Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

U.S. Marshal Bill Logan, Band 73-80: Acht Romane (U.S. Marshal Western Sammelband)
U.S. Marshal Bill Logan, Band 73-80: Acht Romane (U.S. Marshal Western Sammelband)
U.S. Marshal Bill Logan, Band 73-80: Acht Romane (U.S. Marshal Western Sammelband)
eBook900 Seiten13 Stunden

U.S. Marshal Bill Logan, Band 73-80: Acht Romane (U.S. Marshal Western Sammelband)

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht. Über den Autor Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung." Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress. INHALT Band 73 Die Geschichte des Vince Kelly Band 74 Zwei Marshals auf dem Höllenritt Band 75 Ein Dutzend Pferde Band 76 Aus alter Freundschaft Band 77 Weiderebellen Band 78 Für zwanzig Jahre Treue Band 79 Hass auf Joe Hawk Band 80 Marshal Logan folgte dem Tod Cover: Steve Mayer
SpracheDeutsch
HerausgeberCassiopeiaPress
Erscheinungsdatum24. Juni 2014
ISBN9783956171123
U.S. Marshal Bill Logan, Band 73-80: Acht Romane (U.S. Marshal Western Sammelband)

Mehr von Pete Hackett lesen

Ähnlich wie U.S. Marshal Bill Logan, Band 73-80

Ähnliche E-Books

Historienromane für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für U.S. Marshal Bill Logan, Band 73-80

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    U.S. Marshal Bill Logan, Band 73-80 - Pete Hackett

    U.S. Marshal Bill Logan

    Sammelband 10 (Band 73-80)

    von Pete Hackett

    Pete Hackett Western – Deutschlands größte E-Book-Western-Reihe mit Pete Hackett's Stand-Alone-Western sowie den Pete Hackett Serien Der Kopfgeldjäger, Weg des Unheils, Chiricahua und U.S. Marshal Bill Logan.

    U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht.

    Ein CassiopeiaPress E-Book

    © by Author

    © der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH

    ISBN 9783956171123

    Inhalt

    Cover

    Titel

    Impressum

    Über den Autor

    Band 73 Die Geschichte des Vince Kelly

    Band 74 Zwei Marshals auf dem Höllenritt

    Band 75 Ein Dutzend Pferde

    Band 76 Aus alter Freundschaft

    Band 77 Weiderebellen

    Band 78 Für zwanzig Jahre Treue

    Band 79 Hass auf Joe Hawk

    Band 80 Marshal Logan folgte dem Tod

    Über den Autor

    Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

    Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie Texas-Marshal und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung.

    Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie Der Kopfgeldjäger. Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

    Band 73

    Die Geschichte des Vince Kelly

    Teil 1 von 2

    Frisco, Colorado. Es war Mittagszeit. Vor der kleinen Kirche hatte sich die gesamte Einwohnerschaft des Ortes versammelt. Männer, Frauen und Kinder. Orgelmusik wehte ins Freie. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt. Vince Kelly, der Mann, der die Stadt vom Terror befreit hatte, und Belinda Sheldon heirateten.

    Ein halbes Jahr war es her, seit sich Gunsmoke Vince Kelly im Kampf gegen Samuel Hodt durchsetzte und anschließend Craig Duncan und dessen Kumpane niederkämpfte.

    Es sollte der glücklichste Tag im Leben Vince Kellys und Belinda Sheldons werden. Sie liebten sich, sie wollten zusammen Kinder haben, sie großziehen, miteinander alt werden.

    Das Schicksal wollte es anders. Hass und Tod näherten sich bereits auf trommelnden Hufen der Stadt …

    Der Reverend sprach zu Belinda: »Ich frage dich, Belinda Sheldon: Bist du hergekommen, um nach reiflicher Überlegung aus freiem Entschluss mit deinem Bräutigam Vince den Bund der Ehe einzugehen? Dann sage ja.«

    Mit lauter, präziser und fester Stimme bejahte Belinda. Sie lächelte Vince von der Seite an. Glückseligkeit sprach aus ihren Augen.

    Erneut erschallte die Stimme des Geistlichen. »Willst du deinen Mann lieben und achten und ihm die Treue halten alle Tage seines Lebens, bis der Tod euch scheidet?«

    »Ja.«

    »Bist du bereit, die Kinder, die Gott dir schenken will, anzunehmen und sie im Geiste Christi und seiner Kirche zu erziehen?«

    »Ja.«

    Draußen erklangen pochende Hufschläge. Es waren mehrere Pferde. Raue Stimmen mischten sich hinein. In der Kirche entstand Unruhe. Die Menschen drehten sich um und schauten zum Ausgang. Ein Pferd wieherte. Der Reverend nahm seinen Blick von Belinda und richtet ihn ebenfalls auf das offene Portal der Kirche, durch das Sonnenlicht in schräger Bahn auf den Boden fiel. Gelächter ertönte, dann dröhnte ein Schuss.

    Vince Kelly erhob sich aus seiner knienden Haltung. »Bleib hier, Belinda. Ich sehe nach, was los ist.«

    Da rief eine staubheisere Stimme: »Ich höre, dass du da drin bist, Gunsmoke Kelly. Komm heraus. Ich habe ein Geschenk für dich.«

    Wieder erklang das schallende Gelächter.

    Vince Kellys Miene verschloss sich. Er nagte an seiner Unterlippe. Sekundenlang bereute er es, dass er keine Waffe eingeschoben hatte. Er hatte keine Ahnung, wer draußen war. Doch er ahnte mit untrüglichem Instinkt, dass es keine Freunde waren.

    Hatte ihn die Vergangenheit eingeholt?

    »Bitte, Vince, geh nicht hinaus«, flüsterte Belinda ängstlich und eindringlich und hielt ihn am Arm fest.

    »Dann kommen sie herein.« Vince Kellys Stimme klang belegt. Er machte sich mit sanfter Gewalt frei und ging auf dem Mittelgang in Richtung der Tür.

    In der Kirche und draußen war es still. Alles Leben hier schien den Atem anzuhalten. Die Atmosphäre war erdrückend. Die Menschen verspürten Beklemmung. Etwas lag in der Luft; Tod und Unheil.

    Vince Kelly erreichte die Tür und trat ins Freie. Das Sonnenlicht blendete ihn sekundenlang, er blinzelte.

    Fünf Reiter verharrten auf ihren Pferden. Es waren stoppelbärtige Kerle, verstaubt, verschwitzt, heruntergekommen. Ihre Pferde ließen müde die Köpfe hängen. Staub und Schweiß verklebten das Fell der Tiere. Einer von ihnen hielt den Revolver in der Faust.

    Vince Kelly sah sich einem Rudel von Sattelstrolchen gegenüber. Sie starrten ihn an wie Wölfe, die ihre Beute gestellt hatten. Die Augen waren hart und kalt. Die Bande vermittelte einen erschreckenden Eindruck von Erbarmungslosigkeit. Der Hauch einer jähen, tödlichen Gefahr sprang Vince Kelly an. Und erneut schalt er sich einen Narren, weil er seinen Revolver nicht in den Hosenbund geschoben hatte. Unter der Jacke seines Anzugs hätte ihn niemand gesehen.

    »Was wollt ihr?«

    »Dich, Gunsmoke, nur dich. Deinetwegen sind wir fast zweihundert Meilen geritten. Aber mir wäre kein Weg zu weit gewesen, um dich zu stellen.«

    »Das hat sicher einen Grund«, versetzte Vince Kelly.

    »Du hast meinen Bruder erschossen.«

    »Wer war dein Bruder?«

    »Craig Duncan. Mein Name ist Cole Duncan. Ich bin hier, um meinen Bruder zu rächen.«

    »Ich bin unbewaffnet.«

    »Umso besser«, höhnte Cole Duncan und hob die Hand mit dem Sechsschüsser. Es war ein schwerer, langläufiger Coltrevolver. »Craig wartet in der Hölle auf dich, Gunsmoke. Farewell!«

    Mit dem letzten Wort spannte er den Hahn, zielte kurz, und dann feuerte er. Immer wieder bäumte sich der Colt in seiner Faust auf. Vince Kelly wurde von den Treffern herumgerissen und geschüttelt und brach tot zusammen. Verkrümmt lag er unter der Tür der Kirche. Blut rann unter seinem Körper hervor und versickerte in den Ritzen zwischen den Dielen.

    Belinda rannte zu ihm hin und warf sich bei ihm auf die Knie nieder. »Vince!«, brach es wie ein Schrei über ihre bleichen, bebenden Lippen. »Mein Gott, er ist tot! Vince …« Ein Weinkrampf schüttelte die junge Frau.

    Cole Duncan ließ sich vom Pferd gleiten. Den Revolver hielt er noch in der Hand, doch sein Arm hing schlaff nach unten und die Mündung wies auf den Boden.

    Ungerührt starrte er auf den Toten und die junge Frau im Brautkleid hinunter.

    »Mörder!«, stieß Belinda mit tränenerstickter Stimme hervor. »Niederträchtiger Mörder!« Aber da war noch etwas. Unter der zerbrechlichen Schale flammte etwas auf, etwas, das stärker war als Leid und Trauer. Es war der Hass – leidenschaftlicher, tödlicher Hass.

    »He, was sehe ich denn da?«, sagte Duncan und grinste hämisch. »Eine kleine Wildkatze. Ich schätze, ich werde dir die Krallen ziehen, Schätzchen.« Der Bandit schaute in die Runde. »Eine nette, kleine Gemeinde«, rief er. »Ich denke, hier können wir es eine Weile aushalten.« Er richtete wieder den Blick auf die junge Frau. »Und wir beide werden eine Menge Freude miteinander haben, Honey.«

    Die Menschen lauschten den Worten hinterher und erschauerten.

    Es war die Verheißung einer düsteren Zukunft für diese Stadt …

    *

    Duncan O'Leary, ein früherer Marshal-Kollege, der jetzt Sheriff in Amarillo und für das Potter County zuständig war, kam zu mir in die Unterkunft. Es war noch ziemlich früh am Morgen. Ich war gerade dabei, mich anzuziehen. Joe lag noch im Bett. Die anderen Bunks waren leer. Die Kollegen, mit denen wir das Zimmer teilten, waren irgendwo im Land unterwegs.

    Duncan trug den rechten Arm in einer Schlinge. Er schaute heute besonders ernst drein, als hätte er schlechte Laune. Da ich ihn gut kannte, wusste ich, dass er nicht launisch war. Also musste etwas vorgefallen sein, das ihn so ernst sein ließ.

    »Ich muss mit euch reden«, murmelte Duncan, nachdem er uns einen guten Morgen gewünscht hatte.

    Joe richtete seinen Oberkörper auf. »Hört sich ja ziemlich wichtig an, Duncan.«

    Der Sheriff nickte und setzte sich an den Tisch beim Fenster, um den vier Stühle gruppiert waren. Mit der Linken griff er in die Innentasche seiner Weste und holte ein zusammengefaltetes Blatt Papier heraus.

    Ich dachte im ersten Moment an einen Steckbrief.

    Duncan faltete den Boden auseinander. »Ich habe einen Brief erhalten«, sagte er und schaute mich an. »Aus Frisco in Colorado.«

    »Na schön«, sagte ich. »Ein Brief ist ja an und für sich nichts Schlechtes. Nach deinem Gesichtsausdruck zu urteilen muss er jedoch keine besonders erfreuliche Nachricht beinhalten.«

    »Es geht um meine Nichte und ihren Mann.« Duncan lachte sarkastisch auf. »Ihre Ehe dauerte nur eine Minute. Der Brief kommt vom Bürgermeister von Frisco. Ihr müsst wissen, dass in dieser Stadt mein Schwager James Sheldon ein Frachtfuhrunternehmen betrieb. Sheldon war mit meiner Schwester verheiratet, die allerdings bei der Geburt Belindas starb. Ein Mann namens Hodt setzte meinem Schwager schwer zu. Und er hätte ihn sicher ruiniert, wenn nicht eines Tages ein Mann namens Vince Kelly aufgetaucht wäre. Man hatte ihm den Namen Gunsmoke Kelly gegeben. Mein Schwager warb ihn an. Und Kelly räumte auf. Er befreite Friso vom Terror. Mein Schwager kam leider ums Leben. Belinda, meine Nichte, führte das Fuhrunternehmen weiter.«

    »Das ist doch nicht alles, was in dem Brief steht«, sagte ich.

    »Nein. Was ich eben erzählte, hat mir Belinda in mehreren Briefen schon vor längerer Zeit mitgeteilt.«

    »Dann erzähle mal weiter, Duncan«, forderte ich und schlüpfte in meine Weste.

    »Vor drei Wochen traten meine Nichte und Vince Kelly vor den Traualtar. Die Feier wurde jedoch auf tragische Weise unterbrochen. Während der Reverend die beiden traute, kamen fünf Reiter in die Stadt. Ein Mann namens Cole Duncan schoss Vince Kelly auf der Schwelle des Kirchenportals nieder.«

    »Aus welchem Grund?«

    »Kelly tötete vor einigen Monaten seinen Bruder. Er nahm blutige Rache. Es war ein kaltblütiger Mord.«

    Duncan O'Leary schluckte trocken. Dann fuhr er fort: »Duncan und seine Kumpane übernahmen sozusagen die Stadt und drückten ihr ihren Stempel auf. Er zwang meine Nichte, seine Geliebte zu werden. Vor einer Woche nun verließ die Bande Frisco. Belinda nahmen sie mit.«

    »Eine üble Sache«, knurrte Joe.

    »Ja. Leider bin ich verwundet. Ein betrunkener Kuhtreiber hat mir eine Kugel in die Schulter geschossen. Darum wollte ich euch bitten, nach Frisco zu reiten und die Bande zu verfolgen. Ich will keine Rache, ich will nur, dass Belinda aus der Gewalt dieser Verbrecher befreit wird und dass sie ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.«

    »Ob wir reiten können, muss der Richter entscheiden«, murmelte ich. Dann setzte ich gedankenvoll hinzu: »Man nannte ihn Gunsmoke. Was war dieser Vince Kelly für ein Mann? Etwa ein Gunslinger?«

    »Belinda hat mir viel über ihn geschrieben. Er war ein guter Mann. Eines Tages tauchte er in Frisco auf. Niemand wusste genau, woher er kam. Er blieb. Nach und nach kam die Wahrheit über ihn heraus. Wollte ihr seine Geschichte hören?«

    »Ich bitte darum«, antwortete ich interessiert.

    »Dann setz dich nieder, Logan. Es ist eine lange Geschichte.«

    Ich ließ mich rittlings auf einen Stuhl nieder und verschränkte die Arme über der Lehne. »Dann fang mal an, Duncan. Erzähle uns von Gunsmoke Kelly, Duncan und deinem Schwager James Sheldon.«

    Duncan begann. »Es ist etwas über ein halbes Jahr her, als Kelly in Frisco eintraf. Hinter ihm lag ein langer Ritt. Kelly wurde gejagt. Er war ein Gejagter, ein Verfemter. Sein Schicksal war ungewiss und die Zukunft lag ziemlich trübe vor ihm. Er war mittellos und wollte sich irgendwo verkriechen, einen Job ausüben …«

    Duncan brach ab.

    Ich schaute ihn auffordernd an. »Weiter.«

    Er nickte. Und dann erzählte uns Duncan O'Leary die Story von Gunsmoke Kelly.

    Und das ist die Geschichte …

    *

    Kelly saß im Wagenhof des Mietstalles ab und nahm sein Pferd an der Trense. Im Stalltor zeigte sich der Stallbursche. Er blinzelte Kelly entgegen. Kelly hielt an und sagte: »Ich möchte mein Pferd bei Ihnen unterstellen. Tränken und füttern Sie es und reiben Sie es ab. Ich weiß noch nicht, wie lange ich bleibe. Es kommt drauf an, ob ich einen Job finde.«

    Kelly war verstaubt und verschwitzt. Tagealte Bartstoppeln wucherten in seinem Gesicht. Er sah nicht gerade Vertrauen erweckend aus.

    Der Stallmann knurrte: »Sie scheinen es eilig gehabt zu haben, Fremder. Das Pferd ist ziemlich am Ende. Und Sie sehen auch nicht so aus, als würden Sie noch Bäume ausreißen können. Werden Sie verfolgt?«

    Kelly übergab dem Stallburschen die Zügel. Dann zog er sein Gewehr aus dem Sattelschuh und wandte sich wortlos ab. Sein Gesicht hatte sich düster verschlossen.

    Der Blick des Stallburschen folgte Kelly. Er hatte die Stirn in Falten gelegt. »Sicher wirst du gesucht, mein Freund«, murmelte der Stallmann vor sich hin. »Dafür habe ich einen besonderen Blick entwickelt.«

    Vince Kelly trat auf die Main Street. Sie lag im Sonnenschein. Im Staub glitzerten winzige Kristalle. Hier und dort stand ein Pferd an einem Hitchrack. Passanten bewegten sich auf den Gehsteigen. Ein Fuhrwerk kam die Straße herunter. Die Achsen quietschten in den Naben.

    Frisco war eine kleine Stadt, sie besaß aber alles, was für eine städtische Ordnung notwendig war. Kelly machte einen Saloon aus. Es war um die Mitte des Nachmittags. Seine Schritte weckten auf den Gehsteigbohlen ein dumpfes Echo. Er wurde kaum beachtet. Wenig später betrat er den Saloon. Es war düster und kühl im Schankraum. An einem Tisch saßen zwei Männer. Sie musterten Kelly teilnahmslos und widmeten sich schließlich wieder ihrem Gespräch.

    Kelly ging zum Tresen. Der Keeper fragte ihn nach seinen Wünschen. Er bestellte ein Bier. Dann sagte er: »Ich suche Arbeit. Können Sie mir einen Tipp geben?«

    »Sie sehen aus, als hätten Sie einen weiten Ritt hinter sich«, sagte der Keeper statt einer Antwort und musterte Kelly mit wachem Interesse. »Und es war sicher kein Spazierritt.«

    »Ich komme von New Mex herauf«, erklärte Kelly. »Und ich finde, ich bin weit genug geritten. Außerdem verfüge ich nur noch über wenige Dollars. Darum suche ich einen Job.«

    »Was können Sie denn?«

    »Reiten, das Lasso schwingen, Kühe hüten …«

    »Wie steht es mit dem Schießen?« Der Keeper warf einen bezeichnenden Blick auf das Holster an Kellys rechtem Oberschenkel. Es war ziemlich tief geschnallt und mit einer Lederschnur dicht über dem Knie festgebunden. Der Griff eines schweren 45ers ragte daraus hervor.

    Kelly presste kurz die Lippen zusammen. »An einen Gunslinger-Job habe ich eigentlich nicht gedacht.«

    Der Keeper hob die Schultern, ließ sie wieder sinken und sagte: »Versuchen Sie's mal bei Samuel Hodt. Ihm gehören die halbe Stadt und eine Ranch am Piney Creek. Er hat immer irgendwelche Jobs zu vergeben.«

    »Ihm gehört die halbe Stadt?«

    »Ja. Er ist reich und mächtig. Sein Wort ist in Frisco und im Umland Gesetz. Ohne seinen Segen geht gar nichts.«

    Da meldete sich einer der Männer, die am Tisch saßen. Er rief: »Ich hätte einen Job für Sie, Mister.«

    Kelly wandte sich um. Den Bierkrug hielt er in der Linken. Der Mann, der gesprochen hatte, war um die 50 und grauhaarig. Sein Blick kreuzte sich mit dem Kellys. Er nickte und sagte: »Sie haben schon richtig gehört, Fremder. Mein Name ist Sheldon – James Sheldon. Ich besitze hier in Frisco ein Fuhrunternehmen. Meine Wagen fahren in alle Himmelsrichtungen. Ich könnte einen Wagenbegleiter brauchen. Voraussetzung ist, dass er mit einer Waffe umgehen kann und Mut hat.«

    »Sind Ihre Wagen gefährdet?«

    »Sie befördern zum Teil wertvolle Ware«, kam die etwas ausweichende Antwort. »Ich zahle Ihnen 40 Dollar im Monat, außerdem erhalten Sie Unterkunft und Verpflegung. Das sind unter dem Strich zehn Dollar mehr, als ein Cowboy verdient.«

    »Ein gefährlicher Job, wie?«

    »Wollen Sie den Job?«

    »Ich nehme ihn.« Kelly zögerte ein wenig. Dann sagte er: »Mein Name ist Lance Hunter.«

    »Setzen Sie sich zu uns, Hunter, dann können wir alles Nähere besprechen.

    Kelly ging zu dem Tisch, zog einen Stuhl zurück und ließ sich nieder.

    »Mein Unternehmen ist im Aufbau begriffen«, begann Sheldon. »Im Moment fahren zehn Fuhrwerke. Mein Bestreben ist es, das Monopol für die Frachtwagenlinie in West-Colorado zu erhalten. Es gibt allerdings einige Widerstände.«

    Kelly wurde hellhörig. Dennoch sagte er: »Vielen Dank dafür, dass Sie mir einen Job angeboten haben.«

    *

    Es waren drei Fuhrwerke, die jeweils von vier Pferden gezogen wurden. Sie fuhren nach Südwesten. In der Gegend um Meredith hatte die Regierung Land für die Besiedlung freigegeben. Menschen waren mit Planwagen angekommen und hatten sich Parzellen abgesteckt. Die Fuhrwerke beförderten Waren für den General Store in Meredith.

    Die Siedler brauchten eine Menge Dinge. Stacheldraht, Saatgut, Einrichtungsgegenstände, Nägel, Schrauben, Werkzeuge …

    Ein Reiter ritt den drei Fuhrwerken voraus. Auf den Wagenböcken saßen jeweils zwei Männer. Einer lenkte das Gespann, der andere fungierte als Beifahrer. Es war Mittagszeit. Die Sonne brannte vom Himmel und verwandelte das Land in eine Gluthölle. Die Konturen der Hügel ringsum verschwammen. Die ausgefahrene, von Spurrinnen zerfurchte Straße wand sich wie der Leib einer Schlange durch die Ödnis der White River Range. Hier gab es Nadelwald, so weit das Auge reichte. Hier und dort erhob sich ein einsamer Felsen aus dem Boden. Zu beiden Seiten der Straße dehnte sich steppenartiges Grasland.

    Der Mann, der voraus ritt, hielt sein Pferd an. »Wir rasten hier eine Stunde!«, rief er. Es war Mittagszeit. Die Sonne brannte heiß vom Himmel. Die Schatten waren scharf und kurz. Die Hitze setzte Mensch und Tier zu.

    Die Gespanne kamen zum Stehen. Staub wirbelte. Neben der Straße floss ein kleiner Fluss. Im Ufergebüsch summten die Bienen und zwitscherten die Vögel. Die Männer sprangen von den Wagenböcken. Sie spannten die Pferde aus und brachten sie zur Tränke. Dann wuschen sie sich Staub und Schweiß aus den Gesichtern. Einer verteilte Pemmican.

    Niemand ahnte etwas von der Gefahr, die zwischen den Hügeln nahte. Die Männer waren arglos. Als ein Schuss peitschte, erstarrten sie. Weitere Schüsse krachten. Die Pferde, die die Wagen zogen, brachen zusammen. Jetzt kam Leben in die Fuhrwerker. Sie sprangen auf und griffen nach den Waffen. Mit dem Donnern eines Schusses brach einer von ihnen zusammen. Dann ritten Männer aus den Einschnitten zwischen den Hügeln oder sie erschienen auf den Kämmen. Sie hatten die Halstücher über die Gesichter gezogen, so dass nur noch die Augen zu sehen waren. Die Banditen hielten die Gewehre im Anschlag.

    Die Fuhrwerker ließen die Waffen fallen. Die Banditen kamen näher und kreisten sie ein. Einer sagte: »Es ist klug von euch, dass ihr euch nicht wehrt. Bestellt Sheldon, dass er aus der Gegend verschwinden soll. – Zündet die Fuhrwerke an.«

    Dieser letzte Befehl galt den Banditen. Einige der Kerle saßen ab und rannten zu den Wagen. Sie stiegen auf die Ladeflächen. Da gab es genügend brennbares Zeug. Schon bald brannten die Fuhrwerke lichterloh. Rauch und Funken wurden in die Höhe getragen. Asche wirbelte. Hoch schlugen die Flammen.

    Die Fuhrwerker mussten zusehen, wie die Wagen verbrannten. Berstend brachen sie zusammen. Noch einmal loderten die Flammen hoch. Die Eisenreifen der Räder glühten. »Bestellt es Sheldon«, sagte einer der Banditen. Über seinem Mund bauschte sich das Halstuch auf, als er sprach. »Er soll aufgeben und verschwinden. Andernfalls treiben wir ihn in den Ruin.«

    Dann verschwanden die Banditen wieder zwischen den Hügeln. Die trommelnden Hufschläge entfernten sich.

    Hank Gibbon, der Wagenboss, sagte mit Bitterkeit im Tonfall: »Diese dreckigen Halunken. Der Storebesitzer von Meredith wird Sheldon für den Verlust haftbar machen. Aber das ist nicht das Schlimmste. Sie haben Curly niedergeschossen. Was ist mit ihm, Tyler?«

    Ein Mann war neben dem am Boden Liegenden auf das linke Knie niedergegangen. Jetzt richtete er sich auf und sagte: »Curly hat die Kugel in die Brust bekommen. Er ist bewusstlos. Wahrscheinlich ist seine Lunge verletzt. Er wird den Abend wohl nicht mehr erleben.«

    »Die Pest an die Hälse dieser Hurensöhne«, schimpfte Hank Gibbon. Leiser fügte er hinzu: »Bis nach Frisco sind es fünf Meilen. Wir müssen Hilfe holen. Denn wir können Curly nicht bis in die Stadt tragen.«

    Es waren insgesamt sechs Männer, die ratlos herumstanden.

    Stan Tyler, der Mann, der auf seinem Pferd dem Wagenzug vorausgeritten war, sagte: »Ich reite zurück nach Frisco und schicke den Doc her. Wartet hier. Ich hole euch mit einem Fuhrwerk ab.« Er spuckte aus, dann schloss er: »Wenn das so weitergeht, ist Sheldon wirklich bald am Ende. Seinen Ruin hat er diesem gottverdammten Lumpen zu verdanken.«

    Tyler ging zu seinem Pferd, schwang sich in den Sattel und trieb das Tier an. Jeder wusste, wen er meinte, als er von diesem gottverdammten Lumpen sprach. Die Rede war von Samuel Hodt, dem Mann, der Frisco beherrschte und der vor nichts zurückschreckte, um seinen Plänen und Absichten Geltung zu verschaffen.

    *

    James Sheldon und einige Männer ritten zum Ort des Überfalles. Stan Tylor lenkte ein leeres Fuhrwerk. Vince Kelly war unter ihnen. Es roch verbrannt. Die Wagen waren nur noch Brandschutthaufen. Alles, was nicht verbrannt war, war ausgeglüht und schwarz. Der Blutgeruch, den die toten Tiere verströmten, hatte Myriaden von kleinen Stechmücken angezogen.

    Der Doc kam zu spät. Curly Hagan war gestorben.

    »Dieser Bastard«, knirschte Sheldon. »Ich stehe dicht vor dem Ruin. Alles, was ich hatte, habe ich in das Fuhrgeschäft investiert. Und nun …« Seine Stimme brach. Seine Augen glitzerten feucht.

    Vince Kelly folgte der Spur der Banditen zwischen die Hügel. Nach etwa einer halben Meile war er sich sicher, dass die Kerle in Richtung Frisco geritten waren. Er kehrte um und erzählte Sheldon von seiner Beobachtung. Sheldon sagte grimmig: »Sie sind an der Stadt vorbei zum Piney Creek geritten. Auf der Bison Lake Ranch hat Hodt seine Bluthunde stationiert. O verdammt, man müsste hinreiten und das Nest ausräuchern.«

    Sie kehrten in die Stadt zurück. Die Kutscher und ihre Beifahrer saßen auf der Ladefläche des Fuhrwerks, das Stan Tyler lenkte. Als sie auf die Höhe des Saloons kamen, trat ein Mann auf den Vorbau. Er war etwa 40 Jahre alt, schwergewichtig, war mit einem hellen Anzug und einem weißen Hemd bekleidet, und er trug eine graue Melone auf dem Kopf.

    Zwei hagere Kerle flankierten ihn – falkenäugige Burschen mit tiefgeschnallten Revolvern.

    Ein hämisches Grinsen zog die Lippen des Burschen mit der Melone in die Breite.

    Sheldon sah ihn, seine Stirn umwölkte sich, er lenkte sein Pferd zum Saloon und parierte es. Seine Stimme grollte: »Drei Wagen, Hodt! Samt Ladung verbrannt. Ich weiß, dass es Ihre Männer waren, die auf Ihren Befehl hin handelten. Zur Hölle mit Ihnen. Ich werde Sie schadenersatzpflichtig machen.«

    Sam Hodt legte die Hände auf das Geländer. »Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden, Sheldon. Wie kommen Sie darauf, dass es meine Männer waren, die Ihre Fuhrwerke überfielen? Sie wissen, wie ich zu Belinda stehe. Vielleicht sind Sie eines Tages mein Schwiegervater. Was also sollte ich gegen Sie haben?«

    Sheldon schürzte die Lippen. »Niemals, Hodt. Ein Lump wie Sie hat in meiner Familie nichts verloren. Belinda denkt nicht daran, Ihre Frau zu werden. Sie hat es Ihnen bereits klar und deutlich gesagt. Machen Sie sich also keine Hoffnungen. – Ich warne Sie, Hodt. Ich lasse mir das nicht mehr bieten. Lassen Sie die Finger von meinem Eigentum. Wenn ich zurückschlage, bleibt kein Auge trocken.«

    »Keine Unterstellungen, Sheldon«, stieß Hodt scharf hervor. »Ich weiß nicht, wer Sie terrorisiert. Ich bin es jedenfalls nicht. Oder haben Sie einen Beweis?«

    »Es hat einen Toten gegeben, Hodt. Diesmal kann auch der Sheriff nicht wegsehen. Sie sind zu weit gegangen. Es wird Ihnen das Genick brechen.«

    Ein Mann kam aus dem Saloon. Er war über sechs Fuß groß und wog gewiss 220 Pfund. Unter seinem Gewicht knarrten die Vorbaubohlen. Es war ein Bulle. Sein Gesicht wies eine Vielzahl von kleinen Narben auf. Seine Nase war plattgeschlagen. Die breiten Schultern drohten das Hemd zu sprengen. Sein Name war George Brady. Genannt wurde er 'Bull' Brady. Er hatte die letzten Worte Sheldons verstanden und sagte mit tiefer Bassstimme: »Soll ich dieses Großmaul auf seine richtige Größe zurechtstutzen, Boss? Er droht Ihnen vor der ganzen Stadt. Lassen Sie das auf sich sitzen?«

    »Die Sprache der Gewalt!«, schnappte Sheldon erbost. »Das ist die Sprache, die Sie verstehen und mit der Sie sich verständlich machen, Hodt. Und Sie haben immer einen, der für Sie die Kastanien aus dem Feuer holt.« Sheldon beugte sich im Sattel nach vorn. »Ich bin einverstanden mit einem Faustkampf, Hodt. Aber nur, wenn Sie selbst kämpfen. Aber dazu sind Sie sicherlich viel zu feige.«

    In Hodts Gesicht arbeitete es. Dann knurrte er: »Ich werde mich nicht mit Ihnen herumschlagen, Sheldon. Aber ich rate Ihnen, das Maul künftig nicht so weit aufzureißen, sonst stopfe ich es Ihnen. Meine Geduld hat Grenzen.«

    »Soll das eine Drohung sein?«

    »Eine Warnung, die Sie sich zu Herzen nehmen sollten.«

    »Feigling«, knirschte George Brady, der Bulle, verächtlich. »Ich werde es überall in der Stadt erzählen, dass du gekniffen hast, Sheldon. Kein Hund wird von dir noch ein Stück Wurst annehmen.«

    James Sheldon presste kurz die Lippen zusammen. Dann nickte er wiederholt. »Ich bin zwar gut zwanzig Jahre älter als du, Brady, und ich bin gewiss auch fünfzig Pfund leichter. Aber ich werde es dir zeigen. Niemand darf mich einen Feigling schimpfen.«

    Sheldon schwang sich vom Pferd und zog die Jacke aus. Er hängte sie über den Sattel seines Pferdes. »Komm her, Brady.«

    »Nein!« Eine gellende Stimme rief es. Ein Stück die Main Street hinunter war eine junge Frau aus einer Einfahrt getreten. Sie war höchstens Anfang Zwanzig, dunkelhaarig und sehr hübsch. Die Augen waren blau und unergründlich wie Bergseen, die Nase war klein und gerade, der Mund schön und sinnlich geschnitten. Jetzt hatte sich ein herber Zug in ihren Mundwinkeln festgesetzt. Ihre Augen versprühten Blitze. »Du wirst dich von diesem Ungetüm nicht zusammenschlagen lassen, Dad«, rief sie.

    Sam Hodt lüftete die Melone, neigte leicht den Kopf und rief: »Er hat mich beleidigt, Belinda. Dein Vater ist ein Sturkopf. Er denkt, ich habe was mit dem Überfall auf seine Warenladungen zu tun.«

    Langsam näherte sich Belinda Sheldon. Sie trug eine schwarze Reithose und eine weiße Bluse mit Rüschen an der Knopfleiste. Ihre Füße steckten in bestickten Reitstiefeln. Ihr Gesicht war von der Sonne gebräunt. Sie verströmte eine unnahbare Kühle. Ihre linke Braue hatte sich etwas gehoben. Es verlieh ihrem Gesicht einen reservierten Ausdruck.

    »Sie wollen meinen Vater fertigmachen, Hodt. Das pfeifen mittlerweile die Spatzen von den Dächern. Wer sonst, wenn nicht Sie, sollte hinter dem Überfall auf unsere Planwagen stecken? Nachdem ich Sie abblitzen ließ, machen Sie es auf die raue Tour. Aber Sie werden sich wundern, über wie viel Durchhaltevermögen wir Sheldons verfügen. Drei vernichtete Planwagen werfen uns zwar zurück, aber sie machen uns nicht fertig. Sehen Sie sich vor, Hodt. Es könnte sein, dass Ihnen das Handwerk schneller gelegt wird, als Sie denken können.«

    Sam Hodt grinste höhnisch.

    Vince Kelly war überrascht. Die Courage, die Belinda an den Tag legte, beeindruckte ihn. Außerdem entsprach sie voll und ganz seinen Vorstellungen von einer Frau.

    Belinda hielt an. Aller Augen waren auf sie gerichtet. Passanten waren stehen geblieben und harrten der Dinge, die sich anbahnten.

    James Sheldon ließ seine Stimme erklingen. Er sagte: »Halt du dich raus, Belinda. Brady hat mich herausgefordert, und ich werde die Herausforderung annehmen.«

    »Das ist falscher Stolz, Dad«, stieß das Mädchen hervor. »Ein dummer Ehrenkodex, der sich mit nichts begründen lässt. Warum sollst du dich von diesem Bullen in Stücke schlagen lassen? Nur damit niemand sagen kann, du seist ein Feigling?«

    »Du verstehst das nicht, Belinda.«

    Vince Kelly mischte sich ein. »Ich gebe Ihrer Tochter recht, Sheldon. Sie sollten sich nicht mit diesem Burschen herumprügeln. Es wird Sie niemand für feige halten, wenn Sie einen Kampf mit ihm ablehnen.«

    »Wer bist du denn?«, grollte 'Bull' Bradys dunkle Stimme. »Der Berater Sheldons? Oder warum riskierst du sonst die große Lippe, Mister?«

    Vince Kelly riss seinen Blick von Sheldon los und richtete ihn auf Brady. »Ich bin nur ein nüchtern denkender Mensch, Dicker. Und als solcher muss ich Sheldon von dem Kampf abraten. Forderst du eigentlich auch Männer heraus, von denen du nicht sicher sein kannst, dass du ihnen überlegen bist?«

    »Willst du es genau wissen, Langer?«

    Er sagte das nicht von ungefähr. Kelly war einsneunzig groß. An seinem Körper befand sich kein überflüssiges Gramm Fett. Er war breitschultrig und schmal in den Hüften. Ein bemerkenswerter, beweglicher Bursche mit scharf geschnittenem Gesicht und dunklen Haaren. Von ihm ging etwas Raubtierhaftes aus.

    »Ja«, sagte Kelly und fügte gedehnt hinzu: »Ich würde es wirklich gern genau wissen.«

    »Dann steig ab, Großmaul. Und ich werde es dir zeigen.«

    Ein spöttisches Lächeln umspielte Kellys Mund.

    »Tun Sie es nicht, Hunter«, knirschte Sheldon. »Es ist meine Sache.«

    »Nicht mehr«, versetzte Kelly und stieg vom Pferd. Er ging bis in die Fahrbahnmitte und wandte sich Brady zu. »Worauf wartest du, Dicker? Komm endlich.«

    »Gib's ihm, Brady!«, zischte Hodt zwischen den Zähnen. »Wenn du mit ihm fertig bist, muss er auf dem Bauch aus der Stadt kriechen.«

    Brady setzte sich in Bewegung. Der Berg aus Muskeln, Fleisch und Knochen stapfte auf Vince Kelly zu. Ein Grollen kämpfte sich in seiner Brust hoch und stieg aus seiner Kehle. Es hörte sich an wie das hungrige Knurren eines Wolfes. In den Augen Bradys brannte die heiße Flamme einer unbezähmbaren Leidenschaft. Er wollte zerschlagen, zertrümmern, vernichten. Er hatte einen Ruf zu verteidigen …

    »Pfeifen Sie Ihren Schläger zurück, Hodt«, rief Belinda entsetzt.

    »Warum sollte ich? Der Bursche hat es herausgefordert. Er sieht im Übrigen nicht so aus, als bräuchte er deine Hilfe, Belinda.«

    »Miss Sheldon«!«, stieß Belinda schroff hervor. »Für Sie immer noch Miss Sheldon, Hodt.«

    Sam Hodt grinste nur herablassend. Er war sich seiner Macht und Stärke voll und ganz bewusst. In dieser Stadt gab er den Ton an. Die Bürger hier lebten in seinem Schatten. Lediglich Sheldon war ihm mit seinem Fuhrunternehmen in die Quere gekommen, Sheldon, der erst vor einem halben Jahr zusammen mit seiner Tochter in Frisco aufgetaucht war.

    George Brady krempelte die Hemdärmel hoch. Er stand zwei Schritte vor Kelly. Dieser musterte ihn ohne besondere Gemütsregung. Dann sagte Brady: »Ich werde dich zu Klump schlagen, mein Freund. Hinterher wird dich deine eigene Mutter nicht wiedererkennen.«

    »Dann fang mal an«, erwiderte Kelly gelassen und hob die Fäuste.

    *

    Brady begann, um Kelly herum zu tänzeln. Trotz seines Gesichts bewegte sich der Koloss leichtfüßig und geschmeidig. Er hatte die Lippen zusammengekniffen. Weit traten die Backenknochen aus seinem Gesicht hervor. Vince Kelly drehte sich auf der Stelle. Er ließ den Gegner nicht aus den Augen.

    Plötzlich vollführte Brady einen Ausfallschritt. Er ließ die linke Faust fliegen. Kelly sprang zurück. Die Faust wischte dicht an seinem Gesicht vorbei, und da kam auch schon Bradys gestochene Rechte. Sie stieß direkt auf Kellys Gesicht zu. Kelly ging blitzartig in die Knie. Die Faust radierte nur über seinen Schädel. Aus der Hocke warf er sich nach vorn. Er rammte Brady die Schulter in den Leib und schlang seine Arme um ihn. Und dann kam Kelly hoch. Er überragte Brady um ein ganzes Stück.

    Bradys Arme wurden gegen seinen Leib gepresst. Mehr und mehr drückte Kelly seinen Oberkörper nach hinten. Brady machte das Kreuz hohl. Er versuchte Kelly die Stirn ins Gesicht zu stoßen, traf ihn aber nur am Kinn. Es war kein besonders kraftvoller Stoß und Kelly schluckte ihn. Doch plötzlich löste er die Umklammerung. Er versetzte Brady einen Schlag gegen die Brust und der vierschrötige Bursche, der weit nach hinten gebeugt dagestanden hatte, verlor das Gleichgewicht und fiel mit dem Rücken in den Staub.

    Brady schrie auf. Es war ein Schrei, den ihm die Wut entriss. Er rollte herum und kam auf alle Viere hoch. Plötzlich stand Kelly vor ihm. Der Oberkörper Bradys schwang in die Höhe. Aus seiner knienden Haltung blickte er an der hochgewachsenen Gestalt in die Höhe. Da bekam er auch schon einen Schwinger ans Kinn. Sein Kopf wurde in den Nacken gerissen. Ein weiterer Aufwärtshaken warf ihn erneut auf den Rücken.

    Den Verlauf dieses Kampfes hatte sich Brady anders vorgestellt. Noch nie war er mit den Fäusten besiegt worden. Es riss ihn hoch. Er wich zurück. Kelly ließ ihn gewähren. Brady atmete tief durch. Staub rieselte von seiner Kleidung. Aus unterlaufenen Augen starrte er Kelly an. Und plötzlich griff er an.

    Kelly war in den Knien elastisch. Brady versuchte ihm eine Gerade ins Gesicht zu rammen. Kelly riss den Kopf auf die Seite. Den linken Schwinger Bradys blockte er ab. Und dann ließ er seinerseits die Fäuste fliegen. Er donnerte die Linke dem bulligen Gegner in den Leib, die Rechte knallte er ihm gegen das Ohr.

    Brady beugte sich nach vorn, der Haken Kellys gegen sein Ohr riss ihn halb herum. Er stolperte einen Schritt zur Seite. Ein Grunzton brach aus seiner Kehle. Sein Mund stand jetzt halb offen. Er senkte den Schädel wie ein angreifender Longhornbulle. Und dann stürmte er auf Kelly los. Dieser wich zur Seite und stellte Brady das Bein. Einen Sekundenbruchteil lang schien Brady waagrecht in der Luft zu hängen, dann krachte er auf den Boden. Staub schlug auseinander.

    Plötzlich bekam es der Bulle mit der Angst – der Angst, diesen Kampf zu verlieren. Er wälzte sich auf den Rücken. Staub brannte in seinen Augen und knirschte zwischen seinen Zähnen. Staub und Schweiß verklebten auch seine Poren. Es sah aus, als haftete gelblicher Puder in seinem Gesicht.

    Brady wischte sich über die Augen. Er reckte die mächtigen Schultern. Zwei Schritte vor ihm stand sein Gegner. Groß und aufrecht, ohne die Spur einer Erregung, fast gelassen.

    Brady stieß sich ab. Er prallte gegen Kelly. Kelly schlug mit der Rechten. Er hämmerte Brady die Faust in den Magen. Doch dieses Mal zeigte der Bursche keine Reaktion. Er schickte die Linke auf den Weg und sie donnerte gegen Kellys Oberarm. Der Muskel zog sich schmerzhaft zusammen, der Arm war wie taub. Sofort schickte Brady die rechte Faust hinterher. Sie krachte auf Kellys Brustbein. Die Luft wurde Kelly aus den Lungen gepresst. Er wankte rückwärts. Brady folgte ihm. Der Schläger sah jetzt eine Chance, das Blatt zu wenden.

    Brady kämpfte mit Kraft und Verbissenheit. Seine Zähne waren fest aufeinandergepresst, seine Lippen in der Anspannung verzogen. Er stand breitbeinig da, wippte auf den Fußsohlen hin und her und feuerte einen Schlag nach dem anderen ab. Kelly federte in den Knien und entging vielen Schlägen durch leichte Drehungen in der Hüfte. Plötzlich bog sich Kelly leicht nach hinten, versetzte ein Bein und fing mit der geöffneten linken Hand einen Hieb des anderen ab. Kellys Finger schlossen sich um die Faust und hielten sie fest. Brady versuchte seine Faust zu befreien, aber Kelly hielt sie wie ein Schraubstock umklammert.

    Und dann bekam Brady die rechte Faust Kellys wie einen Eselstritt in den Bauch. Er krümmte sich nach vorn. Kelly nahm das Knie hoch. Er krachte in Bradys Gesicht und ließ den quadratischen Schädel wieder in die Höhe sausen. Kelly ließ Bradys Faust los und drosch ihm die geballte Linke von der Seite gegen den Kopf.

    Brady taumelte zur Seite.

    »Was ist los, Brady?«, schrie einer der Zuschauer. »Willst du diesen Kampf nicht gewinnen? Hast du nicht mehr drauf?«

    Brady vernahm die Stimme wie aus weiter Ferne. Sein Blick war getrübt. Die Schläge, die er bisher einstecken musste, zeigten Wirkung. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Verzweifelt versuchte er, seine Not zu überwinden.

    Kelly war etwas zurückgetreten und wartete mit erhobenen Fäusten.

    Brady erholte sich und kam mit wild schwingenden Armen. Er kämpfte jetzt blindwütig und ohne den Verstand zu gebrauchen. Mit diesem Ansturm hoffte er, den Gegner zu treffen und ihn von den Beinen zu fegen. Ein einziger Schlag mit seinen Fäusten hätte ein Pferd umgeworfen. Aber er traf nicht. Kelly tauchte unter seinen Schwingern weg, kam hoch und trieb die Rechte in die Magenpartie des Gegners hinein. Brady machte eine unfreiwillige Verbeugung, wollte Kelly umfassen, doch da knallte ihm Kelly einen Aufwärtshaken unter das Kinn und der Schlag warf ihn zurück. Haltsuchend ruderte er mit den Armen. Er taumelte bis zu einem Vorbau und saß wohl drei Sekunden auf der Kante. Dann stieß er sich wieder ab und stürmte mit gesenktem Schädel auf Kelly zu. Dieser tänzelte zur Seite, packte einen der zugreifenden Arme, drehte sich halb in Brady hinein, unterlief ihn und zog ihn mit einem kräftigen Schwung über seine Schulter. Brady krachte mit ungebremster Wucht der Länge nach auf die Straße. Staub wölkte. Einige Sekunden lag Brady wie gelähmt am Boden. Er japste nach Luft wie ein Erstickender. Und es gelang ihm noch einmal, seine Erstarrung zu überwinden. Er kam hoch.

    Schnell und wild wandte er sich Kelly zu. In einer einzigen, kraftvollen Bewegung, an der sein ganzer Körper beteiligt zu sein schien, rammte er ihm sein Knie in den Leib. Es gab einen Laut, der an das Zerplatzen eines Kürbis erinnerte. Kelly krachte mit dem Rücken gegen einen Hitchrack am Straßenrand und hatte das Empfinden, in der Mitte auseinander zu brechen. Weit riss er den Mund auf, heftig stieß er den Atem aus, als sei alle Luft aus ihm entwichen. Als er auf die Knie sank, verzerrte sich sein Gesicht.

    Da knallte ihm Brady einen Schwinger ans Kinn, und Kelly flog in den Staub. Er schrie auf, schluckte und hustete schließlich.

    Brady erkannte seine Chance. Er nutzte die momentane Schwäche des Gegners eiskalt aus. Mit zwei Schritten war er bei Kelly. Sein Bein zuckte hoch und sofort wieder nach unten. Kelly bekam seinen Tritt in den Leib. Er rollte herum und krümmte sich. Verzweifelt japste er nach Luft. Der nächste brutale Tritt traf ihn gegen die Rippen. Schmerz durchzuckte ihn, raste bis unter seine Hirnschale. Noch einmal rollte er herum. Dicht neben ihm kam Brady mit beiden Beinen gleichzeitig auf. Er wollte ihn zerstampfen, ihn wie einen Wurm in den Staub treten.

    Doch Kelly war noch nicht am Ende. Er wankte hoch, schnellte auf Brady zu und umklammerte seine Beine. Sie stürzten, wälzten sich einige Male übereinander, dann konnte Kelly sein Knie unter Bradys Leib stemmen und ihn von sich werfen. Zur gleichen Zeit sprangen sie auf. Kelly duckte sich wieder unter einem Schwinger weg und trieb die Rechte in die Magenpartie Bradys.

    Jetzt zeigte der schwergewichtige Mann einige Wirkung. Er krümmte sich stöhnend und bekam Kellys flache Handkante ins Genick. Brady schlug zu Boden. Doch noch einmal kam er hoch und griff an. Dieser Bursche – so schien es – war nicht kleinzukriegen.

    Kelly zwang sich zur Ruhe. Er erwartete Brady, wich einem der wild geschlagenen Heumacher aus und hämmerte Brady die Faust auf die Nase. Blut schoss aus den Nasenlöchern des Bullen. Sofort setzte Kelly nach und drosch ihm die Linke aufs Auge. Bradys Augenbraue platzte auf. Blut sickerte aus der Wunde. Kelly machte es jetzt rau und ungnädig. Er wollte Brady und seinem Boss Sam Hodt vor der ganzen Stadt eine Lektion erteilen.

    Brady stand da. Sein Kopf wackelte vor Benommenheit. Seine Fäuste waren nach unten gesunken. Blut rann ihm ins Auge und ließ ihn blinzeln. Blut rann auch aus seiner Nase über seinen Mund und über sein Kinn.

    Kelly zog auf. Sein Schwinger war schon im Ansatz erkennbar, doch Brady hatte nicht mehr die Kraft, ihm auszuweichen. Er bekam die Faust unter das Kinn. Kelly hatte das Empfinden, dass sein Handknochen zersplitterte. Er legte all den Zorn, er ihn beherrschte, in diesen Schlag. Und Brady kippte um wie ein gefällter Baum. Lang schlug er hin. Ein langgezogenes Seufzen entrang sich ihm. Er blieb liegen.

    Plötzlich klatschte jemand Beifall. Es war Sam Hodt. »Hervorragend, Mister. Ein vorzüglicher Kampf. Wie nannte Sheldon Sie gleich wieder. Hunter oder so ähnlich.«

    »Hunter. Sie haben richtig gehört, Hodt.«

    Hodt hörte auf zu klatschen.

    Kelly ging zu seinem Pferd. Alle starrten ihn an. Jeder war beeindruckt. George Brady galt als unschlagbar mit den Fäusten. Jetzt hatte Vince Kelly diesen Ruf demontiert. Sein Blick begegnete dem Belindas, als er sich in den Sattel zog. Sie musterte ihn mit einer Mischung aus ungläubigem Staunen und hellwachem Interesse.

    »Das war's, Hodt«, sagte Kelly, als er sich im Sattel zurechtgesetzt hatte. »Ihr Kampfhund braucht sicher einige Tage, um wieder richtig auf die Beine zu kommen. Ich denke, die Tracht Prügel, die er bezogen hat, wird ihm eine Lehre sein.«

    *

     »Wir sind aus Texas gekommen«, sagte James Sheldon. Er hatte Kelly in seine Wohnung gebeten. Belinda saß auf der Couch. Kelly und Sheldon hatten in schweren Sesseln Platz genommen. »Ich besaß dort eine Ranch. Aber die Rinderzucht, finde ich, hatte keine Zukunft. Farmer siedelten rund um mein Weidegebiet, sie zogen Zäune, meine Rinder konnten nicht mehr zum Fluss. Ich hatte zwei Möglichkeiten. Kämpfen oder aufgeben. Ich entschied mich dafür, aufzugeben und verkaufte alles. Dann zogen wir nach Frisco, ich kaufte das Anwesen hier, erstand zehn Planwagen und gründete das Frachtwagenunternehmen.«

    »Was hat Hodt daran auszusetzen?«, fragte Kelly.

    »Er hat ein Konkurrenzunternehmen eröffnet. Hodt fährt mit zwanzig Wagen. Doch da er als Rancher die Heimstätter und Kleinrancher an seinen Weidegrenzen bekämpft, bekomme ich mehr Aufträge als er.«

    »Was dem Schuft natürlich nicht gefällt«, setzte Belinda hinzu. »Er will alles an sich reißen. Auf die Idee mit dem Fuhrunternehmen hat ihn erst Dad gebracht. Wir hätten die Firma niemals hier gegründet, wenn es schon ein derartiges Unternehmen gegeben hätte.«

    »Das stimmt«, sagte Sheldon. »Als ich die Firma gründete, merkte Hodt, dass mit Frachtwagen Geld zu verdienen ist. Und sofort begann er, mir die Pfründe, die sich eröffneten, streitig zu machen. Er ist gierig und wird nie mit dem zufrieden sein, was er besitzt. Er will immer mehr.«

    »Haben Sie schon daran gedacht, aufzugeben?«, fragte Vince Kelly.

    »Aufgeben? Niemals!« Grimmig stieß Sheldon die Luft durch die Nase aus. »Ich habe mein ganzes Geld in das Unternehmen gesteckt. Ich wäre ruiniert, wenn ich aufgebe.«

    »Das bedeutet Kampf«, sagte Kelly. »Drei Wagenladungen mit Waren aller Art wurden schon zerstört, Sheldon. Sie werden den Schaden ersetzen müssen. Außerdem müssen Sie sich wieder neue Wagen anschaffen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Sie werden keinen leichten Stand haben.«

    »Ich weiß das, und ich bin nicht glücklich darüber. – Hodt hat sich anfangs nur zurückgehalten, weil er sich eine Chance bei Belinda ausrechnete. Er machte ihr den Hof. Und in der ersten Zeit ging sie sogar auf sein Werben ein. Bis sie merkte, dass er skrupellos ist und über Leichen geht. Jetzt zeigt Hodt sein wahres Gesicht. Der Wolf kriecht aus dem Schafpelz …«

    »Sicher bleiben nicht alle Männer bei der Stange, wenn sie um ihre Gesundheit und ihr Leben fürchten müssen«, meinte Kelly. »Neue Leute werden Sie kaum finden. Ohne Fahrer und Begleitpersonal aber können Ihre Fuhrwerke nicht fahren, Sheldon. Hodt verfügt über eine Reihe von Möglichkeiten, ihnen die Leute abspenstig zu machen.«

    »Ich kann nicht aufgeben», sagte Sheldon mit Nachdruck. »Wir müssten als Bettler das Land verlassen. Dafür habe ich nicht mein Leben lang geschuftet.«

    »Notfalls kämpfen wir«, stieß Belinda hervor. »Aber wir werden unseren Platz hier behaupten.«

    Kelly schaute skeptisch.

    Als Sheriff Bat Osborne kam und James Sheldon wegen des Überfalles sprechen wollte, verließ Kelly die Wohnung. Es war später Nachmittag. Die Sonne stand schon weit im Südwesten. Die Schatten waren lang. Im Hof des Frachtfuhrunternehmens standen drei Fuhrwerke, die von einigen Männern beladen wurden. Sie sollten neue Waren nach Meredith bringen, Waren aus dem Lager, das Sheldon eingerichtet hatte.

    Aufbruch sollte am folgenden Morgen sein.

    Kelly war sich nicht mehr sicher. Er wusste jetzt, dass es in dem Job, den er angenommen hatte, rauchig werden konnte. Und er begann sich zu fragen, ob er tatsächlich seine Haut zu Markte tragen sollte.

    Als Sheldon ihm den Job anbot, verschwieg er, dass er von Sam Hodt bekämpft wurde. Er hatte Kelly zwar nicht im Unklaren gelassen, dass es unter Umständen ein gefährlicher Job war, doch dass er tödlich gefährlich war, hatte er Kelly nicht erzählt.

    Er, Kelly, hatte heute gekämpft. Er stutzte einen der Schläger Hodts auf seine richtige Größe zurecht und bewahrte James Sheldon davor, von dem Bullen zertrümmert zu werden. Es wäre ein sehr ungleicher Kampf gewesen, und er hatte verhindert, dass sich Sheldon diesem Wolf zum Fraß vorwarf. Es geschah aus dem Gefühl heraus, Sheldon etwas schuldig zu sein, weil dieser ihm eine Chance bot und er sich ihm verpflichtet fühlte.

    Doch jetzt spürte Kelly Zweifel in sich.

    Da war auch noch die andere Sache. Er hatte keine Ahnung, ob er seine Verfolger abgeschüttelt hatte. Er hatte New Mexiko nicht freiwillig verlassen. Die Union Pacific hatte ihm einen Teil seines Grund und Bodens weggenommen, und er hatte sich mit der Waffe in der Faust zur Wehr gesetzt, als der Vermessungstrupp erschien. Dabei waren zwei Männer ums Leben gekommen. Revolvermänner, die für die Union Pacific arbeiteten. Vor dem Gesetz hatte er in Notwehr gehandelt. Die Bahngesellschaft jedoch hatte 2.000 Dollar für seine Ergreifung ausgesetzt. Tot oder lebendig …

    Er war ein Desperado. Verfemt, ausgestoßen, gejagt.

    Eine innere Stimme mahnte Kelly, seine Flucht fortzusetzen. Der Kampf Sheldons gegen Hodt war nicht seine Sache. Er konnte höchstens Federn lassen, wenn er sich auf Sheldons Seite stellte.

    Aber da war Belinda.

    Er konnte sich dem Bann, den sie auf ihn ausübte, nicht entziehen. Ein innerer Zwiespalt riss in ihm auf. Verstand und Gefühl lagen in zäher Zwietracht.

    Kelly ging in die Unterkunft. Er war allein. Die Arbeiter waren alle draußen oder unterwegs. Kelly setzte sich auf sein Bett, legte die Ellenbogen auf die Oberschenkel und ließ die Hände zwischen den Knien baumeln.

    Er konnte sich nicht entscheiden. Gedankenverloren starrte er durch das Fenster auf der anderen Raumseite. Sein Blick war auf einen unbestimmten Punkt gerichtet.

    Es dauerte eine ganze Zeit, bis Kelly sich entschied. Er hatte selbst genug Probleme am Hals, so dass er sich nicht noch mit den Problemen Sheldons befassen wollte. Ruckartig erhob er sich. Er holte seine Satteltaschen aus dem Spind, stopfte seine wenigen Habseligkeiten hinein, legte sich die Satteltaschen auf die Schulter, nahm sein Gewehr und verließ die Unterkunft.

    Kelly ging ins Frachtbüro. Dort traf er auf James Sheldon. Dieser fixierte ihn fragend. Kelly fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen, dann sagte er: »Ich kündige, Mr. Sheldon. Hier habe ich keine Zukunft. Sie können Hodt auf Dauer nicht standhalten. Er ist zu groß und zu stark. Sie sind zum Scheitern verurteilt. Und ich will Ihre Probleme nicht zu meinen machen.«

    Sheldon nickte. »Ich habe es fast erwartet, Hunter. Schade. Aber ich kann Sie nicht halten. Werden Sie die Stadt verlassen?«

    »Heute nicht mehr. Morgen reite ich weiter. Ich denke, Sie können mich verstehen.«

    »Sie wollen sagen, dass es nicht Ihr Kampf ist, Hunter, nicht wahr?«

    »Ja.«

    »Sie bekommen für einen Tag Lohn.«

    »Geschenkt. Ich wünsche Ihnen alles Gute.« Kelly wandte sich um und verließ das Büro. Er ging in den Stall und holte sein Pferd. Als er es in den Hof führte, hatten sich einige Arbeiter versammelt. Sie musterten ihn mit einer Mischung aus Abscheu und Verachtung. Einer spuckte aus und sagte: »Die Ratten verlassen das sinkende Schiff, wie?«

    »Nenn es, wie du willst, Hombre«, versetzte Kelly ruhig und stieg aufs Pferd.

    Ein anderer der Männer sagte: »Ich hatte großen Respekt vor dir, Hunter, nachdem du George Brady gehörig verprügelt hast. Jetzt aber weiß ich, dass du im Grunde deines Herzens ein Feigling bist.«

    Kelly ließ sich nicht beirren. Er trieb das Pferd an und ritt vom Hof. Er lenkte das Tier vor das Hotel hin und saß wieder ab. Nachdem er den Zügel lose um den Querholm geschlungen hatte, ging er ins Hotel. Die Rezeption war verwaist. Kelly schlug mit der flachen Hand auf die Glocke. Eine Tür neben der Treppe zum Obergeschoss wurde geöffnet. Ein glatzköpfiger Mann mit einem Zwicker auf der Nase kam in die Halle. »Sie wünschen?«

    »Ich brauche ein Zimmer für die Nacht.«

    Der Hotelier ging hinter die Rezeption und legte vor Kelly das Gästebuch hin. »Es ist nicht notwendig, dass mein Name da drin erscheint«, sagte Kelly und schob das Buch zurück.

    Der Hotelier musterte Kelly mit durchdringendem Blick, schließlich aber zuckte er mit den Schultern. »Wie Sie meinen.«

    Nachdem Kelly sein Zimmer bezogen hatte, brachte er das Pferd in den Mietstall.

    *

    Es war finster. Vier Reiter verhielten am Ortsrand von Frisco ihre Pferde. Die Main Street lag im Licht, das aus den Fenstern zu beiden Seiten fiel. Aus dem Saloon drang verworrener Lärm. Am Holm davor standen einige Pferde.

    »Frisco«, sagte Craig Duncan staubheiser. »Ich hoffe, hier ist Endstation.«

    »Keine besonders große Stadt«, meinte Steve Mallory. »Aber wahrscheinlich hat Kelly hier Station gemacht. Gebe der Himmel, dass der Bastard noch nicht weitergeritten ist.«

    Es waren vier hagere, hohlwangige Burschen, die mit langen Staubmänteln bekleidet waren und in deren Gesichtern tagealte Bartstoppeln wucherten. Jeder von ihnen hatte einen Revolver umgeschnallt. Aus den Scabbards ragten die Kolben der Gewehre.

    Craig Duncan trieb sein Pferd an. Seine Gefährten folgten ihm. Sie sahen den Mietstall und hielten darauf zu. Im Wagenhof saßen sie ab und führten ihre Pferde in den Stall. Hier brannte eine Laterne und spendete in einem Umkreis von drei Yards Licht. Der Stallmann kam aus einem Verschlag, der ihm als Aufenthaltsraum und Stallbüro diente, musterte die vier Kerle aufmerksam und sagte fast ein wenig aggressiv: »Die Pferde sind ziemlich am Ende. Wer ist hinter euch her, weil ihr die armen Kreaturen so geschunden habt?«

    Duncan reichte ihm den Zügel und erwiderte: »Wir reiten auf einer Spur. Wahrscheinlich hat der Bursche hier Station gemacht. Er ist einsneunzig groß und dunkel. Sein Name ist Vince Kelly.«

    »Was hat er denn ausgefressen?«

    »Er hat zwei Leute der Union Pacific erschossen. Die Gesellschaft hat 2.000 Dollar auf seinen Kopf ausgesetzt. Dieses Geld wollen wir uns verdienen. Also rück schon raus mit der Sprache. Hast du Kelly gesehen?«

    »Ein großer Mann ist vor zwei Tagen hier angekommen. Allerdings nennt er sich hier Hunter. Er hat einen Job bei James Sheldon angenommen. Erkundigt euch mal dort nach ihm. Es ist das Frachtfuhrunternehmen ein Stück die Straße hinunter. Dieser Kelly könnte euer Mann sein.«

    »Vielen Dank.« Craig Duncan grinste hart. »Sieht aus, als hätten wir unser Wild gestellt«, sagte er und schnallte seine Satteltasche los. Seine Kumpane folgten seinem Beispiel. Sie nahmen ihre Gewehre und verließen den Stall. Wenig später mieteten sie Zimmer im Hotel, dann gingen sie in den Saloon.

    Vince Kelly, der sich in der Stadt Lance Hunter genannt hatte, saß an einem der runden Tische und trank ein Bier. Tabakrauch schlierte unter der Theke. Er sah die vier verstaubten Gestalten in den langen Staubmänteln zum Tresen gehen. Hinter ihnen schlug knarrend die Pendeltür aus. Ihre Schritte tackten auf den Fußbodendielen. Leise sangen die Sporen.

    Die Gespräche verstummten. Das Quartett zog die Aufmerksamkeit auf sich.

    Kelly nagte an seiner Unterlippe. Die vier Kerle sahen aus, als wären sie eben in der Stadt angekommen. Er spürte tiefe Unruhe in sich. Ritten sie auf seiner Spur? Es war die Unruhe des Gejagten, die sich seiner bemächtigte, die Rastlosigkeit des Gehetzten.

    Die vier bauten sich am Tresen auf und bestellten Whisky.

    Kelly warf fünf Cent für das Bier auf den Tisch und erhob sich. Ohne besondere Hast verließ er den Schankraum. Niemand achtete auf ihn. Draußen sog er die frische Luft tief in seine Lungen. Dann ging er zum Mietstall. Der Stallmann war dabei, die vier Pferde zu versorgen. Als er Kelly sah, hielt er inne. »Sie?!«

    »Was sind das für vier Kerle, die in den Saloon gekommen sind?«

    »Kopfgeldjäger. Sie jagen einen Burschen namens Vince Kelly. Ich habe ihnen gesagt, dass der einzige Mann, der in den vergangenen Tagen hier angekommen ist, Sie sind, Hunter.«

    Kelly biss die Zähne zusammen. Seine Wangenmuskulatur vibrierte.

    Der Stallmann fixierte Kelly forschend. »Dieser Kelly soll 2.000 Bucks wert sein. Er hat zwei Männer erschossen.«

    Kelly schaute den Stallmann an. »Sie wissen Bescheid, nicht wahr?«

    »Ich denke schon. Kelly soll sehr groß sein. So groß wie Sie.« Aufmerksam studierte der Stallmann Kellys Gesicht, als suchte er darin nach einer Reaktion, als versuchte er Kellys geheimste Gedanken zu erforschen.

    »Satteln Sie mein Pferd«, sagte Kelly. »Ich hole nur mein Zeug aus dem Hotel, dann reite ich.«

    »Sie sind dieser Kelly, nicht wahr? Sind Sie nicht bei Sheldon eingestiegen?«

    »Ich habe den Job wieder gekündigt. Ich will seinen Streit mit Hodt nicht zu meiner Sache machen. Ja, verdammt. Ich bin Kelly. Es waren zwei Coltschwinger, die ich in New Mex erschossen habe. Die Bahn schickte sie mir auf den Hals …« Kelly wandte sich ab und verließ den Mietstall. Die Jagd auf ihn war also noch nicht abgeblasen worden.

    »In deiner Haut möchte ich nicht stecken, Junge«, knurrte der Stallmann vor sich hin, nachdem Kellys Schritte verklungen waren. »Weiß Gott …«

    Kelly ging zum Hotel, packte im Zimmer seine Habseligkeiten in die Satteltaschen, dann ging er zur Rezeption um zu fragen, ob er was schuldig sei. Auch diesmal war die Anmeldung verwaist. Ehe Kelly auf die Glocke schlug, nahm er das Gästebuch und schlug es auf. Er las die vier Namen: Craig Duncan, Steve Mallory, Clint Morgan und Dough Hardin.

    Kelly schlug das Buch wieder zu und läutete. Der Hotelier erschien. Kelly erklärte ihm, dass er noch an diesem Abend aufbrechen und die Stadt verlassen wollte. Der Hotelier kassierte von ihm für eine Übernachtung das Geld. Dann fragte er: »Hängt es mit den vier Kerlen zusammen, die vor einer halben Stunde angekommen sind?«

    Kelly gab keine Antwort, wandte sich ab und verließ die Halle. Auf der Main Street wandte er sich in Richtung Mietstall. Da peitschte ein Schuss. Der Knall trieb wie fernes Gewittergrollen durch die Stadt und verebbte.

    Kelly war ruckhaft stehen geblieben und lauschte der Detonation hinterher. Er befand sich nicht weit von Sheldons Haus entfernt. Im Hof des Fuhrunternehmens war plötzlich Geschrei zu hören. Ohne von einem bewussten Willen geleitet zu werden wandte Kelly seine Schritte dorthin. Er sah im Schein einer Laterne die Arbeiter. Sie rotten sich im Hof zusammen. Belinda Sheldons Stimme erklang: »Hole einer den Doc, schnell. Vielleicht kann er Dad helfen.«

    Ihre Stimme klang ruhig, sachlich und klar.

    Ein Mann löste sich aus dem Pulk und hetzte vom Hof.

    Kelly bahnte sich einen Weg durch die Traube aus Menschenleibern. Murmeln und Raunen erfüllte die Nacht. Das Licht der Laterne fiel auf James Sheldon. Er lag auf dem Rücken. Bei ihm kniete Belinda.

    »Was ist geschehen?«, fragte Vince Kelly und ging ebenfalls auf das linke Knie nieder.

    Sheldons Atem ging rasselnd. Seine Brust hob und senkte sich unter keuchenden Atemzügen. Auf seiner Hemdbrust zeigte sich ein großer Blutfleck. »Was interessiert Sie es, Hunter?«, zeigte Belinda sich abweisend. »Sie haben doch Dad den Job vor die Füße geworfen. Warum sind Sie nicht schon längst fort, Sie – Feigling?«

    Kelly schluckte hart. »Mein Entschluss hat mit Feigheit nichts zu tun, Belinda«, murmelte er, und seine Stimme klang belegt. »Also, was ist geschehen?« Sein Blick kreuzte sich mit dem des Mädchens. Kelly hielt stand. Belinda sagte: »Vater wurde aus dem Hinterhalt niedergeschossen. Er wollte noch einmal in die Mannschaftsunterkunft gehen, um mit Hank Gibbon, dem Wagenboss, zu sprechen. Der niederträchtige Schütze muss hier im Hof gelauert haben.«

    Kelly biss die Zähne zusammen. Seine Kiefer mahlten. Er richtete sich auf.

    Der Sheriff kam. Bat Osborne erfuhr von Belinda, was sich zugetragen hatte. Einer der Männer im Pulk rief: »Jeder weiß, dass Hodt den Killer geschickt hat. Wenden Sie sich an ihn, Sheriff. Aber ich denke, dazu fehlt Ihnen der Schneid.«

    »Auf einen vagen Verdacht hin kann ich niemand festnehmen«, antwortete der Sheriff grollend. »Und schon gar nicht kann ich aufgrund von Verdächtigungen und Unterstellungen Anklage erheben. Das werdet ihr wohl einsehen, Leute. Ich werde in der Sache ermitteln. Das ist schließlich mein Job. Und wir werden sehen, was meine Ermittlungen ergeben.«

    Ein Gurgeln kam von dem Verwundeten. Er bäumte sich auf. »Belinda, mein Gott. Belinda, bist du da?« Sheldon sprach mit matter Stimme und es war, als kostete ihm jedes Wort übermenschliche Anstrengung.

    »Ja, Dad. Doc Webster kommt gleich. Du darfst dich nicht anstrengen. Der Doc wird dir helfen. Sei stark, Dad.«

    »Er – er hat zu gut getroffen«, entrang es sich dem Verwundeten. »Meine – meine Zeit ist abgelaufen. Es – es war ein Fehler. Wenn ich dir einen guten Rat geben darf. Gib auf, Belinda. Du bist nicht stark genug …«

    Ein Krampf überlief das Gesicht. Nur noch unzusammenhängendes Gestammel kam über seine Lippen, Blut rann aus seinem Mundwinkel, Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn.

    Und plötzlich rollte sein Kopf zur Seite. In den Augen zeigte sich stumpfe Leblosigkeit. Ein verlöschender Atemzug …

    James Sheldon war tot.

    Kelly war tief betroffen. Er sagte mit belegter Stimme zum Sheriff: »Der zweite Tote innerhalb eines Tages. Es ist offensichtlich, wer dahintersteckt. Sie aber sprechen von einem vagen Verdacht und von Unterstellungen. Sie sollten die Scheuklappen abnehmen und tätig werden, Sheriff.«

    »Wie reden Sie denn mit mir?«, erboste sich Osborne.

    Belinda wurde überwältigt und brach in Tränen aus. Sie hatte den Kopf ihres Vaters in den Schoß gebettet. Ihre Schultern erbebten. Ringsum herrschte betroffenes Schweigen. Nur ihr Schluchzen war zu vernehmen.

    Kelly wandte sich ab. Er hatte seinen Entschluss gefasst. Die vier Kerle, die nach Frisco gekommen waren, durfte er nicht unterschätzen. Er konnte nicht bleiben.

    Er stieg aufs Pferd und verließ den Hof. Es ist nicht dein Kampf, Kelly!, redete er sich ein. Hier kannst du nur den Kürzeren ziehen. Es ist nicht nur Hodt mit seinem Anhang. Es sind auch die vier Kerle, die heute angekommen sind. Viele Hunde sind des Hasen Tod …

    Er ritt die Main Street entlang, erreichte das Ende der Stadt und fiel dem Pferd in die Zügel.

    Er konnte nicht einfach verschwinden. Das Bild des Mädchens erstand vor seinem geistigen Auge. Traurig blickte es ihn an. Resignation und Enttäuschung drückten sich in Belindas Blick aus. Kelly nagte an seiner Unterlippe.

    O verdammt, Vince, du kannst sie nicht allein lassen in ihrem Kampf gegen Hodt. Wenn es hart auf hart geht, werden ihre Arbeiter die Segel streichen und verschwinden …

    Sofort meldete sich eine andere Stimme. Die Stimme der Vernunft. Du bist ein Narr, Vince. Warum reitest du nicht einfach weiter. Bis morgen früh hast du 30 Meilen zwischen dich und die Stadt gebracht. Es ist nicht deine Sache. Reiter weiter …

    Das Gefühl aber hämmerte ihm ein: Sie ist alleine und chancenlos. Hodt wird sie in den Ruin treiben. Es sei denn, sie erhört ihn und wird seine Frau. Das darf nicht sein. Sie ist nicht für diesen Widerling geboren …

    Einem jähen Impuls folgend zog Kelly das Pferd herum. Er brachte es zurück in den Mietstall. Verblüfft starrte ihn der Stallmann an. »Wie soll ich denn das verstehen?«

    »Sheldon ist tot«, murmelte Vince. »Belinda steht allein. Ich glaube, ich werde hier gebraucht. Wenn es auch verrückt ist.«

    »Es hat schon die Runde durch die Stadt gemacht«, sagte der Stallmann. »Hodt soll Sheldon einen Killer auf den Hals geschickt haben. Das wird natürlich nur hinter vorgehaltener Hand gemunkelt. Aber wer sonst sollte Sheldon den Mörder geschickt haben?«

    »Sie mögen Hodt nicht besonders, wie?«

    »Ich kann diesen arroganten Hurensohn nicht ausstehen«, sagte der Stallmann. Er legte den Kopf schief. »Sie denken hoffentlich daran, Kelly …«

    »Nennen Sie mich Vince. Ganz einfach nur Vince.«

    »Okay, Vince. Ich bin Swift. Einfach nur Swift. Vergiss nicht, Vince, dass vier ziemlich üble Nummern nach Glenwood gekommen sind, um dir die Flötentöne beizubringen.«

    »Ich denke an nichts anderes.« Entschlossen zog Kelly die Winchester aus dem Scabbard und repetierte. Das harte, trockene Knacken stand sekundenlang in der Luft. Dann schritt Kelly langbeinig aus dem Mietstall. Unter seinen harten Sohlen knirschte der feine Sand. Seine Miene war eine Maske düsterer Entschlossenheit …

    *

    Wenig erfreulichen Gedanken ausgesetzt betrat er wenig später den Saloon. Gleich hinter der Tür blieb er stehen. Jeder, der ihn anschaute, konnte erkennen, dass er aus einem besonderen Grund gekommen war. Nach und nach verstummten die Gespräche. Die vier Kerle beim Tresen wurden aufmerksam und wandten sich um.

    Einige Männer, die in der Schussbahn saßen, erhoben sich schnell und zogen sich an die Wand zurück. Stuhlbeine scharrten.

    Die Atmosphäre im Saloon mutete plötzlich angespannt und gefährlich an und war kaum noch zu ertragen.

    »Sucht ihr vier mich?«, rief Kelly. Er hielt das Gewehr mit beiden Händen schräg vor der Brust.

    »Wenn du Gunsmoke Vince Kelly bist – dann suchen wir dich«, dehnte Craig Duncan.

    »Gunsmoke?«, fragte Kelly irritiert.

    »Den Namen hat man Vince Kelly gegeben, nachdem er sich als wilder Schießer entpuppte.«

    »Na schön. Von mir aus. Ich bin Gunsmoke Vince Kelly.«

    »Dann fahr zur Hölle!«, stieß Duncan hervor und griff zum Revolver.

    Auch die Hände seiner Kumpane zuckten zu den Eisen.

    Blitzschnell nahm Kelly das Gewehr in den Hüftanschlag. Drei Finger steckten im Ladebügel. Der Zeigefinger krümmte sich um den Abzug.

    Und dann begannen die Waffen zu sprechen. Mündungsblitze zuckten aus den Läufen. Die Detonationen drohten den Bau in seinen Fundamenten erzittern zu lassen. Kelly war auf das linke Knie niedergegangen. Die erste Salve, die ihm die Kopfgeldjäger schickten, pfiff über ihn hinweg und zerfetzte die Lamellen der Pendeltür. Wild

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1