Das Salz in der Suppe: Vom großen Wert der kleinen Dinge
Von Sepp Forcher
()
Über dieses E-Book
Sepp Forcher
Sepp Forcher war Hüttenwirt, Lastenträger, Hilfsarbeiter, liebender Ehemann, und als Radio- und Fernsehikone der Repräsentant kitsch- und klischeefreier Volkskultur in Österreich. Als Moderator der Fernsehsendung Klingendes Österreich brachte er in 200 Sendungen von 1986 bis 2020 die musikalische Tradition und landschaftliche Schönheit österreichischer und grenznaher Gegenden in die Wohnzimmer und die Herzen der Menschen. Am 19. Dezember 2021, wenige Wochen nach dem Tod seiner Lebensliebe Helli, starb er im Alter von 91 Jahren.
Mehr von Sepp Forcher lesen
Verschwundene Bräuche: Das Buch der untergegangenen Rituale Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEinfach glücklich: Was im Leben wirklich zählt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Glück liegt so nah: Warum wir auf Österreich stolz sein können Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Berge meines Lebens: Biografische Notizen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Glück liegt im Kleinen: Lebensweisheiten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Das Salz in der Suppe
Ähnliche E-Books
Ruth: Als Krankenschwester im brennenden Dresden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAchte auf deine Haltung, Junge!: Mein Leben mit und ohne Polio Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDu gibst das Leben: Das sich wirklich lohnt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGlück gehabt!: Lebenserinnerungen eines Hundertjährigen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine Jugend in Schlesien Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHedi Klingers Familienküche: Klassiker aus Österreich Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnglaubliches überstanden: Ein Soldatenschicksal im Zweiten Weltkrieg Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen70 Jahre Lebensfreude: Eine Schilderung eines fast normalen Lebens Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEndstation: Delitzsch: Heimat, Traditionen - Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas hässliche Gesicht einer Ehe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEs werde Licht auf Erden: Autobiografie und Tagebuchaufzeichnungen einer erleuchteten Mystikerin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSonnenblende – Sonnenwende: Die Geschichte von jemand, der auszog, auf Teneriffa sein Glück zu suchen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWüstensand und Badestrand: Kindheitserinnerungen aus Afrika Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVom barfuß laufen...zum Häuser kaufen: Ein Hamburger Jung erzählt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHalleluja, mein «Hase» hockt wieder im Rollstuhl!: Eine unglaubliche Lebensgeschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜberleben, irgendwie: Autobiografie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAlltagsgeschichten aus Rheinhessen: Das Leben schreibt die besten Geschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Fest ist ein Essen - das Essen ein Fest.: Autobiografische Notizen über Essen und Trinken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch, Martin Luther: erzähle Euch aus meinem Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAufbruch: Erinnerungen an eine bewegte Jugend Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSag drum nie: Das kann ich nicht!: Mein Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie eigene Geschichte: Wir bauen auf und reissen nieder, dann haben wir unsere Arbeit wieder Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEiner vom Jahrgang 1916 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Ende des tausendjährigen Reiches: 1945 - Das Jahr meiner vier Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDe Lütt Wulf: Autobiografie eines Kleinwüchsigen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSpannt die Pferde vor den Wagen!: Kindheit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStell Dich hinten an Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch will leben: Die zwei letzten Kriegsjahre und die Zeit danach Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDen Tieren ganz nahe: Eine Tierärztin und Reiterin erzählt... Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Biografien – Geschichte für Sie
Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Hitlers Mann im Vatikan: Bischof Alois Hudal. Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Kirche Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRudolf Augstein über Bismarck: Mit einer Einführung von Hauke Janssen. Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZwölf Jahre als Sklave - 12 Years a Slave Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Bonhoeffer: Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die berühmtesten Frauen der Weltgeschichte: Von der Antike bis zum 17. Jahrhundert Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeutsche Geschichte: Von 1806 bis heute Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMarie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters: Die ebenso dramatische wie tragische Biographie von Marie Antoinette Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMit der 60. Infanteriedivision von Danzig nach Stalingrad: Arthur Krüger: Kindheit und Soldatenzeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTassilo III.: Höchster Fürst und niedrigster Mönch Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Berliner Kindheit um Neunzehnhundert: Die 41 Miniaturen zeichnen sich als Schlüsseltexte der Moderne aus Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Schlachthof 5: oder Der Kinderkreuzzug Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchirach: Eine Generation zwischen Goethe und Hitler Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenErzherzogin Sophie: Die starke Frau am Wiener Hof. Franz Josephs Mutter, Sisis Schwiegermutter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Krieger des alten Japan: Berühmte Samurai, Ronin und Ninja Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5SPIEGEL-Gespräche mit Helmut Schmidt: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBerühmte Frauen der Weltgeschichte: Zehn beeindruckende Biografien. nexx classics – WELTLITERATUR NEU INSPIRIERT Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMax Reger: Der konservative Modernist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnne Lister: Eine erotische Biographie Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Rothschild: Glanz und Untergang des Wiener Welthauses Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Vorgang Benario: Die Gestapo-Akte 1936-1942 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUniverselle Erfinder (Geschichte und Biographie der Erfinder) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKönig Artus: Mythos und Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Henker: Leben und Taten des SS-Hauptsturmführers Amon Leopold Göth Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Der König, der sich weigerte zu sterben: Anunnaki, Gilgamesch und die Suche nach Unsterblichkeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer arme Trillionär: Aufstieg und Untergang des Inflationskönigs Sigmund Bosel Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen1000 Tage im KZ: Ein Erlebnisbericht aus den Konzentrationslagern Dachau, Mauthausen und Gusen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Leo von Klenze: Der königliche Architekt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMargarete Schneider: Die Frau des Predigers von Buchenwald Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Das Salz in der Suppe
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Das Salz in der Suppe - Sepp Forcher
Helli …
Wir wohnten im 13. Bezirk in Wien im Souterrain einer Villa, die dem Kinderarzt Dr. Fleischer gehörte. Meine Eltern teilten sich die Hausmeisterarbeit; die Mutter verdiente sich als Putzfrau, Wäscherin und durch Heimarbeit so viel dazu, dass sie zum Sonntagsessen – es gab meistens Grießnockerlsuppe und Wiener Schnitzel mit Reis und Erdäpfelsalat – immer die Nichten und Neffen einladen konnte. Wenn Herr Dr. Fleischer in seiner Ordination schwer zu behandelnde Kinder zu versorgen hatte, holte er gern meine Mutter, die im Umgang mit Kleinkindern eine einzigartige Begabung besaß, die mir genauso zugutekam wie in späteren Jahren unseren Söhnen. Mein Vater arbeitete als Karosserieschlosser. In jungen Jahren war er überzeugter Sozialist, wechselte aber in der Systemzeit wie die meisten seiner Kollegen die Partei, jedoch nicht seine Grundüberzeugung, und schloss sich der braunhemdigen SA an.
1938, nach Hitlers Heldenplatzrede, begann das Schrecknis der Judenverfolgung. Dr. Fleischer musste mit der Familie seine Villa verlassen und in den zweiten Wiener Gemeindebezirk übersiedeln. Das Angebot der Nazi-Partei, die Doktorwohnung zu beziehen, schlugen meine Eltern entrüstet aus, und so blieb bis in die 1960er Jahre das Souterrain jene Stätte, zu der nach dem Kriege die Verwandten Sonntag für Sonntag zum Schnitzelessen kamen.
Dem Ehepaar Fleischer gelang es, ihre beiden Kinder nach London in Sicherheit zu bringen, und bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz kümmerte sich meine Mutter einmal in der Woche um sie, indem sie die Wäsche wusch und bügelte und wohl auch etwas zur Aufbesserung der immer schmäler und schmäler werdenden Verpflegung beitrug. Als dann wenige Jahre nach dem Krieg der Sohn Georg aus London zu uns kam und sich für die Unterstützung seiner in Auschwitz ermordeten Eltern bedankte, flossen die Tränen. Im Buch meines Lebens stand damals nichts davon, dass ich einst am Herd stehen und mit Hingabe für viele Menschen kochen würde. Mein Vater war noch in Kriegsgefangenschaft, unsere Wohnung geplündert, und meiner Mutter schien es das Vernünftigste zu sein, mich in eine Schneiderlehre zu schicken.
Nach der Gesellenprüfung habe ich mich bald von dem ungeliebten Beruf verabschiedet, und nachdem ich – mittlerweile als begeisterte Bergsteigerin – dem Sepp über den Weg gelaufen bin, zeichnete sich meine Zukunft als Hüttenwirtin immer klarer und schärfer am Horizont ab. Nach einer sehr intensiven Lehrzeit in der Küche des Hotels Hofwirt in Salzburg beschlossen Sepp und ich, unseren gemeinsamen Weg in die Zukunft als Hüttenwirte zu gehen, und nach der ersten gelungenen Saison heirateten wir. In den ersten Monaten unseres gemeinsamen Hüttenwirtslebens aß der Sepp alles, was ich auf den Tisch brachte, mit großer Begeisterung und eben solchem Appetit, obwohl er fast nie ein Lob für meine neu erlernte Kochkunst aussprach. Loben, so scheint mir heute, ist ihm wie Lügen vorgekommen, und weil er von seinen Eltern in diesem Sinne auch nie angelogen worden war, musste ich mich mit dieser Mangelerscheinung abfinden. Was ich auch tat.
Vollkommen anders verhielt es sich jedoch bei ihm mit dem Tadel. In seiner Familie offenbar eine vielgeübte Praxis, in meiner mit ganz seltenen Ausnahmen unbekannt. Ein Beispiel: Eine seiner Leibspeisen waren und sind bis heute Tirolerknödel. Kein Problem für eine frisch ausgebildete Köchin wie mich. Als ich sie ihm das erste Mal kochte, schien er zufrieden zu sein, denn er machte mir nur einige Verbesserungsvorschläge, die mir durchaus einleuchteten.
Bis zu jenem Tag, an dem er meine Schwiegermutter als Knödelköchin ins Spiel brachte und ich wie so viele junge Ehefrauen zu hören bekam, „das hast du sehr gut gemacht, aber die Tirolerknödel meiner Mutter sind das nicht!" Ich bin damals wortlos aufgestanden, habe seinen Teller mit den Knödeln und dem Kraut genommen und vor seinen Augen in den Mistkübel geleert. Da hat er wohl zum ersten Mal begriffen, dass er einen ebenbürtigen Partner für den gemeinsamen Lebensweg gefunden hatte.
Mutter, 1935
Helli, 2017
… und Sepp
Meine Jugendzeit war dreigeteilt: bei der Großmutter in Bruneck im Pustertal, den Eltern in Sexten und dem Schülerheim in Salzburg. Dem entsprachen auch meine Essenserfahrungen, die sich zwischen einfacher Bauernkost, etwas feinerem Wirthausessen, wie meine Mutter es kochte, und der Einheitsspeisung im Heim bewegten, deren sonntäglicher Höhepunkt der Eintopf war. Von dem hieß es, dass auch der Führer Adolf Hitler ihn, vorbildhaft für das deutsche Volk, zu verzehren pflege. Dazu gesellte sich die karge Nachkriegszeit, in der sich kulinarische Höhepunkte von selbst verbaten.
In der Faschistenzeit in Südtirol aufgewachsen, in der Volksschule von Lehrern unterrichtet, die kein Wort Deutsch sprachen, von den Eltern darin unterstützt, das Italienische nicht lernen zu müssen, um schließlich in der Volksschule in Salzburg wegen zu geringen Wissens zu einem Drittklassler degradiert zu werden und alles nur, weil meine Eltern, vermögenslos, wie sie waren, für Deutschland optiert hatten. Für ein Deutschland, in dem Österreich zur Ostmark geworden war.
Das Wort Emigration war damals genauso unbekannt wie Migration. Wir kehrten einfach „heim ins Reich". Wir wurden in Salzburg gut aufgenommen und meine Eltern fingen an, sich als Hüttenwirte im Tennengebirge eine neue Existenz aufzubauen. Wegen der Schulpflicht wurde ich in das städtische Schülerheim nach Salzburg Mülln abgeschoben. Dort stand ich zum ersten Mal in meinem Leben mit den anderen Buben täglich nackt unter der Brause, benützte erstmals eine Zahnbürste, schlief im Pyjama, lernte Bettenbau, Frühsport und vormilitärische Disziplin.
An den Sonntagen gab es zum Frühstück immer Kakao und Milchbrot. Mit dem Eintopf konnte ich mich nie anfreunden, die Knödel waren groß und schwer genießbar, aber auf die Buchteln am Freitag freuten wir uns immer. Am 17. November 1944 wurde unser Heim bei einem Bombardement auf Salzburg zerstört, was uns nicht daran