Ja Mutter, es geht mir gut: Ein Ägypter versucht in Europa glücklich zu werden!
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Über dieses E-Book
Ja Mutter, es geht mir gut!
Dadurch werden weitere Neuankömmlinge angelockt.
Dieses Buch will auf unterhaltsame Weise aufdecken und informieren
Dorothea El-Erjan
Die Autorin kennt aus jahrzehntelanger Erfahrung das Leben arabischer Einwanderer. Sie ist mit einem Ägypter verheiratet und ausgebildete Buchhändlerin. Frau El-Erjan hatte einige Zeit eine eigene Buchhandlung. Nun ist sie seit einigen Jahren schriftstellerisch tätig.
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Buchvorschau
Ja Mutter, es geht mir gut - Dorothea El-Erjan
JA MUTTER, ES GEHT MIR GUT
Titelseite
Impressum
Dorothea El-Erjan
JA MUTTER, ES GEHT MIR GUT
Ein Ägypter versucht in Europa glücklich zu werden!
Mauer Verlag
Wilfried Kriese
72108 Rottenburg a/N
Edition Mauer Verlag 2017
Erstveröffentlichung 2010
Alle Rechte vorbehalten
www.mauerverlag.de
Eine Türe in meiner Nähe wurde rasselnd und schlüsselklirrend geöffnet. Ich fuhr zusammen, wo war ich? Schläge prasselten auf meinen Kopf und die Schultern! Ich richtete mich verschlafen auf und blickte ratlos um mich.
Man schrie mich an. Zwei verschiedene Personen schrien in einer Sprache, die ich nicht verstand. War das aus meinem Abenteuer geworden? Ich hatte den Traum von Freiheit und Wohlstand verwirklichen wollen! Was war aus meinen Hoffnungen geworden? Wenn ich damals diese Sprache verstanden hätte, wäre folgendes zu vernehmen gewesen:
Das Gespräch wurde in einem örtlichen Dialekt geführt, den ich nach einigen Jahren in diesem fremden Land noch immer nicht verstand. Ich wurde angeschrien, dass mir die Ohren laut dröhnten
„Hallo, aufstehen! Herr „Weiß-nicht-wer-ich-bin. Jetzt werden wir gemeinsam überlegen, WER du bist!
Nun war ich von drei Uniformierten umgeben. Ich blickte verzweifelt von Einem zum Anderen, auf der Suche nach ein wenig Güte und Verständnis im Blick. Das war vergebens. Also richtete ich mich langsam auf und atmete tief durch. Jetzt stand ich aufrecht, um zumindest ebenso groß, oder auch größer zu sein, als die Personen, die mich anschrien. Ich war ein besonders stattlicher, großgewachsener Bursche. Die Arbeit auf dem Bauernhof meines Vaters in Ägypten hatten meine Muskeln bestens ausgebildet. Als Student der Elektrotechnik war ich auch ausgesprochen intelligent, sagte man zumindest damals, zu Hause.
Das waren Polizisten! Sie schrien mich an und ich lächelte wehrlos. Das war mein Versuch, die Kommunikation mit ihnen aufzunehmen.
„Ich, Said", murmelte ich und deutete auf meine Brust.
Der größte der Uniformierten warf sich in Positur, er reckte die Brust heraus und wiegte sich in den Hüften. „Wir Polizei, du Tschusch!" Er nickte und grinste.
„Salam!", sagte ich lauter und selbstbewusster. Ich erhielt einen Schlag und fiel zurück auf die Pritsche, auf der ich anscheinend die Nacht verbracht hatte.
„Du Tschusch!", wiederholte der zweite der Männer.
Ich zuckte mit der Achsel. Das Wort war in dem Sprachführer, den ich mir in Ägypten besorgt hatte, nicht gestanden.
Seit Jahren wollte ich Ägypten verlassen und in ein unsagbar reiches Land in der Mitte Europas gehen. In das Herz Europas, stand in den Zeitungen! Dieses Land wurde als das Herz Europas beschrieben. Im Herzen musste es ja besonders reich sein, oder? Mein Onkel hatte mir die Illustrierte gezeigt. Ein farbenprächtiges Foto. Städte und Gebirge waren abgebildet. Darunter stand: Das Land im Herzen Europas!
„Said!, sagte der Onkel aufgeregt zu mir, „Said, du musst in dieses Land reisen! In deinem Heimatland gibt es keine Arbeit für dich. Der Bauernhof deines Vaters kann nicht zwei Söhne erhalten, oder zwei Familien ernähren. Du hast die Universität besucht und liebst die Arbeit auf dem Bauernhof nicht. Also wirst du nach Europa gehen!
Ich war nicht erstaunt über diesen Vorschlag. Viele Familien statteten einen jungen Mann trotz großer Entbehrungen mit einem Flugticket aus damit er auf einem anderen Kontinent ein neues Leben beginnen kann. Meine Familie hatte mich auserkoren! Ich war glücklich und gerührt. „Danke!, stammelte ich, „Dort werde ich eine gute Arbeit finden und euch Geld schicken. Versprochen!
Nun war ich hier! Ich befand mich in Europa, im Herzen des Kontinents, aber das Herz war steinhart!
Man schrie mich weiterhin an. Dann machten die Uniformierten Anstalten, den Raum zu verlassen. Der letzte riss mich so nebenbei hoch und stieß mir das rechte Knie in meinen Oberschenkel. Das war seine Form der Einladung, ihm zu folgen.
Ich war froh, dass wir den Raum verließen. Jetzt hatten die Schläge aufgehört. Wahrscheinlich ist es überall auf der Welt üblich, dass Uniformierte harmlose Zivilisten schlugen, die nicht wussten, wie ihnen geschah. Aber eigentlich war ich deshalb aus meiner Heimat fortgegangen.
Wann war das gewesen?
War das wirklich erst wenige Tage her?
Waren wirklich erst wenige Tage vergangen seither?
Wir gingen durch lange Korridore. Ich vernahm Gespräche, das Klingeln eines Telefons und das Tippen einer Schreibmaschine. Dann betraten wir ein Büro und traten zu einem Schreibtisch, der an einem Fenster stand. Dahinter saß ein älterer Polizist, der im Gegensatz zu den anderen eine Mütze mit breiter Krempe auf dem Kopf trug. Er blickte meine Begleiter streng an. Anscheinend war das der Vorgesetzte.
Ich war aus einer Militärdiktatur geflohen, war das eine andere? Das Herz Europas machte auf mich den Eindruck einer Militärdiktatur! Dazu war ich geflohen?
Man bot mir an, auf dem Sessel Platz zu nehmen. Das war auf der Polizei meines Heimatlandes nicht üblich gewesen. „Wie heißt du?", lautete die erste Frage.
Ich verstand nichts und antwortete daher nicht. Die Fragen waren in meinem Sprachführer anders formuliert gewesen. So fragte man einen Hotelgast des Hiltons, auf der Polizei sprach man anders. Nun wurde die Frage gebrüllt. Man schlug mich.
Ja, es war besser als zu Hause! Hier wurde man im Sitzen geschlagen. Zuhause musste man stehen. Die Schläge waren so heftig, dass man zu Boden stürzte.
Aber hatte ich meine Familie, die Heimat und alle Freunde verlassen, um hier im Sitzen und nicht im Stehen geschlagen zu werden? Dieser kleine Unterschied rechtfertigte in meinen Augen nicht den großen Aufwand, den ich geleistet hatte. Ich hob schützend die Arme über den Kopf. Man riss sie weg, schrei mich nochmals an und schlug mich, da es keine Antwort meinerseits gab. Endlich stammelte ich: „Dolmetsch?"
Alle rissen verwundert die Augen auf, schnitten Grimassen und begannen brüllend zu lachen.
„Tschusch will Dolmetsch! Welche Sprache Dolmetsch?, schrie der Polizist hinter dem Schreibtisch, sprang auf und brüllte in meine Ohren: „ Welche?
Jetzt waren wir schon etwas mehr einer Klärung nähergekommen. Ich sagte in fragendem Ton: „Arabeje?"
„Ach was. Heute hat nur einer Dienst. Der spricht Englisch. Soll er versuchen, mit Herrn „Ich-weiß-nicht-wer-ich-bin zu reden.
Der Vorgesetzte gab den anderen Polizisten ein Zeichen und ich wurde wieder in die Zelle gebracht. Ich untersuchte mein Gesicht. Zum Glück blutete ich nur wenig, die Nase war nicht gebrochen. Ich war wieder alleine.
Ja, ich war ganz alleine in diesem Land.
Mohamed und Reza waren tot. Sie haben die Flucht nicht überlebt. Sie sind nicht lebend im Herzen Europas angekommen, wie ich. Reza war Perser, er arbeitete in Ägypten. Als man keine Techniker in Kairo benötigte, kam er zu uns in das Dorf. Mohamed war ein entfernter Verwandter, auch aus unserem Dorf. Derselbe Onkel gab ihm den Rat, nach Europa zu gehen.
Mohamed und Reza hatten den Unfall des Sattelschleppers nicht überlebt. Sie kamen, um zu sterben.
Es waren zwei LKW im Konvoi unterwegs. Von Ägypten über die Türkei nach Europa.
Der Fahrer des ersten Wagens verursachte den Unfall. Er war eingeschlafen. Sein Wagen hatte Obst geladen. Als er in den Graben fuhr, brach Feuer aus und er verbrannte. Es stank erbärmlich. Der Fahrer des zweiten LKW wollte fliehen. Ein roter PKW fuhr zwischen den Lastern. Der kleine Wagen stand nun quer und versperrte die Fahrbahn. Ein Kind hatte sich bei der Notbremsung leicht verletzt, die Mutter weigerte sich, weiterzufahren und wartete auf den Notarzt.
Vorher traf die Polizei ein. Sie