« und renne aus dem Zimmer. Im Flur schlüpfe ich in ein Paar Schuhe, während er sagt: »Was machst du, mein Schatz?«

    »Ich geh dem Hund Hallo sagen!«

    Und was das für ein Hündchen ist! Oh, wie verschmust, wie lieb es ist! Es wedelt mit dem Schwanz an meinen Knien, und es sabbert und leckt mir die Wangen und ist ganz glücklich, mich zu sehen! Es hüpft um mich herum, die Ohren aufgestellt vor Aufregung, der Schwanz weiß gar nicht mehr, was machen vor lauter Freude, und schlägt, so sehr er nur kann. Seine Beine sind nach unten hin braun, so als würde er Pantoffeln tragen, sein Schwanz ist auch braun, und es ist doch kein schwarzer, sondern ein brauner Fleck, der sein Auge umkreist und ihm sein freches Aussehen gibt. Er ist ein kleiner, sauberer, wohlriechender Hund, und nachdem wir uns einmal auf alle erdenklichen Weisen begrüßt haben und nicht mehr wissen, wie man das noch tun könnte, gewinnt mein dichter, tiefer Geist wieder die Oberhand. Jetzt frage ich mich: Wem das kleine Hündchen hier wohl gehört? Der Teuerste ruft mir vom Fenster aus zu: »Wem gehört der denn?« Ich hebe den Kopf und sehe, wie er lächelnd den Hund und mich beobachtet. Ich antworte: »Willst du nicht runterkommen?«

    »Ich will erst den Stapel fertig machen; das lenkt mich nur ab, wenn ich runterkomme

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