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Seelen berühren
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eBook396 Seiten4 Stunden

Seelen berühren

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Über dieses E-Book

Schon seit Jahrhunderten is die Menschheit vom Verhalten de Tiere genauso fasziniert wie irritiert. Unzählige wissenschaftliche Studien spiegeln die Anziehungskraft dieses Themas wider und die moisten Menschen hegen wohl den Wunsch, Tiere richtig zu verstehen. Auch für Gabrielle Harris spielen Tiere eine große Rolle. Als Tochter eines Tierarztes kam sie seit ihrer Kindheit mit vielen verschiedenen Individuen in Berühren und verlor an so manches von ihnen ihr Herz.
1990 wurde sie Tiertrainerin und arbeit seitdem professionell auch mit schwierigen Fällen. Mit ihren Buch eröffnet Gabrielle uns einen neuen, erstaunlich einfachen Weg für einen harmonischen Umgang mit Tieren. Sie zeigt uns auf, was wir Menschen vom Tierreich lernen können, wenn wir bereit sind, nicht alles der Wissenschaft zu überlassen. Manchmal müssen wir Herzen öffnen und das Ego zu Hause lassen.

SpracheDeutsch
HerausgeberRobin Beck
Erscheinungsdatum27. Nov. 2017
ISBN9781928234159
Seelen berühren
Autor

Gabrielle Harris

Gabrielle lives in Drummond, KwaZulu Natal on a plot that she shares with a menagerie of animal souls, her children, Zac and Kai and husband Darryl. She has worked as a professional animal trainer since 1990, with the dolphins, seals and penguins (and sometimes fish) at Sea World, and is also a trainer with Horse Gentlers International. She has consulted at a number of facilities, and presents animal training workshops. One of her favourite past times apart from being with animals is listening and appreciating her son’s rocking musical talents.

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    Buchvorschau

    Seelen berühren - Gabrielle Harris

    Vorwort

    Vielleicht ist es kein Zufall, dass das Wort „KNOW („Wissen) das Wort „NOW („Jetzt) beinhaltet. Wenn wir uns im „Jetzt" befinden, werden wir nicht durch Überzeugungen, Vergangenheit oder Gegenwart beeinträchtigt. Wir erleben lediglich, was ist, und antworten, wie ein Tier antworten würde – mit Wahrheit und Klarheit. Es ist der Moment, in dem wir wahrhaftig wissen.

    Menschen machen den Unterschied auf diesem Planeten aus. Jeder von uns hat die Verantwortung, für sich zu bestimmen, welchen Unterschied er machen will. Vielleicht ist die Traurigkeit, die über unserem Planeten liegt, nur die Reflektion der Traurigkeit, des mangelnden Bewusstseins und der Furcht, die in den meisten Menschen seit jeher verwurzelt ist. Das glaube ich inzwischen jeden Tag mehr. An Orten, wo man Menschen findet, die Spaß haben und positive Energie verbreiten, bemerkt man auch, dass die natürliche Welt diese Energie reflektiert.

    Das große Glück, zu Tieren ein gutes Verhältnis zu haben, ist ein außergewöhnliches Privileg. Wenn wir uns diese Beziehung näher ansehen, erkennen wir uns gegenüber ein völlig vorbehaltloses Wesen. Ein Wesen, das einzig zu dem Zweck da ist, uns in eine bewusstere Existenz zu führen. Man stelle sich einfach einmal vor, dass sich jede unserer Aktionen und Reaktionen auf die Welt auswirkt. Es gibt keinen falschen oder richtigen Weg, um mit diesem Konzept im Einklang zu stehen. Wenn wir es aber als ein Glaubenssystem akzeptieren, dann müssen wir auch die volle Verantwortung für alles übernehmen, was um uns herum passiert. Wenn wir die Verantwortung übernehmen, dann werden wir auch die Veränderungen herbeiführen, die erforderlich sind, um unseren Kindern einen vererbbaren Planeten zu hinterlassen.

    Die Wahrheit ist, dass uns Tiere in diese Richtung führen können. Als Tiertrainer habe ich das von ihnen gelernt. Sie sind immer gegenwärtig, sie beobachten genau und sind sich aller Dinge, die in diesem Moment in ihrer Umgebung ablaufen, vollständig bewusst. Sie sind meine Gurus, meine spirituellen Führer. Sie machen sich keine Sorgen darüber, was sie morgen anziehen sollen oder wie sie den Mist, den sie gestern verzapft haben, ungeschehen machen können. Sie leben im Jetzt. Sie überleben in der für sie bestmöglichen Weise. Ich sage nicht, dass sie nicht in der Lage sind, zu lernen. Ich trainiere Tiere und ich weiß, dass sie beeindruckende Dinge vermögen. Sie sind in ihren Antworten vorbehaltlos. Sie haben keine geheime Agenda. Sie agieren, um zu überleben. Und wenn sie in einem Verhältnis zu einem Menschen stehen, reagieren sie normalerweise. Wenn wir zuhören und sie intensiv beobachten, werden wir mit einem tiefen Einblick in uns selbst beschenkt. Und wenn wir dieses Bild auch empfangen, dann können wir uns hinbewegen zu einem verantwortungsvollen Erdenbewohner.

    Darwins Evolutionstheorie wird von den meisten dahingehend interpretiert, dass der Mensch die Spitze der Entwicklungspyramide darstellt. Aber vielleicht finden wir die Wahrheit genau auf der anderen Seite. Wenn wir nach einem reinen Bewusstsein suchen, dem Ziel allen Glaubens und aller Religionen, dann müssen wir in die Richtung der einfachen Lebensformen blicken. Vielleicht ist die Amöbe die ultimative Lebensform.

    Dieses Buch ist in mehrere Stufen gegliedert. Zunächst erzähle ich einige Anekdoten, die ich mit Tieren erlebt habe. Mein Leben wurde durch diese Erfahrungen bereichert und ich vertraue darauf, dass auch die Leser das Besondere dieser Erlebnisse erkennen werden. In einem anderen Abschnitt erkläre ich diese Anekdoten, um die Lebenserfahrung zu teilen, die ich bei diesen Interaktionen lernen durfte. Und letztendlich ist eine der großen Aussagen dieses Buches, dass diejenigen Menschen, die bescheiden und offen für die Lehrstunden sind, die Tiere für sie bereithalten, die effektiveren Trainer sein werden.

    Wenn Du, liebe Leserin, lieber Leser, also ein Tiertrainer, Tierpfleger oder Tierhalter bist, dann kann der Inhalt dieses Buches dazu beitragen, Deine Fähigkeiten im Umgang mit Tieren zu verbessern. Ich würde gerne Deine Geschichten hören und Deine Gedanken erfahren bezüglich der Ansichten, die in „Seelen berühren" vorgestellt werden. Also, melde Dich!

    Viel Spaß beim Lesen.

    Einleitung

    Engel erscheinen in allen Formen und Größen

    Nervös griff ich nach Gandalfs Halfter und führte ihn auf das Feld hinaus. Wir beide schritten zögernd vorwärts, ich, nervös auf seine Reaktionen wartend, er, wahrscheinlich, weil er der nervösen Person neben sich nicht traute. Vielleicht erwartete er aufgrund meiner ängstlichen Haltung einen Angreifer. Nach nur ein paar Schritten außerhalb der schmalen Arena schlug mir mein Herz schon bis zum Hals. Das junge Pferd fühlte wahrscheinlich ähnlich. Es war, als würden wir in das Ungewisse hinaustreten, und genau in dem Moment, in dem wir die Grenzen des umzäunten Bereiches verließen, gab Gandalf auf. Obwohl er nur sechs Monate alt und bei weitem noch nicht ausgewachsen war, riss er sich von mir los. Ich war nicht in der Lage, ihn am Führstrick zu halten. Ich strauchelte, fiel hin und ein Huf schlug mir an die Schläfe.

    In diesem Augenblick wurde mein Stolz zerschlagen. Ich stand auf. Benommen fühlte ich ein feuchtes Rinnsal Blut an der Seite meines Gesichtes herunterlaufen. Gandalf hatte einen Bogen geschlagen und stand ein paar Schritte von mir entfernt. Mit von Adrenalin getriebener Tapferkeit ging ich zu ihm hinüber, griff fest nach seinem Halfter und dieses Mal blickte ich ihm in seine wundervollen, blauen Augen. In einem plötzlichen Gefühl von Demut sah ich dort einen Lehrer. Laut und ohne zu zögern, sagte ich: „Okay Sir, ich bin bereit, die Lektion zu lernen."

    Ich habe keine Ahnung, wo diese Worte in diesem Moment herkamen, aber sie führten mich in eine völlig neue Richtung in meiner Karriere als Tiertrainer. Ich betrat einen völlig neuen Weg auf der Reise meiner Seele. Der Moment eröffnete einen anderen, durch Tiere inspirierten, bescheidenen Blick in diejenige, die ich als Mensch wirklich bin. Ich führte Gandalf zurück in den kleineren Paddock und der Unterricht begann. Die Erkenntnis, die Gandalf an diesem Tag anstieß, führte mich in eine Reise ins ich. Ich stellte fest, dass sich alles, was in mir passiert, in meinem Umfeld manifestiert. Wenn ich mit Tieren arbeite, ist diese Manifestation eine reine Reflektion meines inneren Selbst.

    Tiere sind unglaubliche Seelen und meistens tun sie, was von ihnen gewünscht wird. Sie nehmen Dinge nicht persönlich. Sie sind lediglich. Sie leben im Einklang mit ihrer Umwelt. Sie akzeptieren, was ist, und tun, was nötig ist zu tun. Ihr Umfeld ist ihr Universum und das Universum ist ihr Lenker. Wenn wir aufmerksam sind, werden wir feststellen, dass dieses Universum alles beinhaltet, uns eingeschlossen. Stehen wir in einer Beziehung zu einem Tier, ist das Ergebnis, dass wir in einen aufschlussreichen, wundervollen Spiegel blicken. Einen Spiegel, der, wenn wir ihn lassen, tatsächlich beide Richtungen reflektiert. Er vermittelt zwischen den Seelen von Menschen und Tieren. Mit Tieren vor uns brauchen wir keine Psychologencouch. Tiere fragen alle nötigen Fragen und deuten auf alle Risse. Für alle, die zuhören können, ist es eine unverfälschte, natürliche Therapie.

    Als Gandalf mir an den Kopf trat und mich so aufweckte, war ich schon mehrere Jahre lang Tiertrainer. Aber mit Pferden hatte ich keine wirkliche Erfahrung. Ich kann mich erinnern, als Kind geritten zu sein. Ich war damals acht oder neun Jahre alt. Mein damaliger Reitlehrer war ein junger Mann, der wohl – im Nachhinein gesehen – nicht große Hoffnung auf meine Reitfähigkeiten gab. Ich bekam immer das langsamste Arbeitspferd und ich kann mich erinnern, ängstlich gewesen zu sein. Meine Versuche waren hoffnungslos und mein Schulpferd reagierte nie auf mein Treiben. Wahrscheinlich war es bereits völlig desensibilisiert gegenüber dem permanenten Gezeter der ungeduldigen jungen Mädels, wie ich eines war. Aber genau wie unzählige andere junge Mädchen wollte ich verzweifelt ein Verhältnis zu Pferden aufbauen. Ich hatte entsprechende Bücher und schlief ein mit Träumen von „Mein Freund Flicka, „Royal Velvet und „Black Beauty" in meinem Kopf. An meinen Schlaf- zimmerwänden prangten Poster von prachtvollen Hengsten.

    Unglücklicherweise bildeten meine Reitstunden in mir aber nur das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Ich fiel oft herunter. Ich erinnere mich an die Stunden, in denen das Pferd „eigenwillig" war, so die Meinung meines Reitlehrers. Eines Tages wurde er ärgerlich und ließ mich absteigen. Mein resoluter Ausbilder sprang selbst auf das Pferd und verpasste ihm eine Tracht Prügel. Das Pferd bäumte und buckelte, der Ausbilder schrie lauter und lauter. Ich war furchtbar erschrocken.

    Damals war mir nicht klar, was mich dermaßen ängstigte. Heute glaube ich, dass ich, wenn ich mich in der Nähe von Tieren ängstlich fühle, möglicherweise emphatisch empfinde. Ich fühle die Angst, die das Tier empfindet. Kurze Zeit nach dieser Vorstellung von Draufgängertum seitens meines Reitlehrers gab ich den Reitunterricht auf. Meine Zuversicht war zerstört und Unbehagen hatte sich in diese wöchentlichen, nerven- aufreibenden Expeditionen geschlichen. Es fühlte sich einfach nicht mehr richtig an. Die Fantasie wurde begraben – vorerst.

    Mein Vater ist Tierarzt. Während ich heranwuchs, war ich ständig in seiner Nähe und beobachtete ihn mit Ehrfurcht und Staunen bei seiner Arbeit. Ich kann mich gut erinnern, wie er wirklich schwierige Tiere behandelte, Hunde, die unglaublich aggressiv oder verängstigt waren. Er handelte in jeder Situation friedvoll und löste seine Aufgaben immer erfolgreich. Sein gesamtes Auftreten strahlte Zuversicht aus. Zuhause lebten in unserer Mitte immer ein oder zwei verwaiste Tiere. Einige waren Wildtiere, die wir in ihre Heimat zurück- brachten, sobald sie aufgezogen oder gesund gepflegt waren. Andere waren Haustiere, die ein Teil unserer Familie wurden, nachdem sie wegen unterschiedlichster Gründe in der Praxis meines Vaters zurückgelassen worden waren. Die Praxis meines Vaters befand sich im Erdgeschoss unseres Wohnhauses und so hatten die verlassenen Tiere nur einen kurzen Reiseweg, um ein neues Zuhause zu finden.

    Da war der dreibeinige Siamkater Cat. Er hatte sich in einer Schlinge verfangen und nach der notwendigen Amputation des Beines wollte der Besitzer ihn nicht zurückhaben. Er wurde die Stufen nach oben getragen. Lady Button, eine Mischlingshündin, kam zusammen mit ihren vier Welpen, die zum Einschläfern gebracht wurden, weil ihre Besitzer umzogen. Wir fanden Plätze für die Jungtiere. Lady wanderte die Treppen hinauf und wurde ein lebendiger Teil unserer Familie. Jasmine, das Kätzchen, das mit der Hand aufgezogen wurde, nachdem es angesengt und fast verbrannt in einem Fabrikfeuer gefunden wurde. Nicolas, der Igel, der sein Zuhause aufgrund der Vorstadterweiterung verlor. Er lebte eine Weile unter dem Wohnzimmerschrank, bis er gesund im Busch ausgewildert werden konnte. Fluff, ein Mausvogel, der aus dem Nest gefallen war. Nachdem wir ihm beigebracht hatten zu fliegen, wurde er in ein Schutzgebiet entlassen. Das sind nur einige der Lehrer, die ich in meiner Jugend hatte – einige wundervolle Inspirationen, von denen ich die Ehre hatte, sie zu kennen. Damals nahm ich das vorhandene Verhältnis zwischen ihnen und mir als selbstverständlich an. All die Zeit hatte ich angenommen, dass ich der liebende Mensch war, der sie errettete, die selbstbewusste Heldin ohne notwendige Bescheidenheit. Ich bemerkte nie, dass ich unterrichtet wurde. Rückblickend sehe ich, dass ich der Lehrling war.

    Meine rebellischen Teenagerjahre waren frei von jeder Zukunftsplanung. Ich hatte keinerlei Bild von dem, was ich einmal tun wollte. Unterbewusst wusste ich wahrscheinlich, dass es etwas mit Tieren sein sollte, aber ich hatte keinerlei Plan für einen Weg, der mich zu einem Endziel führen würde. Ich ging zur Uni und machte den Bachelor, studierte ein bisschen Psychologie, Sprache und Schauspiel. Rückblickend war das ein guter Schachzug meines Unterbewusstseins. Es kam mir bei der Jobsuche in der Tierwelt zugute. Davon hatte ich zu diesem Zeitpunkt aber keine Ahnung. Bevor ich zur Uni ging, verbrachte ich einige Zeit auf Reisen und mein Ziel während des Studiums war, nach Abschluss meiner Prüfungen damit weiter zu machen.

    Um genug Geld für eine Überseereise nach meiner Studentenzeit zu sparen, übernahm ich viele verschiedene Zeit- und Gelegenheitsjobs. Das beinhaltete alles vom Aerobictrainer bis zur Kneipenbedienung. Irgendwo in diesem Aktivitätschaos rief mich eine Freundin an. Sie sagte, in ihrem Betrieb gäbe es einen Job für mich und ich solle mich doch für ein Bewer- bungsgespräch anmelden.

    Sie arbeitete in SeaWorld Durban im Säugetier- und Vogelbereich mit Delfinen, Robben und Pinguinen. Ich war schon immer davon fasziniert, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente, aber hatte niemals die Möglichkeit in Erwägung gezogen, ebenfalls in diesem Bereich tätig werden zu können. Da ich nichts zu verlieren hatte, stimmte ich dem Gespräch zu. Ich nahm an, dieses Gespräch unter „Erfahrung sammeln" zu verbuchen. Gesucht wurde ein Assistenztrainer und Showmoderator. Aufgrund meines Bachelorab- schlusses war ich potentiell ein guter Kandidat für diesen Job. In einem turbulenten Einstellungsverfahren und bevor ich die Zeit hatte, meine Zukunft noch einmal zu überdenken, akzeptierte ich das Angebot und meine Reisepläne änderten sich für immer. Ich war am Haken.

    Ich wurde den Delfinen vorgestellt und in dieser ersten Begegnung rollte sich eines der Tiere auf den Rücken, um sich den Bauch streicheln zu lassen. Der Manager, der mich herumführte, lachte und deutete auf den Bauchnabel. Ich war fasziniert. Diese Tiere des Meeres besaßen einen Bauchnabel. Plötzlich wurden sie individuelle Persönlichkeiten, jedes mit einem eigenen Charakter und einer eigenen Geschichte – und das war der Start.

    Mehr und mehr verwob ich mich mit der Welt der Tierpflege und des Tiertrainings. Mir wurde die Ehre zuteil, mit einigen unglaublichen Delfinen, Robben und Pinguinen Freundschaft zu schließen. Ich erlernte die Kunst, Tiere mit Hilfe operanter Konditionierung (Anm. des Übersetzers: Verhaltensweisen können durch bestimmte Konsequenzen beeinflusst werden) und positiver Verstärkung zu trainieren. Ich konnte ziemlich gut mit dieser Methodik umgehen und war sicher, mich bei meiner Arbeit mit den Tieren in einer gleichwertigen Partnerschaft zu befinden. Mit Erfolg benutzte ich meine neu erworbenen Fähigkeiten bei Hunden, Katzen, Schweinen und einer ganzen Reihe unterschiedlicher Tiere, mit denen ich in Kontakt kam. Ich übernahm sie sogar für den Umgang mit meinen Kindern, als diese geboren wurden.

    Zu diesem Zeitpunkt traf ich Gandalf. Ich war schon ziemlich versiert in den verschiedenen Trainingstechniken und glaubte ehrlich, das meiste zu wissen, was man braucht, um das Verhalten von Tieren zu modifizieren. Schließlich hatte ich sogar eine zusätzliche akademische Qualifikation zu diesem Thema erworben. Dieses Selbstbewusstsein wurde mit Gandalfs Tritt zerschmettert. Dieser Glaube, alles zu wissen, wurde völlig aus der Bahn geschleudert. Es war, als würde die Tierwelt laut auflachen und mir als zusätzlichen Scherz Gandalf schicken. Ich brauchte dringend Bescheidenheit, um meine Reise in die Welt der Beziehung zwischen Mensch und Tier fortsetzen zu können. Und was ich brauchte, um diese Bescheidenheit zu erlangen, war, von meinem hohen Sockel gestürzt zu werden. Oder, um es richtiger zu sagen, etwas musste aus meinem Kopf gestoßen und in meinem Herzen platziert werden. Gandalf lehrte mich bis heute meine wichtigste Lektion, nicht nur in meiner Karriere, sondern meines gesamten Lebens. Damit ich diese Lektion hören konnte, schlug er mir buchstäblich meinen Stolz aus und schuf Platz für Bescheidenheit. Er zeigte mir, dass zuzuhören wichtig ist, vielleicht wichtiger als zu reden.

    Gandalf lehrte mich, dass ich nach innen blicken musste, um mich sowohl in meinem Wissen über Tiere als auch in der Lehre über die Verhaltensmodifikation zu entwickeln, oder noch wichtiger, für die Harmonie in meinem Leben. Ich musste endlich begreifen, dass ich für ein gutes Verhältnis zu einem Tier, ein effektiver Anführer sein musste. Das würde mich zugleich zu einem effektiveren Trainer machen. Es bedeutet nicht, dass man eine Verantwortung für ein Tier übernehmen muss, es bedeutet, dass man die volle Verantwortung für sein Tun übernimmt. Für mich bedeutet die Übernahme der Führungsrolle keinen egoistischen Schritt. Es ist einfach nur die Tatsache, bewusst und überlegt in meinem Handeln zu sein. Und tatsächlich, immer wenn ich in meinem Leben diese verantwortungsvolle Haltung übernehme, im Verhältnis mit wem auch immer, habe ich gleichbleibenden Erfolg in meiner Beziehung gegenüber meinem Umfeld.

    Um es hier deutlich zu machen, ich sehe einen riesigen Unterschied zwischen einem Anführer und einem Herrscher. Diese Erkenntnis soll in den nächsten Kapiteln erklärt werden, aber zum jetzigen Zeitpunkt soll es genügen, zu sagen, was das aufregende Ergebnis ist: Es ist, das Kommando für mein Leben zu übernehmen und die Verantwortung für alles, was um mich herum passiert, zu akzeptieren. Deswegen lästere ich nie über Tiere oder Menschen in meinem Umfeld, über was auch immer. Daran halte ich mich grundsätzlich.

    Tiertrainer lieben es, die Übungen zu zeigen, die sie einem Tier beigebracht haben. Unglaubliche Dinge sind hier schon vollbracht worden. Auf Konferenzen werden faszinierende Leistungen vorgestellt: Delfine liegen für eine künstliche Besamung ruhig im Wasser. Nashörner stehen still, während ein Tierarzt ihnen das Horn abfeilt. Männliche Löwen setzen auf ein Zeichen Harn. Trainer werden anhand ihrer Erfolge bemessen. Die Wahrheit aber ist, dass die Übung nicht der Grund für diesen Erfolg ist. Die Basisarbeit ist der Kernpunkt aller Dinge.

    Viele Menschen haben ein gutes Verhältnis zu Tieren und trainieren sie eigentlich gar nicht. Das ist eine weitere Lektion, die mir Gandalf beibrachte. Es geht rein um die Beziehung. Wenn ich in meiner Rolle als Tiertrainer oder Tierpfleger oder generell als Mensch effektiv sein will, dann muss ich immer das Ziel im Auge behalten. Ich muss verstehen, dass alles, was ich tue, das Wohlergehen des betreffenden Tieres beeinflusst. Und dieses Ziel ist die Bindung zueinander. Vielleicht ist „Ziel das falsche Wort. Vielleicht ist „Basis die bessere Beschreibung, um das fundamentale Ziel einer Beziehung zu beschreiben.

    Alle Beziehungen sind das Ergebnis irgendeiner Kommunikation untereinander. Wenn Tiere trainiert werden, dann ist jede Übung, die erlernt wurde, nur ein Nebenprodukt dieser Beziehung. Ohne eine Beziehung findet man in einer Interaktion keine Befriedigung. Was ich als Tiertrainer lerne, lehrt mich viel über mich selbst. Diese Erfahrung ist ein kontinuierlicher, andauernder Prozess und einer der Gründe, warum ich es immer noch so faszinierend in dem Berufsstand finde, den ich gewählt habe. Ich muss darüber schmunzeln, wie sehr sich meine Realität verschoben hat, seitdem mir das von den Kreaturen, mit denen ich zu tun habe, bewusstgemacht wurde. Schon komisch, dass ich es leichter finde, ihren Rat anzunehmen als den von Menschen. Ihr Rat ist eben ohne Berechnung.

    Es braucht Klarheit in der Kommunikation. Um ehrlich zu sein, Gefühl und Intellekt müssen harmonieren. Ich wurde zum Beispiel als Katholikin erzogen. Es war eine streng religiöse Erziehung, mit Lektionen und Instruktionen, die die Entwicklung meines Verstandes leiten sollten. Theoretisch machte das schon Sinn und förderte zudem einen gottesfürchtigen Intellekt. Trotzdem, ich fühlte während meiner gesamten religiösen Ausbildung in einer katholischen Schule niemals eine Nähe zu Gott. Die katholische Art und Weise mit Gott zu interagieren wurde mir auf hoher intellektueller Ebene beigebracht. Es ist vergleichbar mit der reinen Theorie, die Tiertrainern beigebracht wird. Aber das ist nur ein Teil der Gleichung.

    Das erste Mal, dass ich so etwas wie eine katholische, spirituelle Erfahrung hatte, war, als ich das Grab von Vasco da Gama in Portugal besuchte. Ich wurde buchstäblich umgehauen. Es befindet sich inmitten wundervoller Ornamente. Dieses echte Gefühl überkam mich, als ich erkannte, dass diese Ornamente einzig zur Würdigung des Hauptmannes gestaltet worden waren. Der Dichter, der ihn auf seinen abenteuerlichen Kreuzfahrten begleitet hatte, hatte sie für ihn entworfen. Plötzlich erkannte ich die warmherzige Menschlichkeit hinter den puren Geschichtsstunden, die in meinen Schulklassen gelehrt worden waren. Zum ersten Mal fühlte sich Geschichte wirklich an. Zum ersten Mal bemerkte ich, dass all diese Kreuzfahrergeschichten Poesie waren.

    Die Tatsache, dass die Kunst dieser frühen Zeit eine solche Glaubwürdigkeit ausstrahlte, erregte mich. Kunst ist die Art und Weise, in der der Mensch durch den Lauf der Geschichte seine Gefühle zum Ausdruck gebracht hat. Meiner Erfahrung nach erreichen vor allem Menschen, die sich von Gefühlen leiten lassen, wundervolle Dinge. In diesem Buch möchte ich herausarbeiten, dass es ein gewisses Maß an Synchronizität zwischen Gefühl und Intellekt bedarf, um eine erfolgreiche Beziehung zu einem Tier aufbauen zu können. Es ist eine weitere, wichtige Lektion für das Leben. Gefühle sind die Art und Weise, in der wir das Leben erfahren. Ohne sie sind wir nicht lebendig. Es ist möglich, ja sogar notwendig, beim Training von Tieren Gefühle zuzulassen.

    Die Synchronisierung zwischen Gefühl und Intellekt ist etwas, was in allen Lebenslagen erforderlich ist. Aber noch einmal, für mich ist es eine Lektion, die sich erst durch meine Beziehung zu Tieren gefestigt hat. Ich bin erfolgreich im Training von Tieren, aber erst, seit ich lernte, dass bei der Interaktion mit Tieren die Gefühle den Ausschlag geben, um in der Kommunikation mit Tieren klar genug auftreten zu können. Und das wiederum verbesserte meine Leistung als Trainer.

    Die Arbeit mit Tieren ist inspirierend, eine „Doktor- Doolittle-Erfahrung". Wir kommunizieren mit ihnen. Wir reagieren auf sie und sie auf uns. Genauso wie es in allen erfolgreichen Beziehungen zu Menschen notwendig ist, die völlige Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, so ist es auch gegenüber Tieren. Egal, ob exotische Tiere oder Haustiere, sie sind alle sensible Wesen und in der Lage zu fühlen. Unsere Anwesenheit betrifft sie, wo immer sie stattfindet. Es gibt Meinungen, Tiere würden keine Gefühle besitzen und sie würden nicht in der ersten Person denken. Auf die Argumentation gebe ich wenig. Dafür habe ich zu viele Tiere gesehen, die, um uns etwas mitzuteilen, einen Weg der Kommunikation gesucht haben. Am besten kenne ich mich beim Training von Tieren mit der operanten Konditionierung unter Verwendung eines Belohnungs- prinzips aus.

    Für alle, denen das Prinzip nicht geläufig ist, die aber mehr erfahren möchten, habe ich im Anhang des Buches einige Grundlagen dieser Methode zusammengefasst. Trotzdem ist es dort nicht mehr als eine kurze Übersicht. Es gibt genug Bücher und Artikel zu diesem Thema von Menschen, die weit qualifizierter sind.

    Das Ziel dieses Buches ist es, mehr als nur die Prinzipien der Verhaltensmodifikation herauszustellen. Ich möchte von den Erfahrungen erzählen, die Tiere mich gelehrt haben. Wenn ich sie richtig verstanden habe, dann ist es wichtig, dass wir uns die Zeit nehmen herauszufinden, wo wir selbst herkommen. Nur dann können wir klar und erfolgreich mit ihnen interagieren.

    Man kann auf den unterschiedlichsten Ebenen mit ihnen kommunizieren. Die Tierausbildung hat theoretische Grundlagen. Es gibt Definitionen und Beschreibungen für jeden einzelnen Trainingsschritt. Trotzdem, und das ist die grundlegende Botschaft für mich, bin ich diejenige, die die Definitionen und Techniken umsetzt. Im Leben schreibt die Gesellschaft vor, was richtig und was falsch ist. Aber es ist unsere Erfahrung und unsere eigene ethische Einsicht, die uns mit dem Gefühl von „richtig oder „falsch zurücklässt. Unser Fühlen ist unsere subjektive Maske, die allen Dingen eine persönliche Farbe verleiht. Ich weiß, dass mein Gefühl meine Interaktion mit der Welt beeinflusst – und das beeinflusst, wie die Welt auf mich reagiert.

    Während meiner Zeit als Tiertrainer und Trainer von Tiertrainern habe ich erkannt, dass ich bei der Vermittlung von Dingen konzentriert vorgehen muss. Um effektiv zu sein, muss ich mir meines Zustandes des Seins jederzeit bewusst sein. Als Tiertrainer ist es unerlässlich, sich ständig zu hinterfragen, sich ständig auf den Weg der Selbstfindung zu begeben, um das ursprüngliche Bewusstsein zu erreichen. Für mich war dieser Gedankengang früher ein versponnenes Konzept spiritueller Kreise, aber eigentlich ist es ganz einfach. Die Kurzform bedeutet lediglich: Sei zu jedem gegebenen Zeitpunkt mit deinen Gefühlen und Gedanken in der Gegenwart. Ich werde noch erklären warum das bei der Arbeit mit Tieren von entscheidender Bedeutung ist. Wenn ich schlecht gelaunt bin, werde ich völlig anders kommunizieren als während eines Trainings, in dem ich ruhig bin. Auf meiner eigenen Reise wurde mir mehr und mehr bewusst, dass ich sowohl Menschen als auch Tieren gegenüber viel besser in der Lage bin, positiv zu interagieren und produktiver zu kommunizieren, wenn ich mir meiner eigenen Situation bewusst bin.

    Ich hatte das Glück, sowohl demütigende als auch faszinierende Lektionen zu lernen, und ich weiß mit jeder Faser meines Seins, dass die Reise noch nicht beendet ist. Es gibt noch Unmengen zu lernen. Ich fühle oft, dass die Tierwelt immer noch grinst und ihren Sinn für Humor genießt. Gandalf lehrte mich, mit ihnen zu lachen. Ohne einen gewissen Sinn für Humor kann man nicht überleben. Humor ist das Fenster zur Bescheidenheit. Das zu erkennen, verbesserte viele meiner Fähigkeiten, aber vor allem verbesserte es auch die nun nicht mehr so formelle Beziehung zu meiner Menagerie von Tieren zu Hause, zu den Katzen, Hunden, Schlangen, Vögeln, Pferden und dem Schwein. Ich bin nicht mehr so reaktiv ihnen gegenüber und dadurch viel empfänglicher gegenüber dem, was sie mir vermitteln wollen. Letztendlich und vielleicht am interessantesten ist, dass sich auch meine Beziehungen zu vielen Menschen in meinem Leben durch diese Lektionen verbessert haben. Aber ich bin sicher, das Ende des Weges ist bei weitem noch nicht erreicht. Ich freue mich auf weitere Abenteuer mit den Kreaturen, die mich so viel mehr lehrten, als ich ihnen je beibringen kann. Es sind Erfahrungen, die ich gerne mit allen Lesern teilen möchte.

    Wenn wir uns gegenüber zuversichtlich, klar und bedingungslos sind, wird sich dasselbe auf unsere Beziehung zu den Tieren übertragen. Wir müssen zwischen unserem Ego und unserem echten Selbst unterscheiden lernen. Im Zentrum unseres Seins, jenseits des Egos, erwarten uns unbegrenzte Möglichkeiten. In Situationen, in denen ich in der Lage war, meine Ängste, Vorurteile und Gedanken darüber, was „sein könnte oder sollte oder müsste", abzulegen, fühlte ich mich frei und offen genug, alles zu schaffen.

    Ich sehe mein Ego als hervorragenden Botschafter dafür, dass es ein größeres Ganzes gibt. Ich habe mein Ego als die kleine Stimme in meinem Hinterkopf erkannt, die mir erzählen möchte was ich zu tun habe und was nicht. Sie will über mich und andere urteilen und sie versucht, meine Existenz zu regieren. Wenn ich aber bemerke, dass es etwas gibt, das

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